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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_40/2022  
 
 
Urteil vom 1. Dezember 2022  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Jametti, präsidierendes Mitglied, 
Bundesrichter Haag, Müller, 
Gerichtsschreiber Schurtenberger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
vertreten durch Rechtsanwältin Nina Langner, 
 
gegen  
 
Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl, 
Büro G-2, Stauffacherstrasse 55, 8004 Zürich. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; Entsiegelung, 
 
Beschwerde gegen die das Urteil und die Verfügung des Bezirksgerichts Zürich, Zwangsmassnahmengericht, 
vom 2. Dezember 2021 (GT210095-L/U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl führt ein Strafverfahren gegen A.________ wegen Verdachts der Schändung. Ihm wird vorgeworfen, in seiner Wohnung Analverkehr an einer in seinem Bett schlafenden, unter Alkoholeinfluss stehenden und zum Widerstand unfähigen Zufallsbekanntschaft vollzogen zu haben. Im Rahmen des Strafverfahrens beschlagnahmte die Staatsanwaltschaft sein Mobiltelefon, dessen Siegelung in der Folge beantragt wurde. 
 
B.  
Die Staatsanwaltschaft stellte fristgerecht ein Gesuch um Entsiegelung des beschlagnahmten Mobiltelefons. Mit Urteil und Verfügung vom 2. Dezember 2021 hiess das Bezirksgericht Zürich, Zwangsmassnahmengericht, das Entsiegelungsgesuch teilweise gut und genehmigte die (vollständige) Entsiegelung für den Zeitraum nach der Kontaktaufnahme mit der mutmasslich geschädigten Person. 
 
C.  
Mit Eingabe vom 26. Januar 2022 erhebt A.________ beim Bundesgericht Beschwerde in Strafsachen. Er beantragt, den Entscheid des Zwangsmassnahmengerichts aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, subsidiär das Entsiegelungsgesuch der Staatsanwaltschaft abzuweisen. Weiter beantragt er die Gewährung der aufschiebenden Wirkung. 
Die Staatsanwaltschaft und das Zwangsmassnahmengericht haben auf eine Vernehmlassung verzichtet. Mit Verfügung vom 14. Februar 2022 bewilligte das Bundesgericht die aufschiebende Wirkung der Beschwerde. A.________ hat sich nicht mehr zur Sache geäussert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein Entscheid über die Entsiegelung von Datenträgern, die in einem strafprozessualen Untersuchungsverfahren in Anwendung von Art. 246 ff. StPO sichergestellt wurden. Die Vorinstanz hat gemäss Art. 248 Abs. 3 lit. a i.V.m. Art. 380 StPO als einzige kantonale Instanz entschieden, weshalb die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht nach Art. 78 ff. BGG grundsätzlich offen steht. Der Beschwerdeführer ist als beschuldigte Person zur Beschwerde legitimiert (Art. 81 Abs. 1 lit. a und b Ziff. 1 BGG). 
 
2.  
Der angefochtene Entscheid schliesst das Strafverfahren nicht ab (Art. 90 f. BGG). Es handelt sich um einen selbstständig eröffneten Zwischenentscheid, der nur unter den Voraussetzungen von Art. 92 oder Art. 93 BGG angefochten werden kann. Der angefochtene Entscheid betrifft weder die Zuständigkeit noch den Ausstand (Art. 92 BGG). Es handelt sich somit um einen "anderen Zwischenentscheid" im Sinne von Art. 93 BGG. Gemäss Art. 93 Abs. 1 BGG ist die Beschwerde gegen einen derartigen Zwischenentscheid zulässig, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (lit. a), oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit oder Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Die Variante nach Art. 93 Abs. 1 lit. b BGG fällt hier ausser Betracht, weshalb einzig zu prüfen ist, ob der angefochtene Entscheid einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann. 
 
2.1. Beim nicht wieder gutzumachenden Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG muss es sich im Strafrecht um einen solchen rechtlicher Natur handeln. Ein derartiger Nachteil liegt vor, wenn er auch durch einen für den Beschwerdeführer günstigen späteren Entscheid nicht mehr behoben werden kann (BGE 144 IV 127 E. 1.3.1). Ein lediglich tatsächlicher Nachteil wie die Verlängerung oder Verteuerung des Verfahrens genügt nicht (BGE 144 III 475 E. 1.2 mit Hinweisen).  
Wird im Entsiegelungsverfahren ausreichend substanziiert geltend gemacht, dass einer Entsiegelung geschützte Geheimhaltungsrechte entgegenstehen, droht nach der Praxis des Bundesgerichts ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG, weil die Offenbarung eines Geheimnisses nicht rückgängig gemacht werden kann (BGE 143 IV 462 E. 1; Urteil 1B_628/2021 vom 20. April 2022 E. 3.3 mit Hinweis). Werden dagegen (lediglich) andere Beschlagnahmehindernisse wie insbesondere ein mangelnder Deliktskonnex geltend gemacht, fehlt es grundsätzlich am nicht wieder gutzumachenden Nachteil (Urteile 1B_401/2021 vom 19. April 2022 E. 1.2; 1B_662/2020 vom 20. Oktober 2021 E. 1.3; 1B_260/2019 vom 17. Oktober 2019 E. 1; 1B_273/2015 vom 21. Januar 2016 E. 1.3). 
 
2.2. Der Beschwerdeführer bringt vor Bundesgericht vor, auf dem gesiegelten Mobiltelefon befinde sich persönliche Korrespondenz, welche ihn und unbeteiligte Dritte zeige. Es handle sich hierbei um höchstpersönliche Aufzeichnungen im Sinne von Art. 264 Abs. 1 lit. b StPO, womit er besondere Geheimhaltungsinteressen geltend mache und praxisgemäss ein nicht wieder gutzumachender Nachteil im Sinne von Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG vorliege. Indessen belässt er es bei diesen allgemeinen Ausführungen, ohne auch nur im Ansatz aufzuzeigen, weshalb bezüglich dieser Aufzeichnungen ein besonderes überwiegendes Geheimnisschutzinteresse vorliegen und daher der Schutz der Persönlichkeit das Strafverfolgungsinteresse überwiegen würde. Der bloss pauschale Hinweise auf private Korrespondenz oder Fotos begründet keine schutzwürdigen Geheimnisinteressen im Sinne von Art. 248 Abs. 1 StPO (Urteil 1B_2/2019 vom 11. Juli 2019 E. 2; vgl. auch Urteile 1B_427/2021 vom 21. Januar 2022 E. 6.5; 1B_78/2021 vom 11. November 2021 E. 3). Insbesondere legt der Beschwerdeführer in keiner Weise dar, weshalb der Eingriff in seine Persönlichkeitsrechte vorliegend besonders belastend erscheine und über den im Rahmen einer Zwangsmassnahme definitionsgemäss zu erwartenden Grundrechtseingriff hinausgehe (vgl. Urteile 1B_465/2021 vom 11. Oktober 2021 E. 1.3; 1B_378/2020 vom 26. Mai 2021 E. 1).  
Stattdessen bringt der Beschwerdeführer im Kern vor, es fehle an einem Deliktskonnex zwischen dieser privaten Korrespondenz und der zu untersuchenden Straftat, womit es, mangels Relevanz dieser Daten für das Strafverfahren, auch an der Verhältnismässigkeit der angeordneten Zwangsmassnahme fehle. Damit macht der Beschwerdeführer lediglich andere, allgemeine Beschlagnahmehindernisse geltend, die zwar ebenfalls von der Vorinstanz zu prüfen waren (und geprüft wurden), aber für sich alleine nicht zur Anrufung des Bundesgerichts berechtigen (vgl. statt vieler Urteile 1B_401/2021 vom 19. April 2022 E. 1.2; 1B_260/2019 vom 17. Oktober 2019 E. 1). 
 
2.3. Zusammengefasst kann mangels der ausreichend substanziierten Anrufung rechtlich geschützter Geheimnisinteressen kein nicht wieder gutzumachender Nachteil gemäss Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG angenommen werden.  
 
3.  
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen und sind keine Parteientschädigungen zuzusprechen (Art. 66 und 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl und dem Bezirksgericht Zürich, Zwangsmassnahmengericht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. Dezember 2022 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Das präsidierende Mitglied: Jametti 
 
Der Gerichtsschreiber: Schurtenberger