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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
1C_10/2010 
 
Urteil vom 16. September 2010 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Féraud, Präsident, 
Bundesrichter Aemisegger, Raselli, 
Gerichtsschreiber Stohner. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, Beschwerdeführer, vertreten durch Rechtsanwalt Rainer Hager, 
 
gegen 
 
Schweizerische Bundesbahnen, Infrastruktur, Recht, Kasernenstrasse 95/97, Postfach, 8021 Zürich, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Bundesamt für Verkehr, Abteilung Infrastruktur, 
3003 Bern. 
 
Gegenstand 
Bauvorhaben Stadtbahn Zug - 1. Teilergänzung S2/Erweiterung der Haltestelle Zug Oberwil zu einer Kreuzungsstation, 
 
Beschwerde gegen das Urteil vom 10. November 2009 des Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung I. 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit Verfügung vom 9. Juli 2008 genehmigte das Bundesamt für Verkehr (BAV) die Planvorlage der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) vom 2. Juli 2007 betreffend "Stadtbahn Zug 1. Teilergänzung S2/Erweiterung der Haltestelle Oberwil (ZG) zu einer Kreuzungsstation" mit Auflagen und trat gleichzeitig auf die von X.________ eingereichte Einsprache nicht ein. 
 
Das Bundesverwaltungsgericht hiess die von X.________ gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde mit Urteil vom 4. November 2008 gut, soweit es darauf eintrat, und wies die Sache zur Neubeurteilung an das BAV zurück. 
 
Mit Verfügung vom 12. Dezember 2008 genehmigte das BAV die Planvorlage erneut und wies die Einsprache von X.________ ab, soweit es darauf eintrat. Es begründete seinen Entscheid zur Hauptsache damit, dass die Immissionsgrenzwerte eingehalten seien. X.________ focht diese Verfügung beim Bundesverwaltungsgericht an, welches die Beschwerde mit Urteil vom 10. November 2009 abwies, soweit es auf diese eintrat. 
 
B. 
X.________ führt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten mit den Anträgen, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts sei aufzuheben, und die Sache sei zur Neubeurteilung ans BAV zurückzuweisen. 
 
C. 
Das BAV beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesverwaltungsgericht verzichtet auf eine Vernehmlassung zur Beschwerde. Die SBB stellen Antrag auf Beschwerdeabweisung. Das Bundesamt für Umwelt (BAFU) reicht eine Vernehmlassung ein, ohne ausdrücklich Anträge zu stellen. Der Beschwerdeführer hält in seiner Stellungnahme zu den Vernehmlassungen an seinen Anträgen fest. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Der angefochtene Entscheid der Vorinstanz (Art. 86 Abs. 1 lit. a BGG) stützt sich in erster Linie auf Bundesverwaltungsrecht - nämlich auf das USG (SR 814.01) und die Lärmschutz-Verordnung vom 15. Dezember 1986 (LSV; SR 814.41) - und betrifft demzufolge eine öffentlich-rechtliche Angelegenheit im Sinne von Art. 82 lit. a BGG. Ein Ausschlussgrund nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Beim angefochtenen Urteil handelt es sich um einen Endentscheid im Sinne von Art. 90 BGG
 
Das umstrittene Vorhaben hat im Wesentlichen die Erweiterung der Haltestelle Oberwil zu einer Kreuzungsstation zum Gegenstand. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer von drei sich in unmittelbarer Nähe zur Kreuzungsstation befindlichen Grundstücken. Er ist durch das Urteil der Vorinstanz, mit welchem die Projektgenehmigung des BAV geschützt wurde, in besonderem Masse berührt und zur Beschwerde legitimiert (Art. 89 Abs. 1 BGG). Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, weshalb auf die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde unter dem Vorbehalt rechtsgenüglich begründeter Rügen (Art. 42 Abs. 2 BGG; vgl. E. 5.3 hiernach) einzutreten ist. 
 
2. 
Die Vorinstanz führt aus, es handle sich beim geplanten Bauvorhaben um eine wesentliche Änderung einer bestehenden ortsfesten Anlage im Sinne von Art. 8 LSV. In solchen Fällen müssten die Lärmemissionen der gesamten Anlage mindestens so weit begrenzt werden, dass die Immissionsgrenzwerte nicht überschritten würden. Aufgrund der überzeugenden Berechnungen der SBB sei für das Jahr 2011 auf dem am meisten exponierten Grundstück des Beschwerdeführers im pessimistischsten Fall (sog. "Worst-Case-Verkehrsszenario") mit einem maximalen Lärmpegel von 56.2 dB(A) am Tag und 43.4 dB(A) in der Nacht zu rechnen. Damit würden die für die Empfindlichkeitsstufe II geltenden Immissionsgrenzwerte von tags 60 dB(A) und nachts 50 dB(A) eingehalten, weshalb das Projekt in Einklang stehe mit den massgeblichen lärmschutzrechtlichen Bestimmungen. 
 
3. 
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe das Projekt zu Unrecht als wesentliche Änderung einer bestehenden Anlage im Sinne von Art. 8 Abs. 2 und 3 LSV und nicht als neubauähnliche Anlage im Sinne von Art. 7 LSV eingestuft mit der Konsequenz, dass nicht die Planungswerte, sondern einzig die höheren Immissionsgrenzwerte eingehalten werden müssten. Die Qualifikation als neubauähnliche Anlage ergebe sich bereits aus dem grossen Umfang der geplanten Infrastrukturerweiterungen. Zudem sei aufgrund der zu erwartenden Mehrbeanspruchung der Anlage mit einer markanten Zunahme an Lärmimmissionen zu rechnen, weshalb nicht mehr bloss von einer (wesentlichen) Änderung der bestehenden Anlage gesprochen werden könne. In diesem Zusammenhang kritisiert der Beschwerdeführer, dass die Vorinstanz ihrem Entscheid eine Lärmprognose zugrunde lege, die auf einer Verkehrsprognose mit zu kurzem Zeithorizont (bis 2011) beruhe. Im Ergebnis werde hierdurch Ziff. 32 Abs. 4 lit. b Anhang 4 LSV falsch angewendet. 
 
4. 
Emissionen sind im Rahmen der Vorsorge so weit zu begrenzen, als dies technisch und betrieblich möglich und wirtschaftlich tragbar ist (Art. 11 Abs. 2 USG). Die Emissionsbegrenzungen werden verschärft, wenn feststeht oder zu erwarten ist, dass die Einwirkungen unter Berücksichtigung der bestehenden Umweltbelastung schädlich oder lästig werden (Art. 11 Abs. 3 USG). Für die Beurteilung der schädlichen oder lästigen Einwirkungen durch Lärm legt der Bundesrat Immissionsgrenzwerte fest (Art. 13 USG). Diese sind so festzusetzen, dass nach dem Stand der Wissenschaft oder der Erfahrung Immissionen unterhalb dieser Werte die Bevölkerung in ihrem Wohlbefinden nicht erheblich stören (Art. 15 USG). Für den Schutz vor neuen lärmigen ortsfesten Anlagen legt der Bundesrat Planungswerte für Lärm fest. Diese Planungswerte liegen unter den Immissionsgrenzwerten (Art. 23 USG). Ortsfeste Anlagen dürfen nur errichtet werden, wenn die dadurch allein erzeugten Lärmimmissionen die Planungswerte in der Umgebung nicht überschreiten. Die Bewilligungsbehörde kann eine Lärmprognose verlangen (Art. 25 Abs. 1 USG). 
 
In der Lärmschutzverordnung werden je nach Lärmart, Tageszeit und Lärmempfindlichkeit der zu schützenden Gebäude und Gebiete unterschiedliche Immissionsgrenzwerte und Planungswerte festgelegt (Art. 2 Abs. 5 LSV). Die Lärmemissionen einer neuen ortsfesten Anlage müssen so weit begrenzt werden, dass die von der Anlage allein erzeugten Lärmimmissionen die Planungswerte nicht überschreiten (Art. 7 Abs. 1 lit. b LSV). Gleiches gilt hinsichtlich der Änderung einer neuen ortsfesten Anlage (Art. 8 Abs. 4 LSV). Wird eine bestehende ortsfeste Anlage wesentlich geändert, so müssen die Lärmemissionen der gesamten Anlage mindestens so weit begrenzt werden, dass die Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden (Art. 8 Abs. 2 LSV). Als wesentliche Änderungen ortsfester Anlagen gelten Umbauten, Erweiterungen und vom Inhaber der Anlage verursachte Änderungen des Betriebs, wenn zu erwarten ist, dass die Anlage selbst oder die Mehrbeanspruchung bestehender Verkehrsanlagen wahrnehmbar stärkere Lärmimmissionen erzeugen (Art. 8 Abs. 3 LSV). 
 
Art. 8 LSV darf allerdings nicht unbesehen auf alle Fälle von Änderungen bestehender ortsfester Anlagen angewendet werden. Werden bestehende Anlagen in konstruktiver oder funktionaler Beziehung so verändert, dass das, was von der bisherigen Anlage weiterbesteht, von geringerer Bedeutung erscheint als der erneuerte Teil, ist Art. 7 LSV einschlägig. Für die Abgrenzung sind vor allem ökologische Kriterien, im Speziellen des Lärmschutzes, und generell die dem Gesetz zugrunde liegende Zielsetzung der Vorsorge massgeblich (BGE 123 II 325 E. 4c/aa S. 329; 125 II 643 E. 17a S. 670). Eine bestehende Anlage wird dann zu einer neuen Anlage, wenn ihr Zweck vollständig geändert wird (vgl. Art. 2 Abs. 2 LSV) oder wenn sie baulich oder betrieblich derart weitgehend verändert wird, dass das Bestehende in lärmmässiger Hinsicht im Vergleich zum Neuen nur noch von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. BGE 133 II 181 E. 7.2 S. 201; 115 lb 456 E. 5 S. 465 ff.). 
 
In Anhang 4 LSV werden die Immissionsgrenzwerte und Planungswerte für Eisenbahnlärm festgesetzt, differenziert nach Empfindlichkeitsstufen (vgl. hierzu Art. 43 LSV) und der Tageszeit. Der Fahrbetrieb und der Rangierbetrieb von Eisenbahnanlagen, die neu erstellt oder geändert werden, wird anhand von Prognosen über die Entwicklung des Betriebs ermittelt (Ziff. 32 Abs. 4 lit. b Anhang 4 LSV). 
 
5. 
5.1 Mit dem Projekt wird bezweckt, die bisherige Haltestelle zu einer Kreuzungsstation auszubauen. Hierzu soll insbesondere das Trassee bergseitig mit einem zweiten, rund 400 Meter langen Gleis mit zwei Weichen und einem neuen Aussenperron ergänzt und das bestehende Gleis auf einer Länge von 170 Metern leicht seewärts verschoben werden (vgl. hierzu den Situationsplan und den technischen Bericht). 
Dass mit dem vorgesehenen Ausbau der Haltestelle zu einer Kreuzungsstation der bisherige Zweck der Anlage vollständig geändert würde, macht der Beschwerdeführer zu Recht nicht geltend. Entgegen seiner Auffassung sind auch die geplanten baulichen Änderungen nicht derart weitreichend, dass das Projekt als neubauähnlich zu qualifizieren wäre. 
 
5.2 Zu prüfen ist damit, ob die bisherige Anlage infolge der geplanten Änderungen in lärmmässiger Hinsicht im Vergleich zum Neuen nur noch von untergeordneter Bedeutung ist. Dies ist nach der Lehre der Fall, wenn die Änderung einer Anlage, die vorher keine oder nur geringfügige Lärmimmissionen verursachte, zu störendem Lärm führt (ANDRÉ SCHRADE/HEIDI WIESTNER, Kommentar zum Umweltschutzgesetz, 2. Aufl. 2002, N. 25 zu Art. 18). 
 
Die gegenwärtige Lärmbelastung beträgt nach den unbestrittenen Feststellungen der Vorinstanz 52.6 dB(A) am Tag und 40.9 dB(A) in der Nacht und liegt damit unter den in der Empfindlichkeitsstufe II (vgl. Art. 43 Abs. 1 lit. b LSV) höchstzulässigen Immissionsgrenzwerten von 60 dB(A) am Tag und von 50 dB(A) in der Nacht (vgl. Ziff. 2 Anhang 4 LSV). Die prognostizierte Lärmbelastung, auf welche die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid abstellt, beträgt 56.2 dB(A) am Tag und 43.4 dB(A) in der Nacht. Sind diese Werte massgeblich, liegt keine neubauähnliche Anlage vor, da nicht gesagt werden kann, die bisherige Anlage sei infolge der geplanten Änderungen in lärmmässiger Hinsicht im Vergleich zum Neuen nur noch von untergeordneter Bedeutung. 
 
5.3 Der Beschwerdeführer wendet nun aber wie erwähnt ein, die Vorinstanz lege ihrem Entscheid eine Lärmprognose zugrunde, die auf einer Verkehrsprognose mit zu kurzem Zeithorizont beruhe. Nicht berücksichtigt worden seien einerseits die künftig zu erwartende Zunahme des Güterverkehrs infolge der Aushubtransporte in Zusammenhang mit dem Ausbau der Axenstrasse und der Urner NEAT-Berg-Variante und andererseits die im kantonalen Richtplan auf der fraglichen Strecke für das Jahr 2016 vorgesehene Einführung des Viertelstundentakts zu Hauptverkehrszeiten. 
 
Die Vorinstanz trat auf die Rüge, dem in Zukunft zu erwartenden Güterverkehr werde nicht oder jedenfalls nur ungenügend Rechnung getragen, aus prozessualen Gründen nicht ein, weil der Einwand erst anlässlich des Beschwerdeverfahrens geltend gemacht worden sei. Der Beschwerdeführer setzt sich mit dieser Begründung nicht auseinander, weshalb auf die Beschwerde nicht einzutreten ist (Art. 42 Abs. 2 BGG). 
Soweit sich der Beschwerdeführer schliesslich gegen die mangelnde Berücksichtigung der im kantonalen Richtplan für das Jahr 2016 vorgesehenen Einführung eines Viertelstundentakts zu Hauptverkehrszeiten wendet, dringt er mit seiner Beschwerde ebenfalls nicht durch. Die Vorinstanz stellt willkürfrei fest, dass Leistungssteigerungen im Bahnbetrieb in Form der Einführung eines Viertelstundentakts weitere Doppelspurausbauten erforderten. Diese Feststellung wird vom Beschwerdeführer nicht in Frage gestellt. Die Realisierung solcher neuer Ausbauvorhaben aber ist aus politischen und finanziellen Gründen im heutigen Zeitpunkt höchst ungewiss. Demzufolge ist es nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz beim zu beurteilenden Bauvorhaben die per 2016 mögliche Zunahme des Zugverkehrs im Rahmen der Lärmprognose nicht einbezieht. Vielmehr werden bei einem allfälligen künftigen Gleisausbau zwecks Einführung des Viertelstundentakts die zu erwartenden zusätzlichen Lärmemissionen im Plangenehmigungsverfahren zu berücksichtigen sein. 
Indem die Vorinstanz auf eine Lärmprognose abstellt, welche die vorhersehbaren Auswirkungen des Projekts auf die Verkehrsentwicklung bis ins Jahr 2011 berücksichtigt, verletzt sie entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers Ziff. 32 Abs. 4 lit. b Anhang 4 LSV nicht. 
 
6. 
Die Beschwerde ist daher abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Die Gerichtskosten sind dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Der Beschwerdegegnerin wird keine Parteientschädigung zugesprochen (vgl. Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten werden kann. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 
 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Bundesamt für Verkehr, dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung I, und dem Bundesamt für Umwelt schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 16. September 2010 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Féraud Stohner