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Intestazione

150 IV 384


33. Auszug aus dem Urteil der I. strafrechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau und B. (Beschwerde in Strafsachen)
6B_1037/2023 vom 5. Juni 2024

Regesto

Art. 122, 128 e 22 cpv. 1 CP; concorso tra tentate lesioni personali gravi e omissione di soccorso.
L'omissione di soccorso costituisce un reato posteriore compreso nelle tentate lesioni personali gravi se, omettendo di prestare soccorso, l'autore non ha creato un pericolo per l'integrità fisica della vittima superiore a quello inerente le gravi lesioni personali da lui preso in considerazione (consid. 4.3.3).

Fatti da pagina 384

BGE 150 IV 384 S. 384

A. Die Staatsanwaltschaft Rheinfelden-Laufenburg erhob am 22. Juli 2021 Anklage gegen A. wegen versuchter schwerer Körperverletzung gemäss Art. 122 StGB i.V.m. Art. 22 Abs. 1 StGB, einfacher Körperverletzung gemäss Art. 123 Ziff. 1 StGB und Unterlassung der Nothilfe gemäss Art. 128 StGB. Sie wirft ihm zusammengefasst vor, am 19. September 2020 um ca. 18:30 Uhr mit seinem Fahrzeug auf den Parkplatz des Imbisses "C." in Stein (AG) gefahren zu sein, beschleunigt und B. mit einer Geschwindigkeit von ca. 27 bis 35 km/h erfasst zu haben. Im Anschluss an die Kollision sei A. nach Hause gefahren, ohne dem verletzt auf dem Boden liegenden B. Hilfe zu leisten oder die Polizei und Ambulanz zu verständigen.

B. Das Bezirksgericht Rheinfelden sprach A. mit Urteil vom 25. April 2022 von den Vorwürfen der versuchten schweren Körperverletzung, der einfachen Körperverletzung und der Unterlassung der Nothilfe frei.
BGE 150 IV 384 S. 385

C. Das Obergericht des Kantons Aargau sprach A. mit Urteil vom 4. Juli 2023 der versuchten schweren Körperverletzung und der Unterlassung der Nothilfe schuldig. Es verurteilte ihn zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren mit einem vollziehbaren Anteil von einem Jahr und einem bedingt zu vollziehenden Anteil von eineinhalb Jahren unter Ansetzung einer Probezeit von drei Jahren sowie einer bedingten Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je Fr. 150.-, ebenfalls unter Ansetzung einer Probezeit von drei Jahren.

D. A. beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben und er sei vollumfänglich von Schuld und Strafe freizusprechen. Es sei ihm eine Genugtuung von Fr. 600.- zzgl. Zins von 5 % seit dem 19. September 2020 zuzusprechen. Eventualiter sei das Urteil aufzuheben und die Angelegenheit zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen.

E. Die Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau verzichtete mit Schreiben vom 26. März 2024 auf eine Vernehmlassung. Das Obergericht hält mit Vernehmlassung vom 2. April 2024 an den Erwägungen in seinem Urteil fest. Der Beschwerdegegner 2 hat auf eine Vernehmlassung verzichtet.
Das Bundesgericht heisst die Beschwerde teilweise gut und weist sie im Übrigen ab, soweit es darauf eintritt.

Considerandi

Aus den Erwägungen:

4.

4.1 Der Beschwerdeführer beanstandet seine Verurteilung wegen Unterlassung der Nothilfe. Er macht geltend, die ihm angelastete Unterlassung der Nothilfe sei als straflose (mitbestrafte) Nachtat der versuchten schweren Körperverletzung zu betrachten. Art. 128 Abs. 1 StGB stehe im vorliegenden Fall in unechter Konkurrenz zu Art. 123 Ziff. 1 StGB, da der Beschwerdeführer zumindest im Sinne eines Eventualvorsatzes den Beschwerdegegner habe verletzen und ihm nolens volens danach auch nicht habe helfen wollen.

4.2

4.2.1 Gemäss Art. 122 StGB macht sich der schweren Körperverletzung schuldig, wer vorsätzlich einen Menschen lebensgefährlich verletzt (Ziff. 1), wer vorsätzlich den Körper, ein wichtiges Organ oder Glied eines Menschen verstümmelt oder ein wichtiges Organ oder Glied unbrauchbar macht, einen Menschen bleibend arbeitsunfähig,
BGE 150 IV 384 S. 386
gebrechlich oder geisteskrank macht oder das Gesicht eines Menschen arg und bleibend entstellt (Ziff. 2) oder wer vorsätzlich eine andere schwere Schädigung des Körpers oder der körperlichen oder geistigen Gesundheit eines Menschen verursacht (Ziff. 3). Art. 122 StGB wurde mit der am 1. Juli 2023 in Kraft getretenen Harmonisierung der Strafrahmen (AS 2023 259; Botschaft vom 25. April 2018 zur Harmonisierung der Strafrahmen und zur Anpassung des Nebenstrafrechts an das geänderte Sanktionenrecht [BBl 2018 2827]) revidiert. Hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale hat die Revision materiell keine Änderung gebracht und die diesbezügliche Rechtsprechung ist weiterhin massgebend.
Ein Versuch liegt vor, wenn der Täter, nachdem er mit der Ausführung eines Verbrechens oder Vergehens begonnen hat, die strafbare Tätigkeit nicht zu Ende führt oder der zur Vollendung der Tat gehörende Erfolg nicht eintritt oder dieser nicht eintreten kann (Art. 22 Abs. 1 StGB). Beim Versuch erfüllt der Täter sämtliche subjektiven Tatbestandsmerkmale und manifestiert seine Tatentschlossenheit, ohne dass alle objektiven Tatbestandsmerkmale verwirklicht sind (BGE 140 IV 150 E. 3.4; BGE 137 IV 113 E. 1.4.2; je mit Hinweisen).

4.2.2 Wer einem Menschen, den er verletzt hat, oder einem Menschen, der in unmittelbarer Lebensgefahr schwebt, nicht hilft, obwohl es ihm den Umständen nach zugemutet werden könnte, wer andere davon abhält, Nothilfe zu leisten, oder sie dabei behindert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 128 StGB). Art. 128 StGB sanktioniert eine abstrakte Gefährdung durch Unterlassen. Die zu leistende Hilfe beschränkt sich auf Handlungen, die vom Täter unter Berücksichtigung der Umstände vernünftigerweise erwartet werden können (BGE 121 IV 18 E. 2a mit Hinweisen; ausführlich zum Tatbestand von Art. 128 StGB: Urteile 6B_1055/ 2020 vom 13. Juni 2022 E. 4.3.6; 6B_1109/2020 vom 19. Januar 2022 E. 2.3.2; je mit Hinweisen).

4.2.3 Das Bundesgericht hat sich in der Vergangenheit mit der Konkurrenz zwischen Tötungs- bzw. Körperverletzungsdelikten und der Unterlassung der Nothilfe befasst. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist der Täter, der nach Begehung eines unvollendeten Tötungsversuchs das dabei verletzte Opfer hilflos liegen lässt, nicht auch wegen Unterlassung der Nothilfe zu bestrafen, weil der im Versuch geäusserte Tötungswille auch den Willen zur Unterlassung der Hilfeleistung in sich einschliesst (BGE 87 IV 7). Ferner
BGE 150 IV 384 S. 387
hat das Bundesgericht festgehalten, dass der Täter, der jemandem vorsätzlich Verletzungen zufügt, die nicht ganz geringfügiger Natur sind, und das Opfer ohne die erforderliche Hilfe lässt, sich der einfachen Körperverletzung und der Unterlassung der Nothilfe im Sinne von Art. 128 StGB in Realkonkurrenz schuldig macht (BGE 111 IV 124 E. 2b; Urteil 1P.611/1999 vom 6. Dezember 1999 E. 2b). Dies ergibt sich daraus, dass der Täter den von Art. 123 StGB erfassten Deliktswillen mit den verursachten Verletzungen erfüllt hat. Wenn er das hilfsbedürftige Opfer zudem zurücklässt, geht er über den mit Art. 123 StGB erzielten Erfolg hinaus (BGE 111 IV 124 E. 2b). Ferner hat das Bundesgericht festgehalten, dass zwischen einer vorsätzlichen schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 3 StGB und der Unterlassung der Nothilfe gemäss Art. 128 Abs. 1 erste Alternative StGB Realkonkurrenz besteht, wenn durch die Unterlassung der Nothilfe die Gefahr des Eintritts eines Erfolgs, der über den vom Täter in Kauf genommenen Verletzungserfolg hinausgeht, herbeigeführt wird, und deshalb die Hilfsbedürftigkeit des Opfers nicht allein in der vorsätzlich bewirkten schweren Körperverletzung im Sinne von Art. 122 Abs. 3 StGB begründet ist (Urteile 6P.113/2005 / 6S.352/2005 vom 25. März 2006 E. 8.4.2; 6S.391/2005 vom 25. März 2006 E. 4.4.2; vgl. Urteil 6B_1089/2017 vom 16. Mai 2018 E. 1.3 zur Abgrenzung zwischen einer fahrlässigen Körperverletzung und Unterlassung der Nothilfe).

4.3

4.3.1 Strittig ist, ob im vorliegenden Fall zwischen der versuchten schweren Körperverletzung und der Unterlassung der Nothilfe Realkonkurrenz besteht oder, ob die Unterlassung der Nothilfe als mitbestrafte Nachtat der versuchten schweren Körperverletzung zu qualifizieren ist. Nach der dargelegten Rechtsprechung ist zu prüfen, ob der Beschwerdeführer durch die Unterlassung der Nothilfe die Gefahr eines Erfolgseintritts geschaffen hat, der über den von ihm mit der versuchten schweren Körperverletzung in Kauf genommenen Verletzungserfolg hinausgeht.

4.3.2 Die Vorinstanz erwägt zur Unterlassung der Nothilfe, aus den Krankenunterlagen ergäben sich keine Hinweise darauf, dass sich der Beschwerdegegner nach der Kollision in konkreter Lebensgefahr befunden habe. Das Anfahren mit einer nicht unerheblichen Geschwindigkeit, das Wegschleudern und der Aufprall auf den Boden habe eine einfache Körperverletzung i.S.v. Art. 123 Ziff. 1 StGB
BGE 150 IV 384 S. 388
des Beschwerdegegners verursacht. Der Beschwerdeführer habe zumindest mit der Möglichkeit gerechnet, den Beschwerdegegner verletzt zu haben und, dass dieser deshalb Hilfe brauche. Trotz zumutbarer Hilfeleistung habe er ihn im Stich gelassen und zumindest billigend in Kauf genommen, dass dieser möglicherweise keine Hilfe erhalten werde.

4.3.3 Den vorinstanzlichen Erwägungen lässt sich nicht entnehmen, dass der Beschwerdeführer durch die Unterlassung der Nothilfe eine Gefahr für die körperliche Integrität des Beschwerdegegners geschaffen hat, die über die in Kauf genommene schwere Körperverletzung hinausgeht. Angesichts der versuchten Tatbegehung hatte der Beschwerdeführer seinen Deliktswillen mit den durch die Kollision geschaffenen Verletzungen nicht erfüllt. Nach der Begehung der versuchten schweren Körperverletzung ist der Beschwerdeführer nicht auch wegen Unterlassung der Nothilfe zu bestrafen, weil der im Versuch geäusserte Wille zur schweren Körperverletzung den Willen zur Unterlassung der Hilfeleistung vorliegend miteinschliesst (vgl. BGE 87 IV 7). Damit ist die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Unterlassung der Nothilfe in der gegebenen Konstellation als eine mitbestrafte Nachtat der versuchten schweren Körperverletzung einzuordnen und die geltend gemachte Verletzung von Art. 128 StGB ist zu bejahen.

4.4 Die Rüge des Beschwerdeführers erweist sich als begründet. Vor diesem Hintergrund erübrigt es sich, auf das Verhältnis zwischen dem qualifizierten Tatbestand der Führerflucht nach Art. 92 Abs. 2 SVG und der Unterlassung der Nothilfe nach Art. 128 StGB (vgl. LEA UNSELD, in: Basler Kommentar, Strassenverkehrsgesetz, 2014, N. 86 zu Art. 92 SVG mit Hinweisen) sowie die sich allfällig daraus ergebenden Folgen (vgl. BGE 92 IV 143 E. I; Urteil 7B_745/2023 vom 12. Dezember 2023 E. 5; je mit Hinweisen) einzugehen.

contenuto

documento intero
regesto: tedesco francese italiano

Fatti

Considerandi 4

referenza

DTF: 87 IV 7, 111 IV 124, 140 IV 150, 137 IV 113 seguito...

Articolo: Art. 128 StGB, Art. 122, 128 e 22 cpv. 1 CP, Art. 122 StGB, Art. 123 Ziff. 1 StGB seguito...