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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
6B_170/2022  
 
 
Urteil vom 25. Mai 2022  
 
Strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jacquemoud-Rossari, Präsidentin, 
Bundesrichter Rüedi, 
Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiber Matt. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Stefan Minder, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft des Kantons St. Gallen, Spisergasse 15, 9001 St. Gallen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit und pflichtwidriges Verhalten bei Unfall, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts St. Gallen, Strafkammer, vom 27. September 2021 (ST.2020.14-SK3). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ wird vorgeworfen, er sei in den frühen Morgenstunden des 10. Februar 2017 im Fahrzeug Range Rover GB mit dem deutschen Kontrollschild yyy gefahren. In einem Kreisel habe er infolge Nichtanpassens der Geschwindigkeit die Kontrolle über das Fahrzeug verloren, wobei die Felgen auf der rechten Seite den Randstein berührt hätten. Dabei sei er aus der Spur und auf das Wiesland geraten, wo er einen Strassenpfahl überfuhr, bevor er mit einem Kandelaber kollidierte. Beim Fahrzeug seien die Airbags ausgelöst worden. Ohne sich um den Schaden zu kümmern, habe A.________ das Fahrzeug abgeschlossen und den Unfallort in unbekannte Richtung verlassen. 
 
B.  
Am 19. September 2019 sprach das Kreisgericht Rheintal A.________ vom Vorwurf der Verletzung der Verkehrsregeln durch Nichtanpassen der Geschwindigkeit frei. Hingegen verurteilte es ihn wegen Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit und pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall zu einer bedingten Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu Fr. 110.-- und einer Busse von Fr. 400.--. Die Verfahrenskosten von Fr. 12'257.25 auferlegte es zu drei Vierteln A.________ und zu einem Viertel dem Kanton. Für die Kosten der privaten Verteidigung sprach ihm das Kreisgericht eine Entschädigung von Fr. 2'769.25 zu. 
 
C.  
Die dagegen gerichtete Berufung von A.________ wies das Kantonsgericht St. Gallen am 27. September 2021 ab. Es auferlegte ihm die Kosten des Berufungsverfahrens von Fr. 3'600.--. 
 
D.  
A.________ beantragt mit Beschwerde in Strafsachen, das kantonsgerichtliche Urteil vom 27. September 2021 sowie Dispositiv-Ziffer 2 bis 5 des kreisgerichtlichen Urteils vom 19. September 2019 seien aufzuheben. Von den Vorwürfen der Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit und des pflichtwidrigen Verhaltens bei Unfall sei er freizusprechen. Eventualiter sei die Angelegenheit zur Neubeurteilung an das Kantonsgericht oder Kreisgericht zurückzuweisen. 
Auf das Gesuch um aufschiebende Wirkung trat die Präsidentin der Strafrechtlichen Abteilung am 23. Februar 2022 nicht ein. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Anfechtungsobjekt der vorliegenden Beschwerde ist das Urteil des Kantonsgerichts St. Gallen vom 27. September 2021 als letztinstanzlicher kantonaler Entscheid (vgl. Art. 80 Abs. 1 BGG). Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten, sofern die teilweise Aufhebung des kreisgerichtlichen Urteils vom 19. September 2019 beantragt wird. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Sachverhaltsfeststellung. Er macht geltend, ein Dritter habe den fraglichen Unfall verursacht. 
 
2.1. Die vorinstanzliche Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG; vgl. auch Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). Offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG ist die Sachverhaltsfeststellung, wenn sie willkürlich ist (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1; 145 IV 154 E. 1.1; 143 I 310 E. 2.2; je mit Hinweisen; vgl. zum Begriff der Willkür BGE 146 IV 88 E. 1.3.1; 141 III 564 E. 4.1; je mit Hinweisen).  
Dem Grundsatz "in dubio pro reo" kommt in seiner Funktion als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 144 IV 345 E. 2.2.3.1-2.2.3.3; BGE 143 IV 500 E. 1.1; je mit Hinweisen; vgl. zum Grundsatz "in dubio pro reo" als Beweiswürdigungsregel: BGE 127 I 38 E. 2a mit Hinweisen). 
Die Rüge der Verletzung von Grundrechten (einschliesslich Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung) muss in der Beschwerde anhand des angefochtenen Entscheids präzise vorgebracht und substanziiert begründet werden, andernfalls darauf nicht eingetreten wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 146 IV 114 E. 2.1; 145 IV 154 E. 1.1; 143 IV 500 E. 1.1; 142 II 206 E. 2.5; 142 I 135 E. 1.5; je mit Hinweisen). 
 
2.2. Gemäss Vorinstanz wird der Beschwerdeführer durch diverse sachliche Beweismittel erheblich belastet. In der Nacht des Unfalls seien im verunfallten Fahrzeug diverse persönliche Gegenstände des Beschwerdeführers gefunden worden, nämlich ein Schlüsselbund, ein Mobiltelefon und ein Portemonnaie mit seinen Bankkarten.  
Auf dem Fahrerairbag wurden DNA-Spuren des Beschwerdeführers gefunden, während sich keine DNA-Spuren des Dritten feststellen liessen. Die Vorinstanz verwirft den Einwand des Beschwerdeführers, dass die Flächenaufteilung der DNA-Auswertung nicht genau aus dem Bericht hervorgeht. Die DNA des Dritten hätte gemäss Vorinstanz auf dem Fahrerairbag auffindbar sein müssen, wenn dieser den Unfall tatsächlich verursacht hätte. Der Dritte habe nämlich ausgesagt, er sei vom Fahrerairbag angeblich im Gesicht getroffen worden. Ebenso verwirft die Vorinstanz die Behauptung des Beschwerdeführers, seine DNA sei auf dem Fahrerairbag gefunden worden, weil der Dritte beim Unfall die Weste des Beschwerdeführers getragen habe. Denn auf dem Fahrerairbag seien keine Fasern einer solchen Weste festgestellt worden. Als abwegig qualifiziert die Vorinstanz die Behauptung des Beschwerdeführers, auf dem Fahrerairbag hätten sich keine DNA-Spuren des Dritten befunden, weil dieser wegen körperlicher Probleme bewusstlos geworden und zur Seite gekippt sei. 
Die Aussagen des Beschwerdeführers wertet die Vorinstanz als unglaubhaft. Bei seiner ersten Einvernahme sechs Tage nach dem Unfall habe er angegeben, die fragliche Nacht in Liechtenstein verbracht zu haben. Das Treffen mit dem Dritten in einer Bar in der Schweiz habe er mit keinem Wort erwähnt. Davon sei erst rund zwei Monate später in der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme die Rede gewesen. Zu diesem Widerspruch erklärte der Beschwerdeführer an der Berufungsverhandlung, die Beamten hätten falsch protokolliert und ihn auch noch unter Druck gesetzt. Dies beurteilt die Vorinstanz als unglaubhafte Schutzbehauptung. 
Auch die Angaben des Beschwerdeführers und des Dritten zum Grund des Treffens in der Bar widersprächen sich. Gemäss Beschwerdeführer sei beim Treffen ein Schlüsselbund übergeben worden, den er im Fahrzeug liegen gelassen habe. Später habe er neben dem Schlüsselbund auch Ausweispapiere erwähnt. Im Berufungsverfahren habe er schliesslich ausgeführt, bei dem Treffen sei es auch um Geschäftliches gegangen. Demgegenüber habe der Dritte vor der Staatsanwaltschaft und der Erstinstanz konstant angegeben, der Grund für das Treffen sei rein geschäftlich gewesen. 
Die Behauptung des Beschwerdeführers, wonach er seine persönlichen Gegenstände in der Weste in der Bar oder im Fahrzeug vergessen habe, erachtet die Vorinstanz als unglaubhafte Schutzbehauptung. Es wecke Zweifel, dass der Beschwerdeführer in der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme keine Weste erwähnt habe. Auf die Frage, wie seine persönlichen Gegenstände in das Fahrzeug gekommen seien, habe er geantwortet, er habe sie in der Bar liegen lassen und der Dritte habe sie in das Fahrzeug mitgenommen. Die Weste habe er erst in der erstinstanzlichen Befragung ins Spiel gebracht. Gemäss Vorinstanz ist schwer nachvollziehbar, dass der Beschwerdeführer beim Treffen mit dem Dritten in der Bar sein Portemonnaie, seine Schlüssel und sein Mobiltelefon vergessen und dies erst am nächsten Morgen bemerkt haben wolle. Dies erscheine umso abwegiger, als die Übergabe der Schlüssel nach Angaben des Beschwerdeführers der Hauptgrund des Treffens gewesen sei. 
Auch in den Aussagen des Dritten macht die Vorinstanz Unstimmigkeiten aus. Über den angeblich von ihm verursachten Unfall habe er nur pauschal und oberflächlich Auskunft gegeben. Die Vorinstanz streicht hervor, dass er oft Erinnerungslücken geltend gemacht habe, wenn die Fragen ins Detail gegangen seien oder leicht überprüfbare Fakten betroffen hätten. 
Gemäss Vorinstanz ändern auch die Aussagen der Auskunftspersonen nichts am Beweisergebnis, wonach der Beschwerdeführer das Unfallfahrzeug gelenkt habe. Dies gelte namentlich für die Schilderungen von B.________. Ihre Aussagen seien mit Vorsicht zu würdigen, weil sie dem Beschwerdeführer nahestehe. Doch selbst wenn ihre Angaben wahr sein sollten, würden sie seine Täterschaft nicht ausschliessen. Der genaue Unfallzeitpunkt sei nämlich nicht erwiesen. Erstellt sei einzig, dass er sich ereignet habe, bevor um 03:50 Uhr bei der Kantonspolizei seine Meldung eingegangen sei. Insofern sei es möglich, dass B.________ den Beschwerdeführer zwischen 00:30 Uhr und 02:00 Uhr abgeholt habe. Denn der Beschwerdeführer könnte nach dem Unfall zu Fuss in die 2-3 km entfernte Bar zurückgekehrt sein. 
Schliesslich erwähnt die Vorinstanz, dass der Beschwerdeführer in Deutschland und Liechtenstein mehrfach wegen Strassenverkehrsdelikten verurteilt worden sei. Er habe somit ein Motiv gehabt, die Unfallstelle unerkannt zu verlassen. Dazu passe auch, dass er ausgesagt habe, in der Bar beim Treffen mit dem Dritten "einiges" bzw. "einige Bierchen" zu sich genommen zu haben. 
 
2.3.  
 
2.3.1. Der Beschwerdeführer übersieht, dass Willkür nach ständiger Rechtsprechung nur vorliegt, wenn die vorinstanzliche Beweiswürdigung schlechterdings unhaltbar ist (BGE 145 IV 154 E. 1.1 mit Hinweisen). Dass eine andere Lösung ebenfalls als vertretbar oder gar zutreffender erscheint, genügt nicht (BGE 144 I 113 E. 7.1 mit Hinweis).  
Mit seinen ausufernden Vorbringen plädiert der Beschwerdeführer wie in einem appellatorischen Verfahren frei zum vorinstanzlichen Beweisergebnis. Er legt dar, wie die Aussagen des Dritten und der Auskunftspersonen, namentlich jene von B.________, seiner Ansicht nach zu würdigen gewesen wären. Seine Einwände erschöpfen sich weitestgehend in einer unzulässigen appellatorischen Kritik am angefochtenen Urteil. Darauf ist nicht einzutreten. 
 
2.3.2. Der Beschwerdeführer macht geltend, der Beifahrerairbag hätte untersucht werden müssen.  
Gemäss Art. 6 StPO klären die Strafbehörden von Amtes wegen alle für die Beurteilung der Tat und der beschuldigten Person bedeutsamen Tatsachen ab (Abs. 1). Sie untersuchen die belastenden und entlastenden Umstände mit gleicher Sorgfalt (Abs. 2). Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV, Art. 3 Abs. 2 lit. c StPO, Art. 107 StPO) räumt dem Betroffenen das persönlichkeitsbezogene Mitwirkungsrecht ein, erhebliche Beweise beizubringen, mit solchen Beweisanträgen gehört zu werden und an der Erhebung wesentlicher Beweise mitzuwirken. Dem Mitwirkungsrecht entspricht die Pflicht der Behörden, die Argumente und Verfahrensanträge der Parteien entgegenzunehmen und zu prüfen sowie die ihr rechtzeitig und formrichtig angebotenen Beweismittel abzunehmen. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs und des Untersuchungsgrundsatzes im Sinne von Art. 6 StPO liegt nicht vor, wenn eine Behörde auf die Abnahme beantragter Beweismittel verzichtet, weil sie auf Grund der bereits abgenommenen Beweise ihre Überzeugung gebildet hat und ohne Willkür in antizipierter Beweiswürdigung annehmen kann, dass ihre Überzeugung durch weitere Beweiserhebungen nicht geändert würde (BGE 141 I 60 E. 3.3; BGE 138 V 125 E. 2.1; BGE 137 II 266 E. 3.2; BGE 136 I 265 E. 3.2; je mit Hinweisen). 
Mit seinen Vorbringen belegt der Beschwerdeführer keine willkürliche antizipierte Beweiswürdigung. Der Fahrerairbag war der einzige Spurenträger, der zuverlässige Hinweise zum Unfallfahrer liefern konnte. Alle anderen Spuren im Fahrzeug hätten lediglich darauf hingewiesen, dass der Dritte irgendwann im Fahrzeug war und Fahrzeugteile berührte. 
 
2.4. Nach dem Gesagten verfällt die Vorinstanz keineswegs in Willkür, wenn sie ausführt, es bestehe kein Zweifel, dass der Beschwerdeführer das Fahrzeug gelenkt und den Selbstunfall verursacht habe.  
 
3.  
Die rechtliche Qualifikation als Vereitelung von Massnahmen zur Feststellung der Fahrunfähigkeit gemäss Art. 91a Abs. 1 SVG und pflichtwidriges Verhalten bei Unfall gemäss Art. 92 Abs. 1 SVG beanstandet der Beschwerdeführer nicht. Auch gegen die Strafzumessung und die Regelung der Kosten und Entschädigung wendet er nichts ein. 
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. Ausgangsgemäss hat der Beschwerdeführer die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Der Beschwerdeführer trägt die Gerichtskosten von Fr. 3'000.--. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht St. Gallen, Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 25. Mai 2022 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Jacquemoud-Rossari 
 
Der Gerichtsschreiber: Matt