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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_64/2024  
 
 
Urteil vom 27. Februar 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, 
Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiberin Sauthier. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft See/Oberland, Weiherallee 15, Postfach, 8610 Uster, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Entsiegelung, 
 
Beschwerde gegen die Verfügungen des Bezirksgerichts Meilen, Zwangsmassnahmengericht, 
vom 27. Oktober 2023 und 12. Dezember 2023 GT230003-G/Z05/Sc). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft See/Oberland des Kantons Zürich führt eine Strafuntersuchung gegen A.________ wegen des Verdachts der üblen Nachrede bzw. Verleumdung, Beschimpfung, Drohung, Nötigung, Rassendiskriminierung sowie des Missbrauchs einer Fernmeldeanlage. Anlässlich einer Hausdurchsuchung am 22. Juni 2023 wurden das Mobiltelefon und das Notebook von A.________ in dessen Wohnung sichergestellt. Dieser beantragte die Siegelung der Geräte. Mit Eingabe vom 6. Juli 2023 ersuchte die Staatsanwaltschaft um Entsiegelung und Durchsuchung der Datenträger. 
Mit Verfügung vom 27. Oktober 2023 hiess das Bezirksgericht Meilen, Zwangsmassnahmengericht, das Entsiegelungsgesuch vom 6. Juli 2023 betreffend das Mobiltelefon und das Notebook teilweise gut, soweit es das E-Mail-Programm mit dem Postfach der E-Mail-Adresse a.________ betrifft. Im Übrigen wies es das Entsiegelungsgesuch ab (Dispositiv-Ziffer 1). Es verfügte, dass die Entsiegelung und Durchsuchung der sichergestellten Datenträger durch das Gericht vorgenommen würden. Die nicht unter Dispositiv-Ziffer 1 genannten Dateien würden ausgesondert (Dispositiv-Ziffer 2). 
 
B.  
Mit Verfügung vom 12. Dezember 2023 erwog das Zwangsmassnahmengericht, dass die Verfügung vom 27. Oktober 2023 A.________ nicht habe zugestellt werden können, aufgrund des erfolglosen Zustellversuchs als am 7. November 2023 hingegen als zugestellt gelte und die Verfügung daher in Rechtskraft erwachsen sei. Folglich seien die Entsiegelung und Durchsuchung des beschlagnahmten Mobiltelefons und des Notebooks durch das Zwangsmassnahmengericht vorzunehmen, wobei alle Daten mit Ausnahme des E-Mail-Programms mit dem Postfach der E-Mail-Adresse a.________ auszusondern seien. Die Daten seien entsprechend von einer sachverständigen Person aufzubewahren. Diese ernannte das Zwangsmassnahmengericht mit derselben Verfügung. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 18. Januar 2024 führt A.________ Beschwerde in Strafsachen gegen die Verfügungen des Zwangsmasnahmengerichts vom 27. Oktober 2023 sowie vom 12. Dezember 2023. Er beantragt, der angefochtene Entscheid vom 27. Oktober 2023 sei aufzuheben bzw. abzuändern und die Angelegenheit zur weiteren Behandlung bzw. Verhandlung zur Durchführung einer auf den Zeitraum vom 1. Juni 2022 bis 27. Januar 2023 begrenzten Triage im Postfach a.________ in seiner Anwesenheit unter richterlicher Leitung gegebenenfalls mit Beizug eines Sachverständigen an das Zwangsmassnahmengericht zurückzuweisen. Weiter sei das bei der Durchsuchung sichergestellte Notebook ab Eröffnung des Entscheids des Bundesgerichts unverzüglich herauszugeben. Eventualiter sei ihm die Wiederherstellung der Beschwerdefrist zu gewähren. 
Mit Eingabe vom 7. Februar 2024 ersucht A.________, er sei für die Dauer von sechs Monaten von der Zahlung der Prozesskaution zu befreien. 
Das Zwangsmassnahmengericht verzichtet auf eine Stellungnahme. Die Staatsanwaltschaft beantragt, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei sie abzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten sind zwei Verfügungen über die Entsiegelung von Datenträgern. Die Vorinstanz hat gemäss Art. 248 Abs. 3 lit. a i.V.m. Art. 380 StPO als einzige kantonale Instanz entschieden, weshalb die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht nach Art. 78 ff. BGG grundsätzlich offensteht. 
 
1.1. Soweit der Beschwerdeführer Beschwerde gegen die Verfügung vom 27. Oktober 2023 erhebt, ist darauf wegen Verspätung nicht einzutreten. Nach Art. 100 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde innert 30 Tagen nach Eröffnung der vollständigen Ausfertigung des angefochtenen Entscheids beim Bundesgericht einzureichen. Diese gesetzliche Frist ist nicht erstreckbar (Art. 47 Abs. 1 BGG).  
Wie die Vorinstanz in ihrer Verfügung vom 12. Dezember 2023 festgehalten hat, konnte die Verfügung vom 27. Oktober 2023 dem Beschwerdeführer nicht zugestellt werden. Gemäss ständiger bundesgerichtlicher Rechtsprechung gelten eingeschriebene Sendungen jedoch als zugestellt, wenn sie nach einem erfolglosen Zustellungsversuch nicht innerhalb einer bestimmten Frist abgeholt werden, dies allerdings nur, sofern die Person mit einer Zustellung rechnen musste (sog. "Zustellfiktion", BGE 142 III 599 E. 2.5; 141 II 429 E. 3.1; 138 III 225 E. 3.1; 134 V 49 E. 4; Urteil 9C_711/2022 vom 17. November 2023 E. 3.5.4, zur Publikation vorgesehen; Urteil 9C_627/2022 vom 1. November 2023 E. 4.3). 
Wie die Vorinstanz in ihrer Verfügung vom 12. Dezember 2023 zu Recht erwog, musste der Beschwerdeführer vorliegend mit einer Zustellung rechnen. Der Beschwerdeführer, der selbst Rechtsanwalt ist, wusste um das laufende Entsiegelungsverfahren und einen bevorstehenden Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts. Er musste folglich mit der Zustellung des ihn betreffenden Entscheids rechnen. Daran ändert auch seine Behauptung nichts, er erhalte sowohl privat als auch beruflich eine erhebliche Menge an Post und er sei zu den üblichen Postzustellzeiten regelmässig nicht Zuhause. Seine in diesem Zusammenhang vorgebrachten Einwände sind unbehelflich und nicht zu hören. 
Damit gilt die Verfügung vom 27. Oktober 2023 als am 7. November 2023 zugestellt. Die Frist zur Einreichung einer Beschwerde gegen die gemäss der Zustellfiktion als am 7. November 2023 als zugestellt geltenden Verfügung vom 27. Oktober 2023 endete somit am 7. Dezember 2023. Demzufolge ist die am 18. Januar 2024 der Post übergebene Beschwerde verspätet eingereicht worden. 
 
1.2. Der Beschwerdeführer stellt eventualiter ein Gesuch um Fristwiederherstellung gemäss Art. 50 BGG. Diesem kann jedoch nicht entsprochen werden:  
Gemäss Art. 50 Abs. 1 BGG wird eine versäumte Frist wiederhergestellt, wenn der Gesuchsteller nachweist, dass er oder sein Vertreter durch ein unverschuldetes Hindernis abgehalten worden ist, innerhalb der Frist zu handeln, und binnen 30 Tagen die Wiederherstellung verlangt und die versäumte Rechtshandlung nachholt. Ein unverschuldetes Hindernis im Sinne der genannten Gesetzesbestimmung liegt vor, wenn der Partei (und gegebenenfalls ihrem Vertreter) kein Vorwurf gemacht werden kann (vgl. BGE 143 I 284 E. 1.3; 112 V 255 E. 2a; Urteil 6B_774/2021 vom 3. November 2021 E. 1.2 mit Hinweis). Nach der Rechtsprechung kann die Wiederherstellung nur bei klarer Schuldlosigkeit gewährt werden. Jedes Verschulden einer Partei, ihres Vertreters oder beigezogener Hilfspersonen, so geringfügig es sein mag, schliesst die Wiederherstellung aus. Es gilt ein strenger Massstab (Urteile 6B_1480/2022 vom 13. Januar 2023 E. 3.1; 6B_774/2021 vom 3. November 2021 E. 1.3, 6B_1367/2020 vom 9. Februar 2021 E. 3; je mit Hinweisen). 
Die Voraussetzungen für eine Wiederherstellung der Frist sind im vorliegenden Fall, entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers, offensichtlich nicht erfüllt. Der Beschwerdeführer erhielt spätestens am 8. November 2023 in der App der Post Kenntnis davon, dass ihm das Zwangsmassnahmengericht eine Sendung zustellen wollte. Aufgrund des gegen ihn laufenden Strafverfahrens und insbesondere des hängigen Entsiegelungsverfahrens sowie seines Wissens als Rechtsanwalt kann unter diesen Umständen jedenfalls nicht von einem unverschuldeten Hindernis gesprochen werden. Demnach sind keine Gründe, welche Hand für eine Fristwiederherstellung bieten könnten, hinreichend dargetan oder ersichtlich. Das Fristwiederherstellungsgesuch ist abzuweisen. 
 
1.3. Soweit der Beschwerdeführer überdies auch Beschwerde gegen die Verfügung des Zwangsmassnahmengerichts 12. Dezember 2023 erhebt, ist die Beschwerde zwar rechtzeitig erhoben worden. Es ist allerdings Sache des Beschwerdeführers, sowohl darzulegen, dass die Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, soweit das nicht offensichtlich ist (Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.1; 353 E. 1), als auch, dass der angefochtene Entscheid Bundesrecht verletzt (BGE 135 III 127 E. 1.6; 134 II 244 E. 2.1 und E. 2.2; je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer zeigt nicht auf, inwiefern durch die Begründung der Verfügung vom 12. Dezember 2023, mit welcher insbesondere ein Sachverständiger ernannt wurde, welcher die Daten aufzubereiten hat, bzw. durch die Verfügung selbst im Ergebnis Recht im Sinne von Art. 42 Abs. 2 BGG verletzt worden sein soll. Dies ist auch nicht ersichtlich. Insofern ist auf die Beschwerde mangels hinreichender Begründung nicht einzutreten.  
 
2.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Mit dem Entscheid in der Sache ist das Gesuch des Beschwerdeführers um aufschiebende Wirkung gegenstandslos geworden. 
 
3.  
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Sein Gesuch um Befreiung von der Zahlung der Prozesskaution für die Dauer von sechs Monaten ist aufgrund der Aussichtslosigkeit der Beschwerde abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Bezirksgericht Meilen, Zwangsmassnahmengericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 27. Februar 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Sauthier