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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_42/2022  
 
 
Urteil vom 4. September 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, 
Bundesrichter Hofmann, 
Gerichtsschreiberin Sauthier. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Julian Burkhalter, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden, Erster Staatsanwalt, 
Rohanstrasse 5, 7000 Chur, 
2. B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Pius Fryberg, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Einstellungsverfügung (einfache Körperverletzung etc.), 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts von Graubünden, II. Strafkammer, 
vom 30. September 2022 (SK2 21 91). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Das Kantonsgericht Basel-Landschaft ordnete gegen A.________ zweitinstanzlich mit Urteil vom 28. November 2017 wegen verschiedener tatbestandsmässig und rechtswidrig begangener Straftaten eine stationäre therapeutische Massnahme nach Art. 59 StGB an. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesgericht mit Urteil 6B_356/2018 vom 4. Juni 2018 ab, soweit es darauf eintrat. A.________ befand sich gestützt darauf vom 8. Dezember 2016 bis 4. September 2018 im Massnahmenvollzug in der geschlossenen forensischen Station Nova in der Klinik Beverin. Er erstattete am 23. März 2018 bzw. 9. April 2018 zwei Strafanzeigen und stellte Strafantrag gegen die Psychiatrische Klinik Beverin wegen einfacher Körperverletzung, Freiheitsberaubung, Amtsmissbrauchs und Folter. 
In seinen Anzeigen macht A.________ geltend, er erhalte keine Therapie und es existiere kein Vollzugsplan. Weiter habe er durch die Verabreichung von 800 mg Clozapin einen epileptischen Anfall erlitten. Die Dosis sei ohne Kontrollen erhöht worden, was mindestens einer einfachen Körperverletzung gleichkomme. Diesen Vorwurf hat er mit Schreiben vom 9. April 2018 ergänzt und erweitert, wonach er in den vergangenen Monaten durch die Medikation mehrere epileptische Anfälle erlitten habe, so beim Schlafen oder anlässlich eines Spazierganges am 31. Dezember 2017, bei welchem er gestürzt sei und einen Zahn ausgeschlagen habe. Weiter befinde er sich zu Unrecht im geschlossenen Vollzug nach Art. 59 Abs. 3 StGB, obwohl der Gutachter einen Vollzug nach Art. 59 Abs. 2 StGB angeordnet habe. Er werde in seinem Zimmer festgehalten und jeglicher Kontakt mit der Familie werde ihm verwehrt. Es liege eine Freiheitsberaubung vor. Weiter habe sich die Klinik geweigert, ihm Akten herauszugeben. Diese missbrauche ihre Amtsgewalt, um seine Bewegungsfreiheit einzuschränken. 
 
B.  
Mit Verfügung vom 22. November 2021 stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen den Oberarzt der Klinik Beverin, B.________, wegen einfacher Körperverletzung zum Nachteil von A.________ ein, nachdem sie ein Gutachten zur Medikation eingeholt hatte. 
Das Kantonsgericht Graubünden hiess die Beschwerde von A.________ gegen die Einstellungsverfügung mit Beschluss vom 30. September 2022 in Bezug auf die Einstellung hinsichtlich des Lebenssachverhaltes der medikamentösen Behandlung ab dem 16. August 2018 (mutmasslich rechtswidrige Zwangsmedikation) teilweise gut und wies das Verfahren zur Fortführung an die Staatsanwaltschaft zurück. Weiter entschied es über die Kosten- und Entschädigungsfolgen. 
 
C.  
Dagegen führt A.________ mit Eingabe vom 11. November 2022 Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, der Beschluss des Kantonsgerichts vom 30. September 2022 sei aufzuheben und die Sache zur Anklageerhebung an die Staatsanwaltschaft zurückzuweisen, eventualiter sei die Sache zur neuen Begründung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens seien von der Staatskasse zu tragen, eventualiter dem Beschwerdegegner aufzuerlegen und es sei ihm hierfür eine Parteientschädigung aus der Gerichtskasse zu bezahlen. Eventualiter sei der Beschwerdegegner zur Zahlung der Parteientschädigung zu verpflichten. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Die Beschwerde in Strafsachen ist zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Art. 80 Abs. 1 BGG), gegen Teilentscheide, die einen Teil der gestellten Begehren behandeln, wenn diese Begehren unabhängig von den anderen beurteilt werden können (Art. 91 lit. a BGG) sowie gegen selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide über die Zuständigkeit und über Ausstandsbegehren (Art. 92 Abs. 1 BGG). Gegen andere selbständig eröffnete Vor- und Zwischenentscheide ist die Beschwerde nach Art. 93 Abs. 1 BGG zulässig, sofern - alternativ - der Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit. a) oder die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Rückweisungsentscheide, mit denen eine Sache zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen wird, sind grundsätzlich Zwischenentscheide, die nur unter den genannten Voraussetzungen beim Bundesgericht angefochten werden können (BGE 140 V 282 E. 2 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 138 V 271).  
 
1.2.  
 
1.2.1. Angefochten ist ein Entscheid einer oberen kantonalen Instanz mit welchem die Sache in Bezug auf einen Lebenssachverhalt (medikamentöse Behandlung ab dem 16. August 2018, in Bezug auf welche der Beschwerdeführer eine Zwangsmedikation geltend macht) an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen wird. In Bezug auf die von der Vorinstanz angeordnete Fortführung des Verfahrens ist ein Zwischenentscheid gegeben. Diesbezüglich legt der Beschwerdeführer mit keinem Wort dar, inwieweit die Voraussetzungen für die selbständige Anfechtung des vorinstanzlichen Zwischenentscheids gegeben sein sollen. Soweit er sich mit seiner Beschwerde hiergegen wendet, ist darauf nicht einzutreten.  
 
1.2.2. In Bezug auf die teilweise Einstellung des Verfahrens liegt ein letztinstanzlicher kantonaler Endentscheid vor (Art. 80 Abs. 1 BGG), welcher innert Frist angefochten wurde (Art. 80 Abs. 1, 100 Abs. 1 BGG). Ob der Beschwerdeführer eine Zivilforderung im Sinne von Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG gegen die Personen, welche die Massnahme konkret vollziehen, geltend machen kann, ist fraglich, Diese Frage braucht indessen nicht näher vertieft zu werden, da der Beschwerde ohnehin kein Erfolg beschieden ist.  
 
2.  
Soweit der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit dem Grundsatz "ne bis in idem" geltend macht, mit dem vorinstanzlichen Entscheid sei nicht klar, in Bezug auf welche Lebenssachverhalte das Verfahren fortgeführt werden solle, trifft seine Argumentation nicht zu. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer die Verfahrenseinstellung, soweit sie geschützt wurde, nicht sachgerecht anfechten hätte können und dass die Teileinstellung bezüglich einzelner Umstände (angezeigt wurde eine nicht fachgerechte Medikation, die zu mehreren epileptischen Anfällen bzw. konkret zu einem Sturz am 31. Dezember 2017 und einem Biss auf die Zunge am 9. Februar 2018 geführt haben soll sowie damit einhergehend eine Zwangsmedikation) unzulässig gewesen wäre (vgl. BGE 148 IV 124 E. 2.6.6). Die Vorinstanz nennt die einzelnen Sachverhalte, für welche sie die Verfahrenseinstellung prüft (angefochtener Beschluss S. 8 ff.: Vorwurf der falschen Medikamentendosierung, der ungenügenden Therapieüberwachung und der angeblich unterlassenen Untersuchungen, Vorwurf der Zwangsmedikation; Beschluss S. 16: Modalitäten des Massnahmenvollzugs, Aktenherausgabe, Vorwurf der Freiheitsberaubung mittels Isolation in einem Zimmer vom 7. März 2017 bis 10. März 2017 und vom 1. Januar 2018 bis 8. Januar 2018). Sie weist lediglich den Vorwurf der Zwangsmedikation zur Untersuchung an die Staatsanwaltschaft zurück. Daraus ergibt sich, dass sie die Einstellung des Verfahrens betreffend alle weiteren vom Beschwerdeführer angezeigten Tathandlungen schützt. 
 
3.  
 
3.1. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Einstellung des Verfahrens verstosse gegen Art. 319 StPO (Beschwerde S. 9 ff.). Die Vorinstanz interpretiere das Gutachten hinsichtlich der Frage, ob ein Behandlungsfehler durch die Medikation mit Clozapin vorliege, willkürlich (Beschwerde S. 5 -7). Der Gutachter habe die Behandlung, entgegen den vorinstanzlichen Ausführungen, nicht als lege artis taxiert und auch nicht gesagt, dass dem Arzt kein Behandlungsfehler vorgeworfen werden könne. Durch weitere Untersuchungen nach dem Sturz vom 31. Dezember 2017 hätten sich weitere Krampfanfälle bzw. ein Schaden vermeiden lassen.  
 
3.2.  
 
3.2.1. Eine Verfahrenseinstellung hat nach Art. 319 Abs. 1 lit. a und b StPO unter anderem zu erfolgen, wenn kein Tatverdacht erhärtet ist, der eine Anklage rechtfertigt, oder wenn kein Straftatbestand erfüllt ist. Der Entscheid über die Einstellung eines Verfahrens hat sich nach dem Grundsatz "in dubio pro duriore" zu richten. Das Verfahren darf grundsätzlich nur bei klarer Straflosigkeit oder offensichtlich fehlenden Prozessvoraussetzungen eingestellt werden. Hingegen ist, sofern die Erledigung mit einem Strafbefehl nicht in Frage kommt, Anklage zu erheben, wenn eine Verurteilung wahrscheinlicher erscheint als ein Freispruch. Falls sich die Wahrscheinlichkeiten eines Freispruchs oder einer Verurteilung in etwa die Waage halten, drängt sich in der Regel, insbesondere bei schweren Delikten, eine Anklageerhebung auf. Bei der Beurteilung dieser Fragen verfügen die Staatsanwaltschaft und die Vorinstanz über einen gewissen Spielraum, innerhalb dessen das Bundesgericht nur zurückhaltend überprüft (BGE 146 IV 68 E. 2.1). Wie die Beweise nach dem Grundsatz in "dubio pro duriore" zu würdigen sind und ob die Vorinstanz gestützt darauf einen hinreichenden Tatverdacht verneinen durfte, prüft das Bundesgericht nur auf Willkür. Es prüft aber im Rahmen einer Beschwerde gegen eine Einstellung nicht, wie beispielsweise bei einem Schuldspruch, ob die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen willkürlich sind (Art. 97 Abs. 1 BGG), sondern ob die Vorinstanz willkürlich von einer "klaren Beweislage" ausging oder gewisse Tatsachen willkürlich für "klar erstellt" annahm. Dies ist der Fall, wenn offensichtlich nicht gesagt werden kann, es liege ein klarer Sachverhalt vor, beziehungsweise ein solcher Schluss schlechterdings unhaltbar ist (BGE 143 IV 241 E. 2.3.2 f.).  
 
3.2.2. Gutachten unterliegen der freien richterlichen Beweiswürdigung (vgl. Art. 10 Abs. 2 StPO). Das Gericht darf in Fachfragen jedoch nur aus triftigen Gründen von einer Expertise abweichen und muss Abweichungen begründen. Beweiswürdigung und die Beantwortung der sich stellenden Rechtsfragen ist Aufgabe des Gerichts. Erscheint diesem die Schlüssigkeit eines Gutachtens in wesentlichen Punkten zweifelhaft, hat es nötigenfalls ergänzende Beweise zur Klärung dieser Zweifel zu erheben. Das Abstellen auf eine nicht schlüssige Expertise bzw. der Verzicht auf die gebotenen zusätzlichen Beweiserhebungen kann gegen das Verbot willkürlicher Beweiswürdigung (Art. 9 BV) verstossen (BGE 146 IV 114 E. 2.1; 142 IV 49 E. 2.1.3; je mit Hinweisen).  
 
3.3.  
 
3.3.1. Nach Art. 122 StGB wird wegen schwerer Körperverletzung bestraft, wer einen Menschen lebensgefährlich verletzt (Abs. 1); wer den Körper, ein wichtiges Organ oder Glied eines Menschen verstümmelt oder ein wichtiges Organ oder Glied unbrauchbar macht, einen Menschen bleibend arbeitsunfähig, gebrechlich oder geisteskrank macht, das Gesicht eines Menschen arg und bleibend entstellt (Abs. 2); oder wer eine andere schwere Schädigung des Körpers oder der körperlichen oder geistigen Gesundheit eines Menschen verursacht (Abs. 3). Nach Art. 123 Ziff. 1 StGB wird wegen einfacher Körperverletzung bestraft, wer einen Menschen in anderer Weise an Körper oder Gesundheit schädigt.  
 
3.3.2. Wer jemanden unrechtmässig festnimmt oder gefangen hält oder jemandem in anderer Weise die Freiheit entzieht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft (Art. 183 Ziff. 1 Abs. 1 StGB).  
 
3.3.3. Mitglieder einer Behörde oder Beamte, die ihre Amtsgewalt missbrauchen, um sich oder einem andern einen unrechtmässigen Vorteil zu verschaffen oder einem andern einen Nachteil zuzufügen, machen sich des Amtsmissbrauchs nach Art. 312 StGB strafbar.  
 
3.4.  
 
3.4.1. Die Vorinstanz durfte von einem klaren Sachverhalt ausgehen, der eine Einstellung rechtfertigt. Sie stützt sich hierbei auf die schlüssigen Ausführungen des Gutachtens von Prof. Dr. med. C.________ vom 25. September 2020 und würdigt dieses in Bezug auf die relevante Frage des "klaren Sachverhalts" treffend.  
 
3.4.2. Gemäss dem Gutachter sei die Dosis von 450 mg Clozapin bei der Verlegung in die Klinik Beverin im üblichen Bereich gewesen. Kontraindikationen hätten keine bestanden. Auch die schrittweise Erhöhung der Dosis auf 800 mg des Medikaments sei nicht zu beanstanden, da es Anhaltspunkte einer unzureichenden Wirkung gegeben habe bzw. kein stabil gebesserter Befund vorhanden gewesen sei. Ebenso wenig sei bei der Verlegung ein Elektroenzephalogramm (EEG) notwendig gewesen, da dieses bei unauffälliger somatischer Vorgeschichte und fehlender Familienanamnese bloss vor Einleitung der antipsychotischen Behandlung, nicht jedoch im Verlauf, erforderlich sei. Die Befunde der Blutbildkontrollen hätten sodann keine nachteiligen Auswirkungen auf das Blutbild des Beschwerdeführers angezeigt. Namentlich hätten im August 2018 keine Hinweise auf eine Absenkung der weissen Blutkörperchen bestanden. Vielmehr deute das dortige Blutbild auf einen viralen Infekt hin.  
Weiter verneint der Gutachter zwingende Belege für eine Überdosis Clozapin. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Zuckungen seien zwar ein Hinweis darauf, dass die verabreichte Dosis mit Nebenwirkungen verbunden bzw. das Risiko von Krampfanfällen erhöht gewesen sei. Weiter hätte der Therapiebericht vom 12. Februar 2018, der eine dissoziative Bewegungsstörung in Form von unwillkürlichen Muskelzuckungen bzw. sechs solche Ereignisse in den letzten beiden Monaten beschreibe, Anlass für eine körperliche Untersuchung (EEG und Blutbild) geben sollen. Darin hätte geprüft werden sollen, ob es sich um sogenannte Myoklonien, d.h. um kurze ruckartige Zuckungen einzelner Muskeln, ohne oder nur mit geringem Bewegungseffekt, handle. Eine Abklärung sei schliesslich im Inselspital Bern ab dem 27. Februar 2018 erfolgt, um das Anfallereignis mit Zungenbiss vom 9. Februar 2018 abzuklären. Dabei sei es während der Hospitalisierung zu einem generalisierten Krampfanfall gekommen, der als epileptisch bewertet worden sei. Zudem seien medikamenteninduzierte Myoklonien diagnostiziert worden. Aus diesem Anlass sei das Medikament Clozapin auf 400 mg täglich reduziert und eine anfallprophylaktische Medikation mit Valproat eingeleitet worden. Auch in der Weiterführung der Medikation mit Clozapin und Valproat in der Klinik Beverin liege kein Behandlungsfehler vor. Schliesslich hätte eine frühere Untersuchung ein Krampfereignis nicht mit Sicherheit verhindern können. Das Risiko eines Krampfanfalls hätte jedoch durch die Reduktion der Dosis Clozapin und die parallele Einstellung von Valproat vermindert werden können. 
 
3.4.3. Aus diesen Ausführungen des Gutachters ergibt sich, dass bis zur Hospitalisation des Beschwerdeführers am 27. Februar 2018 weder eine sichere Diagnose eines epileptischen Anfalls gestellt werden konnte noch ein Hinweis auf eine Überdosierung von Clozapin bestand. Die von ihm beschriebenen körperlichen Signale (Zuckungen, Sturz, Zungenbiss) lassen sich zwar den Nebenwirkungen des Medikaments Clozapin zuordnen. Zudem hätte Anlass für frühere Abklärungen bestanden, dies gemäss dem im Bericht vom 12. Februar 2018 beschriebenen erhöhten Mass an körperlichen Signalen in den vergangenen zwei Monaten, d.h. ab dem 31. Dezember 2017, zumal erstmals im Dezember 2017 eine Symptomatik bekannt wurde, die den Verdacht auf ein drohendes Anfallereignis hätte begründen können (Gutachten S. 32). Diese Abklärungen wurden mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung, gestützt auf den Zungenbiss vom 9. Februar 2018, am 27. Februar 2018 eingeleitet. Dabei gilt es zu berücksichtigen, dass der Beschwerdeführer auf die Bewachungsstation BEWA des Inselspitals Bern eingewiesen wurde, auf welcher eine beschränkte Kapazität besteht. Angesichts des Umstandes, dass ein Krampfereignis auch bei früherer Durchführung von Abklärungen nicht mit Sicherheit hätte verhindert, sondern bloss deren Risiko hätte vermindert werden können, lässt sich den behandelnden Ärzten mit überwiegender Wahrscheinlichkeit kein "Kunstfehler" vorwerfen (vgl. zur Risikoerhöhungstheorie Urteil 6B_1055/2020 vom 13. Juni 2022 E. 4.4.4.2 mit Hinweisen). Auch in der Weiterführung der Medikation mit Clozapin nach dem Krampfanfall im Inselspital Bern erkennt der Gutachter keinen Behandlungsfehler. Die Verfahrenseinstellung hält vor Bundesrecht stand.  
 
3.5. Schliesslich behauptet der Beschwerdeführer, d urch den gerichtlich angeordneten und in der Klinik Beverin durchgeführten Massnahmenvollzug seien Art. 2 EMRK betreffend das Recht auf Leben und Art. 3 EMRK betreffend das Verbot der Folter verletzt. Einerseits erscheint die Beschwerde in diesem Punkt nicht hinreichend begründet (vgl. Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Andererseits erhebt der Beschwerdeführer diese Rügen, soweit ersichtlich, erstmals vor Bundesgericht; die Vorinstanz äussert sich jedenfalls nicht dazu und der Beschwerdeführer rügt in diesem Zusammenhang keine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl. Art. 80 Abs. 1 und Art. 99 Abs. 1 BGG). Im Übrigen erweist sich seine Rüge als unbegründet. Entgegen seinen Ausführungen ergibt sich aus dem angefochtenen Beschluss nicht, dass er "diverse Male" ungebremst zu Boden gestürzt sei und epileptische Anfälle (Mehrzahl) erlitten habe, durch die Behandlung "beinahe gestorben" wäre oder "schwere Verletzungen" erlitten hätte, wie er behauptet. Dasselbe gilt, soweit der Beschwerdeführer geltend macht, er sei in der Klinik Beverin "systematisch erniedrigt, schikaniert und herabgewürdigt" worden.  
 
 
3.6. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nach Art. 29 Abs. 2 BV ist weder ersichtlich noch hinreichend dargetan. Die Vorinstanz beurteilte die Frage der Zulässigkeit der Verfahrenseinstellung, ohne - wie die Staatsanwaltschaft - die Gültigkeit des Strafantrages hinsichtlich der geltend gemachten Dauerdelikte in Bezug auf die Rechtzeitigkeit in Frage zu stellen. Vielmehr ergibt sich daraus e contrario, dass sie von der Gültigkeit der Strafanträge für die von ihr geprüften Delikte ausging.  
 
3.7. In Bezug auf die anderen angezeigten und von der Vorinstanz thematisierten Vorwürfe fehlt es in der Beschwerde an einer hinreichenden Begründung (Art. 42 Abs. 2 BGG). Darauf ist nicht einzutreten.  
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege ist gutzuheissen, da die Beschwerde nicht von vornherein aussichtslos war (Art. 64 Abs. 1 BGG). Es sind keine Kosten zu erheben und dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers ist eine angemessene Parteientschädigung aus der Bundesgerichtskasse auszurichten (Art. 64 Abs. 2 BGG). Der Beschwerdeführer hat der Gerichtskasse hierfür Ersatz zu leisten, wenn er später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
 
2.1. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird gutgeheissen.  
 
2.2. Rechtsanwalt Julian Burkhalter wird als unentgeltlicher Rechtsvertreter eingesetzt und ihm wird eine Entschädigung von Fr. 3'000.-- aus der Bundesgerichtskasse für das bundesgerichtliche Verfahren ausgerichtet.  
 
2.3. Es werden keine Kosten erhoben.  
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 4. September 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Sauthier