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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_105/2024  
 
 
Urteil vom 30. April 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. André Largier, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Unia Arbeitslosenkasse, 
Strassburgstrasse 11, 8004 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Arbeitslosenversicherung (Rückerstattung), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 3. Januar 2024 (AL.2023.00125). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die 1975 geborene A.________ war ab 8. März 2002 bei der B.________ GmbH als Köchin tätig. Am 30. Januar 2021 kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis per 20. April 2021. Am 12. April 2021 beantragte A.________ Arbeitslosenentschädigung ab 20. April 2021. Die Unia Arbeitslosenkasse (nachfolgend: Unia) leistete für die Kontrollperioden April bis August 2021 Taggelder in der Höhe von Fr. 17'649.50. A.________ erhielt anlässlich einer Integrationsmassnahme Taggeldleistungen der Invalidenversicherung, weshalb sie sich per 9. September 2021 von der Arbeitslosenversicherung abmeldete.  
 
A.b. Am 6. Februar 2023 stellte A.________ erneut Antrag auf Taggelder der Arbeitslosenversicherung ab 1. Februar 2023. Die Unia verneinte mit Verfügung vom 7. März 2023 einen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung ab 20. April 2021 und forderte die ausgerichteten Leistungen wegen der arbeitgeberähnlichen Stellung von A.________ und ihres Ehegatten in der B.________ GmbH für die Kontrollperioden April bis August 2021 im Umfang von Fr. 16'430.10 zurück. Die dagegen erhobene Einsprache wies die Unia mit Einspracheentscheid vom 23. Mai 2023 ab, bejahte aber eine Anspruchsberechtigung von A.________ ab 1. Februar 2023 trotz arbeitgeberähnlicher Stellung, sofern die übrigen Anspruchsvoraussetzungen gegeben seien.  
 
B.  
Das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich wies die dagegen geführte Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat (Urteil vom 3. Januar 2024). 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, in Aufhebung des kantonalen Urteils vom 3. Januar 2024 sei auf die Rückforderung der ausgerichteten Arbeitslosenentschädigung zu verzichten. Zudem sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. 
Nach Beizug der kantonalen Akten verzichtet das Bundesgericht auf einen Schriftenwechsel. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann sie mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen. Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Pflicht zur Begründung der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 141 V 234 E. 1 mit Hinweisen).  
 
1.2. Das Bundesgericht kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Überdies muss die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein (Art. 97 Abs. 1 BGG). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie festgestellt hat, dass die Beschwerdeführerin nach ihrer Anmeldung zum Leistungsbezug wegen ihrer arbeitgeberähnlichen Stellung keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung für die Zeit von April bis August 2021 gehabt habe und die Rückforderung der ausgerichteten Arbeitslosentaggelder im Betrag von Fr. 16'430.10 schützte. Nicht mehr streitig ist ein Anspruch von A.________ auf Leistungen der Arbeitslosenversicherung ab 1. Februar 2023.  
 
2.2. Die Vorinstanz hat die analog zu Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG ergangene Rechtsprechung, wonach Personen mit arbeitgeberähnlicher Stellung und ihre im Betrieb mitarbeitenden Ehegatten keinen Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung haben (BGE 145 V 200 E. 4.1 f.; vgl. auch BGE 142 V 263 E. 4.1; Urteil 8C_146/2020 vom 17. April 2020 E. 3), richtig dargelegt. Darauf wird verwiesen.  
Hervorzuheben ist, dass die Frage, ob Arbeitnehmende einem obersten betrieblichen Entscheidungsgremium angehören und ob sie in dieser Eigenschaft massgeblich Einfluss auf die Unternehmensentscheidungen nehmen können, aufgrund der internen betrieblichen Struktur zu beantworten ist (BGE 122 V 270 E. 3; ARV 2004 S. 196, C 113/03 E. 3.2; Urteil 8C_319/2022 vom 12. Oktober 2022 E. 5;). Keine Prüfung des Einzelfalls ist erforderlich, wenn sich die massgebliche Entscheidungsbefugnis bereits aus dem Gesetz selbst (zwingend) ergibt. Dies gilt insbesondere für die Gesellschafter einer GmbH (Art. 804 ff. OR) sowie die (mitarbeitenden) Verwaltungsräte einer AG, für welche das Gesetz in der Eigenschaft als Verwaltungsrat in Art. 716-716b OR verschiedene, nicht übertrag- und entziehbare, die Entscheidungen des Arbeitgebers bestimmende oder massgeblich beeinflussende Aufgaben vorschreibt (BGE 145 V 200 E. 4.2 mit weiteren Hinweisen). 
 
2.3. Nach Art. 95 Abs. 1 AVIG in Verbindung mit Art. 25 Abs. 1 ATSG sind unrechtmässig bezogene Leistungen zurückzuerstatten. Zu Unrecht bezogene Geldleistungen, die auf einer formell rechtskräftigen Verfügung beruhen, können, unabhängig davon, ob die zur Rückforderung Anlass gebenden Leistungen förmlich oder formlos verfügt worden sind, nur zurückgefordert werden, wenn entweder die für die Wiedererwägung (wegen zweifelloser Unrichtigkeit und erheblicher Bedeutung der Berichtigung; Art. 53 Abs. 2 ATSG) oder die für die prozessuale Revision (wegen vorbestehender neuer Tatsachen oder Beweismittel; Art. 53 Abs. 1 ATSG) geltenden Voraussetzungen erfüllt sind (BGE 130 V 318 E. 5.2).  
 
3.  
Die Vorinstanz hat festgestellt, die Beschwerdeführerin und ihr Ehemann seien gemäss Handelsregisterauszug des Kantons Zürich vom 10. Januar 2023 seit 13. April 2005 als Gesellschafter, der Ehemann zudem auch als Geschäftsführer, der B.________ GmbH im Handelsregister eingetragen. Im Antrag auf Arbeitslosenentschädigung vom 12. April 2021 habe die Beschwerdeführerin dementgegen verneint, dass sie oder ihr Ehemann einem obersten betrieblichen Entscheidungsgremium angehören würden. Sie sei nach wie vor als Gesellschafterin der GmbH im Handelsregister eingetragen, weshalb sie bereits von Gesetzes wegen einen massgeblichen Einfluss auf die B.________ GmbH nehmen könne, was einer Anspruchsberechtigung entgegen stehe. Aufgrund ihrer arbeitgeberähnlichen Stellung und derjenigen ihres Ehemannes habe insbesondere während der Kontrollperioden April bis August 2021 die Möglichkeit einer erneuten Anstellung bestanden. Auch als mitarbeitende Ehegattin einer arbeitgeberähnlichen Person sei sie, auch wenn sie sich in Scheidung befinde, bis zum Scheidungsurteil nicht anspruchsberechtigt. Die Vorinstanz hat die Rechtmässigkeit einer Rückforderung im Betrag von Fr. 16'430.10 gestützt auf den Rückkommenstitel der Wiedererwägung nach Art. 53 Abs. 2 ATSG demzufolge bejaht. 
 
4.  
 
4.1. Die Vorbringen der Beschwerdeführerin vermögen die Betrachtungsweise der Vorinstanz nicht in Zweifel zu ziehen. Deren tatsächliche Feststellungen sind nicht mangelhaft im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG und die rechtliche Würdigung ist bundesrechtskonform. Die mit BGE 123 V 234 begründete Rechtsprechung, wonach die Bestimmung von Art. 31 Abs. 3 lit. c AVIG analog auf Arbeitslosenentschädigung beantragende arbeitgeberähnliche Personen und deren Ehegatten anzuwenden ist, zielt auf die Verhinderung einer rechtsmissbräuchlichen Gesetzesumgehung ab (BGE 123 V 234 E. 7).  
 
4.2. Anders als die Beschwerdeführerin anzunehmen scheint, ist in der vorliegenden Konstellation der Ausschluss vom Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung absolut zu verstehen, und zwar ungeachtet der Höhe der gehaltenen Gesellschaftsanteile (vgl. bezügl. arbeitgeberähnliche Personen als Liquidatoren des Betriebs: Urteil 8C_379/2022 vom 21. November 2022 E. 5). Wie die Vorinstanz bereits zutreffend erwogen hat, fällt hier eine Einzelfallprüfung ausser Betracht. Das Bundesgericht hat mit BGE 145 V 200 E. 4.1 ff. bekräftigt, dass an der Rechtsprechung, wonach sich der massgebliche Einfluss eines Gesellschafters oder einer Gesellschafterin einer GmbH nach schweizerischem Recht (mit oder ohne Geschäftsführerfunktion) bereits aus der Gesellschafterstellung an sich ergibt, festzuhalten ist. An ihrer arbeitgeberähnlichen Stellung als Gesellschafterin der GmbH ändert auch mit der Vorinstanz ihr Einwand nichts, wonach sie aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der angestammten Funktion als Köchin arbeiten könne und konkret keine leidensangepasste Tätigkeit im Restaurant zur Verfügung gestanden sei. Von einem definitiven Ausscheiden aus dem Betrieb kann daher keine Rede sein, auch wenn sie dort nicht mehr als Köchin oder in einer anderen leidensangepassten Tätigkeit arbeitet. Ernsthafte sachliche Gründe für eine Rechtsprechungsänderung ergeben sich aus den Einwendungen der Beschwerdeführerin nicht (zu den Voraussetzungen: BGE 145 V 304 E. 4.4; 141 II 297 E. 5.5.1; 137 V 417 E. 2.2.2).  
 
4.3. Zu keinem anderen Ergebnis führt der Umstand, dass sich die Beschwerdeführerin in den hier massgebenden Monaten in einem Scheidungsverfahren befand. Da bis zum Scheidungsurteil das Risiko eines Missbrauchs genügt (BGE 142 V 263), kann auch unter diesem Aspekt von einer Prüfung der konkreten Gegebenheiten abgesehen werden (vgl. Urteil 8C_850/2010 vom 28. Januar 2011 E. 4.2). Mit Blick auf ihre Stellung in der Unternehmung, die sie nach wie vor innehat, ist eine Missbrauchsgefahr ohne Weiteres zu bejahen (E. 2.2 vorne), ein konkretes missbräuchliches Verhalten ist für die Verneinung eines Leistungsanspruchs nicht vorausgesetzt.  
 
4.4. Soweit die Beschwerdeführerin appellatorische Kritik am vorinstanzlichen Urteil übt, indem sie ihre eigene - in der Sache überwiegend bereits im kantonalen Beschwerdeverfahren vorgetragene - Sicht der Dinge wiederholt, ohne sich unter Willkürgesichtspunkten mit den vorinstanzlichen Feststellungen auseinanderzusetzen, ist dies unzulässig. Damit lässt sich keine offensichtliche Unrichtigkeit des vorinstanzlichen Urteils in tatsächlicher Hinsicht oder dessen anderweitige Bundesrechtswidrigkeit begründen (vgl. E. 1.2 vorne und BGE 144 I 113 E. 7.2). Die Vorinstanz durfte daher ohne Verletzung von Bundesrecht den Anspruch auf Arbeitslosenentschädigung in den Kontrollperioden April bis August 2021 verneinen und die Rückforderung der zu Unrecht erbrachten Taggeldleistungen als rechtens ansehen. Damit hat es beim vorinstanzlichen Urteil sein Bewenden.  
 
5.  
Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a BGG mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid erledigt wird (Art. 109 Abs. 3 BGG). 
 
6.  
Mit dem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
 
7.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die unterliegende Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 30. April 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla