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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
2C_199/2023  
 
 
Urteil vom 23. Mai 2023  
 
II. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Aubry Girardin, Präsidentin, 
Gerichtsschreiberin Ivanov. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Migrationsamt des Kantons Zürich, 
Berninastrasse 45, 8090 Zürich, 
Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich, 
Neumühlequai 10, 8090 Zürich. 
 
Gegenstand 
Aufrechterhaltung der Niederlassungsbewilligung EU/EFTA, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts 
des Kantons Zürich, 4. Abteilung, vom 1. März 2023 
(VB.2022.00721). 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. A.________ (geb. 1983), deutscher Staatsangehöriger, hält sich eigenen Angaben zufolge seit über zwölf Jahren in der Schweiz auf. Er ist im Besitz einer Niederlassungsbewilligung EU/EFTA.  
Mit Schreiben vom 16. April 2022 ersuchte A.________ das Migrationsamt des Kantons Zürich um "Aufrechterhaltung der Niederlassungsbewilligung für Familie A.________ [...] für längstens vier Jahre". Auf Ende April bzw. Mitte Mai 2022 meldeten sich A.________ und seine Frau nach Berlin ab. 
Mit Verfügung vom 5. Juli 2022 wies das Migrationsamt das Gesuch ab. 
 
1.2. Auf einen dagegen erhobenen, elektronisch signierten Rekurs von A.________ trat die Sicherheitsdirektion des Kantons Zürich am 26. Oktober 2022 nicht ein, da A.________ - trotz entsprechender Aufforderung unter Androhung des Nichteintretens - innert Frist kein handschriftlich unterzeichnetes Exemplar der Rekursschrift eingereicht hatte.  
 
1.3. Dagegen erhob A.________ Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich und ersuchte unter anderem um unentgeltliche Rechtsverbeiständung.  
Mit Präsidialverfügung vom 16. Dezember 2022 entsprach das Verwaltungsgericht dem Gesuch insofern, als es A.________ "einstweilen nur für die Sicherstellung der Zustellung" die unentgeltliche Rechtsvertretung bewilligte. 
Mit Urteil vom 1. März 2023 wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde im Sinne der Erwägungen ab (Dispositiv-Ziff. 1) und hielt fest, dass die Niederlassungsbewilligungen EU/EFTA von A.________ und seiner Familie erlöschen würden, sofern sie ihren Wohnsitz nicht innert zweier Monate ab Rechtskraft dieses Urteils wieder in die Schweiz verlegen würden (Dispositiv-Ziff. 2). 
 
1.4. A.________ gelangt mit elektronischer Eingabe vom 31. März 2023 an das Bundesgericht und beantragt im Wesentlichen die Aufrechterhaltung seiner Niederlassungsbewilligung sowie der Niederlassungsbewilligungen seiner Frau und Kinder. Prozessual ersucht er um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren. Dabei sei ihm ein von ihm bezeichneter Anwalt als Rechtsvertreter beizuordnen.  
Mit Schreiben vom 4. April 2023 teilte das Bundesgericht dem Beschwerdeführer mit, dass über Gesuche um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung praxisgemäss mit dem Urteil in der Sache entschieden wird. Zudem wurde er darauf hingewiesen, dass er innerhalb der noch laufenden Beschwerdefrist die Möglichkeit habe, seine Beschwerde zu ergänzen bzw. zu verbessern, wobei er sich dazu durch einen Rechtsvertreter seiner Wahl vertreten lassen könne. Auf die Erhebung eines Kostenvorschusses wurde verzichtet. 
In der Folge reichte der Beschwerdeführer keine weitere Eingabe ein. Es wurden keine weiteren Instruktionsmassnahmen angeordnet. 
 
2.  
Auf dem Gebiet des Ausländerrechts ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ausgeschlossen gegen Entscheide, welche Bewilligungen, auf die weder das Bundesrecht noch das Völkerrecht einen Anspruch einräumt oder Abweichungen von den Zulassungsvoraussetzungen betreffen (Art. 83 lit. c Ziff. 2 und Ziff. 5 BGG). In Bezug auf die Aufrechterhaltung der Niederlassungsbewilligung nach Art. 61 Abs. 2 AIG (SR 142.20) ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten trotz der dort enthaltenen "Kann"-Formulierung zulässig, weil nicht die Erteilung einer neuen Bewilligung in Frage steht, sondern die Beibehaltung einer bestehenden Bewilligung (vgl. Urteil 2C_789/2018 vom 30. Januar 2019 E. 1.1 mit Hinweisen). 
 
3.  
 
3.1. Nach Art. 42 BGG haben Rechtsschriften an das Bundesgericht die Begehren, deren Begründung mit Angabe der Beweismittel und die Unterschrift zu enthalten. Die Begründung hat sachbezogen zu sein; die beschwerdeführende Partei hat in gezielter Auseinandersetzung mit den für das Ergebnis des angefochtenen Entscheids massgeblichen Erwägungen plausibel aufzuzeigen, welche Rechte bzw. Rechtsnormen die Vorinstanz verletzt haben soll (BGE 140 III 86 E. 2 mit Hinweisen).  
In Bezug auf die Verletzung von Grundrechten, einschliesslich des Willkürverbots, und von kantonalem Recht gilt eine qualifizierte Rüge- und Begründungspflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 143 II 283 E. 1.2.2; 143 I 321 E. 6.1; 142 I 99 E. 1.7.2). In der Beschwerde ist klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darzulegen, inwiefern verfassungsmässige Individualrechte verletzt worden sein sollen (BGE 148 I 104 E. 1.5; 143 I 1 E. 1.4; 134 II 349 E. 3). 
 
3.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die vorinstanzliche Sachverhaltsfeststellung bzw. die Beweiswürdigung kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig bzw. willkürlich ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (vgl. Art. 105 Abs. 2 BGG) und die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (BGE 140 III 264 E. 2.3). Für eine Kritik am festgestellten Sachverhalt gilt das strenge Rügeprinzip von Art. 106 Abs. 2 BGG (vgl. BGE 140 III 264 E. 2.3; 137 I 58 E. 4.1.2; 136 I 184 E. 1.2). Dies bedeutet, dass die Partei, welche die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz anfechten will, klar und substanziiert aufzeigen muss, inwiefern diese Voraussetzungen erfüllt sein sollen (vgl. BGE 140 III 16 E. 1.3.1 mit Hinweisen).  
 
3.3. Die Vorinstanz hat zunächst erwogen, dass die Sicherheitsdirektion zu Unrecht auf den bei ihr erhobenen Rekurs nicht eingetreten sei, zumal der Beschwerdeführer in nachvollziehbarer Weise dargetan habe, dass er die Verfügung, mit welcher ihm eine Nachfrist zur Mangelbehebung (fehlende eigenhändige Unterschrift) angesetzt und die ihm direkt per A-Post ins Ausland zugestellt worden sei, nie erhalten habe. In der Folge hat das Verwaltungsgericht auf eine Rückweisung an die Sicherheitsdirektion verzichtet und selbst einen materiellen Entscheid gefällt. Dabei hat es die Voraussetzungen erläutert, unter welchen die Niederlassungsbewilligung auf Gesuch hin aufrechterhalten werden kann (Art. 61 Abs. 2 Satz 2 AIG). Es hat insbesondere festgehalten, dass solchen Gesuchen nur entsprochen werden könne, wenn die gesuchstellende Person tatsächlich die Absicht habe, innerhalb der Frist von vier Jahren wieder in die Schweiz zurückzukehren (vgl. dazu auch Urteil 2C_424/2020 vom 18. August 2020 E. 5.4.2).  
Mit Bezug auf den Beschwerdeführer hat die Vorinstanz sodann erwogen, dass er keine Beweise dafür vorgelegt habe, dass sein Aufenthalt in Deutschland nur vorübergehender Natur sein werde und er die Absicht habe, in die Schweiz zurückzukehren, wozu er aber gestützt auf seine Mitwirkungspflicht (Art. 90 AIG) verpflichtet gewesen wäre. Insbesondere bleibe seine behauptete Absicht, in der Heimat eine Aus- und Weiterbildung zu absolvieren, völlig unbelegt. 
 
3.4. Der Beschwerdeführer beanstandet zunächst, dass ihm im vorinstanzlichen Verfahren kein unentgeltlicher Rechtsbeistand zugeordnet worden sei.  
Dem angefochtenen Entscheid lässt sich diesbezüglich entnehmen, dass das Gesuch des Beschwerdeführers um Bezeichnung eines unentgeltlichen Rechtsvertreters nur insofern gutgeheissen wurde, als er für die Sicherstellung der Zustellung amtlicher Post eines Vertreters in der Schweiz bedurft habe (vgl. dort Dispositiv-Ziff. 5). Im Übrigen kam die Vorinstanz in Anwendung des massgeblichen kantonalen Rechts (vgl. § 16 des Verwaltungsrechtspflegegesetzes vom 24. Mai 1959 [VRG/ZH; LS 175.2]) zum Schluss, dass eine unentgeltliche Rechtsvertretung nicht notwendig gewesen sei. 
In seiner Eingabe an das Bundesgericht tut der Beschwerdeführer nicht substanziiert dar (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. auch E. 3.1 hiervor), dass und inwiefern die Vorinstanz das kantonale Verfahrensrecht willkürlich angewendet oder sonstwie verfassungsmässige Rechte verletzt haben soll. Seine Ausführungen, wonach anwaltliche Hilfe "offensichtlich notwendig" gewesen sein soll, genügen den qualifizierten Anforderungen an die Begründung von Verfassungsrügen nicht. 
 
3.5. Des Weiteren zeigt der Beschwerdeführer nicht substanziiert auf, inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung in Bezug auf den vorübergehenden Charakter seines Aufenthalts in Deutschland sowie seine Absicht, in die Schweiz zurückzukehren, willkürlich sein soll (vgl. E. 3.2 hiervor). Vielmehr führt er selbst aus, dass sich die geplante - und soweit ersichtlich nicht weiter belegte - Arbeitsaufnahme an einer Klinik in Deutschland und somit auch der Abschluss seiner Facharztausbildung verzögere. Sodann handelt es sich bei den von ihm ins Recht gelegten Unterlagen, die belegen sollen, dass er in der Schweiz keine Weiterbildungsstelle gefunden habe, um unzulässige Noven, die im vorliegenden bundesgerichtlichen Verfahren unbeachtlich sind (Art. 99 Abs. 1 BGG; vgl. BGE 140 III 16 E. 1.3.1).  
Soweit er ferner der Vorinstanz vorwirft, sie habe sein rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2) verletzt, weil sie ihm nicht ausdrücklich mitgeteilt habe, welche Belege notwendig seien, legt er nicht substanziiert dar (Art. 106 Abs. 2 BGG), inwiefern sich aus diesem verfassungsmässigen Recht ein solcher Anspruch ergeben soll. 
 
3.6. Schliesslich weist der Beschwerdeführer auf seine angeblich tiefe Verbundenheit mit der Schweiz hin und macht in allgemeiner Weise geltend, die Vorinstanz habe "die bundesgerichtliche Rechtsprechung vollkommen übergangen, dass von einer starken Bindung zur Schweiz nach mehr als 10-jähriger Aufenthaltsdauer ausgegangen werden [könne]". Mit diesen Ausführungen beruft er sich wohl insbesondere auf BGE 144 I 266. Er zeigt indessen nicht rechtsgenüglich auf, inwiefern sich aus diesem Entscheid, welcher die Nichtverlängerung einer Aufenthaltsbewilligung zum Gegenstand hatte, unter den konkreten Umständen ein Anspruch auf Gutheissung seines Gesuchs um Aufrechterhaltung seiner Niederlassungsbewilligung gestützt auf Art. 61 Abs. 2 AIG, obwohl er selbst die Schweiz verlassen hat, ergeben soll.  
 
3.7. Soweit der Beschwerdeführer die Höhe der vom Migrationsamt [recte: der Sicherheitsdirektion] erhobenen Staatsgebühr beanstandet, legt er einmal mehr nicht substanziiert dar, inwiefern die Vorinstanz das massgebende kantonale Recht (vgl. § 6 und 7 der Gebührenordnung vom 30. Juni 1966 für die Verwaltungsbehörden [LS 682]) willkürlich angewendet haben soll.  
 
4.  
 
4.1. Im Ergebnis erweist sich die Beschwerde als offensichtlich unbegründet (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Es ist darauf mit Entscheid der Abteilungspräsidentin als Einzelrichterin im vereinfachten Verfahren nach Art. 108 BGG (Abs. 1 lit. b) nicht einzutreten.  
 
4.2. Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung für das bundesgerichtliche Verfahren ist wegen der Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels abzuweisen (Art. 64 Abs. 1 und 2 BGG). Aufgrund der von der Vorinstanz festgestellten Mittellosigkeit des Beschwerdeführers wird auf die Erhebung von Gerichtskosten verzichtet (Art. 66 Abs. 1 Satz 2 BGG). Es sind keine Parteientschädigungen geschuldet (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
Demnach erkennt die Präsidentin:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege und Verbeiständung wird abgewiesen. 
 
3.  
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Verfahrensbeteiligten und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zürich, 4. Abteilung, mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 23. Mai 2023 
 
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: F. Aubry Girardin 
 
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov