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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_457/2022, 8C_492/2022  
 
 
Urteil vom 7. Februar 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Abrecht, 
Gerichtsschreiberin Polla. 
 
Verfahrensbeteiligte 
8C_457/2022 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, vertreten durch Fürsprecher Daniel Küng, 
Beschwerdegegner, 
 
und 
 
8C_492/2022 
A.________, vertreten durch Fürsprecher Daniel Küng, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons St. Gallen, Brauerstrasse 54, 9016 St. Gallen, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente, Wiedererwägung), 
 
Beschwerden gegen den Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 16. Juni 2022 (IV 2019/71). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Der 1980 geborene A.________, gelernter Polygraph mit Weiterbildung zum typografischen Gestalter, meldete sich im März 2011 zum Leistungsbezug bei der Invalidenversicherung an. Nach Einsicht in die Akten der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (Suva) hielt der Arbeits- und Versicherungsmediziner Dr. med. B.________, Regionaler Ärztlicher Dienst (RAD) der Invalidenversicherung, am 11. Mai 2011 fest, der an einem Substanzabusus leidende A.________ habe als "Geisterfahrer" bei einem Autounfall im Oktober 2010 eine Tibiafraktur erlitten. Die Psychiatrische Klinik C.________ berichtete am 23. August 2011, A.________ sei zum vierten Mal in stationärer Behandlung. Er leide an einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit emotional instabilen und impulsiven Anteilen, an Störungen durch Alkohol bei schädlichem Gebrauch, an Störungen durch einen multiplen Substanzgebrauch bei einer aktuellen Abstinenz (in beschützender Umgebung) sowie an Störungen durch Hypnotika bei einem Abhängigkeitssyndrom und einem ständigen Gebrauch. Im Januar 2012 unterzeichnete A.________ einen Arbeitsvertrag als Polygraph. Die IV-Stelle des Kantons St. Gallen informierte ihn mit Vorbescheid vom 5. Dezember 2012, er habe Anspruch auf eine vom 1. Oktober 2011 bis 30. April 2012 befristete Invalidenrente.  
 
A.b. Im Januar 2013 ersuchte A.________ erneut um Leistungen der Invalidenversicherung. Er gab im Februar 2013 an, seine Arbeitsstelle bereits wieder verloren zu haben und sich in stationärer Behandlung zu befinden. Gemäss Bericht der Klinik D.________ vom 11. Februar 2013 leide er an einer paranoiden Schizophrenie sowie an psychischen Störungen und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide bei einem Abhängigkeitssyndrom. Am 18. Dezember 2013 teilte das Massnahmenzentrum E.________ der IV-Stelle mit, A.________ sei für unbestimmte Zeit (im Rahmen eines zugunsten einer stationären Massnahme aufgeschobenen Strafvollzugs nach Art. 59 StGB) in den Massnahmenvollzug eingetreten. Nach Durchführung eines neuen Vorbescheidverfahrens sprach die IV-Stelle A.________ mit unangefochtener Verfügung vom 18. Juni 2014 eine vom 1. Oktober 2011 bis 30. April 2012 befristete, ganze Rente zu.  
 
A.c. Am 17. Januar 2017 meldete sich A.________ wiederum zum Bezug von Leistungen bei der Invalidenversicherung an. Am 3. April 2017 wurde ihm ein Arbeitsversuch in einem geschützten Rahmen als Teilschritt zur Lockerung des Massnahmenvollzugs gewährt. Im April 2018 berichtete Dr. med. F.________, Psychiatrie G.________, stellvertretende Chefärztin Forensik, A.________ sei seit dem Jahr 2010 vollständig arbeitsunfähig und werde dies wohl auch dauerhaft bleiben. Diese Einschätzung bestätigte der RAD-Psychiater med. pract. H.________ am 15. Mai 2018. Wie am 25. Mai 2018 vorbeschieden, hob die IV-Stelle die Verfügung vom 18. Juni 2014 wiedererwägungsweise auf und sprach A.________ ab 1. April 2018 eine ganze Rente bei einem Invaliditätsgrad von 75 % zu (Verfügung vom 28. Februar 2019).  
 
B.  
Mit Entscheid vom 16. Juni 2022 hob das Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen die Verfügung vom 28. Februar 2019 auf und sprach A.________ mit Wirkung ab 1. Oktober 2011 eine ganze Rente der Invalidenversicherung zu. Sie sistierte diese aber zufolge des Massnahmenvollzugs gestützt auf Art 21 Abs. 5 ATSG für die Zeit ab 1. Oktober 2013 (Dispositiv-Ziffer 1). 
 
C.  
 
C.a. Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die IV-Stelle (nachfolgend: Beschwerdeführerin), es sei der Entscheid des Versicherungsgerichts vom 16. Juni 2022 aufzuheben und die Verfügung vom 28. Februar 2019 zu bestätigen. Der Beschwerde sei zudem die aufschiebende Wirkung zu erteilen (Verfahren 8C_457/2022).  
Die Vorinstanz und A.________ lassen sich vernehmen, ohne förmlich einen Antrag zu stellen. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
C.b. A.________ (nachfolgend: Versicherter) führt ebenfalls Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten und beantragt, es sei Dispositiv-Ziffer 1 des angefochtenen Entscheids aufzuheben und ihm ab Dezember 2015 eine ganze Invalidenrente zuzusprechen (Verfahren 8C_492/2022). Zudem ersucht er um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Gutheissung des Gesuchs der Beschwerdeführerin um Erteilung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde im Verfahren 8C_457/2022.  
Ein Schriftenwechsel wurde im Verfahren 8C_492/2022 nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Da den beiden Beschwerden der gleiche Sachverhalt zugrunde liegt und die Rechtsmittel sich gegen den nämlichen Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 16. Juni 2022 richten, rechtfertigt es sich, die beiden Verfahren 8C_457/2022 und 8C_492/2022 zu vereinigen und in einem Urteil zu erledigen (Art. 24 BZP [SR 273] i.V.m. Art. 71 BGG). 
 
2.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 141 V 234 E. 1). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
 
3.  
 
3.1. Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie dem Versicherten mit Wirkung ab 1. Oktober 2011 eine ganze Rente der Invalidenversicherung zusprach und diese gestützt auf Art 21 Abs. 5 ATSG für die Zeit ab 1. Oktober 2013 sistierte.  
 
3.2. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Verfügung erging vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar (BGE 148 V 174 E. 4.1).  
 
3.3. Die Vorinstanz legte die massgebliche gesetzliche Bestimmung und die Rechtsprechung zur Sistierung der Leistungsausrichtung bei Straf- oder Massnahmevollzug zutreffend dar (Art. 21 Abs. 5 ATSG; BGE 137 V 154 E. 3.3; 133 V 1 E. 4.2.4.1). Gleiches gilt für die zeitliche Wirkung der Korrektur von Verfügungen im Sinne von Art. 88 bis Abs. 1 lit. c IVV (vgl. nachstehende E. 5.2). Darauf wird verwiesen.  
 
4.  
 
4.1. Die Vorinstanz erwog, die Beschwerdeführerin sei ursprünglich davon ausgegangen, dass der Stellenantritt des Versicherten im erlernten Beruf im Januar 2012 seine uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit belege. Dabei habe sie übersehen, dass der RAD-Arzt Dr. med. B.________ bereits am 11. Mai 2011 die zuvor erfolgten häufigen Arbeitsplatzwechsel als Symptom der damals noch nicht hinreichend geklärten gesundheitlichen Problematik beurteilt habe. Vor diesem Hintergrund sei dem Stellenantritt keine hinreichende Aussagekraft zur Arbeitsfähigkeit beizumessen gewesen. Tatsächlich habe der Versicherte jene Arbeitsstelle (wiederum) nur für kurze Zeit halten können und sei bald darauf wieder stationär psychiatrisch behandelt worden. Nachdem der Versicherte im September 2013 den Strafvollzug angetreten habe, seien keine weiteren Sachverhaltsabklärungen durch die Beschwerdeführerin mehr erfolgt. Aufgrund einer versehentlich falschen Angabe einer vollständigen Arbeitsfähigkeit im Austrittsbericht der Psychiatrischen Klinik C.________ sei die Beschwerdeführerin von einer uneingeschränkten Arbeitsfähigkeit ausgegangen, zumal sie der Ansicht gewesen sei, der Stellenantritt im Januar 2012 belege dies ebenfalls. Hieraus habe sie den offenkundig falschen Schluss gezogen, dass die ursprünglich vorgesehene Befristung der Invalidenrente korrekt sei, sodass sie entsprechend am 18. Juni 2014 verfügt habe.  
 
4.2. Die Befristung der Rente bis 30. April 2012 sei als zweifellos unrichtig zu qualifizieren und die Berichtigung von erheblicher Bedeutung, weshalb die ursprüngliche Verfügung vom 18. Juni 2014 zu Recht wiedererwägungsweise aufgehoben worden sei, so die Vorinstanz weiter. Das Wartejahr (Art. 28 Abs.1 lit. b IVG) habe im Oktober 2010 mit dem Verkehrsunfall zu laufen begonnen, da der Versicherte zuvor in einem 100 %-Pensum als Polygraph tätig gewesen sei und er eine allfällig frühere Arbeitsunfähigkeit nicht rechtsgenüglich dargetan habe. Der Rentenanspruch sei daher am 1. Oktober 2011 entstanden. Bei einem überwiegend wahrscheinlichen Invaliditätsgrad von mindestens 70 % resultiere ein Anspruch auf eine ganze Invalidenrente.  
Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin stehe Art. 88 bis Abs.1 lit. c IVV der wiedererwägungsweisen Zusprache der Rente für die Zeit vor dem 1. April 2018 nicht entgegen. Diese Bestimmung sei im hier zu beurteilenden Wiedererwägungsverfahren nicht massgebend. Als Ausführungsbestimmung zu Art. 17 Abs. 1 ATSG betreffe sie nur die (revisionsweise) Erhöhung, aber nicht die Rentenzusprache.  
Da sich der Versicherte ab 18. September 2013 im Massnahmenvollzug befunden habe, sei die Rente aber ab 1. Oktober 2013 gestützt auf Art. 21 Abs. 5 ATSG für die Dauer des Vollzugs zu sistieren. Da es keine dem Gleichheitsgebot genügenden Kriterien zur Unterscheidung einzelner Fallkonstellationen gebe, seien ausnahmslos alle Geldleistungen mit Erwerbscharakter während der Vollzugsdauer zu sistieren. Bei der Eröffnung der angefochtenen Verfügung am 28. Februar 2019 sei der Versicherte immer noch im Massnahmenvollzug gewesen, weshalb die Sistierung weiter angedauert habe. 
 
4.3. Die Beschwerdeführerin wendet dagegen ein, es sei unbestritten, dass die Wiedererwägungsvoraussetzungen erfüllt seien und der Versicherte Anspruch auf eine ganze Invalidenrente habe. Ebenso sei unbestritten, dass die Wartefrist im Oktober 2011 endete und daher grundsätzlich ein Rentenanspruch ab 1. Oktober 2011 entstanden sei. Art. 88 bis Abs. 1 lit. c IVV setze aber den Beginn der Auszahlung anders fest, als es die Vorinstanz rechtsprechungswidrig getan habe. Diese Bestimmung bezwecke eine Korrektur anfänglicher Unrichtigkeit und beziehe sich damit auch auf die Wiedererwägung und nicht nur auf die Rentenrevision.  
Die Rente sei daher in der angefochtenen Verfügung korrekterweise ab 1. April 2018 zugesprochen worden. Denn Anlass für die Rückfrage bei der Psychiatrischen Klinik C.________ durch den RAD-Arzt med. pract. H.________ sei deren Arztbericht vom 18. April 2018 gewesen. Aus der Antwort habe sich ergeben, dass es sich bei der attestierten vollständigen Arbeitsfähigkeit im Austrittsbericht vom 30. September 2013 um einen reinen Verschrieb gehandelt habe und stattdessen, gleich wie im Bericht vom 18. April 2018, eine vollständige Arbeitsunfähigkeit hätte angegeben werden sollen. 
 
4.4. Die vorinstanzliche Sistierung für die Dauer des gesamten Vollzugs, mithin unabhängig von der konkreten Vollzugsart, sei ebenfalls nicht bundesrechtskonform. Nach BGE 116 V 20 und BGE 137 V 154 sei die Rente nicht länger zu sistieren, sondern wieder auszurichten, wenn die Vollzugsart eines strafrechtlichen Freiheitsentzugs nichtbehinderten Gefangenen ermögliche, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Hier sei im Dezember 2015 der Vollzug der strafrechtlichen Massnahme gelockert worden mit der Möglichkeit, bei gegebener Erwerbsfähigkeit einer solchen nachzugehen. Daher hätte die Sistierung ab Dezember 2015 wieder aufgehoben werden müssen, gäbe es Art. 88 bis Abs. 1 lit. c IVV nicht, der hier aufgrund des erst im April 2018 entdeckten Mangels der ursprünglichen Verfügung bestimme, dass die Rente ab diesem Zeitpunkt der Entdeckung auszurichten sei.  
 
5.  
 
5.1. Sind die Voraussetzungen für eine Wiedererwägung erfüllt, folgt daraus ein Rückkommen auf den betroffenen Verwaltungsakt, so dass es unter Berücksichtigung der massgebenden Umstände ("de façon à pouvoir rétablir une situation conforme au droit") einen neuen Entscheid zu fällen gilt (vgl. Urteile 8C_240/2022 vom 23. August 2022 E. 2.3; 8C_321/2012 vom 14. August 2012 E. 3.2; SVR 2006 IV Nr. 21 S. 74, I 545/02 E. 1.3).  
 
5.2. Falls festgestellt wird, dass der Beschluss der IV-Stelle zum Nachteil des Versicherten zweifellos unrichtig war, erfolgt gemäss Art. 88 bis Abs. 1 lit. c IVV die Erhöhung der Renten, der Hilflosenentschädigungen und der Assistenzbeiträge frühestens von dem Monat an, in dem der Mangel entdeckt wurde. Diese Bestimmung kodifiziert die zeitliche Wirkung der Wiedererwägung von Verfügungen über Leistungen der genannten Art (BGE 129 V 433 E. 5.1; 110 V 291 E. 3b). Wie in Urteil 8C_240/2022 vom 23. August 2022 E. 2.4 ausgeführt wurde, bezieht sie sich dem Wortlaut nach lediglich auf die Erhöhung, mithin auf bereits laufende Leistungen. Insoweit ist der Vorinstanz zu folgen.  
Geht es um die Beurteilung eines spezifisch invalidenversicherungsrechtlichen Gesichtspunkts (vgl. Urteil 8C_624/2021 vom 1. Juni 2022 E. 4.2.1), ist diese Norm aber, entgegen der vorinstanzlichen Auffassung, analog auf Fälle anzuwenden, in denen sich die Abweisung eines Leistungsbegehrens nachträglich als zweifellos unrichtig erweist. Im soeben genannten Urteil wurde dies damit begründet, dass sich eine unterschiedliche Regelung der zeitlichen Wirkung der Wiedererwägung, je nachdem, ob der versicherten Person zu Unrecht keine oder eine zu tiefe Leistung zugesprochen worden sei, nicht halten liesse (BGE 110 V 291 E. 3d; bestätigt in BGE 129 V 433 E. 5.2; THOMAS FLÜCKIGER, in: Frésard-Fellay/Klett/Leuzinger [Hrsg.], Basler Kommentar, Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts, Basel 2020, N. 86 zu Art. 53 ATSG). 
 
5.3.  
 
5.3.1. Wie die Beschwerdeführerin zutreffend einwendet, widerspricht damit die vorinstanzliche Ansicht, Art. 88 bis Abs. 1 lit. c IVV finde auf Wiedererwägungstatbestände keine (analoge) Anwendung, ausser wenn die Wiedererwägung eine Verfügung betreffe, mit der eine Rente zweifellos unrichtig revidiert worden sei, der langjährigen bundesgerichtlichen Rechtsprechung.  
 
5.3.2. Die Änderung einer Rechtsprechung muss sich auf ernsthafte sachliche Gründe stützen können, die - vor allem im Hinblick auf das Gebot der Rechtssicherheit - umso gewichtiger sein müssen, je länger die als falsch oder nicht mehr zeitgemäss erkannte Rechtsanwendung für zutreffend erachtet worden ist. Eine Praxisänderung lässt sich grundsätzlich nur begründen, wenn die neue Lösung besserer Erkenntnis des Gesetzeszwecks, veränderten äusseren Verhältnissen oder gewandelten Rechtsanschauungen entspricht (BGE 147 V 342 E. 5.5.1; BGE 146 I 105 E. 5.2.2; BGE 145 V 50 E. 4.3.1; BGE 141 II 297 E. 5.5.1; BGE 140 V 538 E. 4.5; je mit Hinweisen).  
 
5.3.3. Die Vorinstanz beruft sich auf den klaren Wortlaut und die systematische Einordnung von Art. 88 bis Abs. 1 lit. c IVV, der eine Ausführungsbestimmung von Art. 17 ATSG sei (vgl. Titel E des 5. Abschnitts: "Die Revision der Renten, der Hilflosenentschädigung und des Assistenzbeitrages"), und daher nur die (revisionsweise) Erhöhung einer Rente betreffe (oder als Spezialfall die Wiedererwägung einer zweifellos unrichtigen Rentenrevision). Mit der dargelegten langjährigen Rechtsprechung und den angeführten Gründen für eine analoge Anwendung der Revisionsbestimmung auf (sämtliche) Wiedererwägungsfälle setzt sie sich jedoch im angefochtenen Entscheid nicht näher auseinander. Dass diese Bestimmung nur dann bei einer Wiedererwägung eines fehlerhaften Verwaltungsaktes zum Tragen kommen soll, wenn diesem eine zweifellos unrichtige Rentenrevision zugrunde liegt, ist nicht ersichtlich (vgl. zur systematischen Stellung bereits BGE 109 V 108 E. 1c). Findet sie vielmehr auch auf die erstmalige Abweisung eines Leistungsbegehrens Anwendung (vgl. BGE 110 V 291), durfte sich die Beschwerdeführerin im vorliegenden Kontext einer zu Unrecht erfolgten Befristung der zustehenden Invalidenrente bundesrechtskonform hierauf abstützen.  
 
5.3.4. Nicht gefolgt werden kann der Vorinstanz überdies, wenn sie meint, es läge eine "unerhörte Härte" bzw. Leistungsverweigerung vor, wenn die wiedererwägungsweise Zusprache einer Rente wegen eines früheren Fehlers der Beschwerdeführerin erst auf einen deutlich späteren Zeitpunkt als bei einer ursprünglich korrekten Rentenszusprache erfolgen könne. Dabei übersieht sie, dass es rechtsprechungsgemäss ohnehin keinen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Wiedererwägung gibt. Diese vor dem Inkrafttreten des ATSG ergangene Rechtsprechung (BGE 117 V 8 E. 2a) wurde in Art. 53 Abs. 2 ATSG ("Kann-Vorschrift") gesetzlich verankert. Damit liegt das Zurückkommen auf formell rechtskräftige Verfügungen beim Fehlen eigentlicher Revisionsgründe weiterhin im alleinigen Ermessen des Versicherungsträgers (statt vieler: BGE 133 V 50 E. 4.1). In diesem Sinne stand es der Beschwerdeführerin frei, auf ihre rechtskräftige Verfügung vom 18. Juni 2014 zurückzukommen. Es wäre dem Versicherten überdies unbenommen gewesen, sich gegen diese zweifellos unrichtige Verfügung im Rahmen des Vorbescheidverfahrens oder nach deren Erlass mittels Beschwerde an die Vorinstanz rechtlich zur Wehr zu setzen, was er unstreitig unterliess, weshalb sie unangefochten in Rechtskraft erwuchs. Dass er hierzu nicht in der Lage gewesen wäre, wird nicht vorgebracht. Daher kann mit Blick auf den Zeitpunkt einer wiedererwägungsweisen Korrektur einer ursprünglich fehlerhaften Verfügung nicht von einer ("unerhörten") Leistungsverweigerung gesprochen werden. Ebenso wenig leuchtet ein, weshalb eine nicht zu rechtfertigende Härte hinsichtlich der zeitlichen Wirkung der Wiedererwägung nach Art. 88 bis Abs. 1 lit. c IVV vorliegen soll, indem die Verordnungsbestimmung bloss eine Wirkung ab Entdeckung des Mangels vorsieht.  
 
5.3.5. Demnach beurteilte die Beschwerdeführerin die zeitliche Wirkung der wiedererwägungsweise zusätzlichen Leistungszusprache bundesrechtskonform nach Art. 88 bis Abs. 1 lit. c IVV. Es besteht kein Anlass, von dieser Rechtsprechung abzuweichen.  
 
5.4.  
 
5.4.1. Da sich der Mangel nur auf die Befristung der zustehenden ganzen Rente bezieht, bleibt der Rentenanspruch vom 1. Oktober 2011 bis 30. April 2012 bestehen. Anders kann die Verfügung vom 28. Februar 2019 auch nicht verstanden werden: Im Beschluss vom 13. Juli 2018 verwies die Beschwerdeführerin unter Nennung von Art. 88 bis Abs. 1 lit. c IVV auf die erst ab April 2018 mögliche Wiederausrichtung der Invalidenrente. Im Feststellungsblatt vom 23. Mai 2018 bestätigte sie den Invaliditätseintritt am 28. Oktober 2011, weshalb sie bezüglich der Wiedererwägung der Rentenverfügung vom 18. April 2014 einzig die Aufhebung der Befristung vorsah.  
 
5.4.2. Rechtsprechungsgemäss ist für die Korrektur einer unrichtigen Verfügung im Rahmen des Art. 88 bis Abs. 1 lit. c IVV der Zeitpunkt massgebend, in welchem die Verwaltung vom Mangel Kenntnis erhalten hat, was nicht voraussetzt, dass die Unrichtigkeit der Verfügung - allenfalls nach Vornahme ergänzender Abklärungen - mit Sicherheit feststeht. Vielmehr genügt es, dass die Verwaltung, sei es aufgrund eines Wiedererwägungsgesuchs oder von Amtes wegen, Feststellungen getroffen hat, die das Vorliegen eines relevanten Mangels als glaubhaft oder wahrscheinlich erscheinen lassen (BGE 129 V 433 E. 6.2; 110 V 297 E. 4a) und die Verwaltung damit ausreichend Anlass gehabt hätte, von Amtes wegen weitere Abklärungen zu treffen (BGE 129 V 433 E. 6.4; Urteil 8C_240/2022 vom 23. August 2022 E. 4.1). Anderseits gilt der Mangel aber auch als dann entdeckt, wenn die versicherte Person ein Revisionsgesuch gestellt hat, das die Verwaltung zum Tätigwerden und weiteren Abklärungen verpflichtet hätte.  
 
5.4.3. Es steht fest, dass der ursprünglichen Zusprache einer befristeten ganzen Invalidenrente in medizinischer Hinsicht der Bericht der Psychiatrischen Klinik C.________ zugrunde lag, wonach im Zeitpunkt des Austritts am 19. September 2013 eine vollständige Arbeitsfähigkeit bestanden habe. Gleichentags trat der Versicherte anlässlich einer strafrechtlichen Verurteilung auf unbestimmte Zeit in das Massnahmenzentrum E.________ ein. Anstoss für weitere medizinische Abklärungen gab in der Folge eine E-Mail von lic. iur. I.________, Leiter Straf- und Massnahmenvollzug, Sicherheits- und Justizdepartement, Amt für Justizvollzug, Kanton St. Gallen, vom 16. Januar 2018, worin dieser u.a festhielt, dass der Versicherte grundsätzlich ab Dezember 2015 im Rahmen der Bewilligung von unbegleiteten Vollzugsöffnungen die Möglichkeit gehabt habe, einer Erwerbstätigkeit ausserhalb der Vollzugseinrichtung nachzugehen. Eine fachliche Rückmeldung zur medizinischen Leistungsfähigkeit des Versicherten im ersten Arbeitsmarkt könne direkt bei der Psychiatrie G.________, Forensik, eingeholt werden, welche die psychotherapeutische Behandlung des Versicherten sicherstelle. Im daraufhin eingeholten Bericht der Ärztlichen Leitung Forensik vom 9. April 2018 hielt Dr. med. F.________ fest, der Versicherte sei seit 2010 in seiner angestammten Tätigkeit als Polygraph vollständig arbeitsunfähig. Beim letzten bzw. aktuellen Arbeitsversuch habe sich gezeigt, dass es ihm möglich sei, in einer leidensangepassten Tätigkeit bei 100%-iger Anwesenheit eine Leistung von 20 bis 30 % zu erbringen. Wie die Vorinstanz weiter willkürfrei festhielt, ergab eine hierdurch veranlasste Anfrage des RAD-Psychiaters med. pract. H.________ am 2. Mai 2018, dass es sich im Austrittsbericht vom 30. September 2013 bei der Angabe einer vollständigen Arbeitsfähigkeit (anstatt einer 100%-igen Arbeitsunfähigkeit) um einen rein administrativen Fehler gehandelt habe, der zu korrigieren sei.  
 
5.4.4. Die Vorinstanz nahm damit, entgegen den Vorbringen des Versicherten ohne Bundesrecht zu verletzen an, dass durch den Bericht von Dr. med. F.________ vom 9. April 2018 der ursprüngliche Mangel entdeckt wurde. Der Versicherte zeigt nicht auf, worin die willkürliche Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz diesbezüglich bestehen soll, indem er einzig einen konträren Standpunkt vertritt, ab wann angenommen werden könne, dass der relevante Mangel bereits als glaubhaft oder wahrscheinlich dargetan sei. Solches ergibt sich namentlich nicht aus dem erwähnten Bericht der Psychiatrischen Klinik C.________ vom 20. Juli 2011, worin eine vollständige Arbeitsunfähigkeit festgestellt wurde, nachdem im Bericht derselben Klinik vom 24. Februar 2011 bei Austritt eine 100%-ige Arbeitsfähigkeit angegeben worden war. Hierbei übersieht der Versicherte, dass erst der Bericht vom 11. Februar 2013 Basis der in Wiedererwägung gezogenen Verfügung bildete. Mit zeitlich vorangegangenen Berichten lässt sich damit hinsichtlich des Zeitpunkts, in dem der relevante Mangel rechtsgenüglich dargetan ist, nichts gewinnen. Denn es steht ausser Frage, dass die Verfügung vom 18. Juni 2014 als ursprünglich fehlerhaft im Sinne von Art. 53 Abs. 2 ATSG zu qualifizieren ist. Ebenso wenig einleuchtend ist die behauptete Entdeckung des Mangels durch den Umstand, dass die Beschwerdeführerin am 4. November 2014 die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (Suva) beauftragte, die Regressansprüche der AHV/IV aus dem Schadenfall zu erledigen. Gleiches gilt für das in der Beschwerde des Versicherten genannte Schreiben des Rechtsvertreters an die IV-Stelle vom 25. Januar 2017, worin dieser einzig um Abklärung bezüglich allfälliger anderweitiger Ansprüche während des Massnahmenvollzugs und eines Rentenanspruchs nach der noch zeitlich unbestimmten Entlassung ersuchte. Wenn die Vorinstanz dieses Schreiben nicht als massgeblich für den Zeitpunkt der Entdeckung des Rechtsanwendungsfehlers ansah, ist dies nicht zu beanstanden.  
 
5.4.5. Nebst der vom 1. Oktober 2011 bis 30. April 2012 zugesprochenen Rente steht dem Versicherten nach Art. 88 bis Abs. 1 lit. c IVV somit grundsätzlich ab dem 1. April 2018 eine ganze Invalidenrente zu.  
 
6.  
 
6.1. Zu beurteilen bleibt die Frage der Rentensistierung nach Art. 21 Abs. 5 ATSG.  
 
6.2.  
 
6.2.1. Ratio legis von Art. 21 Abs. 5 ATSG ist die Gleichbehandlung der invaliden mit der validen inhaftierten Person, die durch einen Freiheitsentzug ihr Einkommen verliert. Entscheidend ist, dass eine verurteilte Person wegen der Verbüssung einer Strafe an einer Erwerbstätigkeit verhindert ist. Nur wenn die Vollzugsart der verurteilten versicherten Person die Möglichkeit bietet, eine Erwerbstätigkeit auszuüben und somit selber für die Lebensbedürfnisse aufzukommen, ist der Rentenanspruch nicht zu sistieren. Massgebend für eine Sistierung der Rentenleistungen einer invaliden Person ist somit, ob eine nicht invalide Person in der gleichen Situation durch den Freiheitsentzug einen Erwerbsausfall erleiden würde. Die Kann-Vorschrift erlaubt es, den besonderen Umständen Rechnung zu tragen, wenn eine gesunde Person trotz Straf- oder Massnahmenvollzug einer Erwerbstätigkeit nachgehen könnte wie in der Halbgefangenschaft oder Halbfreiheit (BGE 141 V 466 E. 4.3; 138 V 140 E. 2.2; 133 V 1 E. 4.2.4.1; 116 V 20 E. 5b; SVR 2008 IV Nr. 32 S. 104, 8C_176/2007 E. 3 und E. 4.2). Ist die Vollzugsform nicht derart ausgestaltet, dass eine gesunde Person ein Erwerbseinkommen erzielen könnte, erfolgt in Nachachtung des Gleichheitsgebots die Rentensistierung (BGE 141 V 466 E. 4.3; 138 V 140 E. 5.3.6; siehe auch ANDREAS BRUNNER/DORIS VOLLENWEIDER, in: Frésard-Fellay/Klett/Leuzinger [Hrsg.], Basler Kommentar, Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts, Basel 2020, N. 108 zu Art. 21 ATSG). Anders herum formuliert ist die Invalidenrente nicht zu sistieren bzw. eine zuvor angeordnete Sistierung der Rente aufzuheben, wenn der konkrete Straf- oder Massnahmenvollzug eine Erwerbstätigkeit zuliesse (BGE 137 V 154 E. 6).  
 
6.2.2. Es steht fest, dass dem Versicherten im Dezember 2015 eine Vollzugserleichterung nach Art. 90 Abs. 2 bis StGB (Arbeitsexternat) gewährt wurde, die es grundsätzlich ermöglicht hätte, im Gesundheitsfall einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Im April 2017 startete er tatsächlich einen Arbeitsversuch in einem Druckereibetrieb als Arbeitstraining (E-Mail von lic. iur. I.________ vom 16. Januar 2018). Damit wäre die Sistierung einer zugesprochenen Rente ab Dezember 2015 in grundsätzlicher Hinsicht aufzuheben gewesen, nachdem eine gesunde inhaftierte Person aufgrund der konkreten Vollzugsausgestaltung hätte erwerbstätig sein können.  
 
6.2.3. Entgegen der vorinstanzlichen Betrachtungsweise ändern daran Art. 77b StGB (Halbgefangenschaft) und Art. 79b StGB (elektronische Überwachung; je in der seit 1. Januar 2018 in Kraft stehenden Fassung) nichts, wonach u. a. für diese Vollzugsformen vorausgesetzt wird, dass die verurteilte Person einer geregelten Arbeit, Ausbildung oder Beschäftigung von mindestens 20 Stunden pro Woche nachgeht. Für die Anwendung von Art. 21 Abs. 5 ATSG und dessen Intention der Gleichbehandlung von invaliden und validen inhaftierten Personen kann es nicht darauf ankommen, dass der erwerbsfähigen Person die genannten Vollzugslockerungen erst bei Erfüllung der normierten Bedingungen gewährt werden. Zu wiederholen ist, dass der Anspruch auf Geldleistungen mit Erwerbsersatzcharakter der invaliden Person dann wieder auflebt, wenn in der gleichen Strafvollzugsform eine valide Person ein Erwerbseinkommen generieren könnte. Dass diese hierfür die strafrechtlich zu beachtenden Voraussetzungen für Vollzugslockerungen erfüllen muss, womit tatsächlich Erwerbseinkommen fliessen würde, ist im sozialversicherungsrechtlichen Kontext nicht entscheidend und steht der rechtsprechungsgemässen Umsetzung von Art. 21 Abs. 5 ATSG daher nicht entgegen.  
Die vorinstanzliche Auffassung ist nach dem soeben Dargelegten nicht zielführend und geht am entscheidenden Punkt der Gleichbehandlung von invaliden und validen Inhaftierten vorbei. Nicht gefolgt werden kann den Ausführungen im angefochtenen Entscheid daher, wonach gemäss Bundesgerichts- und Verwaltungspraxis die Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Zeitpunkt des Vollzugsantritts das einzige Kriterium für die Beantwortung der Frage sei, ob eine allfällige Rente der Invalidenversicherung für die Dauer des Straf- oder Massnahmenvollzugs zu sistieren sei. Die effektive Ausübung einer Erwerbstätigkeit sei jedoch kein sachlich geeignetes Kriterium für die Ungleichbehandlung von invaliden Inhaftierten, da sie mit dem Leistungsbedarf nichts zu tun habe, so die Vorinstanz weiter. 
 
6.2.4. Aus dem Gesagten erhellt vielmehr, dass die rechtskonforme Anwendung von Art. 21 Abs. 5 ATSG gerade nicht bedeutet, dass jene Invalide, die ihre allfällige Restarbeitsfähigkeit im Zeitpunkt des Haftantritts effektiv erwerblich umsetzten, ihre Rente weiter beziehen können, während die Renten von nicht erwerbstätigen oder nicht mehr erwerbsfähigen Invaliden für die Dauer des Strafvollzugs sistiert würden. Eine ungleiche Behandlung von inhaftierten Invaliden, je nachdem, ob sie eine allfällige Resterwerbsfähigkeit tatsächlich verwerten oder nicht, entspricht nicht dem gesetzgeberischen Willen und dem rechtsprechungsgemässen Verständnis von Art. 21 Abs. 5 ATSG. Anders als die Vorinstanz zu glauben scheint, wurde mit Art. 21 Abs. 5 ATSG denn auch keine Regelung geschaffen, die eine rechtsgleiche Behandlung aller invaliden Inhaftierten verunmöglicht. Eine unterschiedliche Behandlung von invaliden Inhaftierten ist nicht auszumachen. Nachdem einzig zu fragen ist, ob eine gesunde inhaftierte Person in der konkreten Situation des Strafvollzugs in der Lage wäre, ein Erwerbseinkommen zu erzielen, ist keine Unterscheidung zwischen Invaliden, die ihre Resterwerbsfähigkeit verwerten und solchen, die keine Resterwerbsfähigkeit besitzen oder diese nicht ausschöpfen, vorzunehmen. Wenn die Vorinstanz in ihrer abschliessenden Konsequenz eine möglichst rechtsgleiche Behandlung nur darin erkennen will, dass ausnahmslos alle Geldleistungen mit Erwerbsersatzcharakter während der Dauer eines Straf- oder Massnahmenvollzugs, ungeachtet dessen Ausgestaltung, zu sistieren seien, verletzt sie Bundesrecht. Triftige Gründe für eine Rechtsprechungsänderung liegen auch in diesem Punkt nicht vor.  
 
7.  
 
7.1. Aus den weiteren Vorbringen des Versicherten lässt sich nichts zu seinen Gunsten ableiten.  
So legt er insbesondere nicht stichhaltig dar, weshalb hier kein Wiedererwägungsfall gegeben sein soll, indem er, wie bereits im vorinstanzlichen Verfahren, geltend macht, die Invalidenrente sei ursprünglich gar nicht befristet, sondern versehentlich ab dem 1. Mai 2012 sistiert worden. 
 
7.2. Wie die Vorinstanz willkürfrei feststellte, hatte die Beschwerdeführerin bereits am 5. Dezember 2012 vorgesehen, lediglich eine bis 30. April 2012 befristete Rente zuzusprechen, mithin zu einem Zeitpunkt, als der Versicherte die Straftat noch gar nicht begangen hatte. Eine Sistierung stand damals daher nicht im Raum. Nicht schlüssig ist mit der Vorinstanz, weshalb die Beschwerdeführerin die Rente bis zum 30. April 2012 hätte sistieren sollen, nachdem der Versicherte erst am 30. September 2013 in den Massnahmenvollzug eingetreten war. Mit den diesbezüglich zutreffenden Darlegungen im angefochtenen Entscheid setzt sich der Versicherte nicht substanziiert auseinander, weshalb sich Weiterungen hierzu erübrigen. Die Wiedererwägungsvoraussetzungen sind, anders als er behauptet, klarerweise erfüllt.  
 
8.  
Zusammenfassend hätte der Versicherte, stünde dem Art. 88 bis Abs. 1 lit. c IVV nicht entgegen, ab 1. Oktober 2011 Anspruch auf eine unbefristete ganze Invalidenrente, die von Oktober 2013 bis Dezember 2015 zu sistieren gewesen wäre.  
Nach dem Dargelegten ist die Verfügung vom 28. Februar 2019 zu bestätigen, womit die Befristung der Invalidenrente zu Recht wiedererwägungsweise aufgehoben und in Nachachtung von Art. 88 bis Abs. 1 lit. c IVV und Art. 21 Abs. 5 ATSG ab 1. April 2018 eine ganze Invalidenrente zugesprochen wurde. Demzufolge ist die Beschwerde der IV-Stelle gutzuheissen und diejenige des Versicherten abzuweisen.  
 
9.  
Mit dem Urteil in der Sache wird das Gesuch der IV-Stelle um Gewährung der aufschiebenden Wirkung gegenstandslos. 
 
10.  
Ausgangsgemäss trägt der Versicherte die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 erster Satz BGG), wobei ihm für beide Verfahren die unentgeltliche Rechtspflege gewährt werden kann (Art. 64 BGG). Er hat der Gerichtskasse Ersatz zu leisten, wenn er später dazu in der Lage ist (Art. 64 Abs. 4 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Verfahren 8C_457/2022 und 8C_492/2022 werden vereinigt. 
 
2.  
Die Beschwerde der IV-Stelle wird gutgeheissen. Der Entscheid des Versicherungsgerichts des Kantons St. Gallen vom 16. Juni 2022 wird aufgehoben und die Verfügung der IV-Stelle des Kantons St. Gallen vom 28. Februar 2019 bestätigt. 
 
3.  
Die Beschwerde des Versicherten wird abgewiesen. 
 
4.  
Die Gesuche des Versicherten um unentgeltliche Rechtspflege im bundesgerichtlichen Verfahren werden gutgeheissen. Rechtsanwalt Daniel Küng wird als unentgeltlicher Anwalt des Versicherten bestellt. 
 
5.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1600.- werden dem Beschwerdegegner auferlegt, indes vorläufig auf die Bundesgerichtskasse genommen. 
 
6.  
Dem Rechtsvertreter des Versicherten wird aus der Bundesgerichtskasse eine Entschädigung von Fr. 4200.- ausgerichtet. 
 
7.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Versicherungsgericht des Kantons St. Gallen und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 7. Februar 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Polla