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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_571/2023  
 
 
Urteil vom 11. Januar 2024  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, 
Bundesrichterin Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiberin Bögli. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Pensionskasse A.________, 
vertreten durch Dr. Elisabeth Glättli, Rechtsanwältin, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, 
Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdegegnerin, 
 
B.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Soluna Girón. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 25. Juli 2023 (IV 2021/178). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. B.________, geb. 1971, arbeitete zuletzt als Teamleiter/Pfänder. Im Mai 2013 meldete er sich wegen psychischen Beschwerden bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen tätigte daraufhin verschiedene Abklärungen in erwerblicher und medizinischer Hinsicht. Insbesondere wurden, nachdem berufliche Massnahmen gescheitert waren, weitere medizinische Berichte der behandelnden Ärzte eingeholt, wozu der Regionale Ärztliche Dienst (RAD) Stellung nahm. Anschliessend sprach die IV-Stelle B.________ mit Verfügung vom 13. Januar 2016 rückwirkend ab 1. Januar 2014 eine ganze Rente zu.  
Auf die von der Pensionskasse A.________ gegen diese Verfügung erhobene Beschwerde trat das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen mit Entscheid vom 27. April 2018 nicht ein. Die Pensionskasse führte dagegen Beschwerde, welche das Bundesgericht mit Urteil 9C_431/2018 vom 16. November 2018 guthiess, den kantonalen Entscheid aufhob und die Angelegenheiten zu neuer Entscheidung an die Vorinstanz zurückwies. Daraufhin entschied das Versicherungsgericht am 27. Juni 2019, dass die von der Pensionskasse erhobene Beschwerde abgewiesen werde. Die Pensionskasse erhob auch gegen diesen Entscheid Beschwerde, die das Bundesgericht guthiess, den kantonalen Entscheid aufhob und die Angelegenheiten zu weiterer Abklärung und neuer Verfügung an die IV-Stelle zurückwies (Urteil 9C_548/2019 vom 16. Januar 2020). 
 
A.b. Die IV-Stelle liess daraufhin durch Dr. med. C.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie FMH, ein psychiatrisches Gutachten erstellen (Gutachten vom 15. Dezember 2020). Gestützt auf dieses sprach sie B.________ nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens ab 1. Januar 2014 eine ganze Rente zu (Verfügung vom 9. August 2021).  
 
B.  
Die von der Pensionskasse dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht mit Entscheid vom 25. Juli 2023 unter Kosten- und Entschädigungsfolgen ab, nachdem es von Dr. med. C.________ eine Ergänzung zum Gutachten einverlangt hatte, welche er am 4. Mai 2023 einreichte. 
 
C.  
Die Pensionskasse lässt dagegen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des kantonalen Entscheids und der Verfügung der IV-Stelle vom 9. August 2021 sei das Rentenbegehren des Versicherten für die Zeit vom 1. Januar 2014 bis 31. Dezember 2020 abzuweisen. Für die Zeit ab 1. Januar 2021 seien weitere medizinische Abklärungen zu treffen, insbesondere in den Fachrichtungen Innere Medizin, Oto-Rhino-Laryngologie und Psychiatrie. Bei einem allfälligen Unterliegen sei die dem Versicherten zugesprochene Parteientschädigung erheblich zu reduzieren. Zudem sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu gewähren. 
Die IV-Stelle schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Auch der als Mitinteressierter beigeladene B.________ lässt beantragen, die Beschwerde sei abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Das Bundesamt für Sozialversicherungen lässt sich nicht vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Der Antrag der Beschwerdeführerin, dem Rentenbegehren des Versicherten für die Zeit ab 1. Januar 2014 bis Ende Dezember 2020 sei nicht stattzugeben, ist neu und wurde erstmals vor Bundesgericht gestellt. Darauf kann nicht eingetreten werden (Art. 99 Abs. 2 BGG). 
 
2.  
 
2.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG), die Feststellung des Sachverhalts nur, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
 
2.2. Bei den vorinstanzlichen Feststellungen zum Gesundheitszustand und zur Arbeitsfähigkeit der versicherten Person handelt es sich grundsätzlich um Entscheidungen über eine Tatfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2), welche das Bundesgericht seiner Urteilsfindung zugrunde zu legen hat. Die konkrete Beweiswürdigung stellt ebenfalls eine Tatfrage dar. Dagegen ist die Beachtung des Untersuchungsgrundsatzes und der Beweiswürdigungsregeln eine Rechtsfrage (BGE 132 V 393 E. 3.2 und 4; Urteil 9C_728/2018 vom 21. März 2019 E. 2.3 mit Hinweisen), die das Bundesgericht im Rahmen der den Parteien obliegenden Begründungs- bzw. Rügepflicht (Art. 42 Abs. 2 und Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 133 II 249 E. 1.4.1 und 1.4.2) frei überprüfen kann (Art. 106 Abs. 1 BGG).  
 
2.3. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die angefochtene Verfügung erging vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und zum zeitlich massgebenden Sachverhalt (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1 mit Hinweisen) sind die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) sowie des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar (BGE 148 V 174 E. 4.1).  
 
3.  
 
3.1. Strittig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie in Bestätigung der Verfügung der IV-Stelle vom 9. August 2021 einen Anspruch des Versicherten auf eine ganze Rente ab 1. Januar 2014 bejahte.  
 
3.2. Das kantonale Gericht hat die Bestimmungen und Grundsätze zum Rentenanspruch (Art. 28 IVG) und zum Invaliditätsgrad (Art. 16 ATSG) zutreffend dargelegt. Darauf kann verwiesen werden.  
 
4.  
 
4.1. Formelle Rügen können ungeachtet der materiellen Begründetheit des Rechtsmittels zur Gutheissung der Beschwerde und zur Aufhebung des angefochtenen Entscheids führen, weshalb sie vorab zu behandeln sind (Urteil 9C_606/2022 vom 6. Juni 2023 E. 3 mit Hinweisen). Zuerst ist deshalb auf die behauptete Gehörsverletzung einzugehen.  
Die Beschwerdeführerin argumentiert zunächst, die Vorinstanz habe ihr rechtliches Gehör sowie die Pflicht, die gutachterlichen Ausführungen mit Bezug auf die normativen Anforderungen zu prüfen, verletzt. Sie, die Beschwerdeführerin, habe im vorinstanzlichen Verfahren geltend gemacht, die Begutachtung sei nicht ordnungsgemäss in Auftrag gegeben und abgewickelt worden. Zudem entspreche das Gutachten nicht den bundesgerichtlichen Vorgaben und den versicherungspsychiatrischen Qualitätsleitlinien. Das kantonale Gericht habe diesbezüglich lediglich ausgeführt, die Beschwerdeführerin bemängle "als medizinischer Laie" die gutachterlichen Ausführungen, weshalb darauf nicht eingegangen werden müsse. 
 
4.2. Der Anspruch der Parteien auf rechtliches Gehör ergibt sich aus Art. 29 Abs. 2 BV. Daraus fliesst als Teilgehalt die Pflicht der Behörde, die Vorbringen der Beteiligten tatsächlich zu hören, zu prüfen und bei der Entscheidfindung zu berücksichtigen. Ausserdem hat die Behörde ihren Entscheid zu begründen, wobei sie wenigstens kurz die wesentlichen Überlegungen nennen muss, von denen sie sich hat leiten lassen (BGE 142 I 135 E. 2.1; 136 I 229 E. 5.2).  
 
4.3. Die Beschwerdeführerin führte im kantonalen Beschwerdeverfahren unter anderem aus, der Gutachter Dr. med. C.________ sei entgegen Art. 44 ATSG nicht durch die IV-Stelle, sondern durch den Versicherten ausgewählt worden. Zudem sei dem Gutachten nicht zu entnehmen, in welchem Umfang die Mitarbeiterin Dr. phil. D.________ an der Begutachtung beteiligt gewesen sei; diese habe das Gutachten auch nicht mitunterzeichnet. Zu diesen Vorbringen äussert sich die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid nicht. Sie hält lediglich fest, der Gutachter sei fachlich hervorragend qualifiziert und das Gutachten weise eine überdurchschnittliche Qualität auf. Ob das kantonale Gericht die entsprechenden Rügen nicht geprüft oder sie implizit als nicht stichhaltig erachtet hat, ist nicht zu erkennen. Demnach hat es das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin verletzt. Eine Rückweisung an die Vorinstanz ohne materielle Prüfung würde jedoch, wie nachfolgend dargelegt wird, vorliegend zu einem formalistischen Leerlauf und damit zu einer unnötigen Verzögerung des Verfahrens führen, weshalb darauf zu verzichten ist (vgl. BGE 142 II 218 E. 2.8.1 mit Hinweisen).  
 
5.  
 
5.1.  
 
5.1.1. Die Beschwerdeführerin rügt, das Gutachten des Dr. med. C.________ vom 15. Dezember 2020 sei entgegen den gesetzlichen Vorgaben in Auftrag gegeben worden. Der Versicherte habe den Gutachter unaufgefordert empfohlen und die Beschwerdegegnerin habe diesen Vorschlag übernommen. Gemäss Art. 44 ATSG habe jedoch die IV-Stelle einen Gutachter vorzuschlagen und erst bei Einwänden sei ein Einigungsverfahren durchzuführen. Da die Beschwerdegegnerin keine eigenen Vorschläge für einen Gutachter abgegeben, sondern einen der durch den Versicherten empfohlenen Gutachter übernommen habe, habe eine von der Versichertenseite ergebnisorientierte Auswahl der Gutachterstelle vorgelegen.  
 
5.1.2. Die Beschwerdeführerin ersuchte am 12. November 2020 um Akteneinsicht, welche ihr am 23. November 2020 gewährt wurde. Spätestens zu diesem Zeitpunkt musste ihr demnach bekannt gewesen sein, dass Dr. med. C.________ auf Vorschlag des Versicherten hin mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt worden war. Vorbehalte gegen die Person des Gutachters oder das Vorgehen bei der Vergabe des Auftrags erhob sie jedoch aktengemäss erstmalig in der Beschwerde an das Versicherungsgericht vom 14. September 2021. Die bundesgerichtliche Rechtsprechung verlangt gestützt auf den auch für Private geltenden Grundsatz von Treu und Glauben und das Verbot des Rechtsmissbrauchs (Art. 5 Abs. 3 BV), dass verfahrensrechtliche Einwendungen so früh wie möglich, das heisst nach Kenntnisnahme eines Mangels bei erster Gelegenheit, vorzubringen sind. So sind etwa verspätet erhobene Ausstandsgründe nicht zu berücksichtigen respektive verwirkt (BGE 143 V 66 E. 4.3 mit Hinweisen). Da die Beschwerdeführerin ihre Rügen betreffend die Gutachtenvergabe erst rund zehn Monate nachdem sie davon erfahren hatte vorbrachte, sind sie aufgrund der Verspätung nicht mehr zu prüfen.  
 
 
5.1.3. Der Ansicht der Beschwerdeführerin könnte ohnehin nicht gefolgt werden. Die IV-Stelle hat die Vorschläge des Versicherten durch den RAD prüfen lassen, bevor der Auftrag vergeben wurde. Von einer Wahl des Gutachters durch den Versicherten kann vor diesem Hintergrund nicht die Rede sein, da die IV-Stelle die Möglichkeit gehabt hätte, beide Empfehlungen abzulehnen und selbst einen Gutachter zu benennen.  
 
5.1.4. Soweit die Beschwerdeführerin die Qualifikation des Gutachters Dr. med. C.________ in Frage zu stellen scheint, hielt die Vorinstanz in E. 2.3 des angefochtenen Entscheids fest, dass zum Zeitpunkt der Auftragsvergabe eine Zertifizierung des Gutachters durch die Swiss Insurance Medicine (SIM) nicht vorgeschrieben war und Dr. med. C.________ hervorragend qualifiziert sei. Mit dieser nicht offensichtlich unrichtigen Feststellung (vgl. vorne, E. 2.1) setzt sich die Beschwerdeführerin nicht auseinander.  
 
5.2. Die Beschwerdeführerin zweifelt im Weiteren den Beweiswert des Zwischenberichts der Klinik E.________ AG vom 11. Mai 2020an. Die geltend gemachten Rügen werden erstmals vor Bundesgericht vorgebracht, weshalb sich die Vorinstanz im angefochtenen Entscheid auch nicht dazu geäussert hat. Auf diese neuen Vorbringen ist nicht einzutreten (Art. 99 Abs. 1 BGG), zumal nicht dargelegt wird, warum erst der angefochtene Entscheid Anlass zu dieser Rüge gegeben hat und der Vorwurf der Einflussnahme vage und nicht begründet ist. Auch das Verhalten des Versicherten in Bezug auf die medizinischen Abklärungen war nicht Inhalt des angefochtenen Entscheids und kann entsprechend durch das Bundesgericht nicht geprüft werden.  
 
5.3. Zudem führt die Beschwerdeführerin aus, die Vorinstanz habe ihr rechtliches Gehör verletzt, indem sie sich nicht mit der Frage auseinandergesetzt habe, ob es sachgerecht sei, dass dem Versicherten diverse Testfragebogen bereits einen Monat vor der Begutachtung zur Verfügung gestellt worden seien. Allerdings hat sie diese Rüge im kantonalen Beschwerdeverfahren nicht explizit vorgebracht, sondern lediglich festgehalten, die Fragebogen seien dem Versicherten zum Ausfüllen zugestellt worden. Ohne entsprechende Rüge kann die Vorinstanz das rechtliche Gehör der Beschwerdeführerin durch die fehlende Behandlung nicht verletzt haben. Da das Vorbringen der Unzulässigkeit der vorgängigen Zustellung der Fragebogen neu ist, hat sich auch das Bundesgericht nicht damit auseinanderzusetzen (Art. 99 Abs. 1 BGG).  
 
5.4. Soweit die Beschwerdeführerin argumentiert, es sei nicht klar, unter welcher Verantwortlichkeit und an welcher Adresse das Gutachten C.________ erstellt worden sei, kann ihr nicht gefolgt werden. Das Gutachten wurde zweifelsfrei von Dr. med. C.________ erstellt, was die Beschwerdeführerin auch nicht explizit bestreitet. Die Untersuchung des Versicherten fand gemäss Gutachten in der Klinik F.________ statt. Wo das Gutachten verfasst wurde, kann weder nachgeprüft werden, noch ist ersichtlich, inwiefern dies relevant sein sollte. Sowohl die Beschwerdegegnerin als auch die Vorinstanz waren offensichtlich in der Lage, Dr. med. C.________ auf schriftlichem Weg zu erreichen. Auf die Ausführungen der Beschwerdeführerin zur Praxisadresse von Dr. med. C.________ ist entsprechend nicht einzugehen.  
 
5.5. Weiter rügt die Beschwerdeführerin, Dr. med. C.________ habe Dr. phil. D.________ als Mitarbeiterin beim Gutachten einbezogen, ohne dass im Auftrag eine Substituationsbefugnis enthalten gewesen sei. Ob sie die Voraussetzungen für eine Gutachtenserstellung aufweise, wie beispielsweise eine Berufsausübungsbewilligung, sei nicht abgeklärt worden. Zudem seien nach den Qualitätsleitlinien für versicherungspsychiatrische Gutachten wesentliche Teile des Gutachtens und insbesondere die Exploration durch den Facharzt selbst durchzuführen. Auch diese Rügen wurden erstmals in der Beschwerdeschrift an das Versicherungsgericht vorgebracht, nicht bereits vor der IV-Stelle, weshalb wegen verspäteter Geltendmachung nicht darauf einzugehen ist (vgl. vorne E. 5.1.2).  
 
5.6. Die Beschwerdeführerin argumentiert ferner, das Gutachten sei mit 140 Seiten viel zu lang. Dies macht sie jedoch erstmalig vor Bundesgericht geltend, womit nicht weiter darauf einzugehen ist (vgl. vorne E. 5.2). Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass nicht ersichtlich ist, inwiefern der quantitative Umfang des Gutachtens relevant für dessen Qualität ist.  
 
5.7. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Vorinstanz die Rügen der Beschwerdeführerin betreffend die Erstellung des Gutachtens zwar nicht geprüft und damit ihr rechtliches Gehör verletzt hat. Allerdings sind die Rügen entweder nicht begründet oder wurden zu spät vorgebracht, weshalb aus formeller Sicht keine Gründe ersichtlich sind, die das Gutachten von Dr. med. C.________ als unverwertbar erscheinen lassen würden. Entsprechend ist nachfolgend zu prüfen, ob die Vorinstanz zu Recht auch inhaltlich auf dieses abgestützt hat.  
 
6.  
 
6.1. Zur Beurteilung sozialversicherungsrechtlicher Leistungsansprüche bedarf es verlässlicher medizinischer Entscheidungsgrundlagen. Hinsichtlich des Beweiswerts eines Arztberichtes ist entscheidend, ob dieser für die streitigen Belange umfassend ist, auf allseitigen Untersuchungen beruht, auch die geklagten Beschwerden berücksichtigt, in Kenntnis der Vorakten (Anamnese) abgegeben worden ist, in der Beurteilung der medizinischen Zusammenhänge und der medizinischen Situation einleuchtet und ob die Schlussfolgerungen des Experten begründet sind (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3b/bb; Urteil 8C_53/2022 vom 5. Juli 2022 E. 2.3).  
 
6.2. Dr. med. C.________ stellte im Gutachten vom 15. Dezember 2020 insbesondere die Diagnose einer Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (ICD-10: F62.0) /komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS; ICD-11: 6B41). Die Herleitung und Begründung der Diagnose einer PTBS bedarf einer besonderen Achtsamkeit. Dies gilt zunächst für das Belastungskriterium, mithin das auslösende Trauma. Dieses ist nicht in erster Linie und allein von der Gutachterperson bzw. vom Arzt selbst zu klären, aber von diesem zwingend zu referieren. Nebst der für die Bejahung einer PTBS bedeutsamen Schwere des Belastungskriteriums erfordert die Latenzzeit zwischen initialer Belastung und Auftreten der Störung eine eingehende Prüfung. Diese beträgt nach ICD-10 wenige Wochen, bis (sechs) Monate. Besondere Begründung braucht es dabei in jenen Fällen, in denen ganz ausnahmsweise aus bestimmten Gründen ein späterer Beginn berücksichtigt werden soll (BGE 142 V 342 E. 5.2.2). Bei der Folgenabschätzung einer PTBS auf das Leistungsvermögen bzw. die Arbeitsfähigkeit ist ein "konsistenter Nachweis" mittels "sorgfältiger Plausibilitätsprüfung" im Rahmen eines strukturierten Beweisverfahrens unter Verwendung der Standardindikatoren notwendig (BGE 142 V 342 E. 5.2.3).  
 
6.3. Das Bundesgericht hielt im Vorgängerurteil 9C_548/2019 vom 16. Januar 2020 in E. 6.3.2 fest, in Bezug auf die Diagnose einer PTBS sei vorliegend weder das auslösende Trauma geklärt, noch werde begründet, weshalb die vermutete PTBS beim Versicherten erst im Alter von rund 42 Jahren zu einer Einschränkung der Arbeitsfähigkeit geführt habe. Die Beschwerdegegnerin forderte Dr. med. C.________ im Gutachtensauftrag vom 28. April 2020 daraufhin zwar auf, sich zum traumatisierenden Ereignis zu äussern, liess ihn jedoch nicht wissen, dass auch eine Begründung zur vorliegend sehr langen Latenzzeit zwischen dem traumatisierenden Ereignis und dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit verlangt werde. Auch wird im Gutachtensauftrag nicht festgehalten, dass sich der Gutachter zu den Standardindikatoren gemäss BGE 141 V 281 zu äussern habe. Allerdings stand dem Gutachter aktengemäss das Urteil 9C_548/2019 vom 16. Januar 2020 zur Verfügung, welches er auszugsweise im Gutachten zitiert hat. Ihm war demnach bekannt, welche zusätzlichen Informationen verlangt waren.  
 
6.4. Vorab ist darauf hinzuweisen, dass es für die Belange der Invalidenversicherung nicht auf die Diagnose ankommt, sondern einzig darauf, welche Auswirkungen eine Erkrankung auf die Arbeitsfähigkeit hat (BGE 136 V 279 E. 3.2.1; Urteil 9C_524/2020 vom 23. November 2020 E. 5.1), und dass von einer Diagnose denn auch nicht direkt auf die Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit geschlossen werden kann (BGE 145 V 215 E. 6.1; 143 V 409 E. 4.2.1 und 418 E. 6). Sodann liegen die beiden hier diagnostizierten Störungen sehr nahe beieinander, indem sich ihre Symptome nach der ICD-10 überlappen können und die andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung den chronischen Verlauf einer posttraumatischen Belastungsstörung darstellen kann (vgl. dazu Urteil 9C_59/2022 vom 31. März 2022 E. 4.3).  
 
6.5. Die Beschwerdeführerin macht geltend, es bestünden erhebliche Zweifel an der Schwere des Belastungskriteriums und an den Schilderungen des Versicherten während der Begutachtung, weshalb die Diagnose nicht nachvollziehbar sei. Der Gutachter habe zudem die Komorbitäten in Form von Suchtverhalten und Tinnitus nicht ausreichend berücksichtigt. Zudem stütze Dr. med. C.________ seine Diagnose auf die ICD-11, welche zum Zeitpunkt der Gutachtenserstellung noch nicht in Kraft gewesen sei.  
 
6.6. Die Beschwerdeführerin scheint zu verkennen, dass Dr. med. C.________ nicht nur eine Diagnose nach ICD-11, sondern auch nach ICD-10 und DSM-V gestellt hat und die Diagnose an sich, wie dargelegt (E. 6.4), für die Frage der Arbeitsfähigkeit nicht ausschlaggebend ist. Die Erwähnung einer Diagnose nach der im Gutachtenszeitpunkt noch nicht in Kraft getretenen ICD-11 allein führt demnach nicht zur Unverwertbarkeit des Gutachtens.  
 
6.7. Dr. med. C.________ äussert sich im Gutachten explizit zum auslösenden Trauma. Die Standardindikatoren gemäss BGE 141 V 281 E. 4.1.3 prüft er sowohl teilweise im Gutachten vom 15. Dezember 2020 als auch in der Erläuterung vom 4. Mai 2023. Anders sieht es jedoch bei der Frage nach der Latenzzeit zwischen dem Trauma und dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit aus. Während die Diagnose einer Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (ICD-10 F62.0) keine Latenzzeit zwischen Trauma und Symptomauftritt festhält, so wird bei der komplexen PTBS (ICD-11: 6B41) wie bei der PTBS gemäss ICD-10 (F43.1) eine Manifestation innerhalb von maximal sechs Monaten nach dem Ereignis, nur in seltenen Fällen auch später, erwartet, wie der Gutachter selbst ausführt. Wieso vorliegend ein solcher seltener Ausnahmefall gegeben sein soll, legt der Gutachter allerdings nicht dar. Er hält lediglich fest, dass bei gewissen Personen manche Symptome erst nach Jahren auftreten könnten, ohne dies in Bezug zum Versicherten zu setzen. Auch wenn sich vorliegend beim Versicherten gewisse Symptome scheinbar bereits in der Kindheit gezeigt haben, so besteht doch eine grosse zeitliche Diskrepanz zwischen der Traumatisierung in der Kindheit (zusätzliche Traumata im Erwachsenenalter werden weder im Gutachten erwähnt, noch vom Versicherten geltend gemacht) und dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im Alter von 42 Jahren. Diese wird auch im aktuellsten Gutachten von Dr. med. C.________ vom 15. Dezember 2020 nicht überzeugend erklärt. Der Gutachter führt zwar aus, es lasse sich auf eine bereits früher bestehende Symptombelastung schliessen, der Beginn störungsrelevanten Verhaltens werde bereits in der frühen Jugend plausibel berichtet. Im Ergänzungsschreiben vom 4. Mai 2023 hält er fest, dass beim Versicherten seit der Kindheit eine psychische Störung bestehe. Allerdings liegen über diese Zeitperiode keine echtzeitlichen Akten vor; weder die durch den Versicherten geltend gemachten Aggressionsprobleme in der Jugend noch der frühe Alkohol- und Drogenkonsum lassen sich überprüfen, sondern stützen sich einzig auf die Angaben des Versicherten. Offenbar war der Versicherte während 20 Jahren berufstätig, ohne dass sich die PTBS manifestiert hat. Jedenfalls fehlen Hinweise dazu in den Akten. In diesen Punkten ist das Gutachten nicht nachvollziehbar, weshalb die Diagnose einer (komplexen) PTBS - entgegen der Einschätzung der Vorinstanz - nicht als gesichert erachtet werden kann.  
 
6.8. Neben einer Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung/komplexen Posttraumatischen Belastungsstörung hält Dr. med. C.________ als Diagnosen mit Einfluss auf die Arbeitsfähigkeit auch eine persistierende depressive Störung, aktuell mit rezidivierender depressiver Episode, gegenwärtig schwer ohne psychotische Symptome und anamnestisch intermittierend dysthymen Phasen (ICD-10: F33.20 / F34.1), eine Agoraphobie mit Panikstörungen (ICD-10: 40.01) und eine Alkoholabhängigkeit mit episodischem Substanzgebrauch (ICD-10: F10.26) fest. In welchem Ausmass sich diese Diagnosen auf die Arbeitsfähigkeit des Versicherten auswirken, lässt sich dem Gutachten nicht entnehmen. Damit ist es auch in diesem Punkt unvollständig und damit nicht nachvollziehbar.  
 
6.9. Die Beschwerdeführerin argumentiert ferner, es bestünden keine ausreichenden Angaben über bisherige Therapiebemühungen; erst beim Scheitern einer lege artis durchgeführten Therapie könne von einer negativen Prognose ausgegangen werden. Dr. med. C.________ hielt im Gutachten vom 15. Dezember 2020 fest, die Arbeitsfähigkeit könne durch eine angepasste Therapie verbessert respektive wiederhergestellt werden. Er stellte dem Versicherten demnach gerade keine schlechte Prognose. Die Beschwerdegegnerin forderte den Versicherten denn auch am 5. Februar 2021 dazu auf, sich einer Therapie zu unterziehen.  
 
6.10. In Bezug auf den zeitlichen Ablauf hält Dr. med. C.________ im Ergänzungsschreiben vom 4. Mai 2023 in erster Linie fest, der Versicherte habe seit seiner Kindheit Symptome gezeigt und sei seit 2013 fortgesetzt krankgeschrieben. Es lässt sich dem Schreiben jedoch entnehmen, dass der Gutachter anhand der Akten zum Schluss kommt, der Gesundheitszustand des Versicherten habe sich im Jahr 2013 deutlich verschlechtert und sei seit 2014 gleichbleibend. Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist die zeitliche Einschätzung des Gutachters verständlich und schlüssig.  
 
7.  
Zusammenfassend sind die Auswirkungen der im Gutachten geschilderten Leiden auf die Arbeitsfähigkeit des Versicherten auch mit dem Gutachten von Dr. med. C.________ nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit belegt. Indem die Vorinstanz aufgrund nicht ausreichend nachvollziehbaren ärztlichen Berichten einen Gesundheitsschaden als ausgewiesen beurteilt hat, verletzte sie Bundesrecht. 
Die IV-Stelle, an welche die Sache zurückzuweisen ist, hat daher die Angelegenheit mittels einer erneuten Begutachtung des Versicherten abzuklären. Gestützt darauf wird die Verwaltung ein weiteres Mal über den Rentenanspruch zu befinden haben. Soweit die Beschwerdeführerin allerdings eine polydisziplinäre Begutachtung beantragt, ist festzuhalten, dass in den Akten keine aktuellen Hinweise auf invalidisierende körperliche Erkrankungen zu finden sind.  
 
 
8.  
Mit diesem Urteil wird das Gesuch der Beschwerdeführerin um aufschiebende Wirkung gegenstandslos. 
 
9.  
 
9.1. Die Rückweisung der Angelegenheit an die Verwaltung zu neuem Entscheid gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 Satz 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 137 V 210 E. 7.1).  
 
9.2. Die Gerichtskosten sind nach dem Verfahrensausgang der IV-Stelle und dem als Mitinteressierten beigeladenen Versicherten zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung auferlegt (Art. 66 Abs. 5 BGG). Letzterer hat sich im vorliegenden Verfahren wie eine Partei verhalten, indem er das Nichteintreten auf die Beschwerde respektive deren Abweisung beantragt hat und auf diese Weise für seine Rechtsposition eingetreten ist (vgl. BGE 127 V 107 E. 6b; Urteil 9C_552/2020 vom 1. Dezember 2020 E. 5.2). Die obsiegende Beschwerdeführerin hat als mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute Organisation keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
9.3. Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des vorangegangenen Verfahrens an die Vorinstanz zurückgewiesen (Art. 67 und 68 Abs. 5 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen, soweit darauf eingetreten werden kann. Das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 25. Juli 2023 sowie die Verfügung der IV-Stelle des Kantons St. Gallen vom 9. August 2021 werden aufgehoben. Die Sache wird zu Abklärung und neuer Entscheidung im Sinne der Erwägungen an die Beschwerdegegnerin zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdegegnerin und dem Versicherten je zur Hälfte auferlegt. 
 
3.  
Die Sache wird zur Neuverlegung der Kosten des vorangegangenen Verfahrens an das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen zurückgewiesen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, B.________, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen, Abteilung II, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 11. Januar 2024 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Bögli