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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_359/2022  
 
 
Urteil vom 7. Dezember 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterinnen Heine, Viscione, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Abdullah Karakök, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, 
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Wiedererwägung), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 1. April 2022 (VBE.2021.420). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1975 geborene, als Chauffeur tätig gewesene A.________ meldete sich unter Hinweis auf eine Nervenkrankheit am 1. Dezember 2004 zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung an. Nach erwerblichen und medizinischen Abklärungen, worunter ein Gutachten der B.________ AG vom 7. Juli 2006, sprach ihm die IV-Stelle des Kantons Aargau ab 1. September 2005 eine ganze Invalidenrente zu (Verfügung vom 27. Oktober 2006). Anlässlich einer Rentenrevision im Jahr 2018 liess die IV-Stelle A.________ polydisziplinär bei der medaffairs AG, Basel (nachfolgend: medaffairs), begutachten (Expertise vom 11. September 2020). Nach Durchführung des Vorbescheidverfahrens hob die IV-Stelle die Rente mit Verfügung vom 23. August 2021 auf Ende September 2021 auf. 
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 1. April 2022 ab. 
 
C.  
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, unter Aufhebung des Urteils vom 1. April 2022 sei ihm weiterhin eine ganze Rente zuzusprechen. Eventualiter sei ein neues polydisziplinäres Gutachten einzuholen, subeventualiter seien berufliche Massnahmen zu prüfen. Zudem ersucht er um aufschiebende Wirkung der Beschwerde und um unentgeltliche Rechtspflege. 
Die IV-Stelle und das Bundesamt für Sozialversicherungen haben auf eine Stellungnahme verzichtet. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG) und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; zum Ganzen BGE 145 V 57 E. 4). 
 
2.  
Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Verfügung erging vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) sowie des Bundesgesetzes über den Allgemeinen Teil des Sozialversicherungsrechts (ATSG; SR 830.1) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar (BGE 148 V 174 E. 4.1). 
 
3.  
 
3.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die vorinstanzlich bestätigte Rentenaufhebung (mit der substituierten Begründung der Wiedererwägung) vor Bundesrecht stand hält.  
 
3.2. Die Vorinstanz legte die gesetzlichen Bestimmungen und Grundsätze zur Rentenrevision (Art. 17 Abs. 1 ATSG; BGE 141 V 9 E. 2.3 mit Hinweisen) und zur Wiedererwägung formell rechtskräftiger Verfügungen (Art. 53 Abs. 2 und 3 ATSG; BGE 141 V 405 E. 5.2; 138 V 147 E. 2.1) zutreffend dar. Gleiches gilt hinsichtlich der Regeln, die bei der Beurteilung des Beweiswerts eines ärztlichen Berichts oder Gutachtens zu beachten sind (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a). Darauf wird verwiesen.  
 
3.3. Zu betonen ist, dass im Rahmen von Art. 53 Abs. 2 ATSG vor dem Hintergrund der damaligen Rechtslage und Rechtspraxis (BGE 138 V 147 E. 2.1) kein vernünftiger Zweifel an der von Beginn weg vorliegenden Unrichtigkeit der Verfügung bestehen darf. Eine Leistungszusprache ist in der Regel als zweifellos unrichtig anzusehen, wenn sie aufgrund falscher Rechtsregeln erfolgte oder wenn massgebliche Bestimmungen nicht oder unrichtig angewendet wurden. Darunter fällt insbesondere eine auf klarer Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes (BGE 138 V 218 E. 6; 122 V 157 E. 1a) beruhende unvollständige Sachverhaltsabklärung (Urteil 8C_730/2018 vom 1. April 2019 E. 4 mit Hinweis). Soweit ermessensgeprägte Teile der Anspruchsprüfung vor dem Hintergrund der Sach- und Rechtslage einschliesslich der Rechtspraxis im Zeitpunkt der rechtskräftigen Leistungszusprache in vertretbarer Weise beurteilt wurden, scheidet eine zweifellose Unrichtigkeit aus (BGE 141 V 405 E. 5.2). Bei deren Annahme im Bereich der invaliditätsmässigen Leistungsvoraussetzungen ist daher Zurückhaltung geboten (SVR 2011 IV Nr. 71 S. 213, 9C_994/2010 E. 3.2.1). Ansonsten würde die Wiedererwägung zum Instrument einer voraussetzungslosen Neuprüfung des Anspruchs, was sich nicht mit dem Wesen der Rechtsbeständigkeit formell zugesprochener Dauerleistungen verträgt (Urteil 8C_730/2018 vom 1. April 2019 E. 4 mit Hinweis).  
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz mass dem Gutachten der medaffairs vom 11. September 2020 Beweiskraft zu, wonach dem Beschwerdeführer eine leidensadaptierte Tätigkeit (leichte bis mittelschwere Tätigkeit ohne Gefahrenpotential) im Umfang von 70 % zumutbar sei. Sie liess dabei offen, ob sich der psychische Gesundheitszustand verbessert hat, da die Wiedererwägungsvoraussetzungen erfüllt seien. Die ursprüngliche Rentenzusprache sei zweifellos unrichtig erfolgt, indem ihr die blosse Verdachtsdiagnose einer paranoiden Schizophrenie zugrunde liege. Mit Blick auf den zu beachtenden Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit sei eine solche Erkrankung damit aber nicht hinreichend erstellt gewesen. Nachdem die IV-Stelle überdies gehalten gewesen wäre, weitere medizinische Abklärungen vorzunehmen, sei durch die unvollständige Sachverhaltsabklärung der Untersuchungsgrundsatz klar verletzt worden (vgl. dazu Urteil 9C_362/2017 vom 8. August 2017 E. 2.1 mit Hinweisen). Eine eingehende medizinische Prüfung sei nach dem 27. Oktober 2006 nicht mehr erfolgt, ebenso wenig sei ein Einkommensvergleich vorgenommen worden.  
 
4.2. In erwerblicher Hinsicht bestätigte die Vorinstanz das Vorgehen der IV-Stelle insofern, als beim Einkommensvergleich Validen- und Invalideneinkommen anhand der Tabellenlöhne der Lohnstrukturerhebung (LSE) des Bundesamts für Statistik des Jahres 2018 zu bestimmen seien.  
Angepasst an die Nominallohnentwicklung bis zum Jahr 2020 ermittelte die Vorinstanz ein Valideneinkommen von Fr. 67'812.- und ein Invalideneinkommen von Fr. 48'204.-. Der Vergleich dieser Einkommen ergab einen Invaliditätsgrad von 29 %. Nicht Gegenstand der Verfügung und damit auch nicht des vorinstanzlichen Verfahrens sei der Anspruch des Beschwerdeführers auf berufliche Massnahmen. 
 
5.  
 
5.1. Der Beschwerdeführer erachtet die Voraussetzungen für die Wiedererwägung formell rechtskräftiger Verfügungen (Art. 53 Abs. 2 ATSG) als nicht erfüllt. Argumentativ begründet er dies hingegen damit, dass keine erhebliche Änderung des Gesundheitszustands seit dem Jahr 2006 eingetreten sei. Er bezieht sich somit auf die Voraussetzungen von Art. 17 Abs. 1 ATSG, wonach Anlass zur materiellen Rentenrevision jede wesentliche Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen gibt, die geeignet ist, den Invaliditätsgrad und damit den Anspruch zu beeinflussen.  
Hierauf ist demnach nicht weiter einzugehen, nachdem die Vorinstanz ihren Entscheid auf den Rückkommenstitel der Rentenrevision stützte. 
 
5.2.  
 
5.2.1. Ins Leere zielt der nicht näher begründete Einwand, die Feststellung der Vorinstanz treffe nicht zu, wonach sich die ursprüngliche Rentenzusprache auf eine Verdachtsdiagnose gestützt habe.  
 
5.2.2. Wie die Vorinstanz willkürfrei darlegte, wurde im Gutachten der B.________ AG vom 7. Juli 2006 lediglich ein (erheblicher) Verdacht auf eine paranoide Schizophrenie (ICD-10 F20.0; DD: hirnorganische Störung [ohne Beweise]; allenfalls schizoaffektive Störung) diagnostiziert. Es wurde darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer zur Zeit der Beobachtung unter dem Einfluss von überaus hohen Medikamentendosen gestanden sei, wobei unklar bleibe, wer diese verschrieben habe. Nach Reduktion der Medikamentendosen am zweiten Hospitalisationstag habe er deutlich wacher und im Gespräch zugänglicher gewirkt. Es sei davon auszugehen, dass ein Teil des aktuellen Zustandsbildes auf eine Überdosierung verschiedener Medikamente zurückzuführen sei. Viele seiner Ausführungen seien unnachvollziehbar geblieben. Auch bei den durchgeführten Funktionstests wurde lediglich verdachtsweise auf eine Störung der Konzentrations- und Merkfähigkeit und der exekutiven Funktionen geschlossen. Weiter äusserten die Gutachter den Verdacht auf eine Störung der Informationsverarbeitung durch psychotisches Erleben und betonten gleichzeitig, dass auch der Verdacht bestehe, dass für die schlechten Testresultate zusätzlich Persönlichkeitsmerkmale ursächlich seien, wie sein mangelnder Leistungswille und seine ausgeprägte Anspruchshaltung; beim Benton-Test erzielten sogar hirngeschädigte Menschen bessere Testresultate. Darüber hinaus bestehe eine Störung durch multiplen Substanzgebrauch (ICD-10 F19.0). Die Arbeitsunfähigkeit wurde mit der wahrscheinlichen Schizophrenie und dem Medikamentenübergebrauch begründet. Angezeigt sei eine stationäre Therapie mit Verifizierung oder Falsifizierung der gestellten Diagnose nach einer längeren Beobachtung ohne Medikamentenüberdosierung. Die Invalidenrente wurde daraufhin verbunden mit der Aufforderung zugesprochen, im Rahmen der Schadenminderungspflicht zwingend eine stationäre Therapie einzuleiten (vgl. Vorbescheid vom 16. August 2006und Verfügung vom 27. Oktober 2006). Eine solche erfolgte jedoch nicht, weil hierfür "kein Grund" bestanden habe (Schreiben der Klinik C.________ vom 27. Oktober 2006).  
Dr. med. D.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Regionaler Ärztlicher Dienst (RAD) der IV-Stelle, wies in der Folge wiederholt darauf hin, dass die gesundheitliche Situation aufgrund der in den Akten enthaltenen widersprüchlichen Diagnosen und Beurteilungen insgesamt unklar bleibe (Bericht vom 30. Januar 2014). Es ergebe sich kein schlüssiges Gesamtbild der vorliegenden psychischen Störungen und der daraus abzuleitenden Arbeitsunfähigkeit oder sogar Hilflosigkeit des Beschwerdeführers (Bericht vom 16. November 2015). Gleiches hielt der RAD-Arzt Dr. med. E.________, Facharzt für Allgemeinmedizin, in seinem Bericht vom 24. Juli 2019 fest. 
 
5.2.3. Wenn die Vorinstanz mit Blick auf das soeben Dargelegte feststellte, die Leistungszusprache sei auf der Basis einer blossen Verdachtsdiagnose erfolgt, was keine rechtsgenügliche Grundlage bilde, da die paranoide Schizophrenie dadurch nicht mit dem erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt sei (BGE 146 V 51 E. 5.1; Urteil 8C_739/2020 vom 17. Februar 2021 E. 5.2) und somit zwingend weitere Sachverhaltsabklärungen notwendig gewesen wären, ist dies weder willkürlich noch anderweitig bundesrechtswidrig. Angesichts der vorliegenden Wiedererwägungsgründe (Verletzung von Beweiswürdigungsregeln und des Untersuchungsgrundsatzes) ist - nach damaliger Sach- und Rechtslage - erstellt, dass die Verfügung vom 27. Oktober 2006 ohne Zweifel rechtsfehlerhaft zustande gekommen ist. Da auch das Erfordernis der erheblichen Bedeutung erfüllt ist (BGE 140 V 85 E. 4.4), sind daher, anders als der Beschwerdeführer meint, die Voraussetzungen für eine wiedererwägungsweise Prüfung mit Wirkung für die Zukunft ("ex nunc et pro futuro") gegeben.  
 
5.3. Nicht stichhaltig sind des Weiteren die Vorbringen gegen die Beweiskraft des medaffairs-Gutachtens vom 11. September 2020. Soweit der Beschwerdeführer das Alter des Gutachtens bemängelt, dringt er damit nicht durch. Die Renteneinstellungsverfügung vom 23. August 2021 erging zum einen weniger als ein Jahr nach Fertigstellung des Gutachtens. Zum andern schmälert auch der Umstand, dass die neurologische Untersuchung bereits am 29. November 2019 und die psychiatrische am 10. Dezember 2019 stattfanden, den Beweiswert nicht per se (BGE 134 IV 246 E. 4.3; Urteil 8C_449/2017 vom 7. März 2018 E. 3.2.3 mit Hinweis), worauf bereits die Vorinstanz hinwies.  
Zu wiederholen ist, dass es rechtsprechungsgemäss keinen absolut geltenden Grenzwert als formelles Kriterium für die Frage gibt, ab wann ein Gutachten zu lange zurück liegt, um eine zuverlässige Beurteilungsgrundlage darzustellen. Dies ist vielmehr jeweils unter Einbezug der konkreten Umstände zu beurteilen. Massgebend ist dabei, ob Gewähr dafür besteht, dass sich die Ausgangslage seit der Erstellung des Gutachtens nicht gewandelt hat (vgl. Urteile 8C_295/2021 9. August 2021 E. 6.3.1; 8C_143/2019 vom 21. August 2019 E. 4.1; 8C_125/2016 vom 4. November 2016 E. 4.3.4). Der Beschwerdeführer nennt keine gesundheitlichen Aspekte, die auf eine wesentliche Veränderung des Gesundheitszustands im Nachgang zur neurologischen oder psychiatrischen Begutachtung schliessen liessen. 
 
5.4.  
 
5.4.1. Über weite Strecken bemängelt der Beschwerdeführer das Ergebnis der vorinstanzlichen Beweiswürdigung in appellatorischer Weise. Dabei gibt er die eigene Sicht der Dinge wieder, wie die medizinischen Akten, namentlich das Gutachten der medaffairs, zu würdigen und welche rechtlichen Schlüsse daraus zu ziehen seien. Dies genügt nicht, um das angefochtene Urteil im Ergebnis in tatsächlicher Hinsicht als offensichtlich unrichtig oder anderweitig als bundesrechtswidrig erscheinen zu lassen.  
 
5.4.2. Hinsichtlich des allgemein-internistischen Gutachtens wendet er ein, die Expertin habe ihm (als starker Raucher mit schlecht eingestelltem Diabetes und familiärer Prädisposition) wegen seiner generalisierten Arteriosklerose eine schlechte Prognose gestellt und angegeben, es müsse jederzeit mit einem Schlaganfall oder Herzinfarkt gerechnet werden. Sie habe seine geäusserte Angst, die nächsten drei bis vier Jahre nicht mehr zu überleben, als plausibel bezeichnet. Inwiefern sich darin der behauptete Widerspruch zeigt zur Feststellung der Vorinstanz, ein muskuläres Training sei gutachterlicherseits zur Vorbeugung von Rückenschmerzen empfohlen worden und es sei nachvollziehbar, dass ein solches hilfreich sei, ist nicht ersichtlich. Ferner wurden die Rückenschmerzen als zu wenig relevant bezeichnet, um eine Auswirkung auf die Arbeit als Chauffeur oder bei mittelschweren Belastungen erklären zu können. Sie wurden zudem als belastungsabhängig beschrieben, die keine ständige Schmerzmedikamenteneinnahme und/oder interventionell-schmerzmedizinische Behandlung erforderten. Die Ressourcenlage am Bewegungsapparat wurde aus gutachterlicher Sicht als gut bezeichnet mit nur beginnenden degenerativen Veränderungen, weshalb die Aussage, durch muskuläres Training könne Rückenschmerzen vorgebeugt werden, keine Inkonsistenzen begründet und die vorinstanzlichen Ausführungen hierzu nicht willkürlich sind.  
 
5.4.3. Der Beschwerdeführer kritisiert weiter die Beweiswürdigung der Vorinstanz in Bezug auf das rheumatologische Teilgutachten, ohne jedoch darzutun, inwiefern diese den rechtserheblichen Sachverhalt offensichtlich unrichtig oder anderweitig unter Verletzung von Bundesrecht festgestellt haben soll. Zum Vorwurf, die rheumatologische Gutachterin habe nicht dargelegt, weshalb der Beschwerdeführer trotz der Durchblutungsstörungen am linken Bein mit einer maximal möglichen Gehstrecke von 200 Metern vollständig arbeitsfähig sei, stellte die Vorinstanz willkürfrei fest, dass die Durchblutungsstörungen durch die internistische Gutachterin gewürdigt worden seien. Die Rheumatologin gelangte ihrerseits zum Schluss, dass sich am Bewegungsapparat nur beginnende degenerative Veränderungen objektivieren liessen, weshalb sie die Arbeitsfähigkeit nicht als eingeschränkt erachtete. Die behauptete Limitierung der Gehstrecke auf 200 Meter wurde gutachterlich nicht objektiviert. Vielmehr strich die internistische Gutachterin die Wichtigkeit einer körperlichen Aktivität (nebst weiteren Massnahmen) zur Minimierung des Risikos für weitere Schlaganfälle oder weitere relevante Gefässverengungen heraus. Im Rahmen der interdisziplinären Gesamtbeurteilung wurde betont, dass eine starke Krankheitsidentifikation und -überzeugung vorliege, die die eigentlich notwendige körperliche Betätigung beeinträchtige. Der Beschwerdeführer habe zudem angegeben, dass noch eine relevante Claudicatio vorliege, weshalb aus Patientensicht die körperliche Steigerung durch Training nicht möglich sei.  
Wenn die Gutachter in ihrer gesamthaften Würdigung von einer somatischerseits nicht eingeschränkten Arbeitsfähigkeit in einer leidensangepassten, leichten bis mittelschweren Tätigkeit ohne Gefahrenpotential ausgingen, durfte die Vorinstanz in beweisrechtlicher Hinsicht darauf abstellen. Ihre Feststellung, das umschriebene Anforderungsprofil umfasse offensichtlich auch wechselbelastende Tätigkeiten, ist nach dem soeben Dargelegten nicht willkürlich und besitzt überdies keinen Einfluss auf die Invaliditätsbemessung. 
 
5.5. Der Beschwerdeführer moniert weiter, die mit dem Einwand vom 4. März 2021 eingereichten medizinischen Unterlagen seien der Gutachterstelle nicht vorgelegt und in somatischer Hinsicht einzig durch die als Psychiaterin hierzu fachlich nicht qualifizierte RAD-Ärztin Dr. med. F.________ beurteilt worden.  
Diese Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung und an der Fachkompetenz der RAD-Ärztin entbehrt einer stichhaltigen Begründung. Es ist nicht ersichtlich, weshalb Dr. med. F.________, die nicht nur Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie ist, sondern - was Vorinstanz und Beschwerdeführer ausserdem übersehen haben - auch eine Weiterbildung als praktische Ärztin besitzt, nicht imstande sein sollte, zur Arbeitsfähigkeit und zum funktionellen Leistungsvermögen Stellung zu nehmen, desgleichen zur Frage, ob die neu eingereichten medizinischen Berichte das Gutachten zu entkräften vermögen. Eines spezifischen Facharzttitels bedurfte sie deshalb vorliegend nicht, um den bestehenden medizinischen Sachverhalt zu würdigen (zur Aufgabe des RAD vgl. Art. 59 Abs. 2 und 2 bis IVG; Art. 49 IVV; BGE 135 V 254 E. 3.3.2; Urteil 9C_904/2009 vom 7. Juni 2010 E. 2.2, in: SVR 2011 IV Nr. 2 S. 7). Wie die Vorinstanz zutreffend feststellte, benennen diese Berichte keinerlei Aspekte, die bei der Begutachtung unerkannt oder unberücksichtigt geblieben wären.  
 
5.6. Zusammenfassend ergibt sich, dass die Vorinstanz dem polydisziplinären Gutachten der medaffairs vom 11. September 2020 Beweiskraft beimessen durfte, ohne Bundesrecht zu verletzen. Der Verzicht auf weitere Abklärungen erfolgte in zulässiger antizipierter Beweiswürdigung (BGE 136 I 229 E. 5.3 mit Hinweisen). Den vorinstanzlichen Einkommensvergleich, der einen rentenausschliessenden Invaliditätsgrad von 29 % ergab, bemängelt der Beschwerdeführer nicht substanziiert. Er führt nicht näher aus, weshalb er einen leidensbedingten Abzug von 25 % als gerechtfertigt erachtet, zumal er sich hierzu, da er weitere medizinische Abklärungen als notwendig ansah, nicht abschliessend äusserte. Weiterungen erübrigen sich daher zu diesem Punkt (vgl. vorstehende E. 1).  
 
 
5.7.  
 
5.7.1. Soweit der Beschwerdeführer die Rückweisung auch zur Prüfung beruflicher Massnahmen beantragt, ist mit der Vorinstanz festzuhalten, dass der Anspruch auf berufliche Massnahmen nicht Gegenstand der Verfügung vom 23. August 2021 bildete, weshalb sie in diesem Punkt nicht auf die Beschwerde eintrat. Eine Bundesrechtsverletzung ist diesbezüglich nicht auszumachen.  
 
5.7.2. Eingliederungsmassnahmen gehören aber als Teilaspekt des Rentenanspruchs selbst zum Streitgegenstand, und zwar in dem Sinne, als bei der revisions- bzw. wiedererwägungsweisen Aufhebung der Invalidenrente zu prüfen war, ob dem Beschwerdeführer unter den gegebenen Umständen die Selbsteingliederung zugemutet werden durfte (vgl. Urteile 8C_826/2018 vom 14. August 2019 E. 2.2; 9C_543/2017 vom 7. November 2017 E. 3.2.1; 8C_494/2018 vom 6. Juni 2019 E. 2.2, nicht publ. in: BGE 145 V 209, aber in: SVR 2019 IV Nr. 73 S. 233). Dies hat die Vorinstanz unterlassen, indem sie die Rügen als nicht zum Anfechtungs- und Streitgegenstand gehörend nicht behandelt hat. Eine Gehörsverletzung liegt indessen nicht vor.  
 
5.7.3. Die Vorinstanz traf keine Feststellungen zur Frage des Anspruchs auf Eingliederungsmassnahmen. Der Sachverhalt ist insoweit unvollständig, kann aber vom Bundesgericht ergänzt werden, da die Akten diesbezüglich liquid sind (BGE 143 V 177 E. 4.3; 140 V 22 E. 5.4.5), weshalb sich eine Rückweisung hierzu erübrigt.  
 
5.7.4. Aus den Unterlagen ist zu entnehmen, dass die Beschwerdegegnerin mit Mitteilung vom 9. Oktober 2020 an den Kindes- und Erwachsenenschutzdienst des Bezirks U.________, da zur Einkommens- und Vermögenssorge eine Beistandschaft besteht, die Überprüfung des Eingliederungsbedarfs an die Hand nahm. Am 14. Dezember 2020 führte die Beschwerdegegnerin mit dem Beschwerdeführer ein Assessment-Gespräch, wie er selbst einräumt. Er fühlte sich nicht in der Lage, an Eingliederungsmassnahmen (in Form eines angebotenen halbjährigen Arbeitstrainings) teilzunehmen, wie sich aus dem Abschlussbericht Integration vom 14. Dezember 2020 ergibt. Daraufhin wurde das Mahn- und Bedenkzeitverfahren eingeleitet und schriftlich am 17. Dezember 2020, wiederum zuhanden des Kindes- und Erwachsenenschutzdienstes, auf die Folgen der Verletzung der Mitwirkungspflicht hinsichtlich der geplanten Massnahme hingewiesen, dies mit der gleichzeitigen Aufforderung an den Beschwerdeführer, sich mit dem Eingliederungsberater in Verbindung zu setzen. Anschliessend erging der Vorbescheid vom 5. Februar 2021 zur geplanten Rentenaufhebung, wogegen die Beiständin des Beschwerdeführers am 4. März 2021 Einwände erhob und u.a. auf die vollständige Erwerbsunfähigkeit gemäss den behandelnden Ärzten verwies. Damit ist davon auszugehen, dass es dem Beschwerdeführer am subjektiven Eingliederungswillen fehlt. In dieser Situation war die vorgängige Durchführung von (grundsätzlich angezeigten) Eingliederungsmassnahmen keine Voraussetzung für die Rentenaufhebung.  
 
5.7.5. Die vorinstanzliche Verneinung eines Rentenanspruchs ab Ende des folgenden Monats nach der Zustellung der Verfügung vom 23. August 2021 hält somit vor Bundesrecht stand. Die Beschwerde ist unbegründet.  
 
6.  
 
6.1. Mit diesem Entscheid in der Sache wird das Gesuch um aufschiebende Wirkung gegenstandslos.  
 
6.2. Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten dem unterliegenden Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). Die unentgeltliche Rechtspflege kann ihm gewährt werden (Art. 64 BGG). Er hat der Bundesgerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn er später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Dem Beschwerdeführer wird die unentgeltliche Rechtspflege gewährt und Rechtsanwalt Abdullah Karakök wird als unentgeltlicher Anwalt bestellt. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt, indes vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen. 
 
4.  
Dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 2800.- ausgerichtet. 
 
5.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und der Columna Sammelstiftung Client Invest schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 7. Dezember 2022 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla