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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5D_103/2023  
 
 
Urteil vom 20. September 2023  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Herrmann, Präsident, 
Bundesrichter Schöbi, Bundesrichterin De Rossa, 
Gerichtsschreiber Monn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Genugtuung infolge Ehrverletzung (Klage nach 
Art. 85a SchKG), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss und das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, 
vom 5. Mai 2023 (PP220042). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
B.________ und A.________ sind Nachbarn und Eigentümer in der Stockwerkeigentümergemeinschaft U.________strasse xxx in V.________ (ZH). Zwischen A.________ und den übrigen Stockwerkeigentümern kam es in den letzten Jahren zu diversen Streitigkeiten und Verfahren, auch bis vor das Bundesgericht. 
 
B.  
Mit Zahlungsbefehl Nr. yyy des Betreibungsamts Zürich 7 vom 28. Juni 2022 leitete B.________ gegen A.________ für eine Forderung von Fr. 1'000.-- zuzüglich Zins und Betreibungskosten die Zwangsvollstreckung ein. Als Forderungsgrund nennt der Zahlungsbefehl "Ehrverletzende Äusserungen mehrfach gegenüber Gerichten etc." 
 
C.  
Am 29. Juni 2022 klagte A.________ beim Bezirksgericht Zürich gestützt auf Art. 85a SchKG auf Feststellung, dass die in Betreibung gesetzte Forderung nicht bestehe. Zudem verlangte sie, die Betreibung Nr. yyy für nichtig zu erklären und das Betreibungsamt anzuweisen, die Betreibung im Betreibungsregister zu löschen. Am 17. August 2022 fand am Bezirksgericht im vereinfachten Verfahren nach Art. 243 ff. ZPO die Hauptverhandlung statt, an der beide Parteien zweimal plädierten und weitere Beweismittel einreichten. Mit Urteil vom 21. September 2022 wies die Vorinstanz die Klage ab, auferlegte die Entscheidgebühr von Fr. 500.-- A.________ und verpflichtete diese, B.________ eine Parteientschädigung von Fr. 500.-- zu bezahlen. Als urteilenden Einzelrichter nennt das Urteil Ersatzrichter Ph. Talbot, als Gerichtsschreiberin K. Arve. Die darauf von A.________ erhobene Beschwerde hiess das Obergericht des Kantons Zürich mit Beschluss und Urteil vom 5. Mai 2023 teilweise gut. Es änderte den erstinstanzlichen Entscheid dahingehend ab, dass B.________ keine Parteientschädigung zugesprochen wird. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Der Entscheid wurde A.________ am 15. Mai 2023 zugestellt. 
 
D.  
Mit Beschwerde vom 14. Juni 2023 wendet sich A.________ (Beschwerdeführerin) an das Bundesgericht. Sie beantragt, das Urteil des Bezirksgerichts vom 21. September 2022 nichtig zu erklären und aufzuheben und die Sache an das Bezirksgericht zurückzuweisen (Antrag Ziff. 1). Weiter sei die Betreibung Nr. yyy (s. Sachverhalt Bst. B) nichtig zu erklären und aufzuheben (Antrag Ziff. 2) sowie festzustellen, dass die in Betreibung gesetzte Forderung nebst Zins und Kosten nicht besteht (Antrag Ziff. 3). Schliesslich verlangt die Beschwerdeführerin auch die Aufhebung des obergerichtlichen Entscheids vom 5. Mai 2023 (Antrag Ziff. 4). Mit Schreiben vom 30. Juni 2023 reicht die Beschwerdeführerin das Urteil des Bezirksgerichts Zürich vom 12. Juni 2023 betreffend das Rechtsöffnungsgesuch von B.________ (Beschwerdegegner) in der erwähnten Betreibung (Bst. B) sowie weitere diesbezügliche Urkunden ein. Das Bundesgericht hat sich die kantonalen Akten überweisen lassen, jedoch keinen Schriftenwechsel angeordnet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der Streit um den Bestand einer Geldschuld nach Art. 85a SchKG beschlägt eine vermögensrechtliche Zivilsache (Art. 72 Abs. 1 BGG; Urteil 5A_534/2010 vom 28. Oktober 2010 E. 1 mit Hinweis, nicht publ. in: BGE 136 III 587). Der Streitwert erreicht den gesetzlichen Mindestwert von Fr. 30'000.-- (Art. 74 Abs. 1 Bst. b BGG) nicht. Dass die Beschwerde in Zivilsachen trotzdem zulässig sei, weil sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stelle (Art. 74 Abs. 2 Bst. a BGG), macht die Beschwerdeführerin nicht geltend und ist auch nicht ersichtlich. Als zutreffendes Rechtsmittel an das Bundesgericht kommt somit allein die subsidiäre Verfassungsbeschwerde (Art. 113 ff. BGG) in Frage. Die weiteren Eintretensvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass. Die rechtzeitig (Art. 117 i.V.m. Art. 110 Abs. 1 BGG) eingereichte Beschwerde ist grundsätzlich gegeben. 
 
2.  
Mit der Verfassungsbeschwerde kann nur die Verletzung verfassungsmässiger Rechte gerügt werden (Art. 116 BGG). Es gilt das strenge Rügeprinzip (Art. 117 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG). Die Beschwerdeführerin muss in ihrer Eingabe präzise angeben, welche verfassungsmässigen Rechte verletzt worden sind, und im Einzelnen substanziiert darlegen, worin die Verletzung besteht. Das Bundesgericht untersucht nicht von sich aus, ob der angefochtene kantonale Entscheid verfassungsmässig ist. Es prüft nur rechtsgenügend vorgebrachte, klar erhobene und soweit möglich belegte Rügen. Auf rein appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt es nicht ein (BGE 145 II 32 E. 5.1; 134 II 244 E. 2.2; 133 II 396 E. 3.2). In tatsächlicher Hinsicht legt das Bundesgericht seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 118 Abs. 1 BGG). Auch diesbezüglich kann das Bundesgericht nur korrigierend eingreifen, wenn die Beschwerdeführerin eine Verletzung verfassungsmässiger Rechte dartut (Art. 118 Abs. 2 BGG). 
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerdeführerin rügt eine Verletzung ihres Anspruchs auf ein unabhängiges Gericht nach Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Ihre weitschweifigen Erörterungen kreisen um die Vorstellung, dass das erstinstanzliche Urteil vom 21. September 2022 nichtig sei, da das urteilende Gericht mit Ersatzrichter Ph. Talbot und Gerichtsschreiberin K. Arve besetzt war (s. Sachverhalt Bst. C). Die beiden Gerichtspersonen seien in der im Internet veröffentlichten Konstituierung des Bezirksgerichts Zürich für die erste Jahreshälfte 2023 nicht aufgeführt. Die Beschwerdeführerin hegt deshalb den Verdacht, dass sich am Bezirksgericht Zürich Kriminelle als Ersatzrichter ausgeben. Dem Obergericht wirft sie vor, die Besetzung des Bezirksgerichts nicht von Amtes wegen überprüft und damit als Aufsichtsbehörde des Bezirksgerichts versagt zu haben. Die Nichtigkeit sei jederzeit und von sämtlichen staatlichen Instanzen von Amtes wegen zu prüfen. Indem das Obergericht ohne diese Prüfung einen Kostenvorschuss einfordere, mache es sich strafbar.  
 
3.2. Dass diese Rüge schon dem Obergericht zur Beurteilung vorgelegen hätte, ist dem angefochtenen Entscheid nicht zu entnehmen und wird von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet. Entscheidet die letzte kantonale Instanz aber - wie hier - als Rechtsmittelinstanz (Art. 75 Abs. 1 BGG), so ist die materielle Ausschöpfung des Instanzenzugs unerlässliche Voraussetzung für die Zulässigkeit der Beschwerde an das Bundesgericht (s. BGE 143 III 290 E. 1.1 mit Hinweisen; Urteil 4A_32/2018 vom 11. Juli 2018 E. 5.2.1). Die Beschwerdeführerin darf die ihr bekannten rechtserheblichen Einwände der kantonalen Rechtsmittelinstanz nicht vorenthalten, um sie erst nach dem Ergehen eines ungünstigen Entscheides im anschliessenden Rechtsmittelverfahren zu erheben. Sie muss sich vor Bundesgericht mit den Erwägungen der letzten kantonalen Instanz zu Rügen auseinandersetzen, die sie bereits vor dieser letzten kantonalen Instanz erhoben hat (BGE 146 III 203 E. 3.3.4). Auf die Beschwerde ist deshalb insoweit nicht einzutreten.  
Im Übrigen erklärt die Beschwerdeführerin ihre Vorbehalte gegen die ordnungsgemässe Besetzung des Bezirksgerichts allein mit der Konstituierung des Bezirksgerichts für die erste Hälfte des Jahres 2023 (s. oben E. 3.1). Das bezirksgerichtliche Urteil, auf das die Beschwerdeführerin es abgesehen hat, erging aber schon am 21. September 2022. Inwiefern die besagte Konstituierung zur Überprüfung der ordnungsgemässen Besetzung des Bezirksgerichts im bezirksgerichtlichen Verfahren FV220093-L / U. taugen soll, bleibt unerfindlich. Damit ist auch dem weiteren Vorwurf, dass das Obergericht die gehörige Besetzung des Bezirksgerichts nicht überprüft habe, der Boden entzogen. 
 
4.  
Die Beschwerdeführerin will auch in anderer Hinsicht eine Verletzung von Art. 30 BV und/oder von Art. 6 EMRK ausgemacht haben. 
 
4.1. Soweit die Beschwerdeführerin diese Rüge im Zusammenhang mit der Umtriebsentschädigung erhebt, die das Bezirksgericht dem Beschwerdegegner zugesprochen hatte, scheitert sie schon am Erfordernis eines rechtlich geschützten Interesses an der Gutheissung der Beschwerde (Art. 115 Bst. b BGG; s. Urteil 4A_493/2011 vom 23. Januar 2012 E. 1.3 mit Hinweisen). Denn das Obergericht hiess ihre kantonale Beschwerde in diesem Punkt gut und versagte dem Beschwerdegegner reformatorisch einen Entschädigungsanspruch. Insofern ist auf die Beschwerde nicht einzutreten.  
 
4.2. Weiter hält die Beschwerdeführerin daran fest, sie könne zur Bezahlung einer Genugtuung wegen ehrverletzender Äusserungen nur unter der Voraussetzung verurteilt werden, dass ein diesbezügliches Strafurteil gegen sie ergangen ist. Nachdem dies nicht der Fall sei, seien Art. 30 BV und Art. 6 EMRK sowie die Aufsichtspflicht des Obergerichts nach § 80 Abs. 1 des zürcherischen Gesetzes über die Gerichts- und Behördenorganisation im Zivil- und Strafprozess vom 10. Mai 2010 (LS 211.1) verletzt. Auch dieser Rüge kann kein Erfolg beschieden sein. Soweit die Beschwerdeführerin abermals die sachliche Zuständigkeit des Bezirksgerichts in Frage stellen will, übersieht sie die vorinstanzlichen Erwägungen, wonach es im vorliegenden Verfahren nicht um die Verfolgung und Beurteilung einer Straftat, sondern darum geht, dass der Beschwerdegegner sie für eine Genugtuungsforderung wegen Persönlichkeitsverletzung im Betrag von Fr. 1'000.-- betrieben hat und sie nun im Zivilverfahren gestützt auf Art. 85a SchKG klageweise den Bestand dieser Forderung bestreitet. Ebenso stellt schon das Obergericht klar, dass die Entstehung einer Genugtuungsforderung wegen Persönlichkeitsverletzung nach Art. 49 OR kein rechtskräftiges Strafurteil voraussetzt. Auf die diesbezüglichen Erwägungen des angefochtenen Entscheids, mit denen sich die Beschwerdeführerin in keiner Weise auseinandersetzt, kann verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 Satz 2 BGG). Allein mit der Behauptung, Art. 30 BV und Art. 6 EMRK seien verletzt, genügt die Beschwerdeführerin den Begründungsanforderungen (s. oben E. 2) nicht. Dasselbe gilt für die geltend gemachte "grobe Verletzung" der erwähnten kantonalen Vorschrift, soweit darin der Vorwurf der willkürlichen Anwendung dieser Norm erblickt werden kann.  
 
4.3. Schliesslich nimmt die Beschwerdeführerin Anstoss an der vorinstanzlichen Erwägung, wonach ihre Reaktion mit den zahlreichen derben Beleidigungen in Schreiben, missbräuchlichen Betreibungen und unberechtigten Strafanzeigen selbst dann übermässig gewesen wäre, wenn der Beschwerdegegner sie am 29. März 2020 tatsächlich mit der Hand gestossen haben sollte. Ihre Rüge der "erheblichen Verletzung von Art. 6 EMRK" erklärt die Beschwerdeführerin damit, dass sie das Recht habe zu sagen, wenn sie vom Beschwerdegegner körperlich angegriffen wurde. Allein damit ist nichts gewonnen, denn worin die Verletzung der angerufenen Norm bestehen soll, bleibt unklar (s. oben E. 2). Vor allem aber übersieht die Beschwerdeführerin, dass es sich bei den fraglichen obergerichtlichen Erwägungen um eine Eventualbegründung handelt. In erster Linie konstatiert das Obergericht im besagten Kontext, den erstinstanzlichen Akten lasse sich nicht entnehmen, dass sie zur bestrittenen Behauptung eines tätlichen Angriffs des Beschwerdegegners eine Zeugen- bzw. Parteibefragung beantragt hätte, weshalb diese Behauptung unbewiesen geblieben sei. Bezüglich dieser Begründung des angefochtenen Entscheids macht die Beschwerdeführerin keine Verletzung von verfassungsmässigen Rechten geltend, weshalb es damit sein Bewenden hat. Beruht der angefochtene Entscheid auf mehreren (Eventual-) Begründungen, die je für sich den Rechtsstreit vor der Vorinstanz beenden konnten, so muss in der Beschwerde an das Bundesgericht dargelegt werden, dass jede von ihnen Recht - hier verfassungsmässige Rechte - verletzt; andernfalls kann auf die Beschwerde nicht eingetreten werden (BGE 142 III 364 E. 2.4; 133 IV 119 E. 6.3).  
 
4.4. An alledem ändert auch der Vorwurf nichts, wonach das Obergericht willkürlich behaupte, dass sie, die Beschwerdeführerin, "diese [persönlichkeitsverletzenden] Äusserungen gemacht habe", ohne dass ein faires Verfahren stattgefunden und ohne dass sie die nötige Zeit gehabt habe, um sich auf diese Vorwürfe vorzubereiten. Abermals verpasst es die Beschwerdeführerin, auf die vorinstanzlichen Erwägungen einzugehen, mit denen ihr das Obergericht erklärt, dass sie die Feststellungsklage nach Art. 85a SchKG anhängig machte und es entsprechend auch in der Hand hatte, sich auf diesen Prozess bzw. auf die zu erwartende Reaktion des Beklagten und hiesigen Beschwerdegegners vorzubereiten. Auf diese zutreffenden Erläuterungen kann verwiesen werden (Art. 109 Abs. 3 Satz 2 BGG).  
 
5.  
Zusammenfassend ergibt sich, dass die Beschwerde offensichtlich unbegründet und deshalb im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 1 BGG abzuweisen ist. Bei diesem Ausgang des Verfahrens hat die Beschwerdeführerin für die Gerichtskosten aufzukommen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Dem Beschwerdegegner ist kein entschädigungspflichtiger Aufwand entstanden. 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'500.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Zivilkammer, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. September 2023 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Herrmann 
 
Der Gerichtsschreiber: Monn