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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_938/2023  
 
 
Urteil vom 31. Januar 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Kölz, 
Gerichtsschreiberin Kern. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Monika Häfliger Arnold, Staatsanwaltschaft des Kantons Zug, An der Aa 4, Postfach, 6301 Zug. 
 
Gegenstand 
Ausstand, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts 
des Kantons Zug, I. Beschwerdeabteilung, 
vom 31. Oktober 2023 (BS 2023 61). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 2. Dezember 2020 erstattete A.________ Strafanzeige und stellte Strafantrag gegen die Verantwortlichen der Gesellschaft B.________ AG bzw. die von dieser mit der Begutachtung von ihr (A.________) beauftragten Ärzte wegen Urkundenfälschung, sexueller Belästigung, Diskriminierung, Verleumdung und "entwürdigendem Verhalten". Zudem erstattete sie Strafanzeige gegen Dr. med. C.________ wegen Urkundenfälschung. Die Strafuntersuchungen wurden von Staatsanwältin Monika Häfliger Arnold geführt. 
Mit Verfügungen vom 25. März 2022 und 12. September 2022 stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen die Verantwortlichen der B.________ AG bzw. Dr. med. C.________ ein. In Gutheissung der dagegen erhobenen Beschwerden hob das Obergericht des Kantons Zug mit Beschluss vom 4. November 2022 die Einstellungsverfügungen auf. 
 
B.  
Am 12. Dezember 2022 stellte A.________ beim Obergericht den Antrag, die untersuchende Staatsanwältin Monika Häfliger Arnold habe in den Ausstand zu treten. Dieses Gesuch wies die I. Beschwerdeabteilung des Obergerichts mit Beschluss vom 14. März 2023 ab. 
Mit Eingabe vom 24. Juni 2023 stellte A.________ erneut ein Ausstandsgesuch gegen Monika Häfliger Arnold, welches die I. Beschwerdeabteilung des Obergerichts mit Beschluss vom 31. Oktober 2023 abwies. 
 
C.  
A.________ hat mit Eingaben vom 21. November und 2. Dezember 2023 Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht erhoben. Sie beantragt, der Beschluss des Obergerichts vom 31. Oktober 2023 sei aufzuheben. Das Obergericht sei anzuweisen, das Ausstandsgesuch gutzuheissen. Die Strafuntersuchung sei an eine ausserkantonale Staatsanwaltschaft abzugeben. Es sei eine Untersuchung gegen die Staatsanwältin wegen "Pflichtverletzung, Amtsmissbrauch, Voreingenommenheit, Verletzung des Beschleunigungsgebots und Rechtsverweigerung" einzuleiten. 
Es wurden keine Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Zwischenentscheid über ein Ausstandsbegehren, gegen den die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 92 Abs. 1 BGG offensteht. Die Beschwerdeführerin ist zur Beschwerde gegen die Abweisung des von ihr gestellten Ausstandsgesuchs berechtigt (siehe Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). 
Unzulässig ist die Beschwerde dagegen, soweit damit die Eröffnung einer Untersuchung gegen die Beschwerdegegnerin verlangt wird, ist ein solches Begehren doch nicht Gegenstand des angefochtenen Entscheids. 
 
2.  
 
2.1. Beschwerden an das Bundesgericht sind hinreichend zu begründen, ansonsten darauf nicht eingetreten werden kann. Unerlässlich ist nach Art. 42 Abs. 2 BGG, dass auf die Begründung des angefochtenen Entscheids eingegangen und im Einzelnen aufgezeigt wird, worin eine vom Bundesgericht überprüfbare Rechtsverletzung (Art. 95 und 96 BGG) liegt. Die beschwerdeführende Partei soll in der Beschwerde an das Bundesgericht nicht bloss die Rechtsstandpunkte, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, erneut bekräftigen, sondern mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 148 IV 205 E. 2.6; 146 IV 297 E. 1.2; 140 III 115 E. 2, 86 E. 2). Die Verletzung von Grundrechten und von kantonalem und interkantonalem Recht prüft das Bundesgericht nur insofern, als eine solche Rüge in der Beschwerde vorgebracht und begründet worden ist (Art. 106 Abs. 2 BGG).  
 
2.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet dabei "willkürlich" (BGE 148 V 366 E. 3.3; 148 IV 409 E. 2.2; 147 IV 73 E. 4.1.2; je mit Hinweisen). Die Willkürrüge muss nach Art. 106 Abs. 2 BGG anhand des angefochtenen Entscheids präzise vorgebracht und substanziiert begründet werden, anderenfalls darauf nicht eingetreten wird (BGE 148 IV 39 E. 2.3.5 mit Hinweisen). Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
3.  
Die Ausstandsgründe für die in einer Strafbehörde tätigen Personen sind in Art. 56 StPO geregelt. Diese Bestimmung konkretisiert Art. 6 Ziff. 1 EMRK sowie Art. 29 Abs. 1 und Art. 30 Abs. 1 BV. Zu den Strafbehörden gehören neben den Gerichten (Art. 13 StPO) die Strafverfolgungsbehörden, darunter die Organe der Staatsanwaltschaft (Art. 12 lit. b StPO). Nach Art. 56 lit. f StPO tritt eine Person in den Ausstand, wenn sie aus anderen (als den in lit. a-e ausdrücklich genannten) Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte. Fehlerhafte Verfügungen und Verfahrenshandlungen begründen für sich grundsätzlich keinen Anschein der Voreingenommenheit. Materielle oder prozessuale Rechtsfehler stellen einzig dann einen Ausstandsgrund gemäss Art. 56 lit. f StPO dar, wenn sie besonders krass sind oder wiederholt auftreten, sodass sie einer schweren Amtspflichtverletzung gleichkommen und sich einseitig zulasten einer der Prozessparteien auswirken; andernfalls begründen sie keinen hinreichenden Anschein der Befangenheit. Gegen beanstandete Verfahrenshandlungen sind primär die zur Verfügung stehenden Rechtsmittel auszuschöpfen (BGE 143 IV 69 E. 3.2; 141 IV 178 E. 3.2.3; 138 IV 142 E. 2.3 mit Hinweisen). 
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz verweist auf ihren Ausstandsentscheid vom 14. März 2023 und erwägt, soweit die Beschwerdeführerin im neuen Ausstandsgesuch Umstände oder Vorgänge beschreibe, die sich bereits vor diesem Entscheid zugetragen und zudem Gegenstand jenes Entscheides gebildet hätten, könne darauf von vornherein nicht eingetreten werden. Dies betreffe namentlich den Vorwurf, die Beschwerdegegnerin habe die Strafuntersuchungen gegen die Verantwortlichen der Gesellschaft B.________ AG und gegen Dr. med. C.________ zu Unrecht eingestellt und damit gezeigt, dass sie nicht gewillt sei, den Fall zu untersuchen. Auch die Behauptung, die Beschwerdegegnerin habe die früheren Rechtsbeistände der Beschwerdeführerin beeinflusst, habe bereits Gegenstand des ersten Ausstandsverfahrens gebildet und könne somit nicht mehr gehört werden. In der Folge geht sie auf diejenigen Ausführungen der Beschwerdeführerin ein, die das angebliche Verhalten der Beschwerdegegnerin nach dem ersten Ausstandsentscheid betreffen, und gelangt zum Schluss, dieses vermöge weder für sich allein noch in einer Gesamtwürdigung einen Ausstand der Beschwerdegegnerin zu begründen.  
 
4.2. Die Beschwerdeführerin verkennt die Natur des Beschwerdeverfahrens vor Bundesgericht. Statt unter Bezugnahme auf die Begründung der Vorinstanz im Einzelnen aufzuzeigen, inwiefern der angefochtene Entscheid an einem vom Bundesrecht überprüfbaren Mangel leidet, unterbreitet sie dem Bundesgericht frei ihre eigene Sicht der Dinge, gemäss der das Verhalten der Beschwerdegegnerin belege, dass diese nicht gewillt sei, eine ordnungsgemässe Strafuntersuchung gegen die angezeigten Gutachter zu führen und zum Abschluss zu bringen, und deshalb zumindest ein Anschein der Befangenheit zu bejahen sei. Dabei geht sie mit keinem Wort auf die - zutreffende (vgl. Art. 92 Abs. 2 BGG) - Rechtsauffassung der Vorinstanz ein, wonach grundsätzlich nur das angebliche Verhalten der Beschwerdegegnerin nach dem ersten Ausstandsentscheid vom 14. März 2023 Gegenstand des neuerlichen Ausstandsverfahrens sein kann und kritisiert in ihrer Beschwerde erneut das Verhalten der Beschwerdegegnerin seit Einreichung der Strafanzeige vom 2. Dezember 2020. Soweit sich ihre Ausführungen überhaupt auf das Verhalten der Beschwerdegegnerin nach dem ersten Ausstandsentscheid vom 14. März 2023 beziehen, weichen sie nach Belieben von den Feststellungen im angefochtenen Entscheid ab und nehmen über weitere Strecken nicht nachvollziehbar auf diese Bezug. Ausserdem ist nicht erkennbar, inwiefern es für den Ausgang des Verfahrens von Bedeutung sein soll (Art. 97 Abs. 1 BGG), wenn die Beschwerdeführerin an einer Stelle moniert, sie habe entgegen der Feststellung der Vorinstanz nicht behauptet, dass die Beschwerdegegnerin Rechtsanwalt Bünger in der Weise beeinflusst habe, dass er das Mandat niederlege. Denn die Vorinstanz stellt gerade nicht auf diesen Umstand ab. Die Beschwerdeführerin zeigt mit ihrer Argumentation nicht auf, dass die Vorinstanz die Bestimmungen über den Ausstand verletzt hätte, und dies ist auch nicht erkennbar.  
 
5.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, Monika Häfliger Arnold und dem Obergericht des Kantons Zug, I. Beschwerdeabteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 31. Januar 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kern