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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_69/2023  
 
 
Urteil vom 7. Juni 2023  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jametti, Präsidentin, 
Bundesrichterin Kiss, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiber Matt. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Peter Krepper, Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________ BV, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Rafael Brägger, Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Auftrag, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts 
des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, 
vom 16. Dezember 2022 (ZVE.2022.27). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (Klägerin, Beschwerdeführerin) buchte über die Internetplattform der B.________ BV (Beklagte, Beschwerdegegnerin) für ihre eigene und eine befreundete Familie eine Ferienvilla in U.________. Da sie den Zustand der Ferienvilla als unzumutbar erachteten, bezogen die beiden Familien ein Hotel. 
 
B.  
Nach erfolglosem Schlichtungsversuch verlangte die Klägerin von der Beklagten die Rückerstattung des Mietzinses für die Ferienvilla und Schadenersatz. Mit Urteil vom 17. März 2022 verpflichtete die Präsidentin des Bezirksgerichts Laufenburg die Beklagte zur Zahlung von USD 20'840.-- nebst Zins zu 5 % seit 17. August 2018. 
 
C.  
Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten hiess das Obergericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 16. Dezember 2022 gut, während es die Anschlussberufung der Klägerin abwies. 
 
D.  
Die Klägerin beantragt mit Beschwerde in Zivilsachen und subsidiärer Verfassungsbeschwerde, die Beklagte sei zur Zahlung von USD 20'840.-- nebst Zins zu 5 % seit 17. August 2018 zu verpflichten. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht zurückzuweisen. 
Die Beklagte beantragt, auf die Beschwerden sei nicht einzutreten, eventualiter seien sie abzuweisen. Die Parteien replizierten und duplizierten. 
Das Obergericht verzichtet unter Verweis auf die Erwägungen im angefochtenen Urteil auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerdegegnerin trägt vor, dass die Beschwerdeführerin nur die Bezahlung eines Geldbetrags beantrage und keinen Antrag auf Aufhebung des vorinstanzlichen Urteils stelle. Deswegen sei auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
Die Beschwerdeschrift hat ein Rechtsbegehren zu enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Da die Beschwerde in Zivilsachen ein reformatorisches Rechtsmittel ist (Art. 107 Abs. 2 BGG), darf sich die beschwerdeführende Partei grundsätzlich nicht darauf beschränken, die Aufhebung des angefochtenen Entscheids zu beantragen, sondern muss einen Antrag in der Sache stellen. Ein blosser Rückweisungsantrag reicht ausnahmsweise aus, wenn das Bundesgericht im Falle der Gutheissung in der Sache nicht selbst entscheiden könnte, weil die erforderlichen Sachverhaltsfeststellungen der Vorinstanz fehlen (BGE 136 V 131 E. 1.2; 134 III 379 E. 1.3; je mit Hinweisen). 
Die Beschwerdeführerin stellt im Einklang mit der zitierten Rechtsprechung ein reformatorisches Rechtsbegehren auf Zahlung von USD 20'840.--. Wie sie in der Replik zutreffend vorbringt, versteht sich von selbst, dass das vorinstanzliche Urteil aufgehoben würde, wenn das Bundesgericht davon abweichen und die beantragte Geldsumme zusprechen würde. 
 
2.  
 
2.1. Das angefochtene Urteil ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) einer Vorinstanz im Sinne von Art. 75 BGG. Der Streitwert erreicht die Grenze von Fr. 30'000.-- gemäss Art. 74 Abs. 1 lit. b BGG nicht. Dies anerkennt die Beschwerdeführerin. Sie macht jedoch geltend, es stelle sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne von Art. 74 Abs. 2 lit. a BGG.  
 
2.2. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt vor, wenn ein allgemeines und dringendes Interesse besteht, dass eine umstrittene Frage höchstrichterlich geklärt wird, um eine einheitliche Anwendung und Auslegung des Bundesrechts herbeizuführen und damit eine erhebliche Rechtsunsicherheit auszuräumen (BGE 146 III 237 E. 1; 144 III 164 E. 1; 141 III 159 E. 1.2). Der Begriff der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist restriktiv auszulegen. Soweit es bei der aufgeworfenen Frage lediglich um die Anwendung von Grundsätzen der Rechtsprechung auf einen konkreten Fall geht, handelt es sich nicht um eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (BGE 135 III 1 E. 1.3 mit weiteren Hinweisen). Wenn geltend gemacht wird, dass die unteren Instanzen viele gleichartige Fälle beurteilen werden, muss die zu beurteilende Streitsache überdies geeignet sein, die Frage auch mit Bezug auf die anderen Fälle zu klären (BGE 139 II 340 E. 4).  
Ist eine Beschwerde nur unter der Voraussetzung zulässig, dass sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt, so hat die beschwerdeführende Partei auszuführen, warum diese Voraussetzung erfüllt ist (Art. 42 Abs. 2 Satz 2 BGG). 
 
2.3. Die Beschwerdeführerin trägt vor, es stellten sich zwei Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung.  
 
2.3.1. Erstens sei zu beantworten, ob die Beschwerdegegnerin "als Vermittlerin weltweit von Ferienunterkünften" nach dem schweizerischen Recht dazu verpflichtet sei, den Mietern, welche über ihre Plattform eine Unterkunft buchen, den Vermieter bekannt zu geben.  
Die Beschwerdeführerin sieht die grundsätzliche Bedeutung dieser Rechtsfrage namentlich im Interesse der Massenmedien, zumal die Beschwerdegegnerin beim Vermitteln von Ferienunterkünften weltweit und auch in der Schweiz den Markt anführe. Als Beleg führt die Beschwerdeführerin die Anfrage einer Redaktorin eines Schweizer Konsumentenmagazins vom 6. Januar 2023 an. 
 
2.3.2. Zweitens sei - allenfalls als obiter dictum - zu beantworten, ob die Beschwerdegegnerin dafür haftet, wenn der Vermieter, entgegen dem Versprechen der Beschwerdegegnerin, den Mietzins bereits vor dem Bezug der Unterkunft via Kreditkartenbelastung bezieht, so dass der mit dem Mietobjekt nicht einverstandene Mieter dadurch in die Rolle des Rückzahlungsklägers versetzt wird.  
 
2.4. In einem Auslegungsstreit ist zunächst zu prüfen, ob sich die Parteien tatsächlich übereinstimmend geäussert, verstanden und in diesem Verständnis geeinigt haben (BGE 147 III 153 E. 5.1). Diese subjektive Vertragsauslegung beruht auf Beweiswürdigung (BGE 144 III 93 E. 5.2.2; 132 III 268 E. 2.3.2). Nur wenn kein übereinstimmender wirklicher Wille festgestellt werden kann, beurteilt sich nach dem Vertrauensprinzip, welchen Inhalt eine Willenserklärung hat. Diese objektivierte Auslegung überprüft das Bundesgericht als Rechtsfrage (BGE 148 III 57 E. 2.2.1; 146 V 28 E. 3.2).  
Die Beschwerdeführerin stellt zwei Fragen in den Raum: Erstens sei zu beantworten, ob die Beschwerdegegnerin als Vermittlerin von Ferienunterkünften dazu verpflichtet ist, der Beschwerdeführerin die Gegenpartei bekannt zu geben. Zweitens sei zu klären, ob die Beschwerdegegnerin dafür haftet, dass der Vermieter der Ferienvilla den Mietzins bereits vor dem Bezug der Unterkunft der Kreditkarte der Beschwerdeführerin belastet hat. Dies sind nach dem Gesagten keine Rechtsfragen, sofern die subjektive Vertragsauslegung betroffen ist. Wie die Beschwerdegegnerin zu Recht einwendet, verwandelt die blosse Verallgemeinerung eine Sachverhaltsfrage nicht in eine Rechtsfrage. 
Soweit die objektivierte Auslegung betroffen sein sollte, würde sich keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellen. Vielmehr wären die allgemeinen Grundsätze der Vertragsauslegung auf den vorliegenden Einzelfall anzuwenden. 
Daran ändert nichts, dass sich die Redaktorin eines Schweizer Konsumentenmagazins für den Ausgang des vorliegenden Verfahrens interessiert. Ein allfälliges Medieninteresse ist bedeutungslos, wenn zu beurteilen ist, ob sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stellt. Zudem ist die Anfrage des Konsumentenmagazins vom 6. Januar 2023 ein unzulässiges echtes Novum (Art. 99 Abs. 2 BGG). Im Übrigen muss sich die Rechtsfrage im Einzelfall effektiv stellen. 
 
2.5. Eine Entgegennahme der Beschwerde als subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113-119 BGG) scheidet aus, da die Beschwerdeführerin die Verletzung von verfassungsmässigen Rechten nicht hinreichend rügt (Art. 116 BGG). Das Bundesgericht prüft die Verletzung von Grundrechten nicht von Amts wegen, sondern nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 117 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 2 BGG). Dies bedeutet, dass anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids klar und detailliert darzulegen ist, inwiefern verfassungsmässige Rechte verletzt worden sein sollen (BGE 135 III 232 E. 1.2; 134 I 83 E. 3.2; je mit weiteren Hinweisen).  
Zwar erhebt die Beschwerdeführerin in der Beschwerde auf S. 5 (Rz. 6) ausdrücklich subsidiäre Verfassungsbeschwerde und verweist zur Begründung auf S. 10 (Rz. 8.5), S. 16-17 (Rz. 14.5) sowie S. 17 (Rz. 14.7) ihrer Beschwerdeschrift. Allerdings finden sich dort keine Vorbringen, die der qualifizierten Rügepflicht genügen. 
 
3.  
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Ausgangsgemäss wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Zivilgericht, 2. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 7. Juni 2023 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jametti 
 
Der Gerichtsschreiber: Matt