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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7F_2/2024  
 
 
Urteil vom 9. Februar 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, 
Bundesrichter Kölz, 
Gerichtsschreiber Caprara. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Erben der A.A.________ sel., 
1. B.A.________, 
2. C.A.________, 
3. D.________, 
alle drei vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Monika Gattiker, 
 
Gesuchsteller, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl, Postfach, 8036 Zürich, 
Gesuchsgegnerin, 
 
Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, Hirschengraben 13/15, Postfach 2401, 8021 Zürich. 
 
Gegenstand 
Revisionsgesuch gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 23. Oktober 2023 (7B_115/2022). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Am 15. Mai 2020 verstarb F.F.________, geboren 1929, an ihrem Wohnort in Zürich. Zunächst bescheinigte die Hausärztin einen natürlichen Todesfall, worauf noch am selben Tag aufgrund eines Hinweises aus der Verwandtschaft der Verstorbenen ein aussergewöhnlicher Todesfall polizeilich rapportiert wurde. Der Hinweis betraf verdächtige Zahlungsanweisungen kurz vor dem Tod von F.F.________ zugunsten eines Kontos der Betreuungsperson der Verstorbenen, E.________, sowie zugunsten eines Kontos der Verstorbenen selbst, auf welches E.________ Zugriff hatte. Diese Zahlungsanweisungen wurden von der Bank jedoch nicht ausgeführt. 
 
B.  
A.A.________ (geb. F.________), die Schwester der verstorbenen F.F.________, konstituierte sich als Privatklägerin im von der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl eröffneten Strafverfahren wegen eines aussergewöhnlichen Todesfalls von F.F.________. 
Die Staatsanwaltschaft stellte die Untersuchung mit Verfügung vom 21. Juli 2021 ein. Gegen diese Verfügung führte A.A.________ Beschwerde. 
Das Obergericht des Kantons Zürich wies die Beschwerde mit Beschluss vom 6. April 2022 ab. 
Gegen diesen Beschluss gelangte A.A.________ mit Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. 
 
C.  
A.A.________ verstarb am 16. Oktober 2022. Das bundesgerichtliche Verfahren wurde in der Folge vorläufig sistiert. Mit Eingabe vom 28. Juni 2023 (Eingang beim Bundesgericht) teilten die drei Kinder als einzige Erben der Verstorbenen mit, dass sie das Verfahren fortsetzen möchten. Folglich wurde die vorläufige Sistierung aufgehoben und das Verfahren fortgesetzt. 
Das Bundesgericht trat auf die gegen den Beschluss vom 6. April 2022 gerichtete Beschwerde mit Urteil 7B_115/2022 vom 23. Oktober 2023 nicht ein. 
 
D.  
B.A.________, C.A.________ und D.________ beantragen mit Eingabe vom 16. Januar 2024 die Revision des bundesgerichtlichen Urteils 7B_115/2022 vom 23. Oktober 2023 und die Aufhebung des Beschlusses des Obergerichts des Kantons Zürich vom 6. April 2022. Die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl sei anzuweisen, die Untersuchung des aussergewöhnlichen Todesfalls weiterzuführen. Insbesondere sei die Staatsanwaltschaft anzuweisen, folgende Beweise zu erheben: ergänzende Befragungen von Dr. med. G.________ und E.________ als Auskunftspersonen, bzw. von H.________ als Zeugen; Erstellung eines Gutachtens durch die kantonale Heilmittelkontrolle; soweit aufgrund der genannten Beweiserhebungen notwendig, Erstellung eines Gutachtens durch das Institut für Rechtsmedizin Zürich. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerdeführer bringen zusammengefasst vor, das Bundesgericht habe in den Akten liegende erhebliche Tatsachen, welche ihre besondere Nähe im Sinne von Art. 116 Abs. 2 StPO zur verstorbenen F.F.________ beweisen würden, aus Versehen nicht berücksichtigt. Darin liege ein Revisionsgrund nach Art. 121 lit. d BGG.  
 
1.2.  
 
1.2.1. Entscheide des Bundesgerichts erwachsen am Tag ihrer Ausfällung in Rechtskraft (Art. 61 BGG). Das Bundesgericht kann auf seine Urteile nur zurückkommen, wenn einer der in den Art. 121 ff. BGG abschliessend aufgeführten Revisionsgründe vorliegt. Der Revisionsgrund ist frist- und formgerecht geltend zu machen; aus Art. 42 Abs. 2 BGG ergibt sich, dass es dem Gesuchsteller obliegt, aufzuzeigen, welcher Revisionsgrund inwiefern vorliegen soll. Der Revisionsgrund hat sich auf den Gegenstand des zu revidierenden bundesgerichtlichen Urteils zu beziehen; handelt es sich dabei - wie vorliegend - um einen Nichteintretensentscheid, muss der Revisionsgrund die Nichteintretensmotive beschlagen (Urteile 7F_2/2023 vom 13. September 2023 E. 2; 6F_26/2023 vom 23. August 2023 E. 2; 6F_8/2019 vom 16. April 2019 mit Hinweis).  
 
1.2.2. Gemäss Art. 121 lit. d BGG kann die Revision eines Entscheids des Bundesgerichts verlangt werden, wenn das Gericht in den Akten liegende erhebliche Tatsachen aus Versehen nicht berücksichtigt hat. Auf einem Versehen im Sinne von Art. 121 lit. d BGG beruht eine Feststellung, wenn sie darauf zurückzuführen ist, dass das Bundesgericht eine bestimmte Aktenstelle übersehen oder unrichtig (nicht in ihrer wahren Gestalt, insbesondere nicht mit ihrem wirklichen Wortlaut) wahrgenommen hat (Urteile 6F_6/2023 vom 6. Juli 2023 E. 2.2.1; 6F_2/2023 vom 1. März 2023 E. 3.2; je mit Hinweisen). Eine unzutreffende beweismässige oder rechtliche Würdigung unterliegt nicht der Revision. Der Revisionsgrund kann zudem nur angerufen werden, wenn die unberücksichtigten Tatsachen als erheblich zu bezeichnen sind. Davon ist auszugehen, wenn deren Berücksichtigung zugunsten des Gesuchstellers zu einer anderen Entscheidung hätte führen müssen (BGE 122 II 17 E. 3; Urteil 6F_6/2023 vom 6. Juli 2023 E. 2.2.1; je mit Hinweisen). Die Revision räumt der betroffenen Person nicht die Möglichkeit ein, einen Entscheid, den sie für unrichtig hält, in der Sache neu beurteilen zu lassen bzw. dessen Wiedererwägung zu verlangen (vgl. Urteile 6F_6/2023 vom 6. Juli 2023 E. 2.2.1; 6F_5/2023 vom 12. April 2023 E. 3.3; je mit Hinweisen).  
 
1.3. Das Bundesgericht trat mit Urteil 7B_115/2022 vom 23. Oktober 2023 auf die Beschwerde mangels Legitimation der Beschwerdeführer (hier: der Gesuchsteller) nicht ein. Es hielt fest, dass die Beschwerdeführer nichts geltend gemacht hätten, was auf eine besondere Nähe im Sinne von Art. 116 Abs. 2 StPO zu ihrer Tante als mutmassliches Opfer einer Straftat schliessen lasse. Insoweit lasse sich aus Art. 117 Abs. 3 StPO keine Legitimation der Beschwerdeführer zur Geltendmachung einer Zivilforderung vor den kantonalen Instanzen ableiten (a.a.O. E. 2.3.2). In der Folge prüfte das Bundesgericht die Legitimation der Beschwerdeführer als Hinterbliebene einer geschädigten Person zur Geltendmachung einer Zivilforderung (a.a.O. E. 3). Die Frage, ob eine solche Legitimation aus Art. 121 Abs. 2 StPO abgeleitet werden könnte, liess das Bundesgericht offen, da die Beschwerdeführer keine Verfahrensrechte geltend machten, die sich unmittelbar auf die Durchsetzung ihrer Zivilklage beziehen (a.a.O. E. 4.2).  
 
1.4. Das Bundesgericht verneinte im Verfahren 7B_115/2022 die Legitimation der Beschwerdeführer nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG. Nach ständiger Rechtsprechung obliegt der beschwerdeführenden Partei darzulegen, dass die gesetzlichen Legitimationsvoraussetzungen erfüllt sind (vgl. Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), wobei das Bundesgericht an die Legitimation der Privatklägerschaft strenge Anforderungen stellt. Genügt die Beschwerde diesen Begründungsanforderungen nicht, wird darauf nur eingetreten, wenn die Beschwerdeberechtigung ohne Weiteres ersichtlich ist (vgl. BGE 141 IV 1 E. 1.1; Urteile 7B_531/2023 vom 30. Oktober 2023 E. 1.2; 7B_407/2023 vom 19. September 2023 E. 2; je mit Hinweisen). Der Umstand, dass in den kantonalen Akten gewisse Informationen betreffend die Beziehung einzelner Gesuchsteller zu ihrer verstorbenen Tante enthalten sind, ändert nichts daran, dass diese als Beschwerdeführer im Verfahren 7B_115/2022 keine Angaben machten, aufgrund welcher eine "besondere Nähe" im Sinne von Art. 116 Abs. 2 StPO beurteilt bzw. bejaht werden konnte. Das Bundesgericht ist unter Berücksichtigung der strengen Anforderungen an die Legitimation der Privatklägerschaft nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG im Urteil 7B_115/2022 vom 23. Oktober 2023 zum Schluss gekommen, die Beschwerdeführer hätten nichts geltend gemacht, was auf eine besondere Nähe (im Sinne von Art. 116 Abs. 2 StPO) zu ihrer Tante als mutmassliches Opfer einer Straftat schliessen lasse (a.a.O. E. 2.3.2). Diese formellrechtliche Würdigung lässt sich als solche im Revisionsverfahren nicht überprüfen (vgl. Urteil 7F_2/2023 vom 13. September 2023 E. 3). Das Rechtsmittel der Revision dient nicht dazu, rechtskräftige Entscheide jederzeit infrage zu stellen oder frühere prozessuale Versäumnisse zu beheben (BGE 145 IV 197 E. 1.1; 130 IV 72 E. 2.2; je mit Hinweisen; vgl. oben E. 1.2.2).  
 
2.  
Das Revisionsgesuch ist abzuweisen. 
Die Gerichtskosten sind den unterliegenden Gesuchstellern unter solidarischer Haftung aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 und 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Das Revisionsgesuch wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden den Gesuchstellern unter solidarischer Haftung auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 9. Februar 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Caprara