Wichtiger Hinweis:
Diese Website wird in älteren Versionen von Netscape ohne graphische Elemente dargestellt. Die Funktionalität der Website ist aber trotzdem gewährleistet. Wenn Sie diese Website regelmässig benutzen, empfehlen wir Ihnen, auf Ihrem Computer einen aktuellen Browser zu installieren.
Zurück zur Einstiegsseite Drucken
Grössere Schrift
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_512/2023  
 
 
Urteil vom 23. Februar 2024  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterinnen Heine, Viscione, Bundesrichter Métral, 
Gerichtsschreiber Wüest. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Suva 
Abteilung Militärversicherung, 
Service Center, 6009 Luzern, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Beatrice Gurzeler, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Militärversicherung 
(Kausalzusammenhang; Integritätsschadenrente), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 19. Juni 2023 (200.23 56 MV). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der 1984 geborene A.________ leistete Militärdienst, als er sich am 4. April 2007 beim Sport am - aufgrund früherer Unfälle bereits vorgeschädigten - linken Knie verletzte (medialer Meniskusriss und osteochondrale Läsion am medialen Femurkondylus). Die Schweizerische Unfallversicherungsanstalt, Abteilung Militärversicherung (nachfolgend: Suva-MV oder Beschwerdeführerin) anerkannte ihre Leistungspflicht und erbrachte die gesetzlichen Leistungen. Unter anderem übernahm sie die Kosten von zwei Knieoperationen am 16. November 2007 und am 29. Januar 2009. Am 10. März 2009 schlossen A.________ und die Suva-MV einen Vergleich ab, der mit Verfügung vom 3. April 2009 bestätigt wurde. Dabei verpflichtete sich die Suva-MV zur Bezahlung einer Summe von Fr. 20'000.-. Im Gegenzug würden über den 7. April 2009 hinaus keine Leistungen für Erwerbsausfall mehr erbracht. Gleichzeitig verzichtete die Suva-MV auf eine Strafanzeige wegen verschwiegener 100%iger Erwerbstätigkeit bei gleichzeitigem Taggeldbezug. Ein allfälliger Integritätsschadenanspruch werde zu gegebener Zeit beurteilt. 
In der Folge verletzte sich A.________ erneut am linken Knie. Die Suva Unfallversicherung erbrachte hierfür die gesetzlichen Leistungen. Mit Verfügung vom 14. März 2012, bestätigt durch Einspracheentscheid vom 18. September 2012, sprach sie A.________ für die Unfallfolgen am linken Knie eine Integritätsentschädigung bei einer Integritätseinbusse von 10 % zu (mässige femorotibiale Kniegelenksarthrose im medialen Kompartiment). 
Am 5. Januar 2018 meldete A.________ der Suva-MV einen Rückfall resp. einen Revisionsgrund. Alternativ ersuchte er um Wiedererwägung der Verfügung vom 3. April 2009 (inkl. Vergleich) und um Beurteilung der Haftung inkl. Integritätsschaden. Mit Verfügung vom 11. April 2018 lehnte die Suva-MV die Haftung für die Verschlimmerung der Kniebeschwerden links in der Rekrutenschule 2007 spätestens per 6. April 2009 ab. Sie verneinte einen erneuten Anspruch auf Umschulung und lehnte zudem eine Integritätsschadenrente ab. Auf Einsprache des A.________ hin holte sie bei PD Dr. med. B.________, Fachärztin für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, Academy of Swiss Insurance Medicine (asim), Universitätsspital Basel, ein orthopädisches Gutachten vom 30. April 2021 ein. Am 8. Juni 2022 erstattete die Gutachterin eine ergänzende Stellungnahme. Mit Entscheid vom 7. Dezember 2022 wies die Suva-MV die Einsprache ab. 
 
B.  
 
B.a. Die von A.________ dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Urteil vom 19. Juni 2023 teilweise gut. Es hob den Einspracheentscheid der Suva-MV vom 7. Dezember 2022 insoweit auf, als darin ein Anspruch auf eine Integritätsschadenrente verneint wurde, und wies die Sache an die Suva-MV zurück, damit diese - nach Vornahme der Abklärungen im Sinne der Erwägungen - über den Anspruch auf eine Integritätsschadenrente neu verfüge. Im Übrigen wies es die Beschwerde ab.  
 
B.b. Auf die von A.________ hiergegen geführte Beschwerde trat das Bundesgericht mit Urteil 8C_519/2023 vom 20. September 2023 aufgrund eines offensichtlichen Begründungsmangels nicht ein.  
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die Suva-MV, es sei das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 19. Juni 2023 aufzuheben und ihre Haftung für die heutigen linksseitigen Kniebeschwerden zu verneinen. Eventualiter sei die Sache unter Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts an dieses zurückzuweisen, damit es nach Einholung eines Obergutachtens neu entscheide. 
Die Vorinstanz und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) verzichten auf eine Stellungnahme und auch A.________ lässt sich - nach zweimaliger Fristerstreckung - nicht vernehmen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Das Bundesgericht prüft seine Zuständigkeit und die (weiteren) Eintretensvoraussetzungen von Amtes wegen und mit freier Kognition (Art. 29 Abs. 1 BGG; BGE 139 V 42 E. 1 mit Hinweisen).  
 
1.2. Die Beschwerde an das Bundesgericht ist zulässig gegen Entscheide, die das Verfahren abschliessen (Endentscheide; Art. 90 BGG). Im angefochtenen Urteil hat die Vorinstanz einen Rentenanspruch des Beschwerdegegners verneint. Gleichzeitig hat sie die Sache hinsichtlich des Anspruchs auf eine Integritätsschadenrente an die Beschwerdeführerin zurückgewiesen, damit diese weitere Abklärungen vornehme. Beim angefochtenen Urteil handelt es sich in Bezug auf die Integritätsschadenrente somit um einen Zwischenentscheid (BGE 133 V 477 E. 4.2 und 5.1), gegen den die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nur zulässig ist, wenn er einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil bewirken kann (Art. 93 Abs. 1 lit. a BGG), oder wenn die Gutheissung der Beschwerde sofort einen Endentscheid herbeiführen und damit einen bedeutenden Aufwand an Zeit und Kosten für ein weitläufiges Beweisverfahren ersparen würde (lit. b). Ein Zwischenentscheid bleibt im Rahmen einer Beschwerde gegen den Endentscheid anfechtbar, sofern er sich auf dessen Inhalt auswirkt (Art. 93 Abs. 3 BGG).  
 
1.3. Das kantonale Gericht hat in seinem Rückweisungsentscheid festgestellt, gestützt auf das Gutachten der PD Dr. med. B.________ stehe fest, dass die militärische Verletzung bei der Entstehung des aktuellen Gesundheitsschadens am linken Knie - im Umfang von 10 % - mitgewirkt habe. Die Beschwerdeführerin bringt zu Recht vor, diese materiellrechtlichen Anordnungen würden ihren Beurteilungsspielraum erheblich einschränken, was nach der Rechtsprechung einen nicht wieder gutzumachenden Nachteil darstellt (statt vieler: BGE 140 V 282 E. 4.2 mit Hinweisen). Auf die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten ist daher einzutreten.  
 
2.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2). Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militärversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
3.  
Streitgegenstand bildet vorliegend einzig der Anspruch auf eine Integritätsschadenrente, nachdem das Bundesgericht auf die Beschwerde des Beschwerdegegners mit Urteil 8C_519/2023 vom 20. September 2023 wegen eines offensichtlichen Begründungsmangels nicht eingetreten war. Zu prüfen bleibt somit, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzt hat, indem sie eine Teilkausalität des militärversicherten Gesundheitsschadens hinsichtlich der heutigen Kniebeschwerden bejaht hat. 
 
4.  
 
4.1. Die massgeblichen Rechtsgrundlagen sind im angefochtenen Urteil zutreffend dargelegt worden. Dies betrifft die Bestimmungen und Grundsätze zur Leistungspflicht der Militärversicherung bei während des Dienstes auftretenden Gesundheitsschäden (Art. 4 und 5 MVG), namentlich zum Anspruch auf eine Integritätsschadenrente (Art. 48 f. MVG). Korrekt sind auch die Ausführungen zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 137 V 210 E. 6.2.2; 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a) und zur Kürzungsmöglichkeit bei nur teilweise dienstlicher Schädigung (Art. 64 MVG). Darauf wird verwiesen. Zu ergänzen ist Folgendes:  
 
4.2. Die Haftung der Militärversicherung erstreckt sich grundsätzlich auf sämtliche Folgen, die mit dem versicherten Ereignis in einem rechtserheblichen Kausalzusammenhang stehen (BGE 111 V 370 E. 2a; 105 V 225 E. 4c; Urteil 8C_261/2022 vom 9. März 2023 E. 2.4). Werden in Bezug auf eine während des Dienstes festgestellte (versicherte) Gesundheitsschädigung in einem späteren Zeitpunkt ein Rückfall oder Spätfolgen im Sinne von Art. 6 MVG geltend gemacht, haftet die Militärversicherung, wenn zwischen den neuen Beschwerden und der dienstlichen Gesundheitsschädigung ein nach dem Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellter natürlicher und adäquater Kausalzusammenhang besteht (BGE 111 V 370 E. 2b; vgl. auch Urteil 8C_261/2022 vom 9. März 2023 E. 2.4 f. und 5.1).  
 
5.  
 
5.1. Die Vorinstanz stellte fest, die Suva-MV habe ihre Haftung im Zusammenhang mit dem Ereignis vom 4. April 2007 anerkannt und gesetzliche Leistungen erbracht. Am 10. März 2009 hätten die Parteien einen Vergleich im Sinne von Art. 50 ATSG abgeschlossen, welcher den Anspruch auf eine Integritätsschadenrente nicht umfasst habe. Sie erkannte sodann, dem orthopädischen Gutachten der PD Dr. med. B.________ vom 30. April 2021 samt Ergänzung vom 8. Juni 2022 komme Beweiswert zu, auch wenn es widersprüchlich erscheine, wenn einerseits per Mitte April 2009 ein Status quo sine eingetreten sein soll und andererseits die dienstliche Verschlimmerung des Vorzustandes weiterhin im Sinne einer (minimalen) Teilkausalität die linksseitigen Kniebeschwerden bewirkten. Bei Lichte betrachtet habe die Gutachterin den Eintritt des medizinischen Endzustands im Sinne von Art. 40 Abs. 1 MVG im April 2009 postuliert. So habe PD Dr. med. B.________ nachvollziehbar begründet, dass die weitere Entwicklung nach dem Fallabschluss zwar weit überwiegend durch die Summe des Vorzustandes und der nachdienstlichen Verletzungen des linken Knies geprägt worden sei, jedoch die militärdienstliche Verletzung - wenn auch quantitativ schwierig abgrenzbar - weiterhin mitgewirkt habe.  
Das kantonale Gericht kam gestützt auf die gutachterlichen Ausführungen zum Schluss, dass der Kausalitätsanteil des militärversicherten Gesundheitsschadens an den linksseitigen Kniebeschwerden 10 % betrage. Allerdings habe sich PD Dr. med. B.________ bisher nicht mit einem allfälligen Integritätsschaden auseinandergesetzt, weshalb der medizinische Sachverhalt punktuell ungenügend abgeklärt sei und sich weitere Abklärungen in Form einer kreisärztlichen Beurteilung der Suva-MV oder einer ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme aufdränge. Zu diesem Zweck wies die Vorinstanz die Sache an die Beschwerdeführerin zurück. 
 
5.2. Die Beschwerdeführerin macht geltend, das kantonale Gericht habe den rechtserheblichen Sachverhalt einseitig gewürdigt und zahlreiche für ihre Haftung relevanten Arztberichte ausser Acht gelassen. Sie bringt zudem vor, das orthopädische Gutachten der PD Dr. med. B.________ sei widersprüchlich und nicht nachvollziehbar. Damit bestreitet sie den Beweiswert der Expertise vom 30. April 2021 samt Ergänzung vom 8. Juni 2022.  
 
6.  
 
6.1. PD Dr. med. B.________ diagnostizierte in ihrem Gutachten vom 30. April 2021 unter anderem eine posttraumatische Gonarthrose links mit/bei mehreren Unfällen. Sie hielt fest, beim Beschwerdegegner bestünden an beiden Knien vordienstliche Gesundheitsschäden. Eine MRT (Magnetresonanztomographie) vom 19. April 2006 zeige eine vollständige Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB) sowie eine laterale Meniskusläsion im Hinterhorn. Die Läsion sei als frisch und zeitlich passend zum Trauma vom 10. April 2006 (Kniegelenksdistorsion beim Fussballspielen) zu werten. Zudem bestehe eine Teilruptur des medialen Seitenbandes. Am 4. April 2007 habe sich der Beschwerdegegner bei einem Unihockeyspiel in der Rekrutenschule das linke Knie verdreht. Dabei sei es zu einer medialen Meniskuläsion und einer kleinen oesteochondralen Läsion am medialen Femurkondylus gekommen. Die MRT-Untersuchung vom 12. April 2007 habe weitere vorbestehende Läsionen (insbesondere VKB-Ruptur und lateraler Meniskusschaden sowie Teilruptur des medialen Seitenbandes) gezeigt. Der Unfall vom 4. April 2007 habe nicht zu einer weiteren Schädigung der vordienstlich geschädigten Strukturen, sondern zu zusätzlichen Kniebinnenläsionen geführt. Der Zustand des linken Kniegelenks sei damit durch den neuerlichen Unfall in geringem Ausmass partiell verschlechtert worden. Zur Frage, ob die heute vorliegenden Beschwerden im Zusammenhang mit der im Militärdienst erlittenen Gesundheitsschädigung stünden, führte die Gutachterin aus, es bestehe eine sehr kleine Teilkausalität in dem Sinne, dass die mediale Meniskusläsion und der Knorpelschaden formal nicht vollständig zur Abheilung hätten gebracht werden können. Demzufolge seien die dienstlichen Verletzungen als kleiner Teil einer Masse an mehreren vordienstlichen, einer dienstlichen und mehreren nachdienstlichen Verletzungen zu sehen, welche in der Gesamtheit zum vorzeitigen Gelenksverschleiss geführt hätten. Klar führend sei hier die Rolle der nicht-dienstlichen zweizeitigen VKB-Ruptur. Auch mit Blick auf die nachdienstliche - ungleich schwerere - Verletzung des gleichen medialen Meniskus (Korbhenkelläsion mit Notwendigkeit einer ausgedehnten medialen Teilmeniskektomie) könne der Anteil der dienstlichen Verletzung nicht mehr sinnvoll in Prozenten abgegrenzt werden.  
Weiter hielt PD Dr. med. B.________ fest, zum Zeitpunkt des zwischen der Suva-MV und dem Beschwerdegegner abgeschlossenen Vergleichs (2009) sei die vorübergehende Verschlimmerung des erheblichen Vorzustands aus fachgutachterlicher Sicht vorerst abgeschlossen gewesen. Die weitere Entwicklung werde weit überwiegend durch die Summe des Vorzustands und der nachdienstlichen Verletzungen des linken Knies geprägt. Mithin sei die dienstlich erlittene Verletzung für sich genommen vernachlässigbar. Aus heutiger Sicht könne der Fallabschluss per April 2009 als nachvollziehbar beurteilt werden. 
 
6.2. Nachdem der Beschwerdegegner zahlreiche Einwände gegen das orthopädische Gutachten der PD Dr. med. B.________ erhoben hatte, holte die Suva-MV eine ergänzende Stellungnahme der Expertin ein. Darin bestätigte diese am 8. Juni 2022, dass zur vorbestehenden schweren Knieverletzung links durch den Unfall im Militärdienst eine mediale Meniskusläsion und eine kleine osteochondrale Läsion am medialen Femurkondylus hinzugekommen seien. Diese Zusatzläsionen würden medizinisch theoretisch entweder keiner Operation bedürfen oder könnten mit einer Arthroskopie saniert werden, wodurch die Behandlung erwartungsgemäss innert einiger Monate abgeschlossen gewesen wäre. Langfristig bestehe ein theoretisches Risiko einer etwas beschleunigten Degeneration des medialen Kompartiments aufgrund der Meniskusteilresektion und der kleinen osteochondralen Läsion, welches jedoch bei erhaltener Bandstabilität (also erhaltenem VKB) gering wäre. Erst die Kombination mit der vorbestehenden VKB-Läsion sei das Problem. Die Gutachterin ging davon aus, dass die im Militärdienst eingetretene Verschlimmerung nach den Eingriffen vom 16. November 2007 und 29. Januar 2009 beendet gewesen und der Status quo sine Mitte April 2009 eingetreten sei. Der behandelnde Orthopäde habe den Beschwerdegegner ab 14. April 2009 voll arbeitsfähig geschrieben und dieser habe seine Erwerbstätigkeit wieder aufgenommen. Im Bericht des behandelnden Arztes vom 17. Dezember 2010 sei eine vollständige Beschwerdefreiheit dokumentiert.  
Weiter führte PD Dr. med. B.________ aus, die als Rückfälle geltend gemachten Folgeunfälle und die sekundäre Gonarthrose seien aus gutachterlicher Sicht in Anbetracht der Gesamtschadenslage bei erheblichem Vorzustand schwierig abzugrenzen und zu beurteilen. Hauptursache der posttraumatischen Arthrose sei die vordienstliche VKB-Ruptur. Diese führe zu Schäden in mehreren Kompartimenten des Kniegelenks und zu einer persistierenden Instabilität des defizienten VKB, welches in der Folge zu pathologischen Scherkräften und damit schleichender und vorzeitiger Degeneration des Gelenks führe. Damit habe per se ein hohes Risiko einer posttraumatischen Arthroseentwicklung (als Schäden an Knorpel, Knochen und Menisken des Kniegelenks) und von erneuten Distorsionen bestanden. Es sei medizinisch sehr schwierig, den genauen prozentualen Anteil der Folgen der morphologisch dargestellten und adäquat therapierten militärischen Zusatzschäden unter Subtraktion der vorbestehenden VKB-Läsion und der nachfolgenden weiteren Verletzungen, insbesondere der Korbhenkelläsion des medialen Meniskus 2010, zu benennen. Die Gutachterin ging davon aus, dass eine minimale Teilkausalität der dienstzeitlichen Verschlimmerung für die nachdienstlich eingetretenen und heute noch bestehenden Schäden am linken Knie bejaht werden könne. Diese sei jedoch so gering, dass eine prozentuale Bezifferung schwierig sei. Die "militärbedingte" osteochondrale Läsion habe das Potenzial zu einer Verschlechterung (Degeneration des medialen Kompartiments). Sie sei jedoch klein und auch die zugrundeliegende VKB-Läsion führe über die Zeit zu Knorpelschäden. Aus gutachterlicher Sicht erscheine unter Abwägung aller Faktoren ein Kausalitätsanteil von 10 % vertretbar. 
 
6.3. Die Beschwerdeführerin macht geltend, der Schluss der Gutachterin, der heutige Zustand des linken Kniegelenks stehe in einem Teilzusammenhang von 10 % mit der militärversicherten Gesundheitsschädigung, sei nicht nachvollziehbar. Sie habe angegeben, durch den Unfall während des Militärdienstes sei der Zustand des linken Kniegelenks in geringem Ausmass partiell verschlechtert worden. Die erlittene Verletzung sei in der Gesamtsicht nicht mehr abgrenzbar resp. vernachlässigbar. Diese Einschätzung stimme mit den übrigen medizinischen Akten überein. So habe Dr. med. C.________ anlässlich der MRT-Untersuchung vom 23. Dezember 2010 eine vollständige Korbhenkelläsion bei Status nach Meniskusnaht festgestellt. Dr. med. D.________, Kreisarzt der Suva Unfallversicherung, sei in seiner Beurteilung vom 16. August 2011 zum Schluss gelangt, die Beschwerden stünden wahrscheinlich immer noch im Zusammenhang mit dem Unfall vom 8. Dezember 2010. Den Unfall vom 4. April 2007 habe er dabei mangels Zusammenhangs nicht einmal mehr erwähnt. Auch ein anderer Kreisarzt der Suva Unfallversicherung habe den Unfall im Militärdienst nicht erwähnt. Vielmehr habe er die Beschwerden auf das Ereignis vom 2. November 2007 zurückgeführt. Schliesslich verneine auch der Kreisarzt der Suva-MV, Dr. med. E.________, einen Zusammenhang zwischen den heutigen Beschwerden und dem militärdienstlichen Unfall. Wenn die Gutachterin bei dieser Aktenlage von einem Kausalitätsanteil von 10 % ausgehe, sei dies nicht nachvollziehbar. Die Vorinstanz habe zu Unrecht auf die Einschätzung der PD Dr. med. B.________ in ihrer ergänzenden Stellungnahme abgestellt.  
 
6.4. Mit diesen Vorbringen vermag die Beschwerdeführerin nicht aufzuzeigen, inwiefern die vorinstanzliche Beweiswürdigung gegen Bundesrecht verstossen soll. Es steht fest und ist unbestritten, dass der Unfall vom 4. April 2007 zu zusätzlichen Läsionen (medialer Meniskusriss und ein kleine osteochondrale Läsion am medialen Femurkondylus) am bereits erheblich vorgeschädigten linken Knie geführt hatte. Die Gutachterin betonte mehrfach, wie schwierig es sei, den Kausalitätsanteil dieser Verletzungen an den aktuell bestehenden Beschwerden (Gonarthrose) zu beziffern. Obschon sie von einem geringen resp. vernachlässigbaren Anteil der dienstlichen Verletzungen ausging, stellte sie einen Kausalzusammenhang nie in Abrede. Es mag sein, dass das Risiko einer beschleunigten Degeneration des medialen Kompartiments bei isolierter Betrachtung des Dienstunfalls gering gewesen wäre (vgl. ergänzende Stellungnahme der PD Dr. med. B.________ vom 8. Juni 2022) und Hauptursache der posttraumatischen Arthrose die vordienstliche VKB-Ruptur ist. Dies ändert aber nichts daran, dass die im Militärdienst erlittenen Verletzungen in Kombination mit den übrigen vor- und nachdienstlichen Verletzungen zur Gonarthrose führten. Die Gutachterin legte damit nachvollziehbar dar, dass zwischen dem Dienstunfall und den nachdienstlich eingetretenen und heute noch bestehenden Schäden am linken Knie ein minimaler Teilkausalzusammenhang bestehe. Sie gewichtete den Anteil der dienstlichen Verletzungen am Gesamtschaden schliesslich mit 10 %. Freilich kann man sich fragen, ob ein Kausalitätsanteil von 10 % noch als minimal resp. vernachlässigbar betrachtet werden kann. Letztlich liegt die Quantifizierung aber im Ermessen der medizinischen Fachperson. Mit Blick auf die eingehende und sorgfältige gutachterliche Würdigung der Gesamtsituation besteht kein Anlass, die Kausalitätsschätzung in Frage zu stellen, wie sich auch aus dem Folgenden ergibt.  
 
6.5. Entgegen den Vorbringen der Beschwerdeführerin ergeben sich aus den von ihr erwähnten Arztberichten keine konkreten Indizien, die gegen die Zuverlässigkeit der gutachterlichen Einschätzung sprächen (vgl. dazu BGE 137 V 210 E. 1.3.4; 125 V 351 E. 3b/bb; vgl. auch BGE 135 V 465 E. 4.4 sowie Urteil 8C_111/2023 vom 12. Oktober 2023 E. 5.1). Dass es nachdienstlich zu weiteren Knieverletzungen (insbesondere vollständige Korbhenkelläsion) gekommen ist, steht ausser Frage und wurde von der Gutachterin berücksichtigt. Weshalb allein deshalb der Kausalzusammenhang zwischen den im Militärdienst erlittenen Verletzungen und den heutigen Beschwerden weggefallen sein soll, legt die Beschwerdeführerin aber nicht dar und ist auch nicht ersichtlich. Ebenfalls ins Leere zielt der Einwand, wonach die Kreisärzte der Suva Unfallversicherung bei ihren Beurteilungen das Ereignis vom 4. April 2007 nicht erwähnt hätten. Denn die Versicherungsmediziner hatten in erster Linie den Kausalzusammenhang zwischen den Kniebeschwerden und den bei der Suva Unfallversicherung versicherten Unfällen zu beurteilen. Die Bejahung eines solchen Zusammenhangs bedeutet nicht, dass die heutigen Beschwerden nicht auch (teilweise) Folge einer dienstlichen Gesundheitsschädigung sein können. Den kreisärztlichen Einschätzungen ist denn auch nicht eine Aussage dahingehend zu entnehmen, dass zwischen den dienstlichen Gesundheitsstörungen und den bestehenden Kniebeschwerden kein Kausalzusammenhang bestehe.  
 
Auch aus der versicherungsmedizinischen Beurteilung des Dr. med. E.________ vom 31. Januar 2018 ergibt sich nichts, was die gutachterliche Beurteilung der PD Dr. med. B.________ zu erschüttern vermöchte. Insbesondere geht aus der kurzen Stellungnahme des Kreisarztes der Suva-MV nicht hervor, weshalb das - auch von der Gutachterin bestätigte - zwischenzeitliche Abheilen der dienstlichen Verletzungen einer (Teil) Haftung der Suva-MV für Spätfolgen in Form einer Gonarthrose entgegenstehen sollte. Spätfolgen liegen praxisgemäss gerade dann vor, wenn ein scheinbar geheiltes Leiden (mit oder ohne verbleibenden Defektzustand) im Verlaufe längerer Zeit organische Veränderungen bewirkt, die zu einem oft völlig anders gearteten Krankheitsbild führen (JÜRG MAESCHI, Kommentar zum Bundesgesetz über die Militärversicherung [MVG] vom 19. Juni 1992, Bern 2000, Rz. 22 zu Art. 6 MVG). Sie sind grundsätzlich abzugelten, wenn sie mit dem versicherten Unfallereignis als solchem in einer natürlich und adäquat kausalen Verbindung stehen, selbst wenn zwischenzeitlich aufgetretene Primärfolgen im weiteren Verlauf abgeklungen oder nicht mehr unfallkausal sind (vgl. MAESCHI, a.a.O., Rz. 21 zu Art. 6 MVG; vgl. auch MARC HÜRZELER, Rückfälle, Spätfolgen und mehrere Unfälle im UVG, Jahrbuch zum Sozialversicherungsrecht, 2023, S. 115 f.). Davon geht im Übrigen auch die Beschwerdeführerin aus, wenn sie festhält, ein eingetretener Status quo sine vel ante schliesse die Bejahung eines Rückfalls resp. einer Spätfolge nicht aus. Auf die Frage, ob das kantonale Gericht die gutachterlichen Ausführungen dahingehend interpretieren durfte, die Gutachterin habe bei Lichte betrachtet den Eintritt des medizinischen Endzustands im April 2009 und nicht das Erreichen des Status quo sine postuliert, braucht folglich nicht weiter eingegangen zu werden. 
 
6.6. Gemäss dem beweiskräftigen Gutachten der PD Dr. med. B.________ konnten die im Militärdienst erlittenen Verletzungen (mediale Meniskusläsion und Knorpelschaden) formal nicht vollständig abheilen. Entsprechend ging die Expertin davon aus, dass diese einen kleinen Teil einer Masse an mehreren vordienstlichen, einer dienstlichen und mehreren nachdienstlichen Verletzungen darstellten, welche in der Gesamtheit zum vorzeitigen Gelenksverschleiss führten. Die Expertin hielt zudem fest, im Jahr 2009 sei die vorübergehende Verschlimmerung des erheblichen Vorzustands vorerst abgeschlossen gewesen. Damit brachte sie klar zum Ausdruck, dass die im Militärdienst erlittene Gesundheitsschädigung im Jahr 2009 nur scheinbar geheilt war und im Verlauf der Jahre zusammen mit den vor- und nachdienstlich erlittenen Verletzungen am linken Knie zur Entstehung einer Gonarthrose im Sinne einer Spätfolge beigetragen hat. Eine solche sekundäre Gonarthrose sah im Übrigen der Kreisarzt der Suva-MV, Dr. med. F.________, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin und Rheumatologie, bereits in einer Beurteilung vom 8. September 2008 aufgrund des Knorpeldefekts im linken Knie kommen.  
 
6.7. Vor diesem Hintergrund bleibt unklar, worauf die Beschwerdeführerin mit ihrem Vorbringen abzielt, die gutachterliche Einschätzung des Kausalitätsanteils der dienstlichen Verletzungen beziehe sich auf die posttraumatische Arthrose und damit auf eine Haftung gemäss Art. 6 MVG. Vorliegend steht offenkundig eine (Teil) Haftung gemäss Art. 6 MVG, und nicht nach Art. 5 MVG, zur Diskussion, nachdem die Suva-MV ihre Leistungen für die im Dienst erlittene Meniskusläsion und die oesteochondralen Läsion am medialen Femurkondylus bereits im April 2009 eingestellt hatte, der Beschwerdegegner in der Folge betreffend das linke Knie bis Sommer 2010 vollständig beschwerdefrei gewesen war und nunmehr eine neue Gesundheitsschädigung in Form einer Gonarthrose zur Beurteilung steht (zur Frage des Vorliegens eines neuen Versicherungsfalles vgl. Urteil 8C_261/2022 vom 9. März 2023 E. 2.5; MAESCHI, a.a.O., Rz. 42 zu Art. 5 - 7 MVG; CHRISTOF STEGER-BRUHIN, Die Haftungsgrundsätze der Militärversicherung, Diss. St. Gallen 1996, S. 180 ff.). Der Unterschied zwischen den Haftungsvoraussetzungen nach Art. 5 (Feststellung der Gesundheitsschädigung während des Dienstes) und Art. 6 MVG (Feststellung der Gesundheitsschädigung nach dem Dienst) besteht im Übrigen lediglich - aber immerhin - darin, dass im ersten Fall der Kausalzusammenhang zwischen der Gesundheitsschädigung und den Einwirkungen während des Dienstes vermutet wird und diese Vermutung nur durch den gegenteiligen Sicherheitsbeweis ausgeschlossen werden kann, während im zweiten Fall das Vorliegen kausaler Folgen von dienstlicher Gesundheitsschädigung mit dem im Sozialversicherungsrecht allgemein erforderlichen Beweisgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit erstellt sein muss (BGE 123 V 137 E. 3a; 111 V 370 E. 1b). In qualitativer Hinsicht unterscheidet sich die Kontemporalitätshaftung nach Art. 5 MVG nicht von der "gewöhnlichen" Verursachungshaftung des Art. 6 MVG (CHRISTOF STEGER-BRUHIN, a.a.O., S. 67).  
Da im hier zu beurteilenden Fall der Zusammenhang zwischen Spätfolge und dienstlicher Gesundheitsschädigung aufgrund der schlüssigen gutachterlichen Ausführungen wahrscheinlicher ist als das Fehlen eines solchen (BGE 111 V 370 E. 2b; SVR 2007 MV Nr. 1 S. 1, M 8/05 E. 3.1), besteht eine (Teil) Haftung der Beschwerdeführerin nach Art. 6 MVG
 
6.8. Zusammenfassend hat das kantonale Gericht weder Beweise unrichtig gewürdigt noch sonstwie Bundesrecht verletzt, indem es auf die gutachterliche Beurteilung der PD Dr. med. B.________ abgestellt und gestützt darauf einen natürlichen Kausalzusammenhang zwischen den heute bestehenden Beschwerden am linken Knie und dem dienstlichen Unfall vom 4. April 2007 - mit einer Gewichtung der dienstlichen Einwirkung mit 10 % - als erstellt betrachtet hat. Die Vorinstanz hat demnach die Sache zu Recht an die Beschwerdeführerin zurückgewiesen, damit diese die notwendigen medizinischen Abkärungen tätige und hernach über den Anspruch auf eine Integritätsschadenrente neu entscheide. Die Beschwerdeführerin wird dabei auch das Mass der Haftung (vgl. Art. 64 MVG) und eine allfällige Koordination mit der Suva Unfallversicherung (vgl. Art. 76 MVG) zu prüfen haben. Die Beschwerde ist demnach unbegründet.  
 
7.  
Die Gerichtskosten werden dem Prozessausgang entsprechend der Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 23. Februar 2024 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Wüest