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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_548/2022  
 
 
Urteil vom 23. Februar 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichterinnen Moser-Szeless, Scherrer Reber, 
Gerichtsschreiberin Nünlist. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwältin Aurelia Jenny, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle des Kantons Zürich, 
Röntgenstrasse 17, 8005 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich vom 28. September 2022 (IV.2022.00176). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 1971 geborene A.________ meldete sich im Mai 2015 bei der Eidgenössischen Invalidenversicherung (IV) zum Leistungsbezug an. Nachdem die IV-Stelle des Kantons Zürich das Leistungsbegehren ein erstes Mal abschlägig beurteilt hatte (Verfügung vom 20. November 2017), hiess das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich eine dagegen erhobene Beschwerde mit Urteil vom 28. Mai 2019 in dem Sinne gut, dass sie die angefochtene Verfügung aufhob und die Sache an die IV-Stelle zurückwies, damit diese, nach erfolgter Abklärung im Sinne der Erwägungen, über den Leistungsanspruch neu verfüge. Am 9. April 2020 erstattete die MEDAS Zentralschweiz ein polydisziplinäres (internistisch, neurologisch, psychiatrisch, rheumatologisches) Gutachten. Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren, der Einholung ergänzender Berichte, insbesondere vom behandelnden Psychiater, sowie Rückfragen an den psychiatrischen Gutachter (ergänzende Stellungnahme des Experten vom 29. August 2021) wies die IV-Stelle den Anspruch auf eine Invalidenrente mit Verfügung vom 17. Februar 2022 ab. 
 
B.  
Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich mit Urteil vom 28. September 2022 ab. 
 
C.  
A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, es sei das Urteil der Vorinstanz vom 28. September 2022 aufzuheben. Es sei die Beschwerdegegnerin zu verpflichten, der Beschwerdeführerin ab 1. November 2015 eine ihrem Invaliditätsgrad entsprechende Rente auszurichten. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an die Vorinstanz, subeventualiter an die Beschwerdegegnerin zurückzuweisen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Entsprechend den allgemeinen intertemporalrechtlichen Grundsätzen (vgl. BGE 144 V 210 E. 4.3.1) ist nach der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Rechtslage zu beurteilen, ob bis zu diesem Zeitpunkt ein Rentenanspruch entstanden ist. Trifft dies zu, so erfolgt ein allfälliger Wechsel zum neuen stufenlosen Rentensystem je nach Alter der Rentenbezügerin oder des Rentenbezügers gemäss lit. b und c der Übergangsbestimmungen des IVG zur Änderung vom 19. Juni 2020 (Weiterentwicklung der IV; vgl. auch Rz. 9100 ff. des Kreisschreibens des Bundesamtes für Sozialversicherungen [BSV] über Invalidität und Rente in der Invalidenversicherung [KSIR]). Steht hingegen ein erst nach dem 1. Januar 2022 entstandener Rentenanspruch zur Diskussion, findet darauf das seit diesem Zeitpunkt geltende Recht Anwendung. Auch nach dem neuen Recht setzt der Rentenanspruch insbesondere einen Invaliditätsgrad von mindestens 40 % voraus (vgl. Art. 28 Abs. 1 lit. c und Art. 28b IVG). Bei vorliegender Anmeldung zum Leistungsbezug im Mai 2015 ist nach der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Rechtslage zu beurteilen, ob ein Rentenanspruch entstanden ist (vgl. Art. 28 Abs. 1 und 29 Abs. 1 IVG).  
 
1.2. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann unter anderem die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann deren Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Streitig und zu prüfen ist, ob Bundesrecht verletzt wurde, indem das kantonale Gericht den Anspruch der Beschwerdeführerin auf eine Invalidenrente verneint hat.  
 
 
2.2. Die für die Beurteilung der Streitsache massgeblichen rechtlichen Grundlagen wurden im angefochtenen Urteil zutreffend wiedergegeben. Darauf wird verwiesen (Art. 109 Abs. 3 Satz 2 BGG).  
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz hat der Expertise der MEDAS Zentralschweiz vom 9. April 2020 samt Ergänzung vom 29. August 2021 Beweiskraft zuerkannt. Sie hat insbesondere erwogen, die Schlussfolgerung des psychiatrischen Gutachters, dass keine psychische Krankheit mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ausgewiesen sei, überzeuge. Es sei nicht ersichtlich, inwiefern eine praxisbezogene Arbeitsabklärung einen zusätzlichen relevanten Erkenntnisgewinn bringen könnte. Basierend auf den Angaben im MEDAS-Gutachten hat das kantonale Gericht in der zuletzt ausgeübten Tätigkeit (als Callagentin) auf eine Arbeitsfähigkeit von 65 % sowie in einer optimal leidensangepassten Tätigkeit auf eine solche von 90 % geschlossen. Der Beschwerdegegnerin folgend hat es damit die Voraussetzung einer während eines Jahres ohne wesentlichen Unterbruch durchschnittlich mindestens 40%igen Arbeitsunfähigkeit gemäss Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG verneint.  
 
3.2. Soweit die Beschwerdeführerin davon ausgeht, dass der psychiatrische Gutachter in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 29. August 2021 entgegen seiner ursprünglichen Einschätzung darauf schloss, dass entweder eine Persönlichkeitsstörung oder eine Minderintelligenz vorliege, geht sie fehl. Vielmehr ging er von diesbezüglichen Differenzialdiagnosen aus, die für sich möglich, aber nicht überwiegend wahrscheinlich seien (ergänzende Stellungnahme S. 2). Der Sachverständige hat somit weder seine ursprüngliche Einschätzung korrigiert noch sich in Widerspruch dazu gesetzt.  
Es wird nicht dargetan, dass der psychiatrische Experte (insbesondere hinsichtlich der Diagnose einer Persönlichkeitsstörung) wesentliche - etwa aus der Einschätzung des behandelnden Psychiaters hervorgehende - Aspekte unberücksichtigt gelassen hätte. Die Würdigung der Grundlagen für eine Diagnosestellung sowie die Diagnosestellung selbst sind nicht Aufgaben des Gerichts, sondern des medizinischen Sachverständigen. Die Beschwerdeführerin substanziiert nicht, inwiefern der Bericht des behandelnden Psychiaters vom 5. März 2021 Zweifel am psychiatrischen Teilgutachten zu erwecken vermag. Eine von der Expertise abweichende Einschätzung genügt hierfür nicht (vgl. Urteil 9C_276/2016 vom 19. August 2016 E. 3.1.1 mit Hinweisen). 
Auf ergänzende Abklärungen durfte die Vorinstanz in zulässiger antizipierter Beweiswürdigung und ohne Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 29 Abs. 2 BV) sowie des Untersuchungsgrundsatzes verzichten. So kann gemäss dem psychiatrischen Experten auch durch eine (weitere) Begutachtung nicht klärend aufgelöst werden, ob die Beschwerdeführerin im Rahmen einer passiv-aggressiven Persönlichkeitsstörung in Verweigerungshaltung gewesen ist bei den neuropsychologischen Tests und deswegen derart massiv übersteigert pathologisch geantwortet hat, dass daraus auffällige IQ-, aber auch Symptomvalidierungstestwerte resultierten (ergänzende Stellungnahme vom 29. August 2021 S. 2). Im Zusammenhang mit dem Verzicht auf eine praxisbezogene Arbeitsabklärung hat die Vorinstanz sodann zu Recht erwogen, dass die Beurteilung, ob die Verweigerungshaltung der Beschwerdeführerin krankheitsbedingt sei oder nicht, einer psychiatrischen Fachperson obliege (vorinstanzliche Erwägung 4.6 S. 17). 
Eine Einschränkung in der Leistungsfähigkeit kann schliesslich nur anspruchserheblich sein, wenn sie Folge einer Gesundheitsbeeinträchtigung ist, die fachärztlich einwandfrei diagnostiziert worden ist (Urteil 9C_862/2014 vom 17. September 2015 E. 3.1 mit Hinweis). Daran fehlt es vorliegend. 
Die Schlussfolgerung des kantonalen Gerichts, wonach keine psychiatrische Krankheit mit Auswirkung auf die Arbeitsfähigkeit überwiegend wahrscheinlich sei (vorinstanzliche Erwägung 4.4 in fine S. 16), beruht somit weder auf einer Verletzung von Bundesrecht noch auf einer einseitigen und damit willkürlichen Beweiswürdigung. 
 
4.  
 
4.1. Zusammenfassend lassen die Einwendungen der Beschwerdeführerin weder die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen als offensichtlich unrichtig, als Ergebnis willkürlicher Beweiswürdigung oder als rechtsfehlerhaft nach Art. 95 BGG erscheinen, noch zeigen sie sonst wie eine Bundesrechtsverletzung auf (vgl. E. 1.2 hiervor). Die Beschwerde ist offensichtlich unbegründet, weshalb sie im vereinfachten Verfahren nach Art. 109 Abs. 2 lit. a und Abs. 3 BGG erledigt wird.  
 
4.2. Die unterliegende Beschwerdeführerin hat die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 23. Februar 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Nünlist