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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_530/2022  
 
 
Urteil vom 10. Mai 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Stadelmann, Beusch, 
Gerichtsschreiberin Dormann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Urs Hochstrasser, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Aargau, 
Bahnhofplatz 3C, 5000 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 4. Oktober 2022 (VBE.2022.60). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die IV-Stelle des Kantons Aargau sprach der 1964 geborenen A.________ mit Verfügung vom 20. Februar 2015 eine ganze Invalidenrente ab dem 1. Januar 2014 zu. Im November 2015 leitete sie ein Revisionsverfahren (samt Observation) ein. Eine am 8. Mai 2018 verfügte Rentenaufhebung mündete in das Rückweisungsurteil des Versicherungsgerichts des Kantons Aargau vom 4. März 2019. Nach weiteren Abklärungen und Durchführung des Vorbescheidverfahrens hob die IV-Stelle die Rente mit Verfügung vom 11. Januar 2022 wiederum rückwirkend auf den 30. November 2015 auf. 
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Versicherungsgericht des Kantons Aargau mit Urteil vom 4. Oktober 2022 ab. 
 
C.  
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, es sei ihr "fortführend", d.h. über den 30. November 2015 hinaus, eine ganze Invalidenrente zuzusprechen. Ausserdem ersucht sie um Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels und einer öffentlichen Verhandlung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Eine Notwendigkeit für die Durchführung eines Schriftenwechsels (vgl. Art. 102 Abs. 1 und 3 BGG; vgl. auch JOHANNA DORMANN, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 5 zu Art. 102 BGG) und einer mündlichen Parteiverhandlung (vgl. Art. 57 BGG; vgl. auch HEIMGARTNER/WIPRÄCHTIGER, in: Basler Kommentar, Bundesgerichtsgesetz, 3. Aufl. 2018, N. 10-13 zu Art. 57 BGG) wird nicht dargelegt und liegt auch nicht vor. Damit besteht - nach Ablauf der Beschwerdefrist (vgl. Art. 100 Abs. 1 i.V.m. Art. 44 ff. und Art. 42 Abs. 1 f. BGG) - keine "Möglichkeit, sich in dieser langwierigen Angelegenheit nochmals (materiell) zu äussern".  
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 135 II 384 E. 2.2.1). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Die Vorinstanz hat dem psychiatrischen Gutachten der Dr. med. B.________ vom 3. November 2017, dem bidisziplinären (psychiatrisch/neurologischen) Gutachten der Dres. med. B.________ und C.________ vom 24. September 2019 sowie dem bidisziplinären (ebenfalls psychiatrisch/neurologischen) Gutachten der SMAB AG St. Gallen vom 18. August 2021 (samt Stellungnahme vom 10. Dezember 2021) Beweiskraft beigemessen. Dementsprechend hat sie (implizit) eine erhebliche gesundheitliche Verbesserung im Vergleich zum Zustand bei der Rentenzusprache (d.h. gemäss den Berichten der Klinik D.________ vom 14. April 2014 und des Dr. med. E.________ vom 13. Juni 2014) und - ausser zu Zeiten stationärer Behandlung - eine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit in der bisherigen und jeder anderen angepassten Tätigkeit seit dem 23. November 2015 (Beginn der Observation) festgestellt. Weiter hat das kantonale Gericht der Versicherten bezüglich des verbesserten Gesundheitszustandes eine schuldhaft begangene Meldepflichtverletzung vorgeworfen. Folglich hat es insbesondere gestützt auf Art. 17 Abs. 1 ATSG (in der bis Ende 2021 geltenden und hier anwendbaren Fassung) und Art. 88bis Abs. 2 lit. b IVV (SR 831.201) die rückwirkende Rentenaufhebung bestätigt.  
 
2.2. Die Beschwerdeführerin wendet sich im Wesentlichen gegen das SMAB-Gutachten und die vorinstanzliche Beweiswürdigung. Sie rügt erstmals vor Bundesgericht eine Befangenheit der Dres. med. F.________ und G.________, insbesondere weil sie nicht nur für die SMAB AG St. Gallen, sondern auch für die SMAB AG Bern tätig seien. Weshalb diese Rügen nicht bereits im vorinstanzlichen Verfahren hätten vorgebracht werden können, wird nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Sie sind verspätet und daher unzulässig (vgl. Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 143 V 19 E. 1.2; 143 V 66 E. 4.3). Was die materielle Kritik anbelangt, so berücksichtigte der SMAB-Psychiater u.a. die vom 9. April bis zum 10. Juni 2020 in der Klinik H.________ erfolgte stationäre Behandlung der Versicherten und die (geringe) Ausprägung ihrer Benzodiazepin-Abhängigkeit. Zudem legte er nachvollziehbar dar, inwiefern und weshalb er die Einschätzungen der behandelnden Ärzte nicht teilte. Sodann ist im Zusammenhang mit unterschiedlichen ärztlichen Einschätzungen sowohl dem Ermessensspielraum des Experten (vgl. BGE 137 V 210 E. 3.4.2.3; Urteil 9C_397/2015 vom 6. August 2015 E. 5.3; vgl. auch BGE 125 V 351 E. 3b/bb) als auch dem Unterschied zwischen Behandlungs- und Begutachtungsauftrag (vgl. BGE 125 V 351 E. 3b/cc; Urteil 9C_561/2018 vom 8. Februar 2019 E. 5.3.2.2) Rechnung zu tragen. Ohnehin beschränkt sich die Beschwerdeführerin auf weiten Strecken darauf, appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Beweiswürdigung zu üben, was nicht genügt (BGE 145 I 26 E. 1.3; Urteil 9C_517/2019 vom 4. November 2019 E. 3.5).  
Nach dem Gesagten genügt das SMAB-Gutachten den Anforderungen an die Beweiskraft (vgl. BGE 125 V 351 E. 3a). Die vorinstanzliche Beweiswürdigung und die Sachverhaltsfeststellungen betreffend die Arbeitsfähigkeit sind nicht offensichtlich unrichtig. Sie beruhen auch nicht auf einer Rechtsverletzung und bleiben daher für das Bundesgericht verbindlich (vgl. vorangehende E. 1.2). 
 
2.3. Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG mit summarischer Begründung und unter Hinweis auf den kantonalen Gerichtsentscheid erledigt wird.  
 
3.  
Dem Ausgang des Verfahrens entsprechend hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Gesuche um Durchführung eines zweiten Schriftenwechsels und einer öffentlichen Verhandlung werden abgewiesen. 
 
2.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
3.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons Aargau, dem Bundesamt für Sozialversicherungen und der Pensionskasse I.________ schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 10. Mai 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dormann