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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_932/2023  
 
 
Urteil vom 23. Januar 2024  
 
I. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Muschietti, als präsidierendes Mitglied, 
Gerichtsschreiberin Arquint Hill. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Revisionsgesuch (Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte); Nichteintreten, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich, II. Strafkammer, vom 20. Juni 2023 (SR230003-O/U/nk). 
 
 
Das präsidierende Mitglied zieht in Erwägung:  
 
1.  
Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Bezirksgerichts Bülach vom 25. Oktober 2016 wegen mehrfacher versuchter Gewalt und Drohung gegen Behörden und Beamte zu einer bedingten Geldstrafe verurteilt. Das Urteil erwuchs in Rechtskraft. Mit Eingaben vom 21. Februar 2023 und 21. April 2023 ersuchte der Beschwerdeführer um dessen Revision. Er machte zusammengefasst insbesondere geltend, der in der damaligen Gerichtsbesetzung am Urteil mitwirkende Gerichtsschreiber hätte gemäss Art. 56 StPO in den Ausstand treten müssen, aufgrund von Anzeichen einer freundschaftlichen Beziehung mit der am Verfahren (indirekt) beteiligten Gemeindepräsidentin von U.________. Das Obergericht des Kantons Zürich trat auf das Revisionsgesuch wegen offensichtlicher Unbegründetheit am 20. Juni 2023 nicht ein. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer wendet sich am 17. Juli 2023 mit Beschwerde an das Bundesgericht. Er beantragt, es sei der obergerichtliche Beschluss aufzuheben und auf sein Revisionsgesuch einzutreten. Am 19. Juli 2023 und 2. August 2023 reicht er zwei weitere Eingaben ein. 
 
3.  
Anfechtungsobjekt im bundesgerichtlichen Verfahren ist einzig der vorinstanzliche Beschluss vom 20. Juni 2023 (Art. 80 Abs. 1 BGG). Nicht zu hören ist der Beschwerdeführer mit Anträgen, Rügen und Vorbringen, die ausserhalb des durch den angefochtenen Beschluss begrenzten Streitgegenstands liegen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn er in Bezug auf ein Strafverfahren wegen Ehrverletzungen mit Hauptverhandlung vom 5. April 2023 über eine angebliche persönliche Beziehung bzw. Nähe zwischen einem Bezirksrichter und einem Gemeindeschreiber mutmasst. 
 
4.  
Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt. Die beschwerdeführende Partei kann in der Beschwerdeschrift nicht bloss erneut die Rechtsstandpunkte bekräftigen, die sie im kantonalen Verfahren eingenommen hat, sondern muss mit ihrer Kritik an den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 148 IV 205 E. 2.6 mit Hinweis). Die Bestimmungen von Art. 95 ff. BGG nennen die vor Bundesgericht zulässigen Beschwerdegründe. Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich der Anfechtung des Sachverhalts wegen Willkür; vgl. Art. 97 Abs. 1 BGG) besteht eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG). Auf ungenügend begründete Rügen tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2). 
 
5.  
Gemäss Art. 56 lit. f StPO tritt eine in einer Strafbehörde tätige Person in den Ausstand, wenn sie aus anderen Gründen, insbesondere wegen Freundschaft oder Feindschaft mit einer Partei oder deren Rechtsbeistand, befangen sein könnte. Bei dieser Bestimmung handelt es sich um eine Generalklausel, welche alle Ausstandsgründe erfasst, die in Art 56 lit. a-e StPO nicht ausdrücklich vorgesehen sind. Sie entspricht Art. 30 Abs. 1 BV und Art. 6 Ziff. 1 EMRK. Danach hat jede Person Anspruch darauf, dass ihre Sache von einem unparteiischen, unvoreingenommenen und unbefangenen Richter ohne Einwirken sachfremder Umstände entschieden wird. Die Rechtsprechung nimmt Voreingenommenheit und Befangenheit an, wenn Umstände vorliegen, die bei objektiver Betrachtung geeignet sind, Misstrauen in die Unparteilichkeit einer Gerichtsperson zu erwecken. 
 
6.  
Die Vorinstanz erwägt, der Umstand, in welchem der Beschwerdeführer einen potentiellen Ausstandsgrund erkennen wolle, ziele auf eine mögliche freundschaftliche Beziehung zwischen dem Gerichtsschreiber und der Gemeindepräsidentin von U.________. Hintergrund des Strafverfahrens bilde ein Entscheid der Sozialbehörde U.________ über die Verpflichtung des Beschwerdeführers zur Rückzahlung von Sozialhilfe. In der Folge habe er mehrere E-Mails an diverse Behördenmitglieder versandt, in denen er mit Gewaltanwendung gegen die Leiterin Soziales und Gesundheit der Gemeinde U.________ gedroht habe. Die Gemeindepräsidentin von U.________ habe durch ihre Mitarbeiter davon erfahren und kraft ihres Amtes im Namen der Gemeindeverwaltung Anzeige gegen den Beschwerdeführer erstattet, weil die Direktbetroffenen bzw. die angeschriebenen Behördenmitarbeiter aus Angst vor Repressalien nicht dazu bereit gewesen seien. Die Gemeindepräsidentin und Anzeigeerstatterin habe keine Parteistellung im Verfahren gehabt, weshalb eine Konstellation im Sinne von Art. 56 lit. f StPO, mithin eine besondere Beziehung des Gerichtsschreibers zu einer Partei oder einem Parteienvertreter im Strafverfahren, nicht vorliege bzw. vorgelegen habe. Selbst wenn ein freundschaftliches Verhältnis zwischen dem Gerichtsschreiber und der Gemeindepräsidentin bestehen würde und zum Urteilszeitpunkt bereits bestanden hätte, läge hinsichtlich des Gerichtsschreibers - wegen der fehlenden Parteistellung der Gemeindepräsidentin im Verfahren - kein Ausstandsgrund nach Art. 56 lit. f StPO vor. Aus den gleichen Gründen dringe auch das Vorbringen in Bezug auf den am fraglichen Urteil mitwirkenden Bezirksrichter und die Gemeindepräsidentin von U.________, die sich nach dem Beschwerdeführer offenbar ebenfalls kennen würden, nicht durch. Soweit der Beschwerdeführer im Übrigen - aufgrund der Zugehörigkeit zur selben Bezirkspartei - mit einem Näheverhältnis zwischen dem Richter und der Gemeindepräsidentin bzw. mit einem angeblichen Näheverhältnis zwischen dem Richter und der Gemeindeverwaltung U.________ argumentiere, handle es sich um Vorbringen, die bereits im letzten Revisionsverfahren abgehandelt und abgelehnt worden seien. Deren erneutes Einbringen im vorliegenden Verfahren sei rechtsmissbräuchlich. 
 
7.  
Was an diesen Erwägungen verfassungs- oder rechtswidrig sein könnte, vermag der Beschwerdeführer nicht in einer den Formerfordernissen genügenden Weise darzulegen. Er beruft sich in seinen Eingaben erneut auf ein angebliches "Beziehungsgeflecht" zwischen dem Gerichtsschreiber, der Gemeindepräsidentin, die kraft ihres Amtes im Namen der Gemeindeverwaltung Anzeige erstattete, und der damaligen Geschädigten als Verfahrenspartei. Im Einzelnen führt er kurz zusammengefasst aus, die Gemeindepräsidentin habe als Arbeitgeberin der Geschädigten Strafanzeige gegen ihn erstattet. Ohne die Hilfe der Gemeindepräsidentin hätte die Geschädigte folglich keine Verurteilung erlangt. Der Gerichtsschreiber hätte daher - falls er und die Gemeindepräsidentin freundschaftlich verbunden gewesen wären - in den Ausstand treten müssen. Mit diesen (vagen) Ausführungen vermag der Beschwerdeführer nicht ansatzweise aufzuzeigen, inwiefern der am Urteil mitwirkende Gerichtsschreiber vorliegend befangen (gewesen) sein soll und die Vorinstanz zu Unrecht einen Ausstandsgrund in der Person des Gerichtsschreibers abgelehnt haben könnte. Dasselbe gilt auch in Bezug auf die Vorbringen des Beschwerdeführers in Bezug auf den am damaligen Urteil mitwirkenden Bezirksrichter. Die Zugehörigkeit zur selben politischen (Bezirks-) Partei genügt im Übrigen für sich alleine nicht, Misstrauen in die Unvoreingenommenheit einer Person zu erwecken. Dass und inwiefern die Vorinstanz schliesslich in Verletzung von Bundesrecht eine - auf Seiten des Beschwerdeführers - rechtsmissbräuchliche Beschwerdeführung angenommen haben soll, kann seinen Eingaben ebenfalls nicht rechtsgenüglich entnommen werden. Die Ausführungen in den Beschwerdeeingaben erfüllen die gesetzlichen Anforderungen an die Begründung einer Beschwerde offenkundig nicht (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
8.  
Auf die Beschwerde ist demnach im Verfahren nach Art. 108 BGG mangels tauglicher Begründung nicht einzutreten. Ausnahmsweise kann auf eine Kostenauflage verzichtet werden. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird gegenstandslos. 
 
 
Demnach erkennt das präsidierende Mitglied:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Es werden keine Kosten erhoben. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 23. Januar 2024 
 
Im Namen der I. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Muschietti 
 
Die Gerichtsschreiberin: Arquint Hill