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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1B_494/2022  
 
 
Urteil vom 17. November 2022  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Bundesrichterin Jametti, 
Gerichtsschreiber Baur. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Amtsgerichtspräsident von Olten-Gösgen, 
Römerstrasse 2, Postfach, 4603 Olten. 
 
Gegenstand 
Strafverfahren; amtliche Verteidigung, 
 
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Solothurn, Beschwerdekammer, 
vom 25. August 2022 (BKBES.2022.94). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Strafbefehl vom 31. Januar 2022 erklärte die Staatsanwaltschaft des Kantons Solothurn A.________ der einfachen Körperverletzung schuldig und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je Fr. 60.--, deren Vollzug sie unter Ansetzung einer Probezeit von zwei Jahren bedingt aufschob. Sie erachtete es als erwiesen, dass er am 8. Mai 2021 im Zusammenhang mit einer mündlichen Reklamation betreffend den Verkauf eines E-Bikes aggressiv geworden sei, sich dem reklamierenden B.________ frontal genähert und ihn mehrfach mit den Händen nach hinten geschubst habe. Anschliessend habe er ihm eine "Kopfnuss" verpasst bzw. ihm mit der Stirn gegen die Nase geschlagen. B.________ habe dadurch einen mehrfragmentären Nasenbeinbruch und eine chronische beidseitige Nasenatmungsbehinderung erlitten. 
A.________erhob gegen den Strafbefehl Einsprache. Die Staatsanwaltschaft hielt am Strafbefehl fest und überwies die Einsprache mit den Akten dem Gerichtspräsidium Olten-Gösgen zum Entscheid. Mit Eingabe vom 30. Mai 2022 ersuchte A.________ beim Gerichtspräsidium um Anordnung einer amtlichen Verteidigung. Mit Verfügung vom 6. Juli 2022 wies der Amtsgerichtspräsident das Gesuch ab. 
 
B.  
Gegen die Gesuchsabweisung gelangte A.________ an das Obergericht des Kantons Solothurn, Beschwerdekammer. Mit Beschluss vom 25. August 2022 wies das Gericht das Rechtsmittel ab. 
 
C.  
Mit als "Beschwerde und Einsprache" betitelter Eingabe vom 20. September 2022 (Eingangsdatum) beantragt A.________ beim Bundesgericht sinngemäss die Aufhebung des obergerichtlichen Beschlusses und die Anordnung einer amtlichen Verteidigung. Zudem verlangt er in Bezug auf das Verhalten des einen Mitglieds der Polizeipatrouille, die wegen des Vorfalls vom 8. Mai 2021 ausgerückt war, eine Untersuchung durch ein allfälliges "Gremium der Innenrevision", damit eine disziplinarrechtliche Beurteilung und Bestrafung mit Eintrag in der Dienstakte erwirkt werden könne. 
Das Obergericht hat auf eine Vernehmlassung verzichtet. Der Amtsgerichtspräsident hat sich nicht vernehmen lassen. A.________ hat sich nicht mehr geäussert. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Fristgerecht (vgl. Art. 100 Abs. 1 BGG) angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher, selbstständig eröffneter Zwischenentscheid eines oberen Gerichts in einer Strafsache, der für den Beschwerdeführer einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann, da er die Abweisung des Gesuchs um Anordnung einer amtlichen Verteidigung bestätigt. Gegen diesen Entscheid steht die Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht offen (Art. 78 Abs. 1, Art. 80 und Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG; BGE 140 IV 202 E. 2.2; 133 IV 335 E. 4; je mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer ist nach Art. 81 Abs. 1 StPO zudem zur Beschwerde berechtigt. Soweit er seine Eingabe zusätzlich als "Einsprache" bezeichnet, ist darauf nicht weiter einzugehen, steht eine solche gegen den angefochtenen Beschluss doch nicht zur Verfügung.  
 
1.2. Der Streitgegenstand kann im Verlaufe des Verfahrens eingeschränkt, aber nicht ausgeweitet werden (vgl. Art. 99 Abs. 2 und Art. 107 Abs. 1 BGG; BGE 142 I 155 E. 4.4.2; Urteil 1C_469/2021 vom 13. Juni 2022 E. 1.2). Gegenstand des angefochtenen Beschlusses wie auch der damit bestätigten erstinstanzlichen Verfügung bildet die Frage, ob für den Beschwerdeführer eine amtliche Verteidigung anzuordnen ist. Soweit dieser vor Bundesgericht eine Untersuchung durch ein allfälliges "Gremium der Innenrevision" beantragt, geht er somit über den zulässigen Streitgegenstand hinaus. Insoweit ist daher von vornherein nicht auf die Beschwerde einzutreten.  
 
1.3. Mit der Beschwerde in Strafsachen kann insbesondere die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG), prüft die bei ihm angefochtenen Entscheide aber grundsätzlich nur auf Rechtsverletzungen hin, welche die beschwerdeführende Person geltend macht und begründet, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG; BGE 144 V 388 E. 2). Die Beschwerde muss sich wenigstens kurz mit den Erwägungen des angefochtenen Entscheids auseinandersetzen; rein appellatorische Kritik reicht nicht aus. Genügt die Beschwerde den Begründungsanforderungen nicht, ist auf sie nicht einzutreten (BGE 138 I 171 E. 1.4; Urteile 1B_389/2020 vom 19. August 2020 E. 2.1; 1B_541/2017 vom 8. Januar 2018 E. 1). Erhöhte Anforderungen an die Begründung gelten namentlich, soweit die Verletzung von Grundrechten gerügt wird (Art. 106 Abs. 2 BGG; BGE 143 I 1 E. 1.4; 142 I 99 E. 1.7.2; 139 I 229 E. 2.2).  
 
1.3.1. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Beschluss ausgeführt, der Beschwerdeführer sei wegen einfacher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je Fr. 60.-- verurteilt worden, wobei der Vollzug der Strafe bedingt aufgeschoben und eine Probezeit von zwei Jahren angesetzt worden sei. Zudem seien ihm die Verfahrenskosten von Fr. 500.-- auferlegt worden. Es handle sich demnach offensichtlich um einen Bagatellfall. Das dem Beschwerdeführer vorgeworfene Delikt bewege sich am unteren Rand der Strafbarkeit. Der Fall biete zudem weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht Schwierigkeiten, denen der Beschwerdeführer allein nicht gewachsen wäre. Der Sachverhalt und dessen rechtliche Würdigung seien für einen juristischen Laien überschaubar; es brauche keine besonderen Rechtskenntnisse, um sich dazu äussern und sich sachgerecht verteidigen zu können. Angesichts dieser Umstände habe der Amtsgerichtspräsident zu Recht einen Anspruch des Beschwerdeführers auf amtliche Verteidigung verneint.  
 
1.3.2. Der Beschwerdeführer beschreibt zwar aus seiner Sicht ausführlich die Geschehnisse vor, während und nach dem Vorfall vom 8. Mai 2021, der zu seiner Verurteilung mit Strafbefehl vom 31. Januar 2022 führte. Er macht dabei, wie ansatzweise bereits gegenüber der Vorinstanz, unter anderem geltend, er sei unmittelbar im Anschluss an den Vorfall von der Polizei weder auf seine Rechte im Strafverfahren noch darauf hingewiesen worden, dass er gegen den mutmasslichen Geschädigten Anzeige wegen Hausfriedensbruchs einreichen könne. Auch kritisiert er erneut sinngemäss eine einseitige und unvollständige Beweiserhebung durch die Polizei. Inwiefern unter den gegebenen Umständen eine amtliche Verteidigung geboten wäre, erläutert er jedoch nicht. Ebenso wenig setzt er sich mit der vorinstanzlichen Begründung auseinander, weshalb eine amtliche Verteidigung nicht erforderlich sei. Vielmehr begnügt er sich mit der Feststellung, angesichts des von ihm dargelegten Sachverhalts, der offensichtlich komplizierter sei als es aufgrund der Darstellung der Staatsanwaltschaft und der Polizei auf den ersten Blick scheine, sei völlig klar, dass ihm ein Rechtsanwalt zu Seite zu stellen sei. Diese im Wesentlichen appellatorische Kritik am vorinstanzlichen Entscheid genügt den Begründungsanforderungen klar nicht. Auf die Beschwerde ist daher auch insoweit und damit insgesamt nicht einzutreten.  
 
2.  
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass dem Rechtsmittel in der Sache kein Erfolg beschieden wäre. Gemäss der bundesgerichtlichen Rechtsprechung ist nicht automatisch von einem Bagatellfall im Sinne von Art. 132 Abs. 2 StPO auszugehen, bei dem eine amtliche Verteidigung zur Wahrung der Interessen der beschuldigten Person nicht geboten ist, wenn - wie hier - die Schwellenwerte von Art. 132 Abs. 3 StPO unterschritten werden. Erforderlich ist vielmehr eine Beurteilung der konkreten Umstände des Einzelfalls, die sich einer strengen Schematisierung entzieht (BGE 143 I 164 E. 3.6). Die Vorinstanz hat dies nicht verkannt. Ihre Beurteilung hält im Weiteren vor Bundesrecht stand. Wie sie zutreffend ausgeführt hat, bietet der Fall weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht Schwierigkeiten, denen der Beschwerdeführer allein nicht gewachsen wäre. Vielmehr liegt ein Bagatellfall im Sinne von Art. 132 Abs. 2 StPO vor und sind deshalb die Voraussetzungen für die Anordnung einer amtlichen Verteidigung gemäss Art. 132 Abs. 1 lit. b StPO nicht erfüllt. Die Vorinstanz durfte die erstinstanzliche Abweisung des Gesuchs auf Anordung einer solchen Verteidigung daher bestätigen, ohne Bundesrecht zu verletzen. Die Beschwerde erwiese sich demnach als unbegründet, wenn auf sie eingetreten werden könnte. 
 
3.  
Nach dem Gesagten ist auf die Beschwerde nicht einzutreten. 
Unter den gegebenen Umständen rechtfertigt es sich, bloss reduzierte Gerichtskosten zu erheben (Art. 65 Abs. 2 BGG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, dem Amtsgerichtspräsident von Olten-Gösgen und dem Obergericht des Kantons Solothurn, Beschwerdekammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 17. November 2022 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Baur