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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_74/2022  
 
 
Urteil vom 2. April 2024  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichter Hurni, Kölz, 
Gerichtsschreiber Eschle. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Remo Busslinger, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Zürich, Güterstrasse 33, Postfach, 8010 Zürich, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Vorsätzliche grobe Verletzung der Verkehrsregeln; Willkür, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zürich, I. Strafkammer, vom 2. Juni 2022 (SB220026-O/U/cwo). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Anklage vom 29. Januar 2020 wirft die Staatsanwaltschaft Winterthur/Unterland A.________ unter anderem vor, am 10. Mai 2015 kurz vor 6 Uhr auf der Autobahn A1 Richtung St. Gallen mit seinem Personenwagen BMW M5 den Mindestabstand zum vor ihm fahrenden Fahrzeug unterschritten zu haben. Er habe bei einer durchschnittlichen Geschwindigkeit von 120 km/h über eine Distanz von ca. 300 Metern lediglich einen Abstand von 5 bis 8 Metern eingehalten und dabei mittels Lichthupe und Richtungsanzeige missbräuchlich auf sich aufmerksam gemacht. 
 
B.  
Das Einzelgericht in Strafsachen des Bezirksgerichts Pfäffikon sprach A.________ am 1. Februar 2021 der vorsätzlichen groben Verletzung der Verkehrsregeln (Art. 90 Abs. 2 SVG) sowie der mehrfachen vorsätzlichen (einfachen) Verletzung der Verkehrsregeln (Art. 90 Abs. 1 SVG) schuldig. Es bestrafte ihn mit einer bedingten Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu je Fr. 210.-- (davon zwei Tage durch Haft erstanden; Probezeit: drei Jahre) sowie mit einer Busse von Fr. 2'300.--. 
Mit Berufungsurteil vom 2. Juni 2022 sprach das Obergericht des Kantons Zürich A.________ vom Vorwurf der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 34 Abs. 1 SVG und Art. 8 Abs. 1 VRV (Rechtsfahrgebot) frei. Demgegenüber sprach es ihn schuldig der vorsätzlichen groben Verletzung der Verkehrsregeln im Sinne von Art. 90 Abs. 2 SVG i.V.m. Art. 34 Abs. 4 SVG und Art. 12 Abs. 1 VRV (Abstand beim Hintereinanderfahren) sowie der einfachen Verletzung der Verkehrsregeln i.S.v. Art. 90 Abs. 1 SVG i.V.m. Art. 40 SVG und Art. 29 Abs. 1 VRV (unnötige Warnsignale). Hierfür bestrafte es ihn mit einer Geldstrafe von 45 Tagessätzen zu je Fr. 210.--, wovon zwei Tage als durch Haft geleistet gelten, sowie mit einer Busse von Fr. 2'300.--. Den Vollzug der Geldstrafe schob es auf bei einer Probezeit von drei Jahren. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________ dem Bundesgericht, es sei das Berufungsurteil teilweise aufzuheben und er sei vom Vorwurf der groben Verkehrsregelverletzung freizusprechen. Eventualiter ersucht er um Reduktion der Geldstrafe auf 10 Tagessätze, wobei von einer Verbindungsbusse abzusehen bzw. diese auf Fr. 300.-- zu reduzieren sei. Weiter sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zu erteilen. 
Mit Verfügung vom 29. September 2022 wurde das Gesuch um aufschiebende Wirkung abgewiesen. 
Es wurden die kantonalen Akten, nicht aber Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Angefochten ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) in Strafsachen einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht auf Berufung hin (Art. 80 BGG) geurteilt hat. Der Beschwerdeführer ist als Beschuldigter zur Beschwerde legitimiert (Art. 81 Abs. 1 lit. a und lit. b Ziff. 1 BGG) und hat die Beschwerdefrist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG). 
 
2.  
Der Beschwerdeführer kritisiert die vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen betreffend den Fahrzeugabstand. 
 
2.1. Das Bundesgericht ist als oberste Recht sprechende Behörde (Art. 1 Abs. 1 BGG) keine strafrechtliche Berufungsinstanz, die eine freie Prüfung in tatsächlicher Hinsicht vornimmt oder die vorinstanzliche Beweiswürdigung mit freier Kognition überprüft (BGE 148 IV 409 E. 2.2; 145 IV 154 E. 1.1; 140 III 264 E. 2.3). Es legt seinem Urteil vielmehr den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Die Würdigung von Gutachten bildet ebenfalls Teil der Beweiswürdigung und gehört somit zur Sachverhaltsfeststellung (BGE 141 IV 305 E. 6.6.1; Urteile 6B_953/2023 vom 15. Dezember 2023 E. 1.4.5, zur Publikation vorgesehen; 7B_188/2023 vom 24. Juli 2023 E. 10.3.2; je mit Hinweisen). Diese kann das Bundesgericht nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG).  
Eine Sachverhaltsfeststellung gilt als "offensichtlich unrichtig" im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG i.V.m. Art. 9 BV, wenn sie sich als schlechterdings unhaltbar und damit als willkürlich erweist. Das ist der Fall, wenn die Behörde in ihrem Entscheid von Tatsachen ausgeht, die mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch stehen oder auf einem offenkundigen Fehler beruhen (BGE 148 IV 356 E. 2.1; 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 88 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Willkür ist nicht bereits gegeben, wenn eine andere Lösung ebenfalls vertretbar oder sogar vorzuziehen ("préférable") wäre (BGE 148 IV 39 E. 2.3.5; 146 IV 88 E. 1.3.1; 141 I 49 E. 3.4; je mit Hinweisen). 
Die Willkürrüge muss nach Art. 106 Abs. 2 BGG explizit vorgebracht und substanziiert begründet werden. Auf rein appellatorische Kritik tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 148 IV 356 E. 2.1; 147 IV 73 E. 4.1.2; je mit Hinweisen). 
Dem Grundsatz "in dubio pro reo" kommt als Beweiswürdigungsregel im Verfahren vor dem Bundesgericht keine über das Willkürverbot von Art. 9 BV hinausgehende Bedeutung zu (BGE 146 IV 88 E. 1.3.1, 297 E. 2.2.5; 145 IV 154 E. 1.1; je mit Hinweisen). 
 
2.2. Der Beschwerdeführer kritisiert das Gutachten des Forensischen Instituts Zürich zur Auswertung der Videoaufzeichnung in Bezug auf die Geschwindigkeit und den Abstand seines Fahrzeugs im Tatzeitpunkt. Dabei wiederholt er in den Rz. 16-25 seiner Beschwerdeschrift an das Bundesgericht zunächst seine vorinstanzlich vorgebrachten Rügen gegenüber der Würdigung dieses Gutachtens durch die erste Instanz. Erst in den Rz. 26-36 der Beschwerde bezieht er sich auf die hier zur Beurteilung stehende Würdigung der Vorinstanz. Dabei gelingt es ihm aber nicht, Willkür aufzuzeigen: Er präsentiert seine Kritik am Gutachten vielmehr wie in einem Plädoyer vor einer Berufungsinstanz, als ob dem Bundesgericht freie Kognition in Tatfragen zukäme. Er übersieht, dass das Bundesgericht keine dritte Sachinstanz ist und damit auch ein Gutachten nicht von Grund auf frei würdigen kann. Wenn der Beschwerdeführer der vorinstanzlichen Würdigung lediglich seine eigene gegenüberstellt, ist damit noch keine Willkür dargetan. Die Willkürrüge ist unbegründet, soweit sie überhaupt hinreichend substanziiert ist, womit auch die Rüge betreffend die Verwirklichung des objektiven Tatbestands von Art. 90 Abs. 2 SVG ins Leere zielt (Rz. 38 - 43 der Beschwerdeschrift). Was schliesslich die Rüge betreffend den subjektiven Tatbestand anbelangt (Rz. 44), belässt es der Beschwerdeführer bei der Behauptung, er sei sich "keiner Gefährdung bewusst" gewesen, was in den vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen jedoch keine Stütze findet und somit unbeachtlich bleibt.  
 
 
3.  
Seine Eventualanträge, die Geldstrafe sei zu reduzieren und von einer Verbindungsbusse sei abzusehen, begründet der Beschwerdeführer nicht weiter. Darauf ist nicht einzugehen (vgl. Art. 42 Abs. 2 BGG). 
 
4.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit überhaupt auf sie einzutreten ist. 
Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf eingetreten wird. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, I. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 2. April 2024 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Der Gerichtsschreiber: Eschle