151 V 88
Chapeau
151 V 88
6. Auszug aus dem Urteil der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung i.S. A. gegen Ausgleichskasse des Kantons Bern (Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten)
8C_795/2023 vom 10. Oktober 2024
Regeste
Art. 25a al. 2 OPC-AVS/AI; pas d'application (par analogie) de cette disposition en cas d'impotence due à un besoin d'accompagnement pour faire face aux nécessités de la vie, lors du calcul des prestations complémentaires d'une personne seule vivant en communauté d'habitation au sens de l'art. 10 al. 1ter LPC.
Les organes d'exécution en matière de prestations complémentaires sont tenus de considérer une personne assurée comme une personne séjournant dans un home, en application de l'art. 25a al. 2 OPC-AVS/AI, lorsque l'allocation pour impotent a été accordée en raison d'un besoin d'aide dans les actes ordinaires de la vie quotidienne, mais non pas en cas d'impotence due à un besoin d'accompagnement pour faire face aux nécessités de la vie (consid. 5.2.3).
A. A., geboren 1965, ist verbeiständet (Vertretungsbeistandschaft mit Einkommens- und Vermögensverwaltung) und langjähriger Bezüger von Ergänzungsleistungen (fortan: EL) zu einer Invalidenrente. Die IV-Stelle des Kantons Bern (fortan: IV-Stelle) verneinte mit Verfügung vom 12. Februar 2019 den Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung, weil der Versicherte in keiner der alltäglichen Lebensverrichtungen auf Hilfe angewiesen sei. Im Bereich der lebenspraktischen Begleitung bestehe jedoch ein regelmässiger Hilfebedarf. Aufgrund der Wohnform in einem teilmöblierten Zimmer einer Wohnung des Vereins C. im Haus D. an der Strasse E. in U. (fortan: Haus D.) seien jedoch die Anspruchsvoraussetzungen für eine Hilflosenentschädigung infolge eines Hilfebedarfs an lebenspraktischer Begleitung nicht erfüllt.
Wegen eines laufenden Straf- oder Massnahmenvollzugs sistierte die IV-Stelle die Invalidenrente ab 1. August 2022. Mit Verfügung vom 13. September 2022 verneinte in der Folge die Ausgleichskasse des Kantons Bern (fortan: AKB oder Beschwerdegegnerin) mit Wirkung ab 1. August 2022 einen EL-Anspruch. Nach Beendigung des Straf- und Massnahmenvollzugs hatte der Versicherte ab 1. November 2022 wieder Anspruch auf eine Invalidenrente. Am 11. November 2022 liess sich der Versicherte durch seine Beiständin erneut zum EL-Bezug ab dem 1. November 2022 anmelden. Mit Verfügung vom 21. Februar 2023 setzte die AKB die EL ab 1. November 2022 und ab 1. Januar 2023 fest. Zur Berechnung erklärte sie erläuternd, der Tagestarif von Fr. 65.- im Haus D. führe zu einem Jahresmietzins von Fr. 23'725.- (Fr. 65.- mal 365). Der maximale Mietzinsabzug für eine Einzelperson in einer Wohngemeinschaft der Mietzinsregion 1 betrage jedoch Fr. 9'720.- im Jahr 2022 und Fr. 10'410.- pro Jahr ab 2023. Bei der notwendigen Miete einer rollstuhlgängigen Wohnung könnten zusätzlich die Anteile der in der Berechnung berücksichtigten Personen von Fr. 6'000.- angerechnet werden. Auf Einsprache hin hielt die AKB an der Verfügung vom 21. Februar 2023 fest.
B. Die hiergegen erhobene Verwaltungsgerichtsbeschwerde des A. wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern ab.
BGE 151 V 88 S. 90
C. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A. beantragen, das kantonale Urteil sei aufzuheben und die AKB habe bei der EL-Berechnung den maximalen Mietzins für Alleinstehende zu berücksichtigen. Eventualiter sei eine Heimberechnung unter Berücksichtigung einer Tagestaxe von Fr. 86.50 vorzunehmen. Zudem ersucht der Beschwerdeführer um Gewährung der unentgeltlichen Prozessführung im Sinne einer Befreiung von den Gerichtskosten.
Während die AKB auf Beschwerdeabweisung schliesst, verzichtet das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) auf eine Vernehmlassung.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab.
Aus den Erwägungen:
2.1 Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie den Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin bestätigte, mit dem Letztere den verfügten EL-Anspruch ab 1. November 2022 und ab 1. Januar 2023 in Anwendung von Art. 10 Abs. 1ter ELG (SR 831.30) basierend auf einem anrechenbaren maximalen Mietzinsabzug einer Einzelperson bestätigte, welche in einer Wohngemeinschaft mit einer oder mehreren Personen zusammenlebt, die nicht in die EL-Berechnung eingeschlossen sind.
2.2 Fest steht, dass die IV-Stelle einen Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung verneinte, weil der Beschwerdeführer in keiner der sechs alltäglichen Lebensverrichtungen auf Hilfe angewiesen sei und die Anspruchsvoraussetzungen hinsichtlich des regelmässigen Hilfebedarfs an lebenspraktischer Begleitung aufgrund der Wohnform gemäss Abklärungsbericht Hilflosenentschädigung vom 20. Dezember 2018 nicht erfüllt seien. Nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens bildet die Frage, ob die IV-Stelle angesichts des seit Jahren bestehenden Hilfebedarfs an lebenspraktischer Begleitung zu Recht allein mit Blick auf die Wohnform im Haus D. (vgl. dazu BGE 146 V 322 E. 6.2 i.f. und ausführlich Urteil vom 2. Mai 2023 E. 5.2, in: Bernische Verwaltungsrechtsprechung [BVR] 2023 S. 422 ff.; vgl. auch Rz. 8005.1 des Kreisschreibens des BSV über die Invalidität und Hilflosigkeit in der Invalidenversicherung [KSIH], gültig ab 1. Januar 2015 [Stand 1. Januar 2021]) die Anspruchsvoraussetzungen (Art. 38 IVV [SR 831.201]) verneinte.
BGE 151 V 88 S. 91
(...)
4.1 Laut angefochtenem Urteil lebt der Beschwerdeführer im Haus D. in einer Wohngemeinschaft, weshalb die Beschwerdegegnerin zu Recht den Ansatz für eine Einzelperson in einer Wohngemeinschaft berücksichtigt habe. Die Qualifikation des Beschwerdeführers als Heimbewohner gemäss rechtskräftiger Verfügung der IV-Stelle vom 12. Februar 2019 (vgl. E. 2.2 hiervor) sei für die Beschwerdegegnerin nicht verbindlich. Das Haus D. sei unbestritten weder als Heim anerkannt noch verfüge es über eine kantonale Betriebsbewilligung, weshalb die Voraussetzungen im Sinne von Art. 9 Abs. 5 lit. h ELG in Verbindung mit Art. 25a Abs. 1 ELV (SR 831.301) ebenfalls nicht erfüllt seien. Nach kantonaler Praxis (BVR 2023 S. 420 ff.) sei die Qualifikation als Heim durch die Invalidenversicherung für die Durchführungsorgane der EL nur verbindlich, wenn die Hilflosigkeit wegen Beeinträchtigungen in den alltäglichen Lebensverrichtungen bejaht worden sei, nicht aber im Fall der lebenspraktischen Begleitung (BVR 2023 S. 420 ff. E. 5.3). Der Umstand, dass der Bundesrat in Art. 25a Abs. 2 ELV für die Hilflosenentschädigung nach Art. 9 ATSG in Verbindung mit Art. 42 Abs. 1 und 2 IVG und die Hilflosenentschädigung für lebenspraktische Begleitung nach Art. 42 Abs. 3 IVG unterschiedliche Regelungen getroffen habe, stelle praxisgemäss weder eine Diskriminierung oder rechtsungleiche Behandlung (Art. 8 BV) dar noch sei eine Unangemessenheit auszumachen (BVR 2023 S. 420 ff. E. 5.3.2).
Entfalle eine Heimberechnung und sei EL-rechtlich vielmehr von einem privaten Wohnen des Beschwerdeführers auszugehen, bleibe im Zusammenhang mit dem Hauptbegehren umstritten, ob ein Einpersonenhaushalt (Art. 10 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 ELG) oder eine Wohngemeinschaft (Art. 10 Abs. 1ter ELG) anzunehmen sei. Unter Würdigung der konkreten Wohnverhältnisse des Beschwerdeführers könne nicht von einem Einpersonenhaushalt gesprochen werden; der Beschwerdeführer gelte mithin nicht als allein lebend im Sinne von Art. 10 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 ELG bzw. Rz. 3232.04 der Wegleitung des BSV über die Ergänzungsleistungen zur AHV und IV (WEL; gültig ab 1. April 2011; Stand 1. Januar 2022 bzw. 1. Januar 2023). Vielmehr liege eine Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 10 Abs. 1ter ELG mit einer oder mehreren Personen vor, die nicht in die EL-Berechnung eingeschlossen seien (vgl. Rz. 3232.06 WEL). Aus der nationalrätlichen Vorberatung von Art. 10 Abs. 1ter ELG gehe hervor, dass diese Regelung ausdrücklich nicht für Heime gedacht sei.
BGE 151 V 88 S. 92
4.2 Der Beschwerdeführer macht bezüglich des Hauptbegehrens geltend, er lebe aufgrund drohender Verwahrlosung im Haus D. in einem teilmöblierten Zimmer mit Unterstützung bei der Wäsche- und Zimmerreinigung sowie lebenspraktischer Begleitung durch das Betreuungsteam. Er rügt, die Vorinstanz habe Bundesrecht verletzt, indem sie auf den strittigen EL-Anspruch ab 1. November 2022 für die Bestimmung der Höhe des anrechenbaren Mietzinses Art. 10 Abs. 1ter ELG statt bundesrechtskonform Art. 10 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 ELG angewendet habe. Im Wesentlichen beanstandet der Beschwerdeführer zusammengefasst, die vorinstanzliche Bemessung der anerkannten Ausgaben für Mietkosten bei Personen, die in gemeinschaftlichen Wohnformen lebten und bei denen keine gemeinsame Berechnung nach Art. 9 Abs. 2 ELG erfolge (Art. 10 Abs. 1ter ELG), führe gemäss angefochtenem Urteil in der "Mietzinsregion 1" bei einer "Einzelperson in einer Wohngemeinschaft" zu einem anrechenbaren Jahresmietzins von bloss Fr. 9'720.- im Jahr 2022 und Fr. 10'410.- pro Jahr ab 2023 (vgl. dazu Ziff. 5.2 WEL-Anhang in der seit 1. Januar 2021 gültig gewesenen und in der seit 1. Januar 2023 geltenden Fassung). Demgegenüber habe er im Haus D. basierend auf dem Tagestarif von Fr. 65.- tatsächlich jährliche Wohnkosten von Fr. 23'725.- zu tragen. Art. 10 Abs. 1ter ELG ziele jedoch genau darauf ab, die Kostenübernahme für das betreute Wohnen zu ermöglichen. Seine hier zur Diskussion stehende Wohnform im Haus D. falle bei korrekter Auslegung des Begriffs "gemeinschaftliche Wohnformen" im Sinne von Art. 10 Abs. 1ter ELG ungeachtet der konkreten Bezeichnung der kollektiven Wohnform (vgl. BGE 146 V 322 E. 4.3 i.f.) gerade nicht in diese Kategorie des gemeinschaftlichen Wohnens. Daran ändere auch die Bezeichnung im Wohnvertrag nichts. Habe die Vorinstanz seine Wohnform zu Unrecht unter Art. 10 Abs. 1ter ELG subsumiert, folge daraus, dass bei ihm als Mietzinsausgabe bei der EL-Berechnung gemäss Art. 10 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 ELG das Maximum einer allein lebenden Person in der Region 1 von Fr. 16'440.- zu berücksichtigen sei.
Der Beschwerdeführer macht mit Blick auf seinen Eventualantrag geltend, die Vorinstanz habe die Begründungspflicht verletzt, indem sie zur Rechtfertigung der Nichtanwendung von Art. 25a Abs. 2 ELV lediglich auf ihre Präjudiz gemäss BVR 2023 S. 420 ff. verwiesen habe. De facto erhielten Personen mit psychischen und geistigen Beeinträchtigungen, welchen von der IV-Stelle ein Bedarf an lebenspraktischer Begleitung attestiert worden sei, von dieser keine Art. 42 Abs. 1 und 2 IVG ) und Personen mit einem Anspruch auf Hilflosenentschädigung wegen einem leichten Hilfebedarf an lebenspraktischer Begleitung (Art. 42 Abs. 3 IVG) abhängig von der Qualifikation der Wohnsituation als Heimaufenthalt sei mit Blick auf Art. 25a Abs. 2 ELV nicht zu rechtfertigen. Die wortgetreue Anwendung dieser Bestimmung widerspreche dem Rechtssinn dieser Regelung, nämlich der Koordination der IV und der EL. Art. 25a Abs. 2 ELV sei deshalb analog auf die Fälle mit Anspruch auf Hilflosenentschädigung wegen eines Hilfsbedarfs an lebenspraktischer Begleitung anzuwenden. Aus der Qualifikation des Beschwerdeführers als Heimbewohner gemäss Verfügung der IV-Stelle vom 12. Februar 2019 folge deshalb, dass auch die EL entsprechend dieser Qualifikation die Heimtaxe als Ausgabe für Wohnkosten zu anerkennen habe.
BGE 151 V 88 S. 93
Leistungen, weil die heimähnliche Institution diesen Bedarf abdecke. Dadurch müssten Betroffene die Begleitung und Beratung selbst bezahlen, was oft eine Sozialhilfeanmeldung notwendig mache. Wenn die IV-Stelle von einem Heim ausgehe, solle diese Einrichtung auch bei der EL als Heim gelten. Der Anspruch auf lebenspraktische Begleitung bezwecke, insbesondere Personen mit psychischen und geistigen Einschränkungen Zugang zu Begleitung und Unterstützung zu verschaffen, so dass sie ausserhalb eines Heimes wohnen könnten. Die Ungleichbehandlung von Personen mit einem Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung wegen einer leichten Hilflosigkeit in einer der sechs alltäglichen Lebensverrichtungen (vgl.
5. Die Vorinstanz bestätigte mit angefochtenem Urteil vorweg, die Wohnsituation des Beschwerdeführers sei EL-rechtlich nicht als Heimaufenthalt zu qualifizieren. Folglich entfalle die Heimberechnung basierend auf einer Tagestaxe von Fr. 86.50 und sei stattdessen von einem privaten Wohnen auszugehen. Soweit sich der Beschwerdeführer zur Begründung seines gegenteiligen Eventualstandpunktes auf eine analoge Anwendbarkeit von Art. 25a Abs. 2 ELV beruft, ist ihm nicht zu folgen.
5.1 Die vom Bundesrat im Rahmen delegierter Rechtsetzungsbefugnis vorgenommene "Definition des Heimes" (Art. 9 Abs. 5 lit. h ELG) ist bundesrechtskonform (BGE 139 V 358) und erstreckt sich auf das gesamte ELG: Die in Art. 25a Abs. 1 ELV vorgenommene Beschränkung des EL-rechtlichen Heimbegriffs auf Einrichtungen, die entweder von einem Kanton als Heim anerkannt sind oder über eine kantonale Betriebsbewilligung verfügen, gilt grundsätzlich überall dort, wo das ELG von Heim (home; istituto) spricht (BGE 141 V 255 E. 3.1).
BGE 151 V 88 S. 94
Der Beschwerdeführer legt nicht dar und es ist nicht ersichtlich, weshalb von der praxisgemäss anerkannten unterschiedlichen Definition des Heimes im Bereich der Invalidenversicherung und der EL abzuweichen wäre (vgl. BGE 146 V 322 E. 4). Demnach ist vom formellen Heimbegriff im Sinne von Art. 9 Abs. 5 lit. h ELG in Verbindung mit Art. 25a Abs. 1 ELV (vgl. zur Definition des Heimbegriffes CARIGIET/KOCH, Ergänzungsleistungen zur AHV/IV, 3. Aufl. 2021, S. 268 Rz. 694) die nach materiellen Merkmalen umschriebene Definition eines Heimes nach Art. 35ter IVV (BGE 146 V 322 E. 4.3 mit Hinweis) zu unterscheiden. Die für den EL-Bereich einheitliche Begriffsbestimmung von Art. 25a Abs. 1 ELV entbindet denn auch EL-Durchführungsstellen und Gerichte von schwierigen Abgrenzungsfragen, indem sich die genannten Behörden an das rein formelle Kriterium einer kantonalen Heimanerkennung oder einer kantonalen Betriebsbewilligung als Heim zu halten haben (BGE 141 V 255 E. 3.1 i.f. mit Hinweisen).
5.2 Laut angefochtenem Urteil ist das Haus D. nicht als Heim im Sinne von Art. 25a Abs. 1 ELV anerkannt, was der Beschwerdeführer zu Recht nicht in Frage stellt. In analoger Anwendung von Art. 25a Abs. 2 ELV ersucht er letztlich darum, durch Anrechnung der Heimtaxe von Fr. 86.50 pro Tag den Verlust des Anspruchs auf eine Hilflosenentschädigung wegen des Hilfebedarfs an lebenspraktischer Begleitung gemäss unangefochten in Rechtskraft erwachsener Verfügung der IV-Stelle vom 12. Februar 2019 zu kompensieren (vgl. dazu E. 2.2 hiervor). Das kantonale Gericht legte jedoch unter Verweis auf BVR 2023 S. 420 ff. E. 5.3 und damit unter Bezugnahme auf BGE 146 V 322 zutreffend dar, der Bundesrat habe mit Art. 25a Abs. 2 ELV ohne Verletzung des Gebots der rechtsgleichen Behandlung (Art. 8 Abs. 1 BV), des Diskriminierungsverbots (Art. 8 Abs. 2 BV) und des Willkürverbots (Art. 9 BV) eine Ausnahmeregelung ausschliesslich für Heimbewohnende mit Anspruch auf Hilflosenentschädigung wegen Beeinträchtigungen in den alltäglichen Lebensverrichtungen nach Art. 9 ATSG in Verbindung mit Art. 42 Abs. 1 und 2 IVG getroffen.
5.2.1 Verordnungsrecht ist gesetzeskonform auszulegen. Es sind die gesetzgeberischen Anordnungen, Wertungen und der in der Delegationsnorm eröffnete Gestaltungsspielraum mit seinen Grenzen zu berücksichtigen. Auch ist den Grundrechten und verfassungsmässigen Grundsätzen Rechnung zu tragen, und zwar in dem Sinne, dass - sofern durch den Wortlaut (und die weiteren massgeblichen
BGE 151 V 88 S. 95
normunmittelbaren Auslegungselemente) nicht klar ausgeschlossen - der Verordnungsbestimmung jener Rechtssinn beizumessen ist, welcher im Rahmen des Gesetzes mit der Verfassung (am besten) übereinstimmt (BGE 147 V 328 E. 4.1 mit Hinweisen).
5.2.2 Lebenspraktische Begleitung ist ein eigener, in Art. 42 Abs. 3 IVG und Art. 38 IVV umschriebener Anspruchstatbestand. Im Unterschied zum Anspruch auf Hilflosenentschädigung wegen Beeinträchtigung in den alltäglichen Lebensverrichtungen nach Art. 9 ATSG in Verbindung mit Art. 42 Abs. 1 und 2 IVG stellt die lebenspraktische Begleitung ein zusätzliches und eigenständiges Institut der Hilfe für volljährige, ausserhalb eines Heimes lebende Versicherte dar (MEYER/REICHMUTH, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum Bundesgesetz über die Invalidenversicherung [IVG], 4. Aufl. 2022, N. 49 zu Art. 42-42ter IVG ), um deren Eintritt in eine stationäre Einrichtung nach Möglichkeit zu verhindern oder wenigstens hinauszuschieben (BGE 146 V 322 E. 6.2 mit Hinweisen).
5.2.3 Entgegen dem Beschwerdeführer ist das aus den Materialien ersichtliche Postulat nach einer einheitlichen Heimdefinition von Art. 25a ELV in dem Sinne erfüllt, als die Verordnungsnorm die Anerkennungsvoraussetzungen klar und einheitlich definiert (BGE 141 V 255 E. 2.3 i.f.). Im Rahmen der bundesrechtskonform eigenständig geregelten (vgl. E. 5.1 hiervor) EL-rechtlichen Heimdefinition gemäss dem seit 1. Januar 2008 unverändert geltenden Art. 25a ELV statuiert Art. 25a Abs. 2 ELV laut angefochtenem Urteil eine Ausnahme vom Grundsatz gemäss Art. 25a Abs. 1 ELV: "Hat die IV-Stelle eine versicherte Person im Zusammenhang mit der Gewährung einer Hilflosenentschädigung als Heimbewohnerin im Sinne von Artikel 42ter Absatz 2 IVG eingestuft, so gilt diese Person auch für den Anspruch auf Ergänzungsleistungen als Heimbewohnerin." Unter Verweis auf BVR 2023 S. 420 ff. E. 5.3 sowie ULRICH MEYER und MARCO REICHMUTH (a.a.O., N. 58 zu Art. 42-42ter IVG ) führte die Vorinstanz aus, das "zu Hause Leben" im Sinne von Art. 42 Abs. 3 IVG bilde eine konstitutive Anspruchsvoraussetzung, weshalb der Anspruch auf Hilflosenentschädigung wegen lebenspraktischer Begleitung bei einem Heimeintritt ex lege wegfalle. Demgegenüber komme der Bestimmung gemäss Art. 42ter Abs. 2 IVG, welche die Höhe der Hilflosenentschädigung für Versicherte mit Heimaufenthalt regle, in Bezug auf den Anspruch auf Hilflosenentschädigung wegen des Bedarfs an lebenspraktischer Begleitung, welcher nach Art. 42 Abs. 3 IVG nur zu Hause lebenden Versicherten zustehe,
BGE 151 V 88 S. 96
keine Bedeutung zu (BVR 2023 S. 420 ff. E. 5.3). Folglich sei die invalidenversicherungsrechtliche Einstufung einer versicherten Person als Heimbewohnerin im Rahmen von Art. 25a Abs. 2 ELV für die EL-Durchführungsorgane nur verbindlich, soweit die Hilflosenentschädigung wegen Beeinträchtigungen in den alltäglichen Lebensverrichtungen gewährt worden sei, nicht jedoch im Falle der Hilflosigkeit wegen des Bedarfs an lebenspraktischer Begleitung. Soll mit der Hilflosenentschädigung für lebenspraktische Begleitung der Eintritt von zu Hause lebenden Versicherten in stationäre Einrichtungen nach Möglichkeit verhindert oder wenigstens hinausgeschoben werden, würde dieses Ziel geradezu torpediert, wenn kollektive Wohnformen mit einer effektiven Betreuungsleistung von weniger als zwei Stunden pro Woche bereits als Heime im Sinne der Invalidenversicherung zu qualifizieren wären und demnach den Bewohnern eine Entschädigung für lebenspraktische Begleitung schon aus diesem Grunde versagt bliebe (BGE 146 V 322; vgl. auch E. 2.2 hiervor).
5.2.4 Soweit der Beschwerdeführer rügt, das kantonale Gericht habe die Begründungspflicht verletzt, indem es sich ungenügend zum Vorwurf der diskriminierenden Nichtanwendung von Art. 25a Abs. 2 ELV geäussert habe, zeigt er nicht auf, inwiefern die vorinstanzlichen Erwägungen mit ausführlichen Verweisen auf das publizierte Präjudiz gemäss BVR 2023 S. 420 ff. den praxisgemässen Minimalanforderungen an die Begründung (vgl. BGE 146 II 335 E. 5.1 und Urteil 2C_336/2022 vom 29. November 2022 E. 4.1; je mit Hinweisen) nicht entsprochen hätten. Insbesondere äussert er sich nicht dazu, weshalb er die Verfügung vom 12. Februar 2019 unangefochten in Rechtskraft erwachsen liess, mit welcher die IV-Stelle einen Anspruch auf Hilflosenentschädigung wegen des Hilfebedarfs an lebenspraktischer Begleitung verneint hatte (E. 2.2). Angesichts des mit diesem invalidenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruch verfolgten Ziels (E. 5.2.3) ist nicht ersichtlich, inwiefern der Vorwurf der Verletzung des Diskriminierungsverbots hinsichtlich des hier strittigen EL-Anspruchs (E. 2.1) zu rechtfertigen wäre. Die vorinstanzliche Auslegung von Art. 25a ELV unter Berücksichtigung der ergangenen Rechtsprechung zum unterschiedlichen Heimbegriff im Bereich der EL und der Invalidenversicherung (E. 5.1) ist nicht zu beanstanden und die gerügte Verletzung der angerufenen verfassungsmässigen Grundrechte unbegründet. Gleiches gilt in Bezug auf die erhobenen Einwände gegen die Verneinung einer analogen
BGE 151 V 88 S. 97
Anwendung von Art. 25a Abs. 2 ELV auf den Anspruch auf Hilflosenentschädigung wegen des Bedarfs an lebenspraktischer Begleitung. Demnach lehnten es die Beschwerdegegnerin und das kantonale Gericht im Ergebnis zu Recht ab, bei der EL-Berechnung des im Haus D. lebenden Beschwerdeführers ab 1. November 2022 und ab 1. Januar 2023 im Rahmen der Wohnkosten die Heimtaxe von Fr. 86.50 pro Tag anzurechnen. Daran ändern auch die weiteren Vorbringen des Beschwerdeführers nichts.
6. In Bezug auf das Hauptbegehren des im Haus D. lebenden Beschwerdeführers ist strittig, ob der bei der EL-Berechnung anrechenbare Mietzins nach den Verhältnissen eines Einpersonenhaushalts (im Sinne von Art. 10 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 ELG) oder einer Einzelperson in einer Wohngemeinschaft nach Art. 10 Abs. 1ter ELG zu bestimmen ist. Auch im Zusammenhang mit dem Hauptbegehren ist auf die hier nicht Streitgegenstand bildende Frage gemäss E. 2.2 i.f. hinzuweisen.
6.1 Für den Fall, dass die anrechenbaren Wohnkosten mit Verwaltung und Vorinstanz in Anwendung von Art. 10 Abs. 1ter ELG zu bestimmen sind, erhebt der Beschwerdeführer zu Recht keine Einwände gegen die mit angefochtenem Urteil konkret bestätigten maximalen Mietzinsabzüge von Fr. 9'720.-pro Jahr in der EL-Berechnung ab 1. November 2022 sowie Fr. 10'410.- pro Jahr ab 1. Januar 2023 (vgl. dazu Ziff. 5.2 WEL-Anhang in der seit 1. Januar 2021 gültig gewesenen und in der seit 1. Januar 2023 geltenden Fassung).
6.2 Demgegenüber macht der Beschwerdeführer geltend, gestützt auf Art. 10 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 ELG sei ihm als alleine lebende Person bei der EL-Berechnung als Mietzinsausgabe das Maximum von Fr. 16'440.- anzurechnen.
6.2.1 Im Wesentlichen kritisiert er, nach der aktuellen EL-Gesetzgebung reiche die Finanzierung in den meisten Fällen nicht aus, um die Kosten einer bedarfsgerecht betreuten gemeinschaftlichen Wohnform gemäss Art. 10 Abs. 1ter ELG zu decken. Er argumentiert grundsätzlich appellatorisch (vgl. BGE 144 V 50 E. 4.2 i.f. mit Hinweis; vgl. auch BGE 148 IV 205 E. 2.6 mit Hinweisen), indem er seine Rechtsstandpunkte erläutert, ohne sich im Einzelnen mit der sachbezüglichen Begründung des angefochtenen Urteils auseinanderzusetzen. Insbesondere legt er nicht dar und ist nicht ersichtlich, inwiefern die Vorinstanz bei der Würdigung seiner konkreten
BGE 151 V 88 S. 98
Wohnverhältnisse und der Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts das Willkürverbot verletzt haben sollte (vgl. dazu BGE 144 V 50 E. 4.2).
6.2.2 Zwar trifft mit dem Beschwerdeführer zu, dass für die Frage, ob mit Blick auf die konkrete Wohnsituation der Heimcharakter zu bejahen ist oder nicht, nach BGE 146 V 322 E. 4.3 i.f. der Bezeichnung der kollektiven Wohnform keine Bedeutung zukommt. Demgegenüber legt er nicht dar und ist nicht ersichtlich, inwiefern die vorinstanzlichen Tatsachenfeststellungen zur konkreten Wohnsituation zu beanstanden seien. Folglich ist davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer laut Wohnvertrag vom 4. November 2022 im Haus D. in einer 3- bis 4-Zimmerwohnung ein teilmöbliertes Einzelzimmer mit gleichberechtigter Mitbenützung der Gemeinschaftsräume bewohnt, wobei sich die Bewohnenden die Küche, das Wohnzimmer und Bad teilen. Zudem steht fest und ist unbestritten, dass weitere Personen nicht in der EL-Berechnung des Beschwerdeführers eingeschlossen sind.
6.2.3 Wie erwähnt, zeigt der Beschwerdeführer nicht auf und ist nicht ersichtlich, inwiefern von der Rechtsprechung abzuweichen wäre, wonach im Bereich der EL und der Invalidenversicherung praxisgemäss von einer unterschiedlichen Definition des Heimbegriffs auszugehen ist (vgl. E. 5.1). Soweit er eine ungenügende Deckung der Kosten für ausreichend betreute gemeinschaftliche Wohnformen im Sinne von Art. 10 Abs. 1ter ELG beanstandet, setzt er sich nicht mit der von ihm explizit angerufenen Rechtsprechung gemäss BGE 146 V 322 auseinander. Ebenso nimmt er nicht Bezug auf die Begründung des angefochtenen Urteils, wonach bei der notwendigen Miete einer rollstuhlgängigen Wohnung zusätzlich (zu den maximalen Mietzinsabzügen gemäss E. 6.1 hiervor) die Anteile der in der EL-Berechnung berücksichtigten Personen von Fr. 6'000.- angerechnet werden könnten. Schliesslich ergänzt die Beschwerdegegnerin zu Recht, die Kosten für eine hilfeleistende Person oder auch eine Assistenzperson fielen unter Art. 14 Abs. 1 lit. b ELG und seien somit Bestandteil der EL-Krankheits- und Behinderungskosten. Deswegen könne keine indirekte Vergütung der entsprechenden Kosten über die Ausgabenposition Mietzins erfolgen (vgl. BGE 142 V 299 E. 5.3).
6.2.4 Nach dem Gesagten bleibt es dabei, dass bei zutreffender Berücksichtigung der vorinstanzlich jedenfalls willkürfrei festgestellten Wohnverhältnisse des Beschwerdeführers im Haus D. nicht von
BGE 151 V 88 S. 99
einem Einzelpersonenhaushalt auszugehen ist, und der Beschwerdeführer nicht als allein lebend im Sinne von Art. 10 Abs. 1 lit. b Ziff. 1 ELG gelten kann. Vielmehr handelt es sich bei dieser Wohnsituation um eine Wohngemeinschaft im Sinne von Art. 10 Abs. 1ter ELG (vgl. Rz. 3232.06 WEL; vgl. zum Begriff der gemeinschaftlichen Wohnform auch Urteil 8C_545/2023 vom 29. Februar 2024 E. 3). Die dementsprechend angerechneten und vorinstanzlich bestätigten maximalen Mietzinsabzüge (E. 6.1 hiervor) beanstandet der Beschwerdeführer in betraglicher Hinsicht zu Recht nicht, weshalb es beim angefochtenen Urteil sein Bewenden hat.