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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_14/2024  
 
 
Urteil vom 21. Mai 2024  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Muschietti, als präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichterin van de Graaf, 
Bundesrichter von Felten, 
Gerichtsschreiberin Pasquini. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus, Postgasse 29, 8750 Glarus, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Jacques Marti, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Qualifiziert grobe Verletzung der Verkehrsregeln; Signalisation, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts 
des Kantons Glarus vom 21. November 2023 (OG.2022.00033). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ wird vorgeworfen, er sei am Karfreitag, 2. April 2021, um 15.15 Uhr, als Lenker eines Personenwagens auf der Kerenzerbergstrasse, talwärts Richtung Mollis, mit einer Geschwindigkeit von 103 km/h (nach Abzug der Toleranz von 6 km/h) gemessen worden. In der sich unmittelbar vor der Messstelle befindenden 180-Grad-Linkskurve war die zulässige allgemeine Höchstgeschwindigkeit ausserorts von 80 km/h mittels einer am rechten Strassenrand angebrachten Signalisationstafel baustellenbedingt auf 50 km/h beschränkt. Diese Tafel befand sich ungefähr im Scheitelpunkt der Kurve. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte auf der an die Kurve anschliessenden längeren Geraden auf der rechten Strassenseite. Grund für die vorübergehende Beschränkung der Geschwindigkeit im betreffenden Streckenabschnitt waren nicht etwa bauliche Tätigkeiten unmittelbar an der Strasse selber; vielmehr zweigte in diesem Bereich eine (temporäre) Baupiste ab zum nahegelegenen Reservoir "Paradisli", an dem Bauarbeiten vorgenommen wurden. Wegen des damit verbundenen Werkverkehrs wurde aus "Gründen der Verkehrssicherheit" eine Temporeduktion verfügt. 
 
B.  
Das Kantonsgericht Glarus verurteilte A.________ am 27. April 2022 wegen qualifiziert grober Verletzung der Verkehrsregeln (Art. 90 Abs. 3 und Abs. 4 lit. b SVG i.V.m. Art. 27 Abs. 1 SVG sowie Art. 4a Abs. 1 und Abs. 5 der Verkehrsregelnverordnung vom 13. November 1962 [VRV; SR 741.11] und Art. 22 Abs. 1 der Signalisationsverordnung vom 5. September 1979 [SSV; SR 741.21]) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten, bei einer Probezeit von zwei Jahren, und zu einer Busse von Fr. 3'000.--. A.________ erhob dagegen Berufung. 
 
C.  
Das Obergericht des Kantons Glarus sprach A.________ mit Urteil vom 21. November 2023 der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 4a Abs. 1 lit. b VRV schuldig. Es bestrafte ihn mit einer Busse von Fr. 400.--. 
 
D.  
Der Erste Staatsanwalt der Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus führt Beschwerde in Strafsachen mit dem Antrag, das Urteil des Obergerichts des Kantons Glarus vom 21. November 2023 sei aufzuheben und die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
E.  
A.________ und das Obergericht des Kantons Glarus liessen sich innert Frist nicht vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in Strafsachen ist in erster Linie ein reformatorisches Rechtsmittel (Art. 107 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeschrift muss daher grundsätzlich einen Antrag in der Sache enthalten (Art. 42 Abs. 1 BGG). Aufhebungsanträge oder Anträge auf Rückweisung der Sache an die Vorinstanz zur neuen Entscheidung allein genügen nicht, ausser wenn das Bundesgericht im Falle der Gutheissung der Beschwerde ohnehin nicht reformatorisch entscheiden könnte (BGE 137 II 313 E. 1.3; 136 V 131 E. 1.2; 134 III 379 E.1.3; je mit Hinweis). Allerdings reicht ein Begehren ohne Antrag in der Sache aus, wenn sich aus der Begründung zweifelsfrei ergibt, was mit der Beschwerde angestrebt wird (BGE 137 II 313 E. 1.3; Urteile 6B_1301/2023 vom 11. März 2024 E. 1; 6B_1331/2023 vom 12. Januar 2024 E. 1; 6B_532/2023 vom 9. Oktober 2023 E. 1; je mit Hinweisen).  
Die Beschwerdeführerin stellt keinen materiellen Antrag, sondern beantragt einzig die Aufhebung des angefochtenen Entscheids und die Rückweisung an die Vorinstanz. Aus der Begründung der Beschwerde geht indessen ohne Weiteres hervor, dass sie eine Verurteilung des Beschwerdegegners wegen qualifiziert grober Verletzung der Verkehrsregeln bezwecken will. Auf die Beschwerde kann daher grundsätzlich eingetreten werden. 
 
1.2. Der Erste Staatsanwalt der Staats- und Jugendanwaltschaft des Kantons Glarus ist zur Beschwerde in Strafsachen berechtigt (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 3 BGG i.V.m. Art. 7 Abs. 1 und Art. 11 Abs. 1 lit. e des Einführungsgesetzes zur Schweizerischen Strafprozessordnung und zur Schweizerischen Jugendstrafprozessordnung des Kantons Glarus vom 2. Mai 2010 [EG StPO; GS III F/1]; BGE 148 IV 275 E. 1.3; 145 IV 65 E. 1.2; 142 IV 196 E. 1.5.2; je mit Hinweisen; Urteile 6B_678/2021 vom 11. März 2022 E. 1; 1B_425/2019 vom 24. März 2020 E. 1).  
 
2.  
 
2.1. Die Beschwerdeführerin rügt, es sei aktenwidrig, dass die Vorinstanz die leichte und rechtzeitige Erkennbarkeit des Verkehrssignals verneine. Bereits die im angefochtenen Entscheid enthaltenen Bilder offenbarten eine problemlose Erkennbarkeit des Signals. Auch die erste Instanz habe anhand eines Augenscheins festgestellt, dass es unmöglich sei, das Signal nicht zu sehen. Art. 103 SSV verbiete nicht, das Signal in einer Kurve aufzustellen. Indem die Vorinstanz erwäge, selbst der pflichtgemäss aufmerksame Fahrzeuglenker habe nicht mit einer gänzlich falsch platzierten Signalisationstafel mitten in einer Kurve zu rechnen, verletze sie neben Art. 103 SSV auch Art. 31 Abs. 1 SVG und Art. 3 Abs. 1 VRV. Daran ändere die Quote von 25 % von zu schnell fahrenden Fahrzeuglenkern nichts, zumal diese nicht auf eine mangelnde Erkennbarkeit zurückzuführen sei. Der Standort des Signals habe den Vorgaben des Bundesrechts entsprochen.  
Weiter wirft die Beschwerdeführerin der Vorinstanz eine Verletzung von Art. 81 Abs. 4 SSV vor. Zum einen habe keine längere Zeit vorgelegen, in der nicht gearbeitet worden sei, zum anderen sei die Reduktion der zulässigen Höchstgeschwindigkeit trotz Arbeitsunterbruchs erforderlich gewesen. Es widerspreche der Verkehrssicherheit, wenn Verkehrsanordnungen in kurzen Abständen immer wieder geändert würden. Art. 81 Abs. 4 SSV verlange unter diesem Aspekt offensichtlich nicht, an den Wochenenden jeweils das Verkehrsregime zu ändern, das gelte auch für verlängerte Wochenenden. Es sei eine wesentlich längere Zeit erforderlich, während der nicht gearbeitet werde. Zudem sei die Baupiste der Allgemeinheit zum Befahren offen gestanden. Gerade an Wochenenden habe entlang dieser touristisch attraktiven Strecke denn auch damit gerechnet werden müssen, dass die Baupiste befahren werde. Die Verkehrsanordnung sei deshalb auch über das Osterwochenende erforderlich gewesen. Die Vorinstanz verletze schliesslich hinsichtlich der Verbindlichkeit der von ihr als unrechtmässig erachteten Signalisation ebenfalls Bundesrecht. Nach dem Vertrauensgrundsatz seien auch nicht rechtmässig aufgestellte Signale zu beachten, sofern sie einen schützenswerten Rechtsschein für andere Verkehrsteilnehmer begründeten. Nichtigkeit sei nur in offenkundigen Ausnahmefällen anzunehmen und vorliegend habe kein solcher Ausnahmefall vorgelegen. Dies bereits deshalb nicht, weil für die Verkehrsteilnehmer beim Befahren des fraglichen Abschnitts nicht erkennbar gewesen sei, dass die signalisierte Höchstgeschwindigkeit hätte unrechtmässig sein sollen. Ausserdem gehe die Vorinstanz hinsichtlich der Verbindlichkeit der Signalisation nicht darauf ein, dass die Gefahr beim Ein- und Ausfahren in die resp. aus der Baupiste auch am Wochenende bestanden habe. Darüber hinaus übersehe sie das Gefahrenpotential bei trotz Sicherheitslinie zulässigen Überholmanövern. Das Überholen von Radfahrern sei gerade an schönen Wochenenden häufig. Dabei sei es im Interesse der Verkehrssicherheit wichtig, dass sich auch die Radfahrer auf die signalisierte Höchstgeschwindigkeit verlassen könnten und nicht damit rechnen müssten, plötzlich von einem Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 80 km/h überholt zu werden. Die Verkehrsteilnehmer seien in ihrem Vertrauen auf die Gültigkeit der signalisierten Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h zu schützen. Damit wäre also selbst im Fall, dass die Signalisationstafel über Ostern hätte abgedeckt werden müssen, die signalisierte Höchstgeschwindigkeit zu beachten gewesen. 
 
2.2. Die Vorinstanz hält bezugnehmend auf Art. 103 SSV fest, es bestünden grösste Zweifel hinsichtlich der bei einer Signaltafel geforderten leichten Erkennbarkeit. Beim Befahren einer Linkskurve richte sich der Blick des Lenkers spätestens ab der Kurvenmitte zum Kurvenausgang hin. Der Argumentation der ersten Instanz, die Signaltafel sei bereits auf der etwa 200 Meter langen geraden Anfahrt zur Kurve sichtbar gewesen, könne nicht gefolgt werden. Jedenfalls erscheine die Behauptung gewagt, wonach ein Fahrzeuglenker, wenn er sich einer Kurve annähere, bereits eine Signaltafel bemerken müsse, die im Scheitelpunkt der Kurve aufgestellt sei (bzw. hier sogar erst kurz danach), zumal die Zeigefläche der Tafel nicht zur Kurvenanfahrt hin ausgerichtet und so aus der Distanz auch nicht lesbar gewesen sei. Richtigerweise hätte die Tafel unmittelbar vor der Kurve aufgestellt werden müssen, wie dies im konkreten Fall gemäss dem für den betreffenden Baustellenabschnitt entworfenen Signalisationsplan effektiv auch vorgesehen gewesen sei. An den Zweifeln hinsichtlich der Erkennbarkeit ändere auch nichts, dass die erste Instanz nach durchgeführtem Augenschein zu einem anderen Schluss gelangt sei. Selbstverständlich sei bei der Anfahrt zur Kurve ersichtlich, dass dort eine Tafel stehe, wenn man den Blick darauf fokussiere. Indes habe selbst der pflichtgemäss aufmerksame Lenker nicht mit einer gänzlich falsch platzierten Signalisationstafel mitten in einer Kurve zu rechnen, weshalb er bei der Anfahrt zur Kurve auch nicht darauf achten müsse. Bei einer, wie hier, ausserhalb des Lenker-Sichtfelds aufgestellten bzw. auf Distanz allenfalls wahrnehmbaren, aber nicht lesbaren Tafel verhalte es sich daher nicht anders als bei einer weit von der Fahrbahn aufgestellten Tafel: Fahrzeugführer seien nicht gehalten, nach unzulässigerweise fernab von der Fahrbahn angebrachten bzw. hier unzweifelhaft am falschen Ort aufgestellten Signalen Ausschau zu halten. Es sei daher auch wenig überraschend, dass an den drei Messtagen am 2. und 4. April 2021 sowie am 23. Mai 2021 jeweils rund 25 % der kontrollierten Fahrzeuglenker zu schnell gewesen seien und damit doppelt so viele, als sonst bei Geschwindigkeitskontrollen im Ausserortsbereich durchschnittlich geblitzt würden (Urteil S. 5 ff. E. 4).  
Die Vorinstanz verneint sodann unter Bezugnahme auf Art. 108 Abs. 1 und Art. 81 Abs. 4 SSV die Rechtmässigkeit/Verbindlichkeit der Signalisation. Die Notwendigkeit, Berechtigung und Angemessenheit der Verkehrsanordnung stehe zwar bei laufenden Bauarbeiten ausser Frage; zu gross wäre bei einer Geschwindigkeit von 80 km/h die Gefahr von Kollisionen mit (Bau-) Fahrzeugen, die von der Kerenzerbergstrasse auf die Baupiste abbiegen bzw. von dort in die Kerenzerbergstrasse einbiegen. Abgesehen von der besagten Zufahrt zur Baustelle hätten an der Kerenzerbergstrasse selber indessen keine baustellenbedingten Einschränkungen (keine Verengung der Fahrbahn, Materialablagerungen im Bereich der Fahrbahn, Unebenheiten oder Bauarbeiten im Sichtfeld der Fahrzeuglenker) bestanden. Wenn an der Baustelle "Paradisli" nicht gearbeitet werde und kein Werkverkehr zur Baustelle zirkuliere, läge für eine Beschränkung der Geschwindigkeit auf der Kerenzerbergstrasse daher keine unmittelbare sachliche Notwendigkeit vor; ohne Werkverkehr sei die Verkehrssicherheit auf der Kerenzerbergstrasse nicht gefährdet, sodass die Strasse ungehindert befahrbar sei. Genau diese Situation habe über das Osterwochenende bestanden. Gemäss Art. 81 Abs. 4 SSV hätte vorliegend die Signalisation hinsichtlich der baustellenbedingten Geschwindigkeitsreduktion über die Osterfeiertage entfernt bzw. abgedeckt werden müssen. Die Geschwindigkeitsbeschränkung auf 50 km/h sei während des Osterwochenendes daher nicht rechtmässig gewesen. Allerdings ergäbe sich aus dem Vertrauensgrundsatz unter Umständen eine Befolgungspflicht hinsichtlich nicht rechtmässig erfolgter Signalisationen. Dies setze jedoch eine Gefährdungssituation voraus. Eine solche sei vorliegend aber zu verneinen. Im betreffenden Abschnitt sei die Strasse breit, übersichtlich und verlaufe geradeaus, die Witterungsverhältnisse zum Messzeitpunkt seien ausgezeichnet gewesen. Zufolge der ausgezogenen Sicherheitslinie habe auch keine Gefahr vorgelegen, dass ein Fahrzeuglenker überholen und dabei die Geschwindigkeit entgegenkommender Fahrzeuge falsch einschätzen würde. Weil somit bei Nichtbeachtung der hier nicht rechtmässig signalisierten Geschwindigkeitsbeschränkung über die Ostertage keine Gefahr für die Verkehrssicherheit bestanden habe, komme der betreffenden Signalisation auch unter dem Gesichtswinkel von Art. 26 Abs. 1 SVG keine Gültigkeit zu (Urteil S. 7 ff. E. 5). 
 
2.3. Gemäss Art. 90 Abs. 3 SVG macht sich strafbar, wer durch vorsätzliche Verletzung elementarer Verkehrsregeln das hohe Risiko eines Unfalls mit Schwerverletzten oder Todesopfern eingeht, namentlich durch besonders krasse Missachtung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, waghalsiges Überholen oder Teilnahme an einem nicht bewilligten Rennen mit Motorfahrzeugen. Absatz 3 ist in jedem Fall erfüllt, wenn die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten wird um: mindestens 50 km/h, wo die Höchstgeschwindigkeit höchstens 50 km/h beträgt (Art. 90 Abs. 4 lit. b SVG). Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung sind die Vorschriften über die Geschwindigkeit grundlegende Verkehrsregeln. Sie sind wesentlich für die Sicherheit des Strassenverkehrs (BGE 121 IV 230 E. 2c). Der subjektive Tatbestand des Art. 90 Abs. 3 und 4 SVG erfordert Vorsatz bezüglich der Verletzung einer elementaren Verkehrsregel und der Risikoverwirklichung, wobei Eventualvorsatz genügt (BGE 142 IV 137 E. 3.3).  
 
2.3.1. Die allgemeine Höchstgeschwindigkeit für Fahrzeuge beträgt ausserorts unter günstigen Strassen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen 80 km/h (vgl. Art. 4a Abs. 1 lit. a VRV). Zur Vermeidung oder Verminderung besonderer Gefahren im Strassenverkehr, zur Reduktion einer übermässigen Umweltbelastung oder zur Verbesserung des Verkehrsablaufs kann die Behörde oder das ASTRA nach Art. 108 Abs. 1 SSV für bestimmte Strassenstrecken Abweichungen von den allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten anordnen. Dabei ist der Grundsatz der Verhältnismässigkeit zu wahren (Art. 108 Abs. 2 SSV).  
Gemäss Art. 27 Abs. 1 SVG sind Signale und Markierungen sowie die Weisungen der Polizei zu befolgen. Die Signale und Markierungen gehen den allgemeinen Regeln, die Weisungen der Polizei den allgemeinen Regeln, Signalen und Markierungen vor. Signale sind grundsätzlich am rechten Strassenrand anzubringen und so aufzustellen, dass sie rechtzeitig erkannt und nicht durch Hindernisse verdeckt werden (vgl. Art. 103 Abs. 1 und 2 SSV). 
Nach Art. 80 Abs. 1 SSV werden Baustellen auf und unmittelbar neben der Fahrbahn mit dem Signal "Baustelle" (1.14) angekündigt, welches bei der Baustelle selbst wiederholt wird. Bei Baustellen, auf denen längere Zeit nicht gearbeitet wird, werden die Signale abgedeckt oder entfernt, wenn sie während des Arbeitsunterbruches nicht erforderlich sind (Art. 81 Abs. 4 SSV). 
 
2.3.2. Art. 27 Abs. 1 SVG schreibt vor, dass Signale und Markierungen sowie die Weisungen der Polizei befolgt werden müssen. Nach der Rechtsprechung gilt diese Pflicht zur Befolgung von Markierungen grundsätzlich unabhängig von der Anfechtbarkeit und allenfalls erfolgten Anfechtung der zugrunde liegenden Verfügung. Signale und Markierungen richten sich an eine Vielzahl von Strassenbenutzern. Diese müssen sich auf die Verkehrszeichen verlassen können. Eine allfällige Rechtswidrigkeit eines solchen Zeichens ist meist nicht erkennbar. Auch nicht gesetzeskonforme Geschwindigkeitsbeschränkungen sind daher in der Regel zu beachten. Die Verbindlichkeit vertrauensbegründender Verkehrszeichen findet ihre Grenze bei nichtigen Anordnungen. Nichtigkeit wird angenommen bei Anordnungen, deren Mangelhaftigkeit besonders schwer wiegt und offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist. Signale vermögen Fahrzeuglenker nur zu verpflichten, wenn sie so aufgestellt sind, dass sie leicht und rechtzeitig erkannt werden können. Dabei ist als Massstab ein Fahrzeuglenker zu Grunde zu legen, der dem Strassenverkehr die notwendige und von ihm vernünftigerweise zu erwartende Aufmerksamkeit widmet. Fahrzeuglenker sind nicht gehalten, nach unzulässigerweise fernab von der Fahrbahn aufgestellten Signalen Ausschau zu halten (Urteile 6B_1467/2019 vom 20. Februar 2020 E. 2.2.3; 6B_95/2017 vom 22. Mai 2017 E. 1.4.2; je mit Hinweisen).  
Die Pflicht zur Beachtung rechtswidriger Verkehrszeichen ergibt sich aus dem aus Art. 26 Abs. 1 SVG abgeleiteten Vertrauensgrundsatz im Strassenverkehr. Der Strassenbenützer, der die Rechtswidrigkeit eines Signals kennt, darf nicht durch dessen Missachtung andere Verkehrsteilnehmer, die auf den dadurch geschaffenen Rechtsschein vertrauen, gefährden. Diese Pflicht bezieht sich freilich nur auf Verkehrszeichen, die einen schützenswerten Rechtsschein für andere Verkehrsteilnehmer zu begründen vermögen, dagegen nicht auf Anordnungen, deren Missachtung keine konkrete Gefährdung anderer Strassenbenützer bewirkt, wie dies häufig auf Parkverbote zutrifft. Die Verbindlichkeit vertrauensbegründender Verkehrszeichen findet eine Grenze zudem bei nichtigen Anordnungen, deren Mangelhaftigkeit besonders schwer wiegt und offensichtlich oder zumindest leicht erkennbar ist, aber nur, wenn die Verkehrssicherheit der Annahme der Nichtigkeit nicht entgegensteht. Signalisierungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit schaffen Vertrauen, auf das sich die Strassenbenützer bei vielen Verkehrsvorgängen verlassen können müssen. Daher sind auch rechtswidrig aufgestellte Höchstgeschwindigkeitssignale grundsätzlich zu beachten. Etwas anderes kann nur in besonderen Ausnahmefällen gelten, wenn solche Anordnungen ganz offenkundig mangelhaft und damit nichtig sind (BGE 128 IV 184 E. 4.2 und 4.3 mit Hinweisen). 
 
2.3.3. Die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz kann vor Bundesgericht nur gerügt werden, wenn sie willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5; 147 IV 73 E. 4.1.2). Zum Begriff der Willkür und zu den qualifizierten Begründungsanforderungen kann auf die einschlägigen Gesetzesbestimmungen und die bisherige Rechtsprechung verwiesen werden (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 148 IV 356 E. 2.1, 39 E. 2.3.5 und E. 2.6; 147 IV 73 E. 4.1.2; je mit Hinweisen).  
 
2.4. Zunächst ist unbestritten, dass der Beschwerdegegner den Personenwagen lenkte und seine Geschwindigkeit an der fraglichen Messstelle 103 km/h (nach Abzug der Toleranz von 6 km/h) betrug. Vorliegend ist vorab zu prüfen, ob das besagte sich in einer 180-Grad-Linkskurve befindende Geschwindigkeitssignal für die talwärts fahrenden Verkehrsteilnehmer leicht und rechtzeitig erkennbar war. Massgebend ist somit nicht, ob der Beschwerdegegner die Signalisation erkannt hat oder nicht. Vielmehr ist von einem pflichtgemässen Fahrzeuglenker auszugehen, der dem Strassenverkehr die notwendige und von ihm vernünftigerweise zu erwartende Aufmerksamkeit widmet.  
Ist die Erkennbarkeit zu verneinen, vermochte das Signal den Beschwerdegegner nicht zu verpflichten. Wird die Erkennbarkeit hingegen bejaht, ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob eine allfällige Fehlerhaftigkeit (Verstoss gegen Art. 81 Abs. 4 SSV) der Signalisierung unter Berücksichtigung der Verkehrssicherheit und des Vertrauensprinzips ein derartiges Ausmass annimmt, dass von einer Nichtigkeit auszugehen ist. 
 
2.4.1. Die Vorinstanz würdigt zur Beurteilung der Erkennbarkeit der Signalisation Aufnahmen (Urteil S. 4 E. 3.2), aus welchen sich zweifellos ergibt, dass die fragliche Baustellensignalisation, d.h. die Geschwindigkeitsbegrenzung von 50 km/h zusammen mit dem Überholverbot, bereits von der sich vor der Kurve befindenden Geraden deutlich sichtbar und im Bereich der Einmündung der Nebenstrasse vom Weiler Beglingen unübersehbar und auch ohne Weiteres lesbar ist. Die erste Instanz, die noch einen Augenschein durchgeführt hatte, kam daher denn auch zutreffend zur Erkenntnis, ein pflichtgemäss aufmerksamer Fahrzeuglenker hätte die Signalisation "Höchstgeschwindigkeit 50 km/h" leicht und rechtzeitig erkannt. Der Ausführung der Vorinstanz, die Erkennbarkeit des fraglichen Signals sei zweifelhaft, kann somit nicht gefolgt werden. Auch wenn es möglicherweise besser gewesen wäre, die Signalisationstafel vor und nicht in der Kurve aufzustellen, kann von einer gänzlich falsch platzierten Signalisation nicht die Rede sein.  
 
2.4.2. Weiter erwägt die Vorinstanz, die Signalisation hätte über das Osterwochenende richtigerweise abgedeckt werden müssen. Weil dies unterlassen worden sei, sei die Signalisation unrechtmässig. Aus Sicht der Verkehrssicherheit seien aufgrund der örtlichen Verhältnisse keine Umstände ersichtlich, deretwegen die Verkehrsteilnehmer das unrechtmässige Verkehrszeichen dennoch hätten befolgen müssen.  
Mit dieser Schlussfolgerung verletzt die Vorinstanz Bundesrecht. Die im Amtsblatt des Kantons Glarus publizierte temporäre Verkehrsbeschränkung war begründet mit Bauarbeiten im Bereich Reservoir "Paradisli" und stützte sich auf Art. 107 SSV (vgl. Urteil S. 8 E. 5.2 mit Verweis). Dieser Artikel steht unter dem Kapitel 15 "Verkehrsanordnungen und Verkehrsbeschränkungen" und trägt den Titel "Grundsätze". Der nachfolgende Art. 108 SSV regelt die Abweichungen von den allgemeinen Höchstgeschwindigkeiten. Gemäss Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. a dieser Norm kann eine abweichende (herabgesetzte) Geschwindigkeit u.a. zur Vermeidung oder Verminderung besonderer Gefahren im Strassenverkehr, insbesondere wenn eine Gefahr nur schwer oder nicht rechtzeitig erkennbar und anders nicht zu beheben ist, angeordnet werden. Diese Bestimmung ist vorliegend im Zusammenhang mit Art. 81 SSV zu sehen, der sich auf die Signalisation im Bereich von Baustellen bezieht und gemäss dessen Abs. 2 auch abweichende Höchstgeschwindigkeiten signalisiert werden können. Abs. 4 dieser Norm sieht vor, dass die Signale abgedeckt oder entfernt werden, wenn auf der Baustelle längere Zeit nicht gearbeitet wird und sie während des Arbeitsunterbruches nicht erforderlich sind. 
Es liegt auf der Hand, dass Verkehrsregeln im Sinne der Verkehrssicherheit eine gewisse Beständigkeit aufweisen müssen und sich nicht täglich ändern können. Der Gesetzgeber hatte beim Begriff "längere Zeit" somit sicherlich nicht den Zeitraum eines Wochenendes oder allenfalls eines verlängerten Wochenendes im Sinne. Die Interpretation der Vorinstanz, beim Unterbruch der Bauarbeiten über das Osterwochenende handle es sich um eine längere Zeit im Sinne von Art. 81 Abs. 4 SSV, ist daher nicht haltbar und stellt eine Verletzung von Bundesrecht dar. Ob die vorliegende Signalisation während des Unterbruchs der Bauarbeiten über das Osterwochenende darüber hinaus erforderlich war, kann daher offenbleiben, da es sich bei den Kriterien "längere Zeit" und "nicht erforderlich" gemäss klarem Wortlaut von Art. 81 Abs. 4 SSV um kumulative Voraussetzungen handelt. Dass die Begrenzung der Höchstgeschwindigkeit während aktiver Bauarbeiten zur Wahrung der Verkehrssicherheit erforderlich war, anerkennt auch die Vorinstanz. Die Signalisation erweist sich daher als rechtskonform und war vom Beschwerdegegner zu beachten. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Signalisationsplan einen Standort der Signalisation unmittelbar vor der Kurve vorgesehen hatte. 
 
2.4.3. Selbst wenn indessen von einer fehlerhaften Signalisation über das Osterwochenende auszugehen wäre, wäre unter Berücksichtigung der Verkehrssicherheit und des Vertrauensprinzips nicht von einer Nichtigkeit auszugehen. Abgesehen vom nur geringen Ausmass einer allfälligen Fehlerhaftigkeit (das sich bejahendenfalls lediglich in zeitlicher Hinsicht auf das Osterwochenende beschränken würde) wäre Nichtigkeit schon deshalb zu verneinen, weil eine allfällige Mangelhaftigkeit weder offensichtlich noch leicht erkennbar wäre. Schliesslich spricht auch der Aspekt der Verkehrssicherheit und das Vertrauensprinzip gegen die Annahme einer Nichtigkeit. Geschwindigkeitsbeschränkungen - als zentrale Verkehrsregeln - vermögen (im Gegensatz etwa zu Parkverboten) generell einen schützenswerten Rechtsschein für andere Verkehrsteilnehmer zu begründen, weshalb sich gemäss Rechtsprechung die Nichtbeachtlichkeit von Höchstgeschwindigkeitssignalen auf besondere Ausnahmefälle ganz offenkundig mangelhafter und damit nichtiger Signale beschränkt. Dieser unter dem Aspekt der Verkehrssicherheit bestehende Rechtsschein für andere Verkehrsteilnehmer ist auch in der konkreten Verkehrssituation zu bejahen. Wie die Beschwerdeführerin zu Recht vorbringt, ist das Überholen von Fahrradfahrern durch Motorfahrzeuge trotz Sicherheitslinie zulässig, sofern diese nicht überfahren wird. Der Vertrauensgrundsatz und die Verkehrssicherheit gebieten es, dass sich die anderen Verkehrsteilnehmer, insbesondere auch die Fahrradfahrer, auf die signalisierte Geschwindigkeit verlassen können. Im Übrigen ist der Beschwerdeführerin schliesslich auch darin zuzustimmen, dass die Baupiste grundsätzlich ebenso der Allgemeinheit zur Verfügung stand, weshalb insofern auch über das Wochenende mit Fahrzeugen zu rechnen war, die von der Baupiste auf die Kerenzerbergstrasse einbiegen.  
 
2.5. Zusammenfassend war die vom Beschwerdegegner nicht beachtete Signalisation leicht sowie rechtzeitig erkennbar. Zudem war sie auch über das Osterwochenende rechtmässig angeordnet und von diesem daher zu beachten.  
 
3.  
Die Beschwerde ist gutzuheissen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Glarus vom 21. November 2023 ist aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
Kosten sind im bundesgerichtlichen Verfahren keine zu erheben. Eine Parteientschädigung ist dem Kanton Glarus nicht zuzusprechen (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird gutgeheissen, soweit darauf einzutreten ist. Das Urteil des Obergerichts des Kantons Glarus vom 21. November 2023 wird aufgehoben und die Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Glarus schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 21. Mai 2024 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Muschietti 
 
Die Gerichtsschreiberin: Pasquini