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Ecriture agrandie
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_156/2023  
 
 
Urteil vom 8. Juli 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Müller, Merz, 
Gerichtsschreiber Dold. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Willy Bolliger, 
 
gegen  
 
Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau, 
Postfach, 5001 Aarau, 
 
Departement Volkswirtschaft und Inneres 
des Kantons Aargau, 
Frey-Herosé-Strasse 12, 5001 Aarau. 
 
Gegenstand 
Entzug des Führerausweises, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 1. Kammer, vom 22. Februar 2023 (WBE.2022.427 / jl / jb). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Gegen A.________ wurden in der Vergangenheit bereits mehrere strassenverkehrsrechtliche Administrativmassnahmen angeordnet, letztmals im Jahr 2016: Am 30. Juni 2016 wurde ihm der Ausweis wegen einer schweren Widerhandlung (Führen eines Personenwagens in angetrunkenem Zustand) für 13 Monate entzogen und am 23. November 2016 ebenfalls wegen einer schweren Widerhandlung (Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn um 35 km/h) auf unbestimmte Zeit. Am 7. Dezember 2018 wurde ihm der Führerausweis nach einer verkehrspsychologischen Begutachtung ohne neue Auflagen wiedererteilt. 
Am 3. August 2022 entzog ihm das Strassenverkehrsamt des Kantons Aargau den Führerausweis für immer. Zur Begründung führte es an, er habe wegen einer ungenügenden Sicherung der Ladung eine mittelschwere Widerhandlung begangen. Mit Entscheid vom 26. September 2022 wies das Departement Volkswirtschaft und Inneres (DVI) des Kantons Aargau eine von ihm dagegen erhobene Beschwerde ab. Daraufhin gelangte er ans Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, das seine Beschwerde mit Urteil vom 22. Februar 2023 jedoch abwies, soweit es darauf eintrat. 
 
B.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an das Bundesgericht vom 29. März 2023 beantragt A.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts, der Entscheid des DVI und die Verfügung des Strassenverkehrsamts seien aufzuheben und er selbst sei lediglich wegen einer leichten Wiederhandlung zu verwarnen. 
Das DVI, das Strassenverkehrsamt und das ebenfalls zur Vernehmlassung eingeladene Bundesamt für Strassen (ASTRA) beantragen die Abweisung der Beschwerde. Das Verwaltungsgericht verweist auf die Erwägungen im angefochtenen Entscheid. Der Beschwerdeführer hält in seiner Replik an seinen Anträgen fest. 
 
C.  
Mit Präsidialverfügung vom 27. April 2023 hat das Bundesgericht das Gesuch des Beschwerdeführers um aufschiebende Wirkung abgewiesen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid über einen Führerausweisentzug. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten offen (Art. 82 ff. BGG). Unzulässig ist jedoch der Antrag, auch die Entscheide des DVI und des Strassenverkehrsamts aufzuheben. Diese sind durch das Urteil des Verwaltungsgerichts ersetzt worden (Devolutiveffekt) und gelten als inhaltlich mitangefochten (BGE 139 II 404 E. 2.5 mit Hinweis).  
 
1.2. Die Beschwerde besteht weitgehend aus Passagen, die aus der Beschwerde an das Verwaltungsgericht kopiert wurden. Mit der ausführlichen Begründung im angefochtenen Entscheid setzt sich der Beschwerdeführer kaum auseinander. Dies betrifft insbesondere die vorinstanzlichen Ausführungen, dass die in Art. 16b Abs. 2 lit. f SVG vorgesehene Rechtsfolge zwingend sei und dass es keine Rolle spiele, ob die Vorfälle aus den Jahren 2007 und 2012 verjährt seien und ob die aktuell zu beurteilende Widerhandlung mit früheren vergleichbar sei. Der Beschwerdeführer geht auf die betreffenden Erwägungen nicht ein. Insofern ist auf seine Beschwerde nicht einzutreten (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
1.3. Die Beschwerde ist einzig in Bezug auf die Frage, ob eine mittelschwere oder eine leichte Widerhandlung vorliegt, hinreichend begründet, und dies angesichts des Umstands, dass sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen damit begnügt hat, Passagen aus einer früheren Rechtsschrift zu kopieren, ebenfalls nur knapp.  
 
2.  
 
2.1. Im Zusammenhang mit Administrativmassnahmen unterscheidet das SVG zwischen der leichten, mittelschweren und schweren Wiederhandlung (Art. 16a-c SVG). Gemäss Art. 16a Abs. 1 lit. a SVG begeht eine leichte Widerhandlung, wer durch Verletzung von Verkehrsregeln eine geringe Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft, sofern ihn dabei nur ein leichtes Verschulden trifft. Gemäss Art. 16b Abs. 1 lit. a SVG begeht eine mittelschwere Widerhandlung, wer durch Verletzung von Verkehrsregeln eine Gefahr für die Sicherheit anderer hervorruft oder in Kauf nimmt. Die mittelschwere Widerhandlung stellt einen Auffangtatbestand dar. Sie liegt vor, wenn nicht alle privilegierenden Elemente einer leichten Widerhandlung nach Art. 16a Abs. 1 lit. a SVG und nicht alle qualifizierenden Elemente einer schweren Widerhandlung nach Art. 16c Abs. 1 lit. a SVG gegeben sind (BGE 135 II 138 E. 2.2.2).  
 
2.2. Eine Gefahr für die Sicherheit anderer im Sinne von Art. 16a-c SVG ist bei einer konkreten oder auch bei einer erhöhten abstrakten Gefährdung zu bejahen. Eine erhöhte abstrakte Gefahr besteht, wenn die Möglichkeit einer konkreten Gefährdung oder Verletzung von Personen naheliegt. Ob eine solche Gefährdung vorliegt, ist anhand der jeweiligen Verhältnisse im Einzelfall zu beurteilen (Urteil 1C_478/2022 vom 13. März 2023 E. 2.4 mit Hinweisen).  
 
2.3. Gemäss dem angefochtenen Entscheid verlor der Beschwerdeführer auf dem Beschleunigungsstreifen der Autobahn A1 in Spreitenbach, Fahrtrichtung Bern, einen von vier Rattan-Gartenstühlen, die er auf der Ladefläche seines Fahrzeugs mitführte und nur ungenügend gesichert hatte. Das Verwaltungsgericht hob zu Recht hervor, dass von einem herunterfallenden Gegenstand eine sehr ernstzunehmende Gefahr ausgehe. Das gelte auch für einen auf die Autobahn führenden Beschleunigungsstreifen, zumal die Verkehrsteilnehmenden dort üblicherweise stark beschleunigen und und sich dabei auf die Eingliederung in die andere Fahrspur konzentrieren müssten. Weiter hielt das Verwaltungsgericht fest, dass der Beschwerdeführer zudem auf einer kurzen Strecke auf der Autobahn selbst unterwegs gewesen sei, ohne die drei restlichen Stühle ausreichend zu sichern.  
 
2.4. Vor dem Hintergrund dieser zutreffenden Ausführungen ist ohne Weiteres von einer Gefährdung der Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer auszugehen, die nicht mehr als nur gering eingestuft werden kann. Dass die Gartenstühle mit 4,8 kg ein geringes Gewicht aufwiesen, wie der Beschwerdeführer vorbringt, spielt keine Rolle. Auch leichte Gegenstände, die auf der Autobahn oder dem Beschleunigungsstreifen herunterfallen, können Kollisionen oder gefährliche Ausweichmanöver provozieren. Immerhin hatten die Stühle gemäss den Angaben des Beschwerdeführers Masse von 57.5 cm x 61 cm x 88 cm. Sein Hinweis auf die Verwendung eines angeblich professionellen Spannsets ändert an dieser Einschätzung ebenfalls nichts, da die Verwendung eines solchen allein keine Gewähr für eine sichere Beladung bietet (vgl. dazu Art. 30 Abs. 2 Satz 2 SVG und zur Bedeutung einer fachgerechten Sicherung der Ladung ferner Urteil 1C_223/2008 vom 8. Januar 2009 E. 2.4 mit Hinweisen).  
 
 
2.5. Da es unbestritten ist, dass den Beschwerdeführer zumindest ein leichtes Verschulden trifft, verletzt die Annahme einer mittelschweren Widerhandlung im Sinne von Art. 16b SVG kein Bundesrecht.  
 
3.  
Nach dem Ausgeführten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist.  
Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Eine Parteientschädigung ist nicht zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Strassenverkehrsamt, dem Departement Volkswirtschaft und Inneres, dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, und dem Bundesamt für Strassen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 8. Juli 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Dold