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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_523/2022  
 
 
Urteil vom 23. Februar 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterin Viscione, Bundesrichter Abrecht, 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
 
vertreten durch Rechtsanwalt Robert Baumann, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Schweizerische Mobiliar Versicherungsgesellschaft AG, 
Direktion Bern, Bundesgasse 35, 3011 Bern, 
vertreten durch Rechtsanwältin Barbara Künzi-Egli, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung 
(Kausalzusammenhang, Einkommensvergleich), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen 
vom 22. Juli 2022 (UV 2021/43). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 1969 geborene A.________ war zuletzt seit 25. April 2016 bis 30. September 2018 bei der B.________ GmbH teilzeitlich als Köchin im Restaurant C.________ angestellt und dadurch bei der Schweizerischen Versicherungsgesellschaft Mobiliar AG (nachfolgend Mobiliar) obligatorisch unfallversichert. Am 29. April 2018 zog sie sich bei einem Sturz eine laterale Patellaluxation rechts zu. Gleichentags wurde die Patella im Spital D.________ reponiert (Bericht vom 30. April 2018). Die Mobiliar kam für die Heilbehandlung und das Taggeld auf. Die Versicherte wurde am 7. Mai 2018 im Spital D.________und am 19. August 2019 in der Universitätsklinik E.________, Zürich, am rechten Knie operiert. Am 28. Januar 2020 erfolgte in der letzteren Klinik eine therapeutische Infiltration des rechten Knies. Mit Verfügung vom 13. Mai 2020 stellte die Mobiliar ihre Leistungen per 31. Mai 2020 ein und verneinte je einen Anspruch auf Invalidenrente und Integritätsentschädigung. Am 12. August 2020 wurde der Versicherten in der Universitätsklinik E.________ eine Knieprothese rechts eingesetzt. Mit Einspracheentscheid vom 12. Mai 2021 hielt die Mobiliar an der Verfügung vom 13. Mai 2020 fest. 
 
B.  
Die hiergegen von A.________ erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 22. Juli 2022 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die Versicherte, in Aufhebung des kantonalen Entscheids sei die Mobiliar zu verpflichten, ihr über den 31. Mai 2020 hinaus und bis auf weiteres die gesetzlichen Leistungen, insbesondere Taggelder und die Heilbehandlungskosten, zu erbringen. Nach Abschluss der medizinischen Behandlung bzw. ab Eintritt des medizinischen Endzustands sei ihr eine Invalidenrente gestützt auf rechtsgenügliche Abklärungen, zumindest aber bei einem Invaliditätsgrad von 52 %, zuzusprechen. Zudem sei ihr im Zusammenhang mit dem Unfall vom 29. April 2018 eine Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von mindestens 25 % zu gewähren. Eventuell sei die Sache an die Vorinstanz oder die Mobiliar zu weiteren Abklärungen und neuer Entscheidung zurückzuweisen. 
Die Mobiliar schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Gesundheit verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2). Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2, Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2.  
Streitig ist, ob der vorinstanzlich bestätigte Fallabschluss mit Einstellung von Heilbehandlung und Taggeld per 31. Mai 2020 und Verneinung der Ansprüche auf Invalidenrente und Integritätsentschädigung vor Bundesrecht standhält. 
Die Vorinstanz hat die rechtlichen Grundlagen und die Rechtsprechung betreffend den für die Leistungspflicht des obligatorischen Unfallversicherers erforderlichen natürlichen Kausalzusammenhang zwischen dem Unfall und dem Gesundheitsschaden (BGE 134 V 109 E. 2.1, 129 V 177 E. 3.1 f.), die Ansprüche auf Heilbehandlung, Taggeld, Invalidenrente und Integritätsentschädigung (Art. 10 Abs. 1, Art. 16 Abs. 1, Art. 18 Abs. 1, Art. 24 Abs. 1 und Art. 25 Abs. 1 UVG) sowie die Voraussetzungen des Fallabschlusses mit Einstellung von Heilbehandlung und Taggeld und gleichzeitiger Prüfung des Anspruchs auf Invalidenrente und Integritätsentschädigung (Art. 19 Abs. 1 UVG; BGE 134 V 109 E. 4.3) richtig dargelegt. Gleiches gilt betreffend die Invaliditätsbemessung nach dem Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG) und dem Prozentvergleich (BGE 114 V 310 E. 3a; Urteil 9C_734/2016 vom 27. Januar 2017 E. 4.1), den massgebenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit (BGE 146 V 271 E. 4.4) sowie den Beweiswert von Arztberichten (BGE 135 V 465 E. 4.4, 134 V 231 E. 5.1, 125 V 351 E. 3a). Darauf wird verwiesen. 
 
3.  
In medizinischer Hinsicht erwog die Vorinstanz im Wesentlichen, die Beschwerdeführerin habe beim Unfall vom 29. April 2018 eine Patellaluxation rechts, eine bone bruise im Bereich des lateralen Femurkondylus und eine Läsion des MPFL (medialen patellofemoralen Ligaments) bzw. des Retinaculums patellae mediale erlitten. Die Mobiliar sei für die Behandlung dieser Verletzungen bzw. die Operationen vom 7. Mai 2018 und 19. August 2019 aufgekommen. Zu prüfen sei, ob die Retropatellararthrose rechts bzw. der Knorpelschaden Grad IV auf den Unfall zurückzuführen seien. Es stelle sich auch die Frage nach dem Bestehen und der Ursache der im MRI-Bericht vom 30. April 2018 beschriebenen freien Gelenkkörper. Unbestritten sei, dass die Rückenbeschwerden nicht unfallkausal seien. 
In der Aktenstellungnahme vom 17. August 2020 habe der beratende Arzt der Beschwerdegegnerin, Dr. med. F.________, Orthopädische Chirurgie FMH, nachvollziehbar geschlossen, die Operation vom 12. August 2020 (Implantation einer Knieprothese rechts bei fortgeschrittener Femoropatellararthrose) sei wahrscheinlich nicht unfallkausal. In der Aktenstellungnahme vom 11. September 2020 habe er überzeugend festgehalten, der krankhafte Vorzustand (Patelladysplasie und retropatellarer Knorpelschaden Grad IV) sei mit dem Unfall vom 29. April 2018 nicht richtunggebend verschlimmert worden. Die mit der Operation vom 12. August 2020 behandelten Veränderungen seien alle unfallfremd. Die Beurteilung des Dr. med. F.________ werde durch die Aktenstellungnahme des Dr. med. G.________, Orthopädische Chirurgie, beratender Arzt der Beschwerdegegnerin, vom 25. April 2020 gestützt. Dieser habe die noch vorhandenen Beschwerden plausibel auf den Knorpelschaden zurückgeführt. Die Verneinung der Unfallkausalität desselben habe er zwar nicht begründet. Dieses Ergebnis entspreche jedoch der Einschätzung des Dr. med. F.________. Im Gegensatz dazu sei Dr. med. H.________, Facharzt für Chirurgie, beratender Arzt der Beschwerdegegnerin, in der Aktenstellungnahme vom 28. November 2018 von einer richtunggebenden Verschlimmerung des Vorzustandes ausgegangen. Er habe jedoch wie Dr. med. F.________ und Dr. med. G.________ die Trochleadysplasie und den Knorpelschaden retropatellär IV als vorbestehend beurteilt. Seine nicht weiter begründete Stellungnahme widerspreche der Einschätzung des Dr. med. F.________ und der Leistungseinstellung per 31. Mai 2020 insofern nicht, als er sich bereits rund zwei (richtig: sieben) Monate nach dem Unfall vom 29. April 2018 geäussert und somit keine Kenntnis vom weiteren medizinischen Verlauf gehabt habe. Gleiches gelte für die Einschätzung des beratenden Arztes der Beschwerdegegnerin, Dr. med. I.________, Facharzt für Chirurgie FMH, der am 25. September 2018 ohne weitere Begründung auf eine Unfallkausalität der gesundheitlichen Störungen der Beschwerdeführerin geschlossen habe. Die behandelnden Ärzte hätten die noch vorhandenen Beschwerden auf die retropatellare Arthrose zurückgeführt. Deren Berichte vermöchten jedoch keine auch nur geringen Zweifel an der Beurteilung des Dr. med. F.________ zu wecken, da sie zur Unfallkausalität entweder keine konkreten Aussagen gemacht oder deren Bejahung nicht begründet hätten. Dr. med. J.________, Regionaler Ärztlicher Dienst (RAD) der IV-Stelle, habe in der Aktenbeurteilung vom 30. Juni 2020 den Unfall vom 29. April 2018 als auslösendes Ereignis für die Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin bei einem Mischbild aus unfallbedingten und degenerativen Veränderungen angesehen. Sie habe jedoch nicht aufgezeigt, welche Beschwerden sie als unfallkausal erachte und ob sie bei der Leistungseinstellung am 31. Mai 2020 bzw. bei ihrer Beurteilung noch bestanden hätten. Diese sei somit nicht geeignet, die Einschätzung des Dr. med. F.________ in Frage zu stellen. Insgesamt sei ein Kausalzusammenhang zwischen den am 31. Mai 2020 geklagten Beschwerden, die auf die Retropatellararthrose zurückzuführen seien, und dem Unfall vom 29. April 2018 nicht erstellt. Bezüglich der unfallbedingten Schäden sei nach schlüssiger Beurteilung des Dr. med. G.________ vom 25. April 2020 spätestens ab März 2020 keine namhafte Besserung mehr zu erwarten gewesen. Der Beschwerdeführerin sei die angestammte Tätigkeit als Hilfsköchin nicht mehr zumutbar. In einer adaptierten Verweisungstätigkeit sei sie jedoch seit 31. Mai 2020 zu 100 % arbeitsfähig. Es resultiere ein rentenausschliessender Invaliditätsgrad von 5 %. Laut Dr. med. G.________ bestünden keine unfallkausalen Einschränkungen, die eine Integritätsentschädigung rechtfertigten. 
 
4.  
Den Aktenstellungnahmen der Dres. med. G.________ vom 25. April 2020 sowie F.________ vom 11. und 17. August 2020 kommt der Beweiswert von versicherungsinternen ärztlichen Feststellungen zu. Falls auch nur geringe Zweifel an deren Zuverlässigkeit und Schlüssigkeit bestehen, sind ergänzende Abklärungen vorzunehmen (BGE 145 V 97 E. 8.5). 
 
5.  
 
5.1. Dr. med. G.________ führte in der Aktenstellungnahme vom 25. April 2020 aus, die Patelladysplasie und der retropatellare Knorpelschaden Grad IV seien nicht unfallkausal. Die Vorinstanz stellte zu Recht fest, dass er für die diesbezügliche Verneinung der Unfallkausalität keine Begründung geliefert hat. Zudem ist der Beschwerdeführerin beizupflichten, dass Dr. med. G.________ mit seiner weiteren Aussage, die aktuell beklagten Beschwerden seien "eher" auf den Knorpelschaden zurückzuführen, lediglich eine Mutmassung äusserte.  
 
5.2.  
 
5.2.1. Die Beschwerdeführerin beruft sich weiter auf den Bericht des PD Dr. med. K.________, Leitender Arzt, Leiter Kniechirurgie, und Dr. med. L.________, Assistenzarzt Orthopädie, Uniklinik E.________ vom 24. Juni 2020, die eine MRI-Untersuchung des rechten Knies vom 23. Juni 2020 veranlasst hatten. Sie stellten gestützt hierauf fest, die Beschwerdeführerin leide an einer ausgeprägten posttraumatischen Retropatellararthrose. Diese Akten waren Dr. med. F.________ im Rahmen seiner Stellungnahme vom 11. August 2020 bekannt und er setzte sich mit dem MRI-Bericht vom 23. Juni 2020 auseinander. Zum Bericht der Klinik E.________ vom 24. Juni 2020 nahm er indessen nicht Stellung, sondern fasste ihn auf bloss drei Zeilen zusammen.  
 
5.2.2. Der Beschwerdeführerin ist beizupflichten, dass Dr. med. F.________ am 11. August 2020 hinsichtlich der Frage nach der Unfallkausalität ihrer Kniebeschwerden rechts angab, die intraartikuläre Situation sei unklar. Weiter hielt er fest, er zweifle das Vorhandensein der schmerzursächlichen femoro-patellaren Arthrose nicht an. Betreffend einen eventuellen Vorzustand (aus medizinischer Sicht aufgrund der zeitnahen Bildgebung eher wahrscheinlich) und die anamnestisch angeblich erstmalige Luxation (Unklarheiten z.B. im Rahmen von sprachlichen Problemen seien hier nicht von der Hand zu weisen) könne zwar bei der gegebenen Aktenlage/Bildgebung nicht schlüssig bzw. abschliessend Stellung genommen werden, wenn auch die Wahrscheinlichkeit für einen Vorzustand deutlich höher sei, als dass alleinige Folgen (oder eine richtunggebende Verschlimmerung) durch den Unfall vom 29. April 2018 ausgelöst worden wären.  
Die Beschwerdegegnerin stellte Dr. med. F.________ Zusatzfragen zu dessen Stellungnahme vom 11. August 2020, die er am 11. September 2020 beantwortete. Soweit die Vorinstanz erwog, Dr. med. F.________ habe dabei überzeugend festgehalten, der krankhafte Vorzustand (Patelladysplasie und retropatellarer Knorpelschaden Grad IV) sei mit dem Unfall vom 29. April 2018 nicht richtunggebend verschlimmert worden, ist dem entgegenzuhalten, dass er im Rahmen der Beantwortung der Zusatzfragen der Beschwerdegegnerin seine Antworten nicht begründete. 
Soweit Dr. med. F.________ in seiner Stellungnahme vom 11. August 2020 argumentierte, die Wahrscheinlichkeit für einen Vorzustand sei deutlich höher, als dass alleinige Folgen (oder eine richtunggebende Verschlimmerung) durch den Unfall vom 29. April 2018 ausgelöst worden wären, ist dem entgegenzuhalten, dass es für die Bejahung des natürlichen Kausalzusammenhangs nicht erforderlich ist, dass ein Unfall die alleinige oder unmittelbare Ursache gesundheitlicher Störungen bildet. Es genügt, dass das schädigende Ereignis zusammen mit anderen Bedingungen die körperliche oder geistige Integrität der versicherten Person beeinträchtigt hat, der Unfall mit anderen Worten nicht weggedacht werden kann, ohne dass auch die eingetretene gesundheitliche Störung entfiele (BGE 147 V 161 E. 3.2). Dies gilt auch mit Bezug auf die Ausführungen, wonach die Ursache der femoro-patellaren Arthrose aus orthopädisch-traumatologischer Sicht nicht überwiegend wahrscheinlich einem einzigen Faktor - "in casu speziell dem inkriminierten Ereignis - alle Schuld" zugewiesen werden könne. 
 
5.3. Nach dem Gesagten sind die Aktenbeurteilungen der Dres. med. G.________ vom 25. April 2020 sowie F.________ vom 11. und 17. August 2020 hinsichtlich der Kausalitätsfrage nicht schlüssig. Unklar ist insbesondere, ob der Unfall die noch vorhandenen Beschwerden nicht zumindest mitverursacht hat. An diesen Beurteilungen bestehen somit zumindest geringe Zweifel (vgl. E. 4 hiervor). Zudem weist die Beschwerdeführerin zu Recht auf folgende medizinischen Berichte hin, die diese Zweifel verstärken.  
 
5.3.1. Die RAD-Ärztin Dr. med. J.________ hat in der Aktenbeurteilung vom 30. Juni 2020 den Unfall vom 29. April 2018 als auslösendes Ereignis für die Arbeitsunfähigkeit der Beschwerdeführerin bei einem Mischbild aus unfallbedingten und degenerativen Veränderungen angesehen. Auch wenn sie dies nicht näher begründet hat, vermag ihre Auffassung unter den gegebenen Umständen (vgl. auch E. 5.3.2 hiernach) die Beurteilungen der Dres. med. G.________ und F.________ in Frage zu stellen.  
 
5.3.2.  
 
5.3.2.1. PD Dr. med. K.________, der am 12. August 2020 die Operation mit Einsatz einer Knieprothese rechts durchgeführt hatte, und Dr. med. univ. M.________, Assistenzarzt Orthopädie, haben im Bericht vom 17. November 2020 eine posttraumatische Retropatellararthrose rechts diagnostiziert. Sie sind von einem klaren traumatischen Ereignis mit direktem Zusammenhang zur Retropatellararthrose ausgegangen, welche sie überwiegend wahrscheinlich als posttraumatisch qualifiziert haben.  
 
5.3.2.2. Der Begriff "posttraumatisch" wird im medizinischen Sprachgebrauch häufig gleichbedeutend mit "unfallkausal" verwendet. Nach üblichem, allgemein geläufigem Sprachverständnis wird der Ausdruck "post" oft aber auch mit der zeitlichen Abfolge - unter Ausschluss des Verhältnisses von Ursache und Wirkung - in Verbindung gebracht. Vor diesem Hintergrund ist in jedem Einzelfall zu prüfen, welche Bedeutung den Begriffen "post" beziehungsweise "posttraumatisch" beizumessen ist (vgl. Urteile 8C_355/2021 vom 25. November 2021 E. 6.4; 8C_290/2020 vom 6. Juli 2020 E.4.2 und 8C_555/2018 vom 17. Oktober 2018 E. 4.1.1).  
Die Formulierung des PD Dr. med. K.________ und des Dr. med. univ. M.________ im Bericht vom 17. November 2020 legt im vorliegenden Fall den Schluss nahe, dass sie den Begriff "posttraumatisch" bezüglich der Retropatellararthrose im Sinne von "unfallkausal" und nicht nur "nach dem Unfall entstanden" verwendeten. Dies ergibt sich daraus, dass sie von einem direkten Zusammenhang zwischen dem traumatischen Ereignis und der Retropatellararthrose sprechen. Zwar haben sie dies nicht begründet. Für den Operateur PD Dr. med. K.________ scheint dies aber klar zu sein. Unter diesen Umständen hätte die Beschwerdegegnerin zu diesem Punkt bei PD Dr. med. K.________ und Dr. med. univ. M.________ zumindest nachfragen müssen. 
 
5.4. Zusammenfassend wurde der Sachverhalt bezüglich der Unfallkausalität des strittigen Knieleidens rechts nicht rechtsgenüglich abgeklärt, was den Untersuchungsgrundsatz (Art. 43 Abs. 1, Art. 61 lit. c ATSG) und zugleich die Regeln betreffend den Beweiswert von ärztlichen Berichten (BGE 134 V 231 E. 5.1) verletzt. Es ist in erster Linie Aufgabe des Unfallversicherers, von Amtes wegen die notwendigen Abklärungen vorzunehmen, um den rechtserheblichen Sachverhalt vollständig festzustellen (Art. 43 Abs. 1 ATSG). Demnach ist die Sache an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen, damit sie im Verfahren nach Art. 44 ATSG ein medizinisches Gutachten einhole und anschliessend über den Leistungsanspruch der Beschwerdeführerin neu verfüge (vgl. auch BGE 132 V 368 E. 5; Urteil 8C_384/2022 vom 9. November 2022 E. 7.2 mit Hinweis).  
 
6.  
Über das im Rahmen des Einkommensvergleichs (Art. 16 ATSG) zu ermittelnde Invalideneinkommen der Beschwerdeführerin sowie über ihren Anspruch auf Integritätsentschädigung kann erst nach rechtsgenüglicher Klärung der Unfallkausalität der strittigen Kniebeschwerden rechts befunden werden. Anders verhält es sich mit Bezug auf das ebenfalls strittige, im Gesundheitsfall hypothetisch erzielbare Valideneinkommen der Beschwerdeführerin, da sich dieses unabhängig vom Ergebnis der weiteren medizinischen Abklärungen feststellen lässt. 
 
7.  
 
7.1. Bei der Ermittlung des Valideneinkommens ist in der Regel am zuletzt erzielten, der Teuerung und der realen Einkommensentwicklung angepassten Verdienst anzuknüpfen, da es empirischer Erfahrung entspricht, dass die bisherige Tätigkeit ohne Gesundheitsschaden fortgesetzt worden wäre; Ausnahmen müssen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erstellt sein. Lässt sich das Valideneinkommen aufgrund der tatsächlichen Verhältnisse nicht hinreichend genau beziffern, darf auf statistische Werte wie die vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Lohnstrukturerhebungen (LSE) zurückgegriffen werden, sofern dabei die für die Entlöhnung im Einzelfall relevanten persönlichen und beruflichen Faktoren mitberücksichtigt werden (BGE 144 I 103 E. 5.3, 139 V 28 E. 3.3.2).  
 
7.2. Die Vorinstanz erwog im Wesentlichen, es liege keine verlässliche Grundlage zur Festlegung des Valideneinkommens vor. Da der Beschwerdeführerin jedoch auch im Invalidenfall weiterhin Hilfsarbeitertätigkeiten, wenn auch nicht als Hilfsköchin, zumutbar seien, rechtfertige sich ein Prozentvergleich. Dabei entspreche der Invaliditätsgrad dem Grad der Arbeitsunfähigkeit, allenfalls unter Berücksichtigung eines Abzugs vom Tabellenlohn.  
Vor Eintritt des Gesundheitsschadens arbeitete die Beschwerdeführerin als Köchin. Diese Arbeit ist ihr bereits aufgrund der bisherigen medizinischen Abklärungen unbestrittenermassen unfallbedingt nicht mehr möglich. Soweit ihr leidensangepasste Hilfsarbeitertätigkeiten zumutbar sind, kann für das Validen- und das Invalideneinkommen - entgegen der Auffassung der Vorinstanz - nicht dieselbe Bemessungsgrundlage herangezogen werden, weshalb der von ihr vorgenommene Prozentvergleich nicht bundesrechtskonform ist (Urteile 8C_887/2013 vom 21. Mai 2014 E. 5 und 8C_567/2013 vom 30. Dezember 2013 E. 4.4). Dies ergibt sich schon daraus, dass im Rahmen der LSE-Tabellen die Löhne für allgemeine, nicht näher spezifizierte Hilfsarbeiten im Wirtschaftszweig "Total" und diejenigen für Hilfsarbeiten im Bereich Gastgewerbe im Wirtschaftszweig 55-56, "Gastgewerbe/Beherbergung u. Gastronomie" enthalten sind (vgl. LSE 2018 und 2020). 
Nach dem Gesagten wird die Beschwerdegegnerin im vorliegenden Fall einen Einkommensvergleich vorzunehmen haben. 
 
8.  
 
8.1. Im streitbetroffenen Einspracheentscheid vom 12. Mai 2021 bestimmte die Beschwerdegegnerin das Valideneinkommen gestützt auf den Durchschnitt der von der Beschwerdeführerin in den Jahren 2012 bis 2018 in der Gastronomie erzielten Jahreseinkommen, was Fr. 60'451.- ergab. Dabei rechnete sie die von der Beschwerdeführerin in den Jahren 2012 bis 2016 im Restaurant N.________ erzielten Einkommen von einem 70%gen auf ein 100%iges Pensum hoch. Die Vorinstanz hat indessen zu Recht festgehalten, dass dieser Vorgehensweise nicht gefolgt werden kann, da die von der Beschwerdeführerin im Zeitraum von Januar 2012 bis April 2016 im Restaurant N.________ geleisteten Arbeitspensen nicht bekannt sind.  
 
8.2. Die Beschwerdeführerin verlangt, als Valideneinkommen sei mindestens der von der IV-Stelle des Kantons St. Gallen gestützt auf den Fragebogen der Arbeitgeberin ermittelte Lohn für das Jahr 2018 von Fr. 61'438.- zu veranschlagen.  
Dieser Betrag ergibt sich aus dem Einkommen für ihre Tätigkeit bei der B.________ GmbH von monatlich Fr. 3308.- bei einem 70%igen Pensum, hochgerechnet auf Fr. 4726.- bei einem 100 %igen Pensum und multipliziert mal dreizehn. Der Beschwerdeführerin ist entgegenzuhalten, dass ihr diese Arbeitsstelle wegen Betriebsumstrukturierung bzw. wegen eines Pächterwechsels per 30. September 2018 gekündigt wurde. Die Beschwerdeführerin hätte diese Arbeitsstelle somit auch ohne den Unfall vom 29. April 2018 nicht mehr innegehabt. Somit kann nicht vom Einkommen von Fr. 61'438.- ausgegangen werden, wie bereits die Beschwerdegegnerin im strittigen Einspracheentscheid vom 12. Mai 2021 erkannte. 
 
8.3. Bei dieser Sachlage ist das Valideneinkommen anhand der LSE zu bestimmen. Hierbei sind die für die Entlöhnung im Einzelfall relevanten persönlichen und beruflichen Faktoren mitzuberücksichtigen. Die Tabellenposition soll so gewählt werden, dass der überwiegend wahrscheinliche Verlauf der Einkommensentwicklung ohne Gesundheitsschaden möglichst gut abgebildet wird (Urteil 9C_368/2022 vom 9. Dezember 2022 E. 5.1.1 mit Hinweisen). Dabei ist das Valideneinkommen nicht eine vergangene, sondern eine hypothetische Grösse (Urteil 8C_572/2021 vom 19. Januar 2022 E. 3.2). In diesem Lichte wird das Valideneinkommen gestützt auf die LSE-Tabelle TA1 im Bereich "Gastgewerbe/Beherbergung und Gastronomie" (Ziff. 55-56) festzulegen sein. Die Beschwerdegegnerin wird gestützt auf die konkreten Umstände das Kompetenzniveau festzusetzen haben.  
 
9.  
Die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zu erneuter Abklärung gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das Begehren im Haupt- oder Eventualantrag gestellt wird (BGE 141 V 281 E. 11.1, 137 V 210 E. 7.1). Die unterliegende Beschwerdegegnerin hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG) und der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorinstanzlichen Verfahrens ist die Sache an das kantonale Gericht zurückzuweisen (Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 22. Juli 2022 und der Einspracheentscheid der Beschwerdegegnerin vom 12. Mai 2021 werden aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verfügung im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten und der Parteientschädigung des vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 23. Februar 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar