Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_380/2022  
 
 
Urteil vom 25. September 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiber Traub. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Marco Unternährer, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Nidwalden, 
Stansstaderstrasse 88, 6371 Stans, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts Nidwalden vom 31. Januar 2022 (SV 21 23). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ (geb. 1964) meldete sich im August 2018 wegen Schulterproblemen bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Gestützt u.a. auf ein polydisziplinäres Administrativgutachten der Medizinischen Abklärungsstelle (MEDAS) Begutachtungszentrum BL (BEGAZ), Binningen, vom 25. September 2020 sprach die IV-Stelle Nidwalden A.________ mit Wirkung ab Juni 2020 - bei einem Invaliditätsgrad von 40 Prozent - eine Viertelsrente zu (Verfügung vom 23. Juli 2021). 
 
B.  
A.________ reichte gegen die Verfügung vom 23. Juli 2021 Beschwerde ein. Das Verwaltungsgericht Nidwalden wies das Rechtsmittel ab (Entscheid vom 31. Januar 2022). 
 
C.  
A.________ erhebt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben und es sei ihr rückwirkend per frühestem Rentenbeginn mindestens eine halbe Invalidenrente zuzusprechen. Die IV-Stelle habe ihr sämtliche zusätzlichen Kosten für die medizinische Abklärung durch Dr. B.________, Dr. C.________ und Dr. D.________ von mindestens Fr. 4'200.- zurückzuerstatten. 
Die IV-Stelle beantragt, die Beschwerde sei abzuweisen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. Die Beschwerdeführerin lässt am 24. November 2022 einen radiologischen Bericht vom 18. November 2022 einreichen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die Beschwerdeführerin reicht nach Ablauf der Rechtsmittelfrist einen vom 18. November 2022 datierenden Bericht "Externe MRI der HWS und des Plexus brachialis bds. vom 11.11.2020" des Spitals E.________ ein. Die Eingabe ist mit Blick auf die gesetzliche Frist (Art. 100 Abs. 1 BGG) verspätet und damit unzulässig; dies unabhängig davon, ob der vorinstanzliche Entscheid das Geltendmachen des neuen Beweismittels resp. der darin dargestellten neuen Tatsachen allenfalls erst veranlasst hat (Art. 99 Abs. 1 BGG). Um eine solche Situation handelt es sich überdies nicht: Die Beschwerdeführerin möchte mit der Eingabe eine vom Administrativgutachten abweichende Einschätzung des behandelnden Rheumatologen Dr. B.________ zur Arbeitsunfähigkeit untermauern (vgl. E. 3.3). Diese Differenz war indessen schon Gegenstand des kantonalen Beschwerdeverfahrens. Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet keinen hinreichenden Anlass im Sinn von Art. 99 Abs. 1 BGG für die Zulässigkeit von (unechten) Noven, wenn schon im kantonalen Verfahren Grund für ihre Geltendmachung gegeben war. Tatsachen wiederum, die erst nach dem angefochtenen Entscheid entstanden sind (echte Noven), können vor Bundesgericht ohnehin nicht vorgebracht werden (BGE 143 V 19 E. 1.2 mit Hinweisen). An der Unbeachtlichkeit der Eingabe änderte sich im Übrigen selbst dann nichts, wenn es sich um revisionsbegründende Noven handeln würde; in diesem Fall wäre bei der Vorinstanz Revision einzulegen und ein allfällig in der gleichen Sache eingeleitetes bundesgerichtliches Verfahren zu sistieren (BGE 138 II 386 E. 7; JOHANNA DORMANN, in: Basler Kommentar zum BGG, 3. Aufl. 2018, N 42a zu Art. 99 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Strittig sind beweisrechtliche Fragen im Zusammenhang mit den medizinischen Entscheidungsgrundlagen (E. 3), die Bemessung des Invalideneinkommens (E. 4) und die Tragung von Abklärungskosten (E. 5).  
 
2.2. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die angefochtene Verfügung erging vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und zum zeitlich massgebenden Sachverhalt (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1 mit Hinweisen) sind die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) sowie des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar (BGE 148 V 174 E. 4.1).  
 
3.  
Die Beschwerdeführerin erhebt in verschiedenen Punkten Einwendungen gegen die Schlussfolgerungen der MEDAS-Sachverständigen und wirft der Vorinstanz vor, mit der Übernahme der gutachterlichen Einschätzungen im Hinblick auf die Arbeitsunfähigkeit Bundesrecht zu verletzen. 
 
3.1. Dabei bezieht sich die Beschwerdeführerin im Wesentlichen auf die vorinstanzliche Beweiswürdigung, d.h. die Feststellung des (medizinischen) Sachverhalts. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), das heisst es ist grundsätzlich daran gebunden. Allerdings überprüft das Bundesgericht tatsächliche Feststellungen der Vorinstanz, die für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein können, auf qualifizierte Rüge hin (Art. 106 Abs. 2 BGG) oder auch von Amtes wegen, wenn geltend gemacht wird, sie seien offensichtlich unrichtig oder sie beruhten auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG (Art. 97 Abs. 1 BGG und Art. 105 Abs. 2 BGG).  
Im Folgenden ist zu beachten, dass ein externes Administrativgutachten regelmässig als beweiskräftig gilt, solange nicht konkrete Indizien gegen seine Zuverlässigkeit sprechen (BGE 125 V 351 E. 3b/bb). Das Gutachten kann namentlich nicht allein deswegen infrage gestellt werden, weil therapeutisch tätige Fachpersonen die Sachlage, namentlich betreffend die Arbeitsunfähigkeit, abweichend einschätzen (ständige Rechtsprechung, zuletzt Urteil 8C_68/2023 vom 10. August 2023 E. 5.1.5 mit weiteren Hinweisen). 
 
3.2. Die MEDAS-Expertise umfasst einen internistischen, einen rheumatologischen und einen psychiatrischen Teil. Folgende Diagnosen mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit werden aufgeführt: aus rheumatologischer Sicht chronische periarthropathische Schulterbeschwerden rechts mit begleitender muskulärer Dysbalance am Schultergürtel rechts mehr als links, wobei u.a. deutliche Hinweise auf eine Schmerzfehlverarbeitung, die nicht einem rheumatologischen Krankheitsbild entspreche, sowie ein Status nach frozen shoulder "zirka 2005 (ev. 2010) " vermerkt werden; aus psychiatrischer Sicht eine Neurasthenie (ICD-10 F48.0), differentialdiagnostisch eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung (ICD-10 F45.4). Aufgrund des ausgewiesenen somatischen Kerns der Beschwerden im Bereich der rechten Schulter und auch der Schultergürtelmuskulatur bestehe eine verminderte Belastbarkeit und Bewegungseinschränkung. Im Bereich der Halswirbelsäule liege kein zusätzliches Krankheitsbild mit funktionalen Auswirkungen vor. Zuzumuten seien der Versicherten nur noch körperlich leichte bis zuweilen mittelschwere Tätigkeiten, der rechte Arm könne regelmässig nur noch unterhalb der Schulterhorizontalen eingesetzt werden. Dieses Funktionsprofil gehe mit einer Einschränkung der Arbeitsfähigkeit in der Grössenordnung von 20 Prozent (erhöhter Pausenbedarf) einher, was die gut auf die Einschränkungen abgestimmte frühere Tätigkeit als Bildungsverantwortliche betreffe; in der aktuellen, weniger geeigneten Arbeit als Spitex-Angestellte sei die Arbeitsfähigkeit um 30 Prozent eingeschränkt. In die rheumatologische Beurteilung einbezogen werde nur ein Teil der von der Versicherten wahrgenommenen Beschwerden; der andere Teil sei einer Schmerzfehlverarbeitung, also einem psychiatrischen Befund, zuzuordnen. Aus psychiatrischer Sicht sei die Versicherte sowohl in der früheren wie auch in der aktuellen Tätigkeit zu 40 Prozent arbeitsunfähig. Das Leistungsvermögen werde durch die neurastheniebedingt erhöhte Ermüdbarkeit und Reizbarkeit und die Schmerzen beeinträchtigt. Die interdisziplinäre Gesamtbeurteilung ergebe ebenfalls eine Arbeitsunfähigkeit von 40 Prozent.  
 
3.3. Die Vorinstanz stellt in keinem der gerügten Punkte den Sachverhalt offensichtlich unrichtig (willkürlich) fest. Ebensowenig verletzt sie sonstwie Bundesrecht, sei es durch Missachtung des rechtlichen Gehörs resp. der Begründungspflicht oder des Untersuchungsgrundsatzes (Art. 61 lit. c ATSG) :  
 
3.3.1. Die Beschwerdeführerin hält dem rheumatologischen Teilgutachten der MEDAS insbesondere verschiedene Berichte des behandelnden Rheumatologen Dr. B.________ entgegen. Es bestünden "diametral entgegenstehende medizinische Ansichten". Dies stelle die Zuverlässigkeit der gutachterlichen Einschätzungen infrage und wirke sich auf deren Beweiskraft aus. Zusammen mit bildgebenden Abklärungen, die zu Unrecht nicht berücksichtigt worden seien, zeigten die Berichte von Dr. B.________ auf, dass auch für leichte, wechselbelastende Tätigkeiten höchstens eine Arbeitsfähigkeit von 50 Prozent begründbar sei.  
 
3.3.2. Soweit von der Beschwerdeführerin angerufene ärztliche Berichte nach dem Datum der strittigen Verfügung (23. Juli 2021) datieren, sind sie im vorliegenden Verfahren grundsätzlich nicht entscheidungsrelevant (oben E. 1). Auf eine Ausdifferenzierung von prozessual relevanten Tatsachen und unzulässigen Noven kann jedoch verzichtet werden, zumal, wie die Beschwerdegegnerin zu Recht anmerkt, etwa ein neu aufgelegter Bericht vom 28. September 2021 ohnehin keine für die Beurteilung der Angelegenheit erheblichen Aussagen enthält und sich diese im Wesentlichen mit den Befunden gemäss einer anderen Stellungnahme vom 9. Februar 2021 decken.  
 
 
3.3.3. Was die Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit angeht, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass eine versicherungsmedizinisch orientierte Begutachtung grundsätzlich bessere Gewähr dafür bietet, dass die einschlägigen (letztlich rechtlich determinierten) Beurteilungsvorgaben (v.a. Gesichtspunkte der Zumutbarkeit, Ausklammerung sog. invaliditätsfremder Faktoren) berücksichtigt sind (zur beweisrechtlichen Einordnung von externen Administrativgutachten vgl. oben E. 3.1). Nicht ersichtlich ist, inwiefern die unterschiedliche diagnostische Beschreibung des Gesundheitszustands aus rheumatologischer Sicht (gemäss Gutachten chronische periarthropathische Schulterbeschwerden mit begleitenden muskulären Dysbalancen, gemäss behandelndem Arzt u.a. frozen shoulder) darauf schliessen lassen sollte, ein Teil der für die Festlegung der Arbeitsunfähigkeit relevanten Gesundheitsschädigung werde gewissermassen übersehen. Die jeweils davon abgeleiteten funktionalen Anforderungsprofile unterscheiden sich nicht wesentlich. So wird denn auch nicht klar, was sich in diesem Zusammenhang aus der Diskussion über die Diagnose einer frozen shoulder Wesentliches ergeben sollte; zu Recht macht die Beschwerdegegnerin geltend, es sei in Bezug auf die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit irrelevant, ob die Bewegungseinschränkung im Rahmen eines Residuums bei frozen shoulder oder aber einer Periarthropathie erklärt werde.  
Die ohnehin nur relativ geringe Differenz von zehn Prozentpunkten in der Einschätzung der Arbeitsunfähigkeit liegt innerhalb des Beurteilungsspielraums, der dem gutachterlichen Ermessen entspricht (vgl. BGE 137 V 210 E. 3.4.2.3). Soweit die Beschwerdeführerin sich darauf beruft, das aktuelle Arbeitspensum von 40 Prozent entspreche etwa der Einschätzung des behandelnden Rheumatologen - die verwertbare Restarbeitsfähigkeit sei "langzeitlich am Arbeitsplatz ausgetestet" -, ist mit der Beschwerdegegnerin festzuhalten, dass die betreffende Tätigkeit (Spitex-Mitarbeiterin) nicht "ergonomisch angepasst" ist. Der entsprechende Erfahrungswert kann der Einschätzung des rheumatologischen Teilgutachters daher nicht entgegengehalten werden. 
Im Hinblick auf die interdisziplinär angelegte MEDAS-Begutachtung ist weiter zu berücksichtigen, dass der rheumatologische Experte denjenigen Teil der Schmerzen, der mit den von ihm erhobenen organischen Befunden nicht erklärbar ist, ausklammert und der psychiatrischen Teilbegutachtung überlässt (vgl. auch die "Rehabilitationsdiagnosen" gemäss Austrittsbericht der Klinik F.________ vom 26. Juli 2019: Verdacht auf chronische Schmerzerkrankung mit somatischen und psychischen Faktoren). Soweit die Beschwerdeführerin auf eine abweichende psychiatrische Diagnose der Vertrauensärztin der damaligen Pensionskasse (Anpassungsstörung mit längerer depressiver Reaktion) verweist, führt dies nicht weiter, weil diese Einschätzung vom November 2019 im damaligen besonderen Kontext eines Arbeitskonflikts und mit Blick auf den damaligen Arbeitsplatz abgegeben worden ist. 
Hinsichtlich der Rüge, aus einem MRI-Befund der Halswirbelsäule folgende Hinweise auf neurologische Ausfälle hätten eine entsprechende Fachbegutachtung veranlassen müssen - und deren Fehlen bedeute eine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes -, bleibt mit der Vorinstanz und der Beschwerdegegnerin festzuhalten, dass der behandelnde Neurologe ausdrücklich festgehalten hat, es bestehe keine neurologische Ausfallsymptomatik; die Arbeitsfähigkeit sei in erster Linie rheumatologisch und psychiatrisch zu beurteilen (Bericht des Dr. C.________ vom 30. November 2020). 
Schliesslich ist nicht nachvollziehbar, inwiefern Sehnenläsionen im Schulterbereich verkannt wurden und der vorinstanzliche Schluss, die massgebenden Befunde seien dem Gutachter vorgelegen, willkürlich sein sollte. Nachdem auch die weiteren geltend gemachten Abklärungslücken nicht bestätigt werden können, erweist sich der Vorwurf, die Vorinstanz masse sich an, medizinische Fragen selbst zu interpretieren, als unbegründet. Der angefochtene Entscheid beschränkt sich auf die dem Rechtsanwender obliegende pflichtgemässe Würdigung der (medizinischen) Entscheidungsgrundlagen. Die unter dem Titel einer Verletzung des rechtlichen Gehörs erhobene Rüge, die Vorinstanz setze sich nur sehr oberflächlich und unvollständig mit den medizinischen Akten auseinander, ist nicht nur deshalb zu verwerfen, weil sie nicht näher substantiiert wird. Die dem kantonalen Gericht vorgeworfene Zurückhaltung zeigt gerade, dass es bei der Würdigung der ärztlichen Stellungnahmen seine rechtsanwenderischen Kompetenzen nicht überschreitet. 
 
3.4. Insgesamt ist nicht erkennbar, inwiefern sich aus den Berichten behandelnder Ärzte der Schluss aufdrängen sollte, auf die Einschätzungen der Administrativgutachter könne nicht abgestellt werden.  
 
4.  
Hinsichtlich der Bemessung der Invalidität wendet sich die Beschwerdeführerin gegen die vorinstanzliche Festlegung des Invalideneinkommens. 
 
4.1. Sie macht geltend, es sei vom konkret erzielten Einkommen von monatlich brutto Fr. 2'600.- (Pensum: 40 Prozent) auszugehen, da sie ihre Restarbeitsfähigkeit in der heutigen Tätigkeit als Spitex-Pflegefachfrau hinreichend ausschöpfe. Zu Unrecht schliesse sich die Vorinstanz der Meinung der Gutachter an, diese Arbeit sei "ergonomisch nicht optimal angepasst", weshalb auf das daraus erzielte Einkommen nicht abgestellt werden könne. Sollte stattdessen wider Erwarten ein statistischer Lohnansatz herangezogen werden, müsse wegen des sehr eingeschränkten Tätigkeitsprofils, der schmerzbedingten Einschränkungen (womit sie auf grosses Entgegenkommen des Arbeitgebers angewiesen sei), des Alters sowie der Teilzeitarbeit ein "maximaler Leidensabzug" gewährt werden.  
 
4.2. Nach Art. 28 Abs. 1 IVG haben Versicherte Anspruch auf eine Invalidenrente, wenn sie: ihre Erwerbsfähigkeit oder die Fähigkeit, sich im Aufgabenbereich zu betätigen, nicht durch zumutbare Eingliederungsmassnahmen wieder herstellen, erhalten oder verbessern können (lit. a); während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40 Prozent arbeitsunfähig (Art. 6 ATSG; vgl. BGE 140 V 193) gewesen sind (lit. b); und nach Ablauf dieses Jahres zu mindestens 40 Prozent invalid (Art. 8 ATSG) sind (lit. c). Für die Bestimmung des Invaliditätsgrades wird das Erwerbseinkommen, das die versicherte Person nach Eintritt der Invalidität und nach Durchführung der medizinischen Behandlung und allfälliger Eingliederungsmassnahmen durch eine ihr zumutbare Tätigkeit bei ausgeglichener Arbeitsmarktlage erzielen könnte (sog. Invalideneinkommen), in Beziehung gesetzt zum Erwerbseinkommen, das sie erzielen könnte, wenn sie nicht invalid geworden wäre (sog. Valideneinkommen; Art. 28a Abs. 1 und Art. 16 ATSG; zum Ganzen: BGE 148 V 174; 144 I 103 E. 5).  
 
4.3. Mit Blick auf das aus rheumatologischer Sicht formulierte ergonomische Anforderungsprofil für leidensangepasste Tätigkeiten (in der Regel leichte bis intermittierend mittelschwere Gewichtsbelastungen, Arbeitshaltung der rechten dominanten oberen Extremität in der Regel unterhalb der Schulterhorizontalen; MEDAS-Gutachten vom 30. Juni 2020) lässt sich das funktionale Leistungsvermögen der Beschwerdeführerin in der aktuellen Tätigkeit einer Spitex-Pflegefachfrau nur aus psychiatrischer Sicht bestmöglich verwerten, nicht aber unter Gesichtspunkten der körperlichen Belastbarkeit. Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das kantonale Gericht das Invalideneinkommen anhand des (höheren) Lohns bemessen hat, den die Beschwerdeführerin in der angestammten Tätigkeit einer Berufsbildungsfachfrau erzielen könnte (angefochtenes Urteil E. 8.4.3).  
 
4.4. Es bleibt zu prüfen, wie es sich mit der Rüge verhält, die Vorinstanz habe zu Unrecht eine Herabsetzung des anrechenbaren Invalideneinkommens ("Leidensabzug") verweigert.  
 
4.4.1. Die Kürzung eines - in der Regel anhand statistischer Lohndaten erhobenen - zumutbaren hypothetischen Einkommens nach Eintritt der Invalidität soll lohnwirksamen Gesichtspunkten Rechnung tragen, aufgrund derer zu erwarten ist, dass die versicherte Person die verbliebene Arbeitsfähigkeit auch in einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nur mit unterdurchschnittlichem erwerblichem Erfolg verwerten kann. Der Abzug ist nach pflichtgemässem Ermessen mit Blick auf alle einschlägigen Elemente im Einzelfall zu schätzen und beträgt höchstens 25 Prozent (BGE 135 V 297 E. 5.2; 134 V 322 E. 5.2; 126 V 75). Zu berücksichtigen sind einerseits persönliche und berufliche Merkmale wie Art und Ausmass der Behinderung, Lebensalter, Dienstjahre, Nationalität oder Aufenthaltskategorie und Beschäftigungsgrad; anderseits kann eine Herabsetzung angebracht sein, wenn sich die gesundheitlichen Beeinträchtigungen auch im Rahmen der verbliebenen Arbeitsfähigkeit nachteilig auswirken. Allerdings ist darauf zu achten, dass gesundheitliche Einschränkungen, deren Auswirkungen im Rahmen der medizinischen Arbeitsunfähigkeit vollständig berücksichtigt sind, nicht zusätzlich in die Bemessung des leidensbedingten Abzugs einfliessen und so doppelt veranschlagt werden (BGE 148 V 174 E. 6.3; 146 V 16 E. 4.1). Ob eine behinderungsbedingt oder anderweitig begründete Herabsetzung des Tabellenlohns vorzunehmen ist, ist eine Rechtsfrage, die das Bundesgericht frei überprüft (BGE 148 V 174 E. 6.5).  
 
4.4.2. Die Vorinstanz hält fest, ein Abzug sei nur möglich, wenn das Invalideneinkommen nach einem statistischen Tabellenlohn bemessen werde. Dies führt zur Frage, ob das kantonale Gericht zu Recht davon ausgegangen ist, die im vorliegenden Fall gewählte Bemessung des Invalideneinkommens anhand des früher erzielten Lohns schliesse den Abzug von vornherein aus.  
 
4.4.3. Die Invaliditätsbemessung der Vorinstanzen beruht auf dem im Jahr 2018 erzielten, der Teuerung angepassten Gehalt für die Tätigkeit als Berufsbildungsverantwortliche von Fr. 125'018.- (bei einem vollen Pensum), das als Valideneinkommen eingesetzt wird, und einem aus demselben Ansatz abgeleiteten - angesichts der 40-prozentigen Arbeitsunfähigkeit entsprechend tieferen - Invalideneinkommen.  
 
 
4.4.4. Für den Einkommensvergleich sollen die beiden hypothetischen Erwerbseinkommen (Validen- und Invalideneinkommen) ziffernmässig möglichst genau ermittelt werden; die Differenz ergibt den Invaliditätsgrad. Insoweit die fraglichen Erwerbseinkommen ziffernmässig nicht genau ermittelt werden können, sind sie nach den im Einzelfall bekannten Umständen zu schätzen und die so gewonnenen Annäherungswerte miteinander zu vergleichen. Wird eine Schätzung vorgenommen, muss diese nicht unbedingt beziffert sein (z.B. in Form sogenannter Tabellenlöhne gemäss Lohnstrukturerhebung [LSE] des Bundesamts für Statistik; BGE 148 V 174; 139 V 592 E. 2.3). Genügen kann auch eine Gegenüberstellung blosser Prozentzahlen, vor allem wenn die versicherte Person in der angestammten Tätigkeit weiterarbeiten kann. Das ohne Invalidität erzielbare hypothetische Erwerbseinkommen ist alsdann mit 100 Prozent zu bewerten, während das Invalideneinkommen auf einen entsprechend kleineren Prozentsatz veranschlagt wird; vorbehältlich einer Herabsetzung des Invalideneinkommens ergibt sich aus der Prozentdifferenz der Invaliditätsgrad (sogenannter Prozentvergleich; BGE 114 V 310 E. 3a). Auch wenn der hier gewählte Einkommensvergleich nicht in einer Gegenüberstellung von Prozentwerten ausgedrückt wird, läuft er auf einen Prozentvergleich hinaus, nachdem die Beschwerdeführerin in der früheren Tätigkeit optimal eingegliedert wäre und das Invalideneinkommen insoweit dem (konkreten) Valideneinkommen gleichgesetzt werden kann (oben E. 4.4.3; basiert der Einkommensvergleich in einem solchen Fall stattdessen auf einem gleichen Tabellenlohn, spricht die Rechtsprechung zuweilen auch von einer "rein rechnerischen Vereinfachung", so etwa Urteil 8C_104/2021 vom 27. Juni 2022 E. 6.2 mit Hinweis).  
Beim Prozentvergleich hat das Bundesgericht den leidensbedingten Abzug zugelassen (Urteile 9C_734/2016 vom 27. Januar 2017 E. 4.1 a.E., 9C_888/2014 vom 4. Februar 2015 E. 3; offengelassen im Urteil 8C_55/2023 vom 11. Juli 2023 E. 4.5.4), ebenso wie bei einem "bezifferten Schätzungsvergleich" anhand von (auch nicht statistischen) Annäherungswerten (Urteil 8C_530/2015 vom 6. Januar 2016 E. 6.2; vgl. dazu MEYER/REICHMUTH, Rechtsprechung des Bundesgerichts zum IVG, 4. Aufl. 2022, N 35 und 36 ff. zu Art. 28a IVG). Dabei hat es betont, dass auch in diesen Konstellationen geprüft werden muss, ob im Rahmen der Abzugspraxis anerkannte Faktoren die Verwertung der Restarbeitsfähigkeit zusätzlich erschweren. Nicht gekürzt werden können freilich Löhne, die im Rahmen einer Teilerwerbsfähigkeit effektiv erzielt werden (erwähntes Urteil 8C_530/2015 E. 6.2; zu den Voraussetzungen, unter denen der nach Eintritt der Invalidität tatsächlich erzielte Verdienst verwendet werden kann: BGE 148 V 174 E. 6.2; 135 V 297 E. 5.2).  
 
4.4.5. Die Vorinstanzen haben das Invalideneinkommen anhand eines Lohns festgesetzt, den die Beschwerdeführerin (nur) bis Ende 2019 im Beruf einer Bildungsverantwortlichen tatsächlich erzielt hat (Gutachten S. 7). Zum Zeitpunkt der strittigen Verfügung übt sie eine Tätigkeit als Spitex-Mitarbeiterin aus, bei der sie nach Feststellung der Vorinstanz ihre Restarbeitsfähigkeit nicht bestmöglich verwertet. Die frühere Arbeit steht stellvertretend für die Gesamtheit der dem Leiden angepassten Tätigkeiten im ausgeglichenen Arbeitsmarkt. Der dabei erzielte Lohn ist daher eine geeignete Grundlage für das Validen- und das Invalideneinkommen, zumal es das Ziel sein muss, die Vergleichseinkommen möglichst genau zu ermitteln (BGE 148 V 174 E. 9.2). Mit Blick auf das konkret bemessene Invalideneinkommen liegt es zwar nahe, dass gewisse Faktoren, die im Zusammenhang mit Tabellenlöhnen statistischer Natur eine Kürzung rechtfertigen können (vgl. oben E. 4.4.1), hier irrelevant sind. Die gesundheitlichen Einschränkungen können sich aber durchaus auch dann nachteilig auswirken, wenn das nach Eintritt der Invalidität anrechenbare Einkommen anhand des früher als Gesunder ausgeübten Berufs festgesetzt wird. Solange es nicht effektiv erzielt wird, bleibt das konkret bemessene Invalideneinkommen hypothetischer Natur: Es berücksichtigt keine Erschwernisse, die (erst) bei der Verwertung der Restarbeitsfähigkeit ins Gewicht fallen können. Damit weicht der Korrekturbedarf nicht grundsätzlich von Fällen ab, in denen das Invalideneinkommen auf einem statistischen Tabellenlohn beruht, der von Löhnen gesunder Personen geprägt ist (dazu EGLI/FILIPPO/GÄCHTER/MEIER, Grundprobleme der Invaliditätsbemessung in der Invalidenversicherung, 2021, Rz. 704 ff., insbesondere 711 ff. und 717 ff., 779). Zu bedenken ist, dass es auch in der vorliegenden Konstellation - die angestammte ist zugleich optimal behinderungsangepasste Tätigkeit - möglich gewesen wäre, anstelle des früheren konkreten Lohns eine LSE-Tabellenposition heranzuziehen, die dem damaligen Tätigkeitsfeld entspricht (vgl. erwähntes Urteil 9C_734/2016 E. 4.4.2 a.E.).  
 
4.4.6. Gegeben sind eine rheumatologisch begründete "Einschränkung der Arbeitsfähigkeit in der Grössenordnung von 20 % im Sinne eines erhöhten Pausenbedarfs" und psychiatrisch bedingte Einschränkungen (erhöhte Ermüdbarkeit, Reizbarkeit, Schmerzen infolge einer Neurasthenie), die eine Arbeitsunfähigkeit von 40 Prozent bewirken (Gutachten S. 12 f.). Es ist nicht auszuschliessen, dass diese Beeinträchtigungen gemeinsam in einer Art und in einem Ausmass lohnwirksam werden, die in der Gesamtarbeitsunfähigkeit resp. der entsprechenden Pensumreduktion allein nicht zum Ausdruck kommen. Mithin liegt nicht von vornherein eine unzulässige doppelte Berücksichtigung eines einschränkenden Umstandes vor (vgl. oben E. 4.4.1).  
Die Sache ist somit an die IV-Stelle zurückzuweisen, damit sie prüft, wie es sich verhält, und die Invaliditätsbemessung neu vornimmt. 
 
5.  
Die Beschwerdeführerin beantragt, die IV-Stelle habe ihr ärztliche Abklärungskosten von insgesamt Fr. 4'200.- zurückzuerstatten. Sie begründet dies mit unzureichenden medizinischen Abklärungen, die privat veranlasste ärztliche Berichte notwendig gemacht hätten. Nach dem in E. 3 Gesagten ist das MEDAS-Gutachten jedoch verwertbar, sind die medizinischen Entscheidungsgrundlagen vollständig und hinterlassen die Administrativabklärungen keine erheblichen Widersprüche. Den Vorinstanzen ist mithin keine Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes vorzuwerfen. Vor diesem Hintergrund hat das kantonale Gericht es zu Recht abgelehnt, die Beschwerdeführerin für Kosten ärztlicher Untersuchungen und Berichte zu entschädigen. Eine Kostenübernahme durch den Versicherungsträger setzt voraus, dass die fragliche Abklärung für die Beurteilung des Anspruchs unerlässlich war (Art. 45 Abs. 1 ATSG; Art. 78 Abs. 3 IVV [in Kraft bis Ende 2021]; Urteil 8C_218/2023 vom 5. September 2023 E. 6). 
 
6.  
 
6.1. Nach der Rechtsprechung gilt die Rückweisung der Sache an die Verwaltung zur weiteren Abklärung selbst bei noch offenem Ausgang des Verfahrens hinsichtlich Kosten und Entschädigung als vollständiges Obsiegen, unabhängig davon, ob die Rückweisung beantragt wird oder nicht (BGE 137 V 210 E. 7.1; Urteil 8C_136/2021 vom 7. April 2022 E. 7). Die Beschwerdegegnerin trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG) und bezahlt der Beschwerdeführerin eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).  
 
6.2. Die Beschwerdeführerin hat zudem Anspruch auf eine Parteientschädigung im kantonalen Beschwerdeverfahren (Art. 61 lit. g ATSG). Diesbezüglich wird die Sache an die Vorinstanz zurückgewiesen (Art. 68 Abs. 5 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Der Entscheid des Verwaltungsgerichts Nidwalden vom 31. Januar 2022 und die Verfügung der IV-Stelle Nidwalden vom 23. Juli 2021 werden aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung an die IV-Stelle Nidwalden zurückgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.  
Die Sache wird zur Festsetzung der Parteientschädigung im vorangegangenen Verfahren an das Verwaltungsgericht Nidwalden zurückgewiesen. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht Nidwalden, Sozialversicherungsabteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 25. September 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Der Gerichtsschreiber: Traub