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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_124/2023  
 
 
Urteil vom 20. März 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Haag, Kölz, 
Gerichtsschreiber Schurtenberger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwalt Matthias Wasem, 
 
gegen  
 
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern, 
vertreten durch die Staatsanwaltschaft des Kantons Bern, Region Berner Jura-Seeland, Ländtestrasse 20, Postfach 1180, 2501 Biel. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Anordnung Untersuchungshaft, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts 
des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 22. Februar 2023 (BK 23 45). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Regionale Staatsanwaltschaft Berner Jura-Seeland führt ein Strafverfahren gegen A.________ wegen Diebstahls, Sachbeschädigung und Hausfriedensbruchs. Ihm wird zusammengefasst vorgeworfen, einen Einbruchdiebstahl in einer Garage in U.________ begangen zu haben respektive daran beteiligt gewesen zu sein. 
 
B.  
A.________ wurde am 30. Januar 2023 festgenommen und mit Entscheid des Regionalen Zwangsmassnahmengerichts Berner Jura-Seeland vom 2. Februar 2023 für die Dauer von drei Monaten in Untersuchungshaft versetzt. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, mit Beschluss vom 22. Februar 2023 insoweit gut, als es die Dauer der angeordneten Untersuchungshaft aus Gründen der Verhältnismässigkeit auf 2 Monate beschränkte und Untersuchungshaft (lediglich) bis zum 29. März 2023 anordnete. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 7. März 2023 erhebt A.________ beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, den Beschluss der Vorinstanz aufzuheben und ihn unverzüglich aus der Untersuchungshaft zu entlassen, eventualiter die Sache zum erneuten Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen. Weiter beantragt er die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Beschwerdeverfahren. Die Staatsanwaltschaft und die Vorinstanz haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Der angefochtene kantonal letztinstanzliche Entscheid betrifft die Anordnung von Untersuchungshaft (Art. 220 Abs. 1 StPO). Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen nach Art. 78 ff. BGG offen. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen und befindet sich, soweit aus den Akten ersichtlich, nach wie vor in Haft. Er ist deshalb nach Art. 81 Abs. 1 BGG zur Beschwerde berechtigt. Die weiteren Sachurteilsvoraussetzungen geben zu keinen Bemerkungen Anlass, weshalb auf die Beschwerde einzutreten ist.  
 
1.2. Bei Beschwerden, die gestützt auf das Recht der persönlichen Freiheit (Art. 10 Abs. 2, Art. 31 BV) wegen strafprozessualer Haft erhoben werden, prüft das Bundesgericht im Hinblick auf die Schwere des Eingriffes die Auslegung und Anwendung der StPO frei. Art. 98 BGG gelangt bei strafprozessualen Zwangsmassnahmen nicht zur Anwendung. Soweit jedoch reine Sachverhaltsfragen und damit Fragen der Beweiswürdigung zu beurteilen sind, greift das Bundesgericht nur ein, wenn die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz offensichtlich unrichtig sind oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruhen (Art. 97 Abs. 1 i.V.m. Art. 105 Abs. 2 BGG; BGE 143 IV 330 E. 2.1 mit Hinweisen). Erforderlich ist zudem, dass die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG). Eine entsprechende Rüge ist substanziiert vorzubringen (vgl. Art. 42 Abs. 2 i.V.m. Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 140 III 16 E. 1.3.1; 264 E. 2.3).  
 
2.  
Nach Art. 221 StPO sind Untersuchungs- und Sicherheitshaft unter anderem zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht (Abs. 1 lit. a; sog. Fluchtgefahr) oder Personen beeinflusst oder auf Beweismittel einwirkt, um so die Wahrheitsfindung zu beeinträchtigen (Abs. 1 lit. b; sog. Kollusionsgefahr). An Stelle der Haft sind Ersatzmassnahmen anzuordnen, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (Art. 212 Abs. 2 lit. c und Art. 237 ff. StPO). 
Die Vorinstanz hat sowohl das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts als auch der besonderen Haftgründe der Flucht- und Kollusionsgefahr bejaht. 
 
3.  
Der Beschwerdeführer rügt (einzig) insoweit eine Verletzung von Art. 221 StPO, als kein dringender Tatverdacht gegen ihn vorliege. 
 
3.1. Bei der Überprüfung des dringenden Tatverdachts im Sinne von Art. 221 Abs. 1 StPO ist keine erschöpfende Abwägung sämtlicher belastender und entlastender Beweise vorzunehmen. Zu prüfen ist vielmehr, ob aufgrund der bisherigen Untersuchungsergebnisse genügend konkrete Anhaltspunkte für ein Verbrechen oder Vergehen und eine Beteiligung der beschuldigten Person an dieser Tat vorliegen, die Strafbehörden somit das Bestehen eines dringenden Tatverdachts mit vertretbaren Gründen bejahen durften. Im Haftprüfungsverfahren genügt dabei der Nachweis von konkreten Verdachtsmomenten, wonach das untersuchte Verhalten mit erheblicher Wahrscheinlichkeit die fraglichen Tatbestandsmerkmale erfüllen könnte. Zur Frage des dringenden Tatverdachts bzw. zur Schuldfrage hat das Bundesgericht weder ein eigentliches Beweisverfahren durchzuführen noch dem erkennenden Strafgericht vorzugreifen (vgl. BGE 143 IV 330 E. 2.1; 316 E. 3.1 f.; Urteil 1B_81/2023 vom 27. Februar 2023 E. 3.1; je mit Hinweisen).  
 
3.2. Beim Indizienbeweis wird aus bestimmten Tatsachen, die nicht unmittelbar rechtserheblich, aber bewiesen sind (Indizien), auf die zu beweisende, unmittelbar rechtserhebliche Tatsache geschlossen. Eine Mehrzahl von Indizien, welche für sich allein betrachtet nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit auf eine bestimmte Tatsache oder Täterschaft hindeuten und insofern Zweifel offenlassen, können in ihrer Gesamtheit ein Bild erzeugen, das den Schluss auf den vollen rechtsgenügenden Beweis von Tat oder Täter erlaubt (Urteile 1B_81/2023 vom 27. Februar 2023 E. 3.2; 6B_926/2020 vom 20. Dezember 2022 E. 1.4.3; je mit weiteren Hinweisen).  
 
3.3. Die Vorinstanz hat zusammengefasst festgehalten, es sei unbestritten, dass der (über keinen Wohnsitz in der Schweiz verfügende) Beschwerdeführer sich zur Tatzeit in der Schweiz aufgehalten habe. Seine DNA sei auf dem Deckel einer PET-Flasche, deren Inhalt mutmasslich zum Spurenverwischen über eine Geldkassette geleert worden sei, im Inneren des Garagenbetriebs gefunden worden, und zwar entgegen seiner Angaben in einem der Öffentlichkeit nicht zugänglichen Büro. Der Einwand des Beschwerdeführers, er sei als Autohändler tätig und hätte daher seine DNA im Rahmen eines rechtmässigen Aufenthalts im fraglichen Garagenbetrieb hinterlassen können, zumal er viel trinke und immer Wasserflaschen mit sich führe, sei wenig glaubhaft. So habe er zunächst nähere Angaben über seine Geschäftstätigkeiten verweigert und erscheine ganz allgemein sein Aussageverhalten als wenig schlüssig, sollte er, wie behauptet, einer legalen Tätigkeit in der Schweiz nachgekommen sein. Auch die inzwischen erfolgte Nachfrage bei der geschädigten Garage sei sodann nicht zu Gunsten des Beschwerdeführers ausgefallen, da sich dort niemand an ihn erinnern könne und seine Angabe, die Garage als Autohändler besucht zu haben, nicht gestützt werde. Insgesamt lägen damit genug konkrete Anhaltspunkte für eine Beteiligung des Beschwerdeführers am ihm vorgeworfenen Einbruchdiebstahl vor, zumal zu Beginn der Strafuntersuchung noch keine allzu hohen Anforderungen an das Vorliegen eines dringenden Tatverdachts zu stellen seien.  
 
3.4. Der Beschwerdeführer begnügt sich im Wesentlich damit, seine bereits vor der Vorinstanz vorgetragene Argumentation zu bekräftigen, die gefundenen DNA-Spuren liessen sich mit seiner Tätigkeit als Autohändler erklären. Weiter kritisiert er die Vorinstanz, soweit diese sein Aussageverhalten als unglaubwürdig würdige. Er habe den Namen des Transportunternehmens am Schluss seiner Hafteinvernahme zu Protokoll gegeben und den Vor- und Nachnamen seines Cousins, der über die Dokumentation zu den Autokaufverträgen verfüge, offengelegt. Aufgrund der aktuellen Untersuchungsergebnisse könne ein dringender Tatverdacht daher nicht bejaht werden.  
Gemäss den unbestritten gebliebenen Feststellungen der Vorinstanz ist die Staatsanwaltschaft im Begriff, die Aussagen des Beschwerdeführers hinsichtlich des von ihm betriebenen Autohandels zu überprüfen. Bis dahin bleibt es diesbezüglich jedoch lediglich bei den unbelegten und unsubstanziierten Behauptungen des Beschwerdeführers. Diese lassen keine offensichtlich unrichtige Feststellung des entscheidwesentlichen Sachverhalts oder willkürliche Beweiswürdigung durch die Vorinstanz erkennen. 
 
3.5. Zusammengefasst hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, wenn sie einen dringenden Tatverdacht hinsichtlich der untersuchungsgegenständlichen Delikte bejaht hat.  
 
4.  
Nach dem Gesagten ist die Beschwerde abzuweisen. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten grundsätzlich dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen und keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 66 und 68 BGG). 
Indessen beantragt der Beschwerdeführer die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das Verfahren vor Bundesgericht. Deren Gewährung setzt jedoch insbesondere voraus, dass der Beschwerdeführer nicht über die erforderlichen Mittel verfügt (Art. 64 Abs. 1 BGG). Der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer behauptet zwar seine Mittellosigkeit, ohne diese jedoch auch nur ansatzweise zu belegen. Die als Beleg eingereichte Einsetzung einer amtlichen Verteidigung im kantonalen Verfahren ist entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers hierfür von vornherein ungeeignet, da daraus nicht hervorgeht, ob die Einsetzung gestützt auf Art. 132 Abs. 1 lit. a oder lit. b StPO verfügt wurde, die Bedürftigkeit des Beschwerdeführers im kantonalen Verfahren somit, soweit aus der Beschwerde ersichtlich, gar nie geprüft wurde. Nachdem sich auch dem angefochtenen Entscheid keinerlei Sachverhaltsfeststellungen zur behaupteten Mittellosigkeit des Beschwerdeführers entnehmen lassen, ist das Gesuch mangels Nachweises der Mittellosigkeit abzuweisen (vgl. Urteil 1B_81/2023 vom 27. Februar 2023 E. 6 mit Hinweis). Auf eine Kostenauflage kann indessen ausnahmsweise verzichtet werden (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Das Gesuch des Beschwerdeführers um unentgeltliche Rechtspflege und Rechtsverbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren wird abgewiesen. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 20. März 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Schurtenberger