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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
1C_528/2023, 1C_638/2023  
 
 
Urteil vom 1. Dezember 2023  
 
I. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Kneubühler, Präsident, 
Bundesrichter Chaix, Haag, 
Gerichtsschreiber Baur. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Einwohnergemeinde Ittigen, handelnd durch den Gemeinderat, Rain 7, 
Postfach 226, 3063 Ittigen, 
 
Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland, Poststrasse 25, 3071 Ostermundigen. 
 
Gegenstand 
1C_528/2023 
Verkehrsmassnahme; zeitlich beschränkte Öffnung 
der Schranke zwischen dem Vorderen und Hinteren Schermen; aufschiebende Wirkung, 
 
1C_638/2023 
Revision des Urteils des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 19. September 2023, 
 
Beschwerden gegen die Urteile des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichterin, vom 19. September 2023 (100.2023.182U) und 14. November 2023 (100.2023.286U). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Der Gemeinderat der Einwohnergemeinde Ittigen publizierte am 5. April 2023 im Anzeiger für die Region Bern bis maximal Ende September 2023 befristete Verkehrsmassnahmen. Er erklärte diese für sofort vollstreckbar und entzog einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung. Am 8. April 2023 gelangte A.________ gegen den Entzug der aufschiebenden Wirkung an das Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland; am 2. Mai 2023 reichte er dort Beschwerde in der Hauptsache ein. Das Regierungsstatthalteramt vereinigte die beiden Verfahren und wies die Beschwerde gegen den Entzug der aufschiebenden Wirkung mit Zwischenentscheid vom 23. Juni 2023 ab, soweit es darauf eintrat. In der Hauptsache sistierte es das Verfahren auf Gesuch von A.________ vorerst bis zum 30. September 2023. 
Gegen den Zwischenentscheid des Regierungsstatthalteramts vom 23. Juni 2023 gelangte A.________ an das Verwaltungsgericht des Kantons Bern. Mit Urteil vom 19. September 2023 wies das Gericht das Rechtsmittel ab. 
 
B.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 2. Oktober 2023 an das Bundesgericht beantragt A.________, das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben, die Streitsache unter Einbezug des neu eingereichten Verkehrsgutachtens vom 11. April 2023 neu zu beurteilen und festzustellen, dass seinem beim Regierungsstatthalteramt eingereichten Rechtsmittel gegen die fraglichen Verkehrsmassnahmen die aufschiebende Wirkung zukomme (Verfahren 1C_528/2023). 
Die Einwohnergemeinde schliesst auf Abweisung der Beschwerde, soweit darauf einzutreten sei, das Verwaltungsgericht auf Nichteintreten, eventuell Abweisung. Das Regierungsstatthalteramt hat auf eine inhaltliche Stellungnahme zur Beschwerde verzichtet. A.________ hat sich nicht mehr geäussert. 
 
C.  
Am 29. Oktober 2023 stellte A.________ beim Verwaltungsgericht des Kantons Bern weiter ein Gesuch um Revision des Urteils vom 19. September 2023. Zugleich ersuchte er um Sistierung des Revisionsverfahrens bis zum Entscheid des Bundesgerichts im Verfahren 1C_528/2023. Mit Urteil vom 14. November 2023 wies das Verwaltungsgericht das Sistierungsgesuch ab und trat auf das Revisionsgesuch mangels Rechtsschutzinteresses nicht ein, wobei es seinen Entscheid dem Bundesgericht im Verfahren 1C_528/2023 mitteilte. 
Mit Eingabe vom 24. November 2023 erhebt A.________ auch gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 14. November 2023 Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beim Bundesgericht (Verfahren 1C_638/2023). Er beantragt, das Urteil aufzuheben und das Verwaltungsgericht anzuweisen, auf das Revisionsgesuch einzutreten. 
Das Bundesgericht verzichtet auf die Einholung von Vernehmlassungen zu dieser Beschwerde. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Die beiden Beschwerdeverfahren hängen eng zusammen und betreffen die gleichen Parteien; zudem stellt sich im Wesentlichen die gleiche Frage. Es rechtfertigt sich daher, die Verfahren 1C_528/2023 und 1C_638/2023 zu vereinigen und die Sache in einem einzigen Urteil zu behandeln. 
 
2.  
Die Beschwerde im Verfahren 1C_528/2023 richtet sich gegen das Urteil der Vorinstanz vom 19. September 2023 und somit gegen einen kantonal letztinstanzlichen (Zwischen-) Entscheid eines oberen Gerichts in einer Angelegenheit des öffentlichen Rechts über die Frage, ob einem Rechtsmittel gegen Verkehrsmassnahmen zu Recht die aufschiebende Wirkung entzogen wurde (vgl. Art. 82 lit. a, Art. 86 Abs. 1 lit. d und Abs. 2, Art. 93 Abs. 1 BGG). Eine Ausnahme nach Art. 83 BGG liegt nicht vor. Die betreffenden Verkehrsmassnahmen waren bis maximal Ende September 2023 befristet und galten, wie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde selber festhält, bereits im Zeitpunkt der Beschwerdeeinreichung beim Bundesgericht nicht mehr. Soweit er mit seiner Beschwerde erreichen will, dass die fraglichen Verkehrsmassnahmen während des in der Hauptsache vor dem Regierungsstatthalteramt hängigen Rechtsmittelverfahrens gehemmt werden, mangelt es ihm somit am nach Art. 89 Abs. 1 BGG erforderlichen aktuellen praktischen Interesse an der Beurteilung seiner Eingabe. 
Der Beschwerdeführer bestreitet das Fehlen eines entsprechenden Rechtsschutzinteresses nicht. Er macht jedoch geltend, es liege ein Fall vor, bei dem vom Erfordernis eines solchen Interesses abzusehen sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Das Bundesgericht verzichtet ausnahmsweise auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses, wenn sich die aufgeworfenen Fragen unter gleichen oder ähnlichen Umständen jederzeit wieder stellen können, eine rechtzeitige Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre und die Beantwortung wegen deren grundsätzlicher Bedeutung im öffentlichen Interesse liegt (BGE 142 I 135 E. 1.3.1; 141 II 14 E. 4.4; je mit Hinweisen). Vorliegend stellen sich indessen keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung. Zwar kann sich die Frage, ob eine Gemeinde einem allfälligen Rechtsmittel gegen verfügte Verkehrsmassnahmen die aufschiebende Wirkung entziehen kann, künftig wieder stellen; der Entscheid erfordert jedoch eine einzelfallbezogene Interessenabwägung unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse und nicht die Klärung grundsätzlicher Rechtsfragen. Da es dem Beschwerdeführer bereits bei der Beschwerdeeinreichung am nach Art. 89 Abs. 1 BGG erforderlichen aktuellen praktischen Interesse an der Behandlung seiner Eingabe mangelte, ist auf die Beschwerde daher nicht einzutreten (vgl. BGE 142 I 135 E. 1.3.1 mit Hinweisen). 
 
3.  
 
3.1. Die Beschwerde im Verfahren 1C_638/2023 richtet sich gegen den Entscheid der Vorinstanz vom 14. November 2023, auf das Revisionsgesuch des Beschwerdeführers betreffend ihr Urteil vom 19. September 2023 mangels Rechtsschutzinteresses nicht einzutreten. Der Beschwerdeführer macht geltend, die Vorinstanz sei zu Unrecht nicht auf sein Gesuch eingetreten. Damit ist er grundsätzlich zur Beschwerde befugt. Seine Beschwerdeberechtigung und die weiteren Eintretensvoraussetzungen sind allerdings nicht abschliessend zu prüfen, erweist sich die Beschwerde doch, wie nachfolgend darzulegen ist, ohnehin als unbegründet.  
 
3.2. Die Vorinstanz hat im angefochtenen Urteil ausgeführt, das kantonale Verfahrensrecht setze ein aktuelles praktisches Interesse an der Behandlung eines Revisionsgesuchs voraus. Trotz Fehlens oder Wegfalls eines entsprechenden Interesses sei ausnahmsweise auf ein Rechtsmittel einzutreten, wenn eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung zu beantworten sei, die sich jederzeit unter gleichen oder ähnlichen Umständen wieder stellen und die wegen der Dauer des Verfahrens kaum je rechtzeitig einer endgültigen Beurteilung zugeführt werden könne. Diese Voraussetzungen seien vorliegend nicht erfüllt, da sich keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung stellten.  
Der Beschwerdeführer rügt im Wesentlichen, die Vorinstanz habe die Voraussetzungen für ein ausnahmsweises Eintreten auf sein Revisionsgesuch zu Unrecht verneint, stellten sich doch durchaus Fragen von grundsätzlicher Bedeutung. Die vorinstanzliche Beurteilung verstösst indes nicht gegen Bundesrecht, soweit der Beschwerdeführer einen solchen Verstoss überhaupt geltend macht. Wie zur Beschwerde im Verfahren 1C_528/2023 ausgeführt, wirft die Frage, ob eine Gemeinde einem Rechtsmittel gegen Verkehrsmassnahmen zu Recht die aufschiebende Wirkung entzogen hat, keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne der erwähnten bundesgerichtlichen Rechtsprechung auf, sondern ist zu ihrer Beantwortung (bloss) eine einzelfallbezogene Interessenabwägung unter Berücksichtigung der konkreten Verhältnisse erforderlich. Auch sonst hat die Vorinstanz kein Bundesrecht verletzt, indem sie die Voraussetzung der sich stellenden Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung mit Hinweis auf die erforderliche Einzelfallprüfung als nicht erfüllt erachtet und ein ausnahmsweises Eintreten auf das Revisionsgesuch des Beschwerdeführers trotz Fehlens eines aktuellen praktischen Interesses abgelehnt hat. Auch ein Verstoss gegen anderes Recht im Sinne von Art. 95 BGG ist nicht erkennbar. Die Beschwerde ist daher abzuweisen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
4.  
Bei diesem Verfahrensausgang ist der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine zuzusprechen (Art. 68 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Verfahren 1C_528/2023 und 1C_638/2023 werden vereinigt. 
 
2.  
Auf die Beschwerde im Verfahren 1C_528/2023 wird nicht eingetreten. 
 
3.  
Die Beschwerde im Verfahren 1C_638/2023 wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
4.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
5.  
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Einwohnergemeinde Ittigen, dem Regierungsstatthalteramt Bern-Mittelland und dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern, Verwaltungsrechtliche Abteilung, Einzelrichterin, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. Dezember 2023 
 
Im Namen der I. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Kneubühler 
 
Der Gerichtsschreiber: Baur