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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_641/2023  
 
 
Urteil vom 17. Oktober 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Hurni, 
Gerichtsschreiberin Lustenberger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dominic Nellen, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
1. Staatsanwaltschaft des Kantons Graubünden, Rohanstrasse 5, 7001 Chur, 
2. B.________, 
Kinder- und Jugendpsychiatrie U.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin Schmid, 
3. C.________, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Nichtanhandnahme, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Kantonsgerichts von Graubünden, II. Strafkammer, vom 24. Juli 2023 (SK2 22 29). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
A.________ ist Mutter eines im Dezember 2013 geborenen Sohnes. Im Rahmen eines Kindesschutzverfahrens beauftragte die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde V.________ (KESB) mit Verfügung vom 9. Februar 2018 B.________ als leitenden Psychologen im Fachbereich Forensik der Kinder- und Jugendpsychiatrie U.________ (KJP), über A.________ und den Kindsvater ein Erziehungsfähigkeitsgutachten zu erstellen. Der Gutachter wurde berechtigt, fachlich geschulte Hilfspersonen aus dem Fachbereich Forensik der KJP beizuziehen. Am 22. Mai 2018 erstatteten B.________ und die Psychologin C.________ das entsprechende Gutachten. 
 
B.  
 
B.a. Am 23. Juni 2022 reichte A.________ Strafanzeige gegen B.________ und C.________ wegen Abgabe eines falschen Gutachtens im Sinne von Art. 307 Abs. 1 StGB ein und konstituierte sich als Straf- und Zivilklägerin.  
Die Staatsanwaltschaft Graubünden verfügte am 20. Juli 2022 die Nichtanhandnahme der Strafuntersuchung. 
 
B.b. Mit Beschluss vom 24. Juli 2023 wies das Kantonsgericht von Graubünden eine von A.________ gegen die Nichtanhandnahmeverfügung erhobene Beschwerde ab.  
 
C.  
A.________ wendet sich mit Beschwerde in Strafsachen ans Bundesgericht mit dem Antrag, der Beschwerdeentscheid sei aufzuheben und die Staatsanwaltschaft Graubünden sei anzuweisen, eine Untersuchung gegen B.________ und C.________ wegen falschen Gutachtens an die Hand zu nehmen resp. zu eröffnen. Dabei sei die Staatsanwaltschaft auch anzuweisen, folgende Beweismassnahmen durchzuführen bzw. in Auftrag zu geben: Einvernahme mit B.________, C.________ und Dr. med. D.________, Erstellung eines Gutachtens bezüglich die Gutachtensausführung resp. eines Obergutachtens sowie Edition sämtlicher die Gutachtenserstellung betreffenden Akten bei der KESB W.________ und bei B.________. 
Es wurden die kantonalen Akten, nicht aber Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Gemäss Art. 81 Abs. 1 BGG ist zur Erhebung einer Beschwerde in Strafsachen berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und (kumulativ) ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Legitimiert ist nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG insbesondere die Privatklägerschaft, mithin die geschädigte Person, die ausdrücklich erklärt, sich am Strafverfahren als Straf- oder Zivilklägerin zu beteiligen (Art. 118 Abs. 1 StPO). Geschädigt ist, wer durch die Straftat in seinen Rechten unmittelbar verletzt ist (Art. 115 Abs. 1 StPO).  
Die Privatklägerschaft ist zur Beschwerde in Strafsachen indes nur berechtigt, wenn sich der angefochtene Entscheid auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Zivilforderungen im Sinne dieser Bestimmung sind unmittelbar aus der Straftat resultierende und vor den Zivilgerichten geltend zu machende Ansprüche, in erster Line solche auf Schadenersatz und Genugtuung nach Art. 41 ff. OR (BGE 146 IV 76 E. 3.1; 141 IV 1 E. 1.1). Öffentlich-rechtliche Ansprüche, auch solche aus Staatshaftungsrecht, sind keine Zivilansprüche, die adhäsionsweise im Strafprozess geltend gemacht werden können. Die Einstellung des Strafverfahrens bzw. die Nichtanhandnahme einer Untersuchung kann sich diesfalls nicht auf Zivilansprüche auswirken (BGE 146 IV 76 E. 3.1; 125 IV 161 E. 2b). Gemäss Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 6 BGG ist zur Beschwerde ferner die Person berechtigt, die den Strafantrag stellt, soweit es um das Strafantragsrecht als solches geht. 
 
1.2. Der Gutachtensauftrag einer kantonalen Behörde ist kein privatrechtlicher Auftrag, sondern ein Rechtsverhältnis des kantonalen öffentlichen Rechts (BGE 134 I 159 E. 3; Urteil 6B_709/2018 vom 24. Juli 2018 E. 2.1; je mit Hinweisen). Demgemäss stellt die Tätigkeit als Gutachter oder Gutachterin im Dienst des Staates eine hoheitliche Aufgabe dar (Urteile 2C_763/2013 vom 28. März 2014 E. 4.3.1; 2C_121/2011 vom 9. August 2011 E. 3.3.2). Allfällige Haftungsansprüche gegen den Gutachter oder die Gutachterin richten sich nach den kantonalen oder bundesrechtlichen Bestimmungen zur Staatshaftung. Ein persönlicher Anspruch der geschädigten Person gegen die Experten ist in der Regel ausgeschlossen. Die Geschädigte, der ausschliesslich öffentlich-rechtliche Ansprüche aus Haftungsrecht gegen den Staat zustehen, und die keine Zivilforderung gegen die angeblich fehlbaren Personen geltend machen kann, ist nicht beschwerdelegitimiert nach Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG (vgl. zum Ganzen: Urteile 6B_597/2018 vom 24. September 2018 E. 2.3; 6B_1168/2014 vom 13. Februar 2015 E. 1.2; 6B_798/2015 vom 22. Juli 2016 E. 2.4; je mit Hinweisen).  
 
1.3. Vorliegend leitet die Beschwerdeführerin ihre Ansprüche aus einem angeblich fehlerhaften Gutachten von behördlich eingesetzten Sachverständigen ab. Diese Ansprüche wären entgegen der in der Beschwerdeschrift vertretenen Auffassung öffentlich-rechtlicher Natur, womit die Beschwerdelegitimation nicht gegeben ist.  
Soweit die Beschwerdeführerin betreffend den vorinstanzlichen Verzicht auf die Einholung eines Gutachtens über die streitige Gutachtenserstellung sowie auf die Durchführung weiterer Befragungen bzw. entsprechender Anweisungen an die Staatsanwaltschaft Gehörsrügen vorbringt, sind diese unzulässig: Es geht dabei nicht um die Berechtigung im Sinne der sog. "Star-Praxis", am Verfahren teilzunehmen (BGE 146 IV 76 E. 2; 141 IV 1 E. 1.1; 138 IV 78 E. 1.3; je mit Hinweisen), sondern im Ergebnis ebenfalls um eine materielle Überprüfung des angefochtenen Entscheids. 
 
2.  
Die Beschwerde erweist sich insgesamt als unzulässig. 
Die Gerichtskosten sind der Beschwerdeführerin aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'200.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht von Graubünden, II. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 17. Oktober 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Lustenberger