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Ecriture agrandie
 
Chapeau

149 III 12


2. Auszug aus dem Urteil der II. zivilrechtlichen Abteilung i.S. A. und B. gegen C., D. AG und E. (Beschwerde in Zivilsachen)
5A_87/2022 vom 2. November 2022

Regeste a

Art. 519 ss et 540 CC; art. 71 et 206 al. 2 CPC; action en nullité et action en constatation de l'indignité; procédure de conciliation.
Lorsque plusieurs demandeurs actionnent plusieurs défendeurs en nullité d'une disposition pour cause de mort ou en constatation de l'indignité d'une personne déterminée, les parties au procès forment une consorité simple tant activement que passivement (consid. 3.1.1.3 et 3.1.1.4). Conséquences juridiques pour la procédure de conciliation (consid. 3.1.2).

Regeste b

Art. 52, 201, 204, 206 et 209 CPC; art. 2 al. 2 CC; art. 5 al. 3, art. 29 al. 1 Cst.; tentative de conciliation; validité de l'autorisation de procéder.
Portée de la tentative de conciliation et obligation de l'autorité de conciliation de faciliter une discussion entre les parties (consid. 3.1.3).
Conséquence juridique de l'absence de tentative de conciliation (consid. 3.1.4).
Appel portant sur le défaut de la procédure de conciliation dans la procédure judiciaire et principe de la bonne foi (consid. 3.2).
Pas d'atteinte à l'interdiction du formalisme excessif dans le cas d'espèce (consid. 3.3).

Faits à partir de page 13

BGE 149 III 12 S. 13

A.

A.a Am 2. Oktober 2020 stellten fünf Kläger, unter ihnen A. und B., beim Friedensrichteramt Zürich Kreise 3 und 9 ein Schlichtungsgesuch, in welchem sie zwölf Parteien, darunter C., E. und die D. AG, als Beklagte bezeichneten. Sie begehrten die Feststellung, dass die von der am xx.yy.2020 verstorbenen F. errichtete letztwillige Verfügung nichtig, eventuell ungültig ist. Ausserdem beantragten die Kläger die Feststellung, dass C. infolge Erbunwürdigkeit von der Erbschaft der F. ausgeschlossen ist. Die Schlichtungsverhandlung wurde auf den 19. November 2020 angesetzt. Das Protokoll der Verhandlung hat folgenden Wortlaut:
"Mit Schreiben vom 12. Oktober 2020 (Kläger 1 und Klägerin 2), 15. Oktober 2020 (Klägerin 5) und 16. Oktober 2020 (Kläger 3 und Klägerin 4) verzichten die Klägerinnen und Kläger gestützt auf Art. 199 Abs. 2 lit. a ZPO einseitig auf das Schlichtungsverfahren gegenüber dem Beklagten 4.
Am 23. Oktober 2020 teilte die Beklagte 11 mit, dass sie nicht zur Schlichtungsverhandlung erscheint.
BGE 149 III 12 S. 14
Am 19. November 2020 teilt der Vertreter des Beklagten 1 kurz vor dem Beginn der Schlichtungsverhandlung telefonisch mit, dass er sich um einige Minuten verspäten würde. Nachdem der Beklagte 1 persönlich anwesend ist, beginnt die Schlichtungsverhandlung pünktlich um 13:30 Uhr.
Nachdem die beklagten Parteien nicht vollständig anwesend sind, stellt der Friedensrichter fest, dass die Schlichtungsverhandlung gescheitert ist.
Die klagenden Parteien verlangen die Ausstellung der Klagebewilligung.
Die Klagebewilligung wird ausgestellt."
Der Friedensrichter stellte noch gleichentags die Klagebewilligung aus.
Mit Schreiben vom 20. November 2020 wandte sich C.s Rechtsvertreter an den Friedensrichter; er monierte in mehrfacher Hinsicht die Ordnungsmässigkeit der Schlichtungsverhandlung, weshalb die Klagebewilligung nicht ausgestellt werden dürfe.
Der Friedensrichter berichtigte die Klagebewilligung am 25. November 2020 und am 3. Dezember 2020.

A.b Mit Klage vom 9. März 2021 reichten A. und B. beim Bezirksgericht Zürich eine Klage gegen C., E. und die D. AG ein. In ihrer Eingabe vom 25. Mai 2021 machten die Beklagten unter anderem die Ungültigkeit der Klagebewilligung geltend. Das Bezirksgericht wies die von den Beklagten erhobenen Einwendungen gegen die Gültigkeit der Klagebewilligung in einem selbständig eröffneten Zwischenentscheid ab (Entscheid vom 8. Juli 2021).

B. C., die D. AG und E. gelangten daraufhin mit Berufung an das Obergericht des Kantons Zürich. Das Obergericht hiess die Berufungen gut und trat auf die Klage vom 9. März 2021 nicht ein; die Kosten auferlegte es den Klägern und verpflichtete diese zur Leistung von Parteientschädigungen (Entscheid vom 30. Dezember 2021).

C. Hiergegen wenden sich A. und B. (Beschwerdeführer) an das Bundesgericht. Sie beantragen, den Entscheid des Obergerichts vom 30. Dezember 2021 aufzuheben und die Sache zur Weiterführung des Verfahrens und materiellen Beurteilung an das Bezirksgericht zurückzuweisen.
Das Bundesgericht weist die Beschwerde ab, soweit es darauf eintritt.
(Zusammenfassung)

Considérants

BGE 149 III 12 S. 15
Aus den Erwägungen:

3. In rechtlicher Hinsicht machen die Beschwerdeführer die Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben im Sinn von Art. 5 Abs. 3 BV, Art. 2 Abs. 2 ZGB und Art. 52 ZPO, die Verletzung von Art. 201, Art. 204 und Art. 209 ZPO sowie Rechtsverweigerung durch überspitzten Formalismus (Art. 29 Abs. 1 BV) geltend. Das Bundesgericht befasst sich zuerst mit der Frage der Gültigkeit der Klagebewilligung, denn die anderen Vorhalte kommen nur bzw. erst ins Spiel, falls die Klagebewilligung ungültig ist.

3.1 Die Beschwerdeführer erachten die Art. 201, 204 und 209 ZPO als verletzt, weil eine gültige Klagebewilligung vorliege.

3.1.1 Unter Vorbehalt von hier nicht zutreffenden Ausnahmen (Art. 198 und Art. 199 ZPO) geht dem Entscheidverfahren ein Schlichtungsversuch vor einer Schlichtungsbehörde voraus (Art. 197 ZPO). Das Schlichtungsverfahren besteht im Wesentlichen aus der Schlichtungsverhandlung. In dieser Verhandlung sollen die Parteien zu einer Aussprache zusammengebracht werden (Urteil 4A_416/2019 vom 5. Februar 2020 E. 3.1, nicht publ. in: BGE 146 III 185).

3.1.1.1 Gemäss Art. 201 Abs. 1 ZPO besteht die Aufgabe der Schlichtungsbehörde darin, in formloser Verhandlung zu versuchen, die Parteien zu versöhnen. Die Verhandlung hat innert zwei Monaten seit Eingang des Gesuchs stattzufinden (Art. 203 Abs. 1 ZPO), wobei mit Zustimmung der Parteien weitere Verhandlungen durchgeführt werden können (Art. 203 Abs. 4 ZPO). Die Parteien müssen persönlich zur Schlichtungsverhandlung erscheinen (Art. 204 Abs. 1 ZPO) und können sich von einer Rechtsbeiständin, einem Rechtsbeistand oder einer Vertrauensperson begleiten lassen (Art. 204 Abs. 2 ZPO). Hintergrund dieser Spezialregel für das Schlichtungsverfahren war die Überlegung, dass eine Schlichtungsverhandlung meist dann am aussichtsreichsten ist, wenn die Parteien persönlich erscheinen, da nur so eine wirkliche Aussprache stattfinden kann. Auch wenn sich die Parteien begleiten lassen dürfen, sollen sie sich an der Verhandlung doch primär selber äussern (Botschaft vom 28. Juni 2006 zur Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], BBl 2006 7331; BGE 140 III 70 E. 4.3). Durch die Pflicht zum persönlichen Erscheinen soll mithin ein persönliches Gespräch zwischen den Parteien vor der allfälligen Klageeinreichung ermöglicht werden. Art. 204 Abs. 1 ZPO zielt in diesem Sinne - wie das
BGE 149 III 12 S. 16
Schlichtungsverfahren überhaupt - darauf ab, diejenigen Personen zu einer Aussprache zusammenzubringen, die sich miteinander im Streit befinden und die über den Streitgegenstand auch selber verfügen können (BGE 140 III 70 E. 4.3; zit. Urteil 4A_416/2019 E. 3.1). Von der Pflicht zum persönlichen Erscheinen ausgenommen sind Parteien, die ausserkantonalen oder ausländischen Wohnsitz haben oder wegen Krankheit, Alter oder anderweitigen Gründen verhindert sind, wobei sie sich vertreten lassen müssen (Art. 204 Abs. 3 lit. a und b ZPO). Kommt es zu keiner Einigung, hält die Schlichtungsbehörde dies im Protokoll fest und erteilt die Klagebewilligung (Art. 209 Abs. 1 ZPO). Gleich verfährt sie, wenn die beklagte Partei säumig bleibt (Art. 206 Abs. 2 ZPO). Die Säumnis als Rechtsbegriff wird in Art. 147 ZPO geregelt. Im Kontext des Schlichtungsverfahrens liegt Säumnis namentlich vor, wenn eine Partei nicht persönlich zur Verhandlung erscheint oder - falls sie nicht persönlich erscheinen muss - sich nicht ordnungsgemäss vertreten lässt (ALVAREZ/PETER, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. II, 2012, N. 6 zu Art. 206 ZPO).

3.1.1.2 Die Gültigkeit der Klagebewilligung nach Art. 209 ZPO ist, sofern dem Prozess ein Schlichtungsversuch vorauszugehen hat, eine Prozessvoraussetzung. Diese hat das Gericht gemäss Art. 60 ZPO von Amtes wegen zu prüfen (BGE 141 III 159 E. 2.1; BGE 139 III 273 E. 2.1). Es hat somit selbst ohne Einwand des Beklagten zu beurteilen, ob eine gültige Klagebewilligung vorliegt (BGE 146 III 185 E. 4.4.2). Letztere ist - abgesehen vom Spruch über die Kosten - kein anfechtbarer Entscheid (BGE 141 III 159 E. 2.1 mit Hinweisen). Die beklagte Partei kann die Gültigkeit der Klagebewilligung von vornherein erst im erstinstanzlichen Klageverfahren bestreiten. Das Gericht hat alsdann im Rahmen der Klärung der Prozessvoraussetzungen zu prüfen, ob der geltend gemachte Mangel des Schlichtungsverfahrens die Ungültigkeit der Klagebewilligung bewirkt (vgl. BGE 146 III 185 E. 4.4.2; Urteil 4A_135/2018 vom 27. April 2018 E. 2.2). Ist die Klagebewilligung ungültig, darf das Gericht auf die Klage nicht eintreten (BGE 140 III 70 E. 5).

3.1.1.3 Klagen mehrere Kläger gegen mehrere Beklagte auf Ungültigkeit bzw. Nichtigkeit einer letztwilligen Verfügung (Art. 519 ZGB), liegen in der Regel sowohl aktiv- wie auch passivseitig einfache Streitgenossenschaften im Sinn von Art. 71 Abs. 1 ZPO vor (BGE 146 III 1 E. 4.2.2; BGE 136 III 123 E. 4.4.1; sowie GROLIMUND, in: Zivilprozessrecht,
BGE 149 III 12 S. 17
Staehelin/Staehelin/Grolimund [Hrsg.], 3. Aufl. 2019, § 13 Rz. 38; RUGGLE, in: Basler Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, 3. Aufl. 2017, N. 23 zu Art. 71 ZPO; MAY CANELLAS, in: CPC, Code de procédure civile, 2021, N. 4 zu Art. 71 ZPO). Die subjektiv gehäuften Klagen bleiben rechtlich selbständig, selbst wenn sie in einem einheitlichen Verfahren beurteilt werden (Urteil 4A_444/2017 / 4A_448/2017 vom 12. April 2018 E. 6.3). Jeder einfache Streitgenosse macht unabhängig vom anderen eigenständige Ansprüche geltend (Urteil 4A_23/2018 vom 8. Februar 2019 E. 2.1); umgekehrt steht jeder eingeklagte Streitgenosse in einem eigenständigen Rechtsverhältnis zum Kläger bzw. zu den Klägern. Bei einfacher Streitgenossenschaft ist jeder Streitgenosse befugt, seinen Prozess unabhängig von den anderen zu führen (Art. 71 Abs. 3 ZPO). Jeder Streitgenosse kann selbst entscheiden, welche Behauptungen er erheben und welche Vorbringen der Gegenpartei er bestreiten will. Das Beweisthema muss nicht für alle Streitgenossen identisch sein (Urteil 4A_601/2020 vom 11. Mai 2021 E. 4). Prozesshandlungen und Säumnisse eines einfachen Streitgenossen gereichen den anderen Streitgenossen weder zum Vorteil noch zum Nachteil (vgl. BGE 140 III 520 E. 3.2.2; GULDENER, Schweizerisches Zivilprozessrecht, 3. Aufl. 1979, S. 304; FREI, in: Berner Kommentar, Schweizerische Zivilprozessordnung, Bd. I, 2012, N. 4 zu Art. 147 ZPO; RUGGLE, a.a.O., N. 32 zu Art. 71 ZPO; HOHL, Procédure civile, Bd. I, 2. Aufl. 2016, § 10 Rz. 969; JEANDIN, in: Commentaire romand, Code de procédure civile, 2. Aufl. 2019, N. 12 zu Art. 71 ZPO; ABBET, in: CPC, Code de procédure civile, 2021, N. 4 zu Art. 147 ZPO; TREZZINI, in: Commentario pratico al Codice di diritto processuale civile svizzero [CPC], Bd. I, 2. Aufl. 2017, N. 25 zu Art. 71 ZPO). Schliesslich entfaltet ein gegenüber einem einfachen Streitgenossen ergangenes Urteil grundsätzlich keinerlei Rechtskraftwirkung für die anderen einfachen Streitgenossen (BGE 140 III 520 E. 3.2.2 mit Hinweis).

3.1.1.4 Richtet sich die Klage auf Feststellung der Erbunwürdigkeit (Art. 540 ZGB) einer bestimmten Person, die bei gegebenen Voraussetzungen von Gesetzes wegen eintritt, von Behörden und Gerichten von Amtes wegen zu berücksichtigen ist (Urteil 5A_204/2007 vom 16. Oktober 2007 E. 7.1) und zur Folge hat, dass die erbunwürdige Person im Verhältnis zum betreffenden Erblasser dieselbe Stellung hat, wie wenn sie vorverstorben wäre (BGE 132 III 315 E. 2.1), so kann diese ebenfalls von jeder Person, die die Erbberechtigung bzw. die Erbfähigkeit einer anderen Person bestreitet,
BGE 149 III 12 S. 18
selbständig geltend gemacht werden (so auch BRÜCKNER/WEIBEL/PESENTI, Die erbrechtlichen Klagen, 4. Aufl. 2022, S. 80 Rz. 103). Es besteht mithin auch hier keine notwendige Streitgenossenschaft.

3.1.2 Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, dass die Parteien im vorliegenden Kontext sowohl aktiv- wie auch passivseitig einfache Streitgenossenschaften im Sinn von Art. 71 ZPO bilden (E. 3.1.1.3 oben). Ebenso wenig widersprechen sie der Auffassung des Obergerichts, wonach Art. 206 Abs. 2 ZPO im Fall einer einfachen Streitgenossenschaft keine Anwendung findet (siehe dazu auch SCHRANK, Das Schlichtungsverfahren nach der Schweizerischen Zivilprozessordnung [ZPO], 2015, S. 298 Rz. 470 f.) und der Friedensrichter die Klagebewilligung allein gestützt auf die Säumnis einer der im Schlichtungsgesuch als Beklagte bezeichneten Parteien - hier: die vom vorliegenden Verfahren nicht betroffene Beklagte 11 - nicht hat ausstellen dürfen.

3.1.3 Der Vorwurf der Beschwerdeführer, das Obergericht habe zu Unrecht auf BGE 146 III 185 Bezug genommen, trifft nicht zu. Dort hat das Bundesgericht seinen Standpunkt, wonach die klägerische Partei selbst dann nicht von der Teilnahme an der Schlichtungsverhandlung dispensiert werden darf, wenn die beklagte Partei vorgängig schriftlich mitteilt, sie werde nicht erscheinen, damit begründet, dass gegenteiligenfalls "eine Aussprache zwischen den Parteien und damit der Zweck des Schlichtungsverfahrens nicht mehr erreicht werden" kann (BGE 146 III 185 E. 4.4.3) und damit "eine Aussprache zwischen den Parteien" ausdrücklich als eigentlichen "Zweck des Schlichtungsverfahrens" bezeichnet. In diesem Sinn ist die Auffassung des Obergerichts nicht zu beanstanden, wonach "[d]ie Erscheinungspflicht [...] kein Selbstzweck [ist] und [...] ihres Sinns entleert [würde], wenn im Falle des tatsächlichen Erscheinens der klagenden und beklagten Seite keinerlei Schlichtungsbemühungen stattfinden müssten", und es daraus den Schluss zieht, "gewissermassen als Gegenstück zur Erscheinungspflicht der Parteien [besteht] eine Pflicht der Schlichtungsbehörde, tatsächlich eine Aussöhnung zwischen den Parteien zu versuchen".

3.1.4 Sodann beanstanden die Beschwerdeführer die Erkenntnis des Obergerichts, wonach eine Klagebewilligung unter einem schweren Mangel leidet und nicht gültig ist, wenn kein effektiver Schlichtungsversuch unternommen wurde (so auch PAHUD, in: Schweizerische Zivilprozessordnung [ZPO], Bd. II, Brunner/Gasser/Schwander
BGE 149 III 12 S. 19
[Hrsg.], 2. Aufl. 2016, N. 13 zu Art. 220 ZPO), nicht, jedenfalls nicht direkt. Es trifft zwar zu, dass die Parteien angesichts des Streitwerts gestützt auf Art. 199 Abs. 1 ZPO auf die Durchführung des Schlichtungsverfahrens hätten verzichten können. Daraus können die Beschwerdeführer indes nichts zu ihren Gunsten ableiten. Wenn die Parteien - wie hier - nicht verzichten, gibt es keinen Grund, die qualitativen Anforderungen an die Schlichtungsverhandlung in irgendwelcher Weise zu reduzieren. Entsprechend hat es auch in diesem Punkt mit dem angefochtenen Entscheid sein Bewenden.

3.2 Für den nun eingetretenen Fall, dass die Klagebewilligung ungültig ist, bleibt zu prüfen, ob sich die Beschwerdegegner eine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben (Art. 5 Abs. 3 BV; Art. 2 Abs. 2 ZGB; Art. 52 ZPO) vorhalten lassen müssen.

3.2.1 Alle am Zivilprozess beteiligten Personen haben nach Treu und Glauben zu handeln (Art. 52 ZPO; vgl. weiter Art. 5 Abs. 3 BV). Sie sind daher gehalten, verfahrensrechtliche Einwendungen so früh wie möglich vorzubringen, mithin bei erster Gelegenheit nach Kenntnisnahme des Mangels. Ansonsten können sie diese nicht mehr erheben (BGE 143 V 66 E. 4.3; BGE 140 I 271 E. 8.4.3; BGE 138 III 374 E. 4.3.2; BGE 135 III 334 E. 2.2). So muss die beklagte Partei, die am Schlichtungsverfahren teilnimmt, auf der persönlichen Teilnahme bzw. rechtskonformen Vertretung der klägerischen Partei insistieren (vgl. BGE 140 III 70 E. 5). Ebenso muss sie den Einwand der fehlenden örtlichen Zuständigkeit vorbringen; vor Gericht kann sie sich nicht mehr auf die Unzuständigkeit der Schlichtungsbehörde berufen und die Ungültigkeit der Klagebewilligung geltend machen. Hingegen kann sich die beklagte Partei, die nicht an der Schlichtungsverhandlung teilnahm oder die im Schlichtungsverfahren die Unzuständigkeitseinrede erhoben hat, im anschliessenden Gerichtsverfahren auf den Mangel der Klagebewilligung berufen. Schliesslich ist es der beklagten Partei, die es im Schlichtungsverfahren verpasst hat, die Unzuständigkeit der Schlichtungsbehörde einzuwenden, nicht verwehrt, die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts zu beanstanden (zum Ganzen: BGE 146 III 265 E. 5.5.3).
Mit Bezug auf die Frage, wann (noch) Gelegenheit besteht, einen prozessualen Einwand vorzutragen, gilt es Folgendes zu berücksichtigen: Hat das Gericht seinen Entscheid gefällt, ist es ab diesem Zeitpunkt nicht mehr mit der Sache befasst und kann es seinen Entscheid - unter Vorbehalt einer Berichtigung - nicht mehr
BGE 149 III 12 S. 20
abändern. Der Entscheid ist in jenem Zeitpunkt gefällt, in dem er vom Gericht festgehalten wird (BGE 142 III 695 E. 4.2.1 mit Hinweis).

3.2.2 Nach dem für das Bundesgericht massgeblichen Prozesssachverhalt hat der Friedensrichter jeder der anwesenden Parteien das Wort erteilt, um sich kurz vorzustellen. Danach hat er die Verhandlung geschlossen, ohne den Parteien die Gelegenheit einzuräumen, sich zur Streitsache zu äussern (nicht publ. E. 2.2). Alsdann hat er befunden, die Schlichtungsverhandlung sei zufolge unvollständiger Anwesenheit der beklagten Parteien gescheitert und die Klagebewilligung werde ausgestellt (Protokoll der Schlichtungsverhandlung, Sachverhalt Bst. A.a). Damit hatte der Friedensrichter seinen Entscheid gefällt und mündlich eröffnet; er konnte nicht mehr darauf zurückkommen (E. 3.2.1). Es ist im Übrigen nicht ersichtlich und wird von den Beschwerdeführern auch nicht dargetan, ab welchem Zeitpunkt in der Schlichtungsverhandlung die Beschwerdegegner davon ausgehen mussten, dass der Friedensrichter keinen Schlichtungsversuch unternehmen würde, was allenfalls Anlass zu einer entsprechenden Intervention hätte geben können. Aufgrund der (protokollierten) Verfahrensführung haben die Beschwerdegegner vor der Fällung des (Schlichtungs)Entscheids das Wort nicht ergreifen können. Soweit sie es nachher getan hätten, wären ihre Einwendungen mit Bezug auf den Entscheid, die Klagebewilligung auszustellen, wirkungslos geblieben. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer kann den Beschwerdegegnern daher nicht vorgeworfen werden, unmittelbar im Anschluss an den Entscheid des Friedensrichters das Wort nicht mehr ergriffen und auch nicht verlangt zu haben, dass ein diesbezüglicher Eintrag im Protokoll vorgenommen werde.

3.2.3 An diesem Ergebnis vermag auch der Umstand, dass die Beschwerdegegner "zu keinem Zeitpunkt eine Wiederholung der Schlichtungsverhandlung" verlangt haben sollen, nichts zu ändern. Zum einen war das Schlichtungsverfahren mit der mündlichen Mitteilung des Friedensrichters, er stelle die Klagebewilligung aus, beendet, und das Gesetz sieht in diesem Zusammenhang eine Wiederholung eines bereits abgeschlossenen Verfahrens nicht vor. Zum anderen hat der Rechtsvertreter des Beschwerdegegners, der zufolge seiner (angekündigten) Verspätung erst am Versammlungsort eintraf, als der Friedensrichter die Verhandlung bereits geschlossen hatte, jenem bereits am nächsten Tag schriftlich mitgeteilt, dass die Schlichtungsverhandlung seines Erachtens nicht ordnungsgemäss verlaufen
BGE 149 III 12 S. 21
sei, weshalb die Klagebewilligung nicht ausgestellt werden dürfe (Sachverhalt Bst. A.a); dieses Schreiben ist - sollte die Auffassung der Beschwerdeführer zutreffen und ein Antrag auf Wiederholung überhaupt notwendig sein - ohne Weiteres als Antrag auf Wiederholung der Schlichtungsverhandlung zu verstehen. Dass die Beschwerdeführer keine Kenntnis dieses Schreibens erhalten haben, vermag daran nichts zu ändern.

3.2.4 Nach dem Ausgeführten kann der Einwand der Beschwerdegegner, es mangle an einer gültigen Klagebewilligung, nicht als rechtsmissbräuchlich ausgeschlossen werden.
Bei diesem Ergebnis braucht nicht geprüft zu werden, ob der Vorwurf des treuwidrigen Verhaltens auch auf die Beschwerdeführer zurückfallen würde, sollte man von ihrer Sichtweise ausgehen, denn sie hatten ein eigenes Interesse an der korrekten Durchführung der Schlichtungsverhandlung und haben es dennoch unterlassen, ihrerseits auf eine Aussprache zwischen den Parteien zu pochen.

3.3 Schliesslich werfen die Beschwerdeführer dem Obergericht vor, die massgeblichen Bestimmungen der ZPO überspitzt formalistisch angewendet zu haben.

3.3.1 Art. 29 Abs. 1 BV verbietet überspitzten Formalismus als besondere Form der Rechtsverweigerung. Eine solche liegt vor, wenn für ein Verfahren rigorose Formvorschriften aufgestellt werden, ohne dass die Strenge sachlich gerechtfertigt wäre, wenn die Behörde formelle Vorschriften mit übertriebener Schärfe handhabt oder an Rechtsschriften überspannte Anforderungen stellt und den Rechtsuchenden den Rechtsweg in unzulässiger Weise versperrt. Wohl sind im Rechtsgang prozessuale Formen unerlässlich, um die ordnungsgemässe und rechtsgleiche Abwicklung des Verfahrens sowie die Durchsetzung des materiellen Rechts zu gewährleisten. Nicht jede prozessuale Formstrenge steht demnach mit Art. 29 Abs. 1 BV in Widerspruch. Überspitzter Formalismus ist nur gegeben, wenn die strikte Anwendung der Formvorschriften durch keine schutzwürdigen Interessen gerechtfertigt ist, zum blossen Selbstzweck wird und die Verwirklichung des materiellen Rechts in unhaltbarer Weise erschwert oder verhindert (BGE 142 V 152 E. 4.2 mit Hinweisen).

3.3.2 Das Bundesgericht hat sich in BGE 146 III 185 eingehend zur Bedeutung des Schlichtungsverfahrens im Allgemeinen und des Schlichtungsversuchs im Besonderen geäussert (E. 3.1.3). Die Möglichkeit des Gerichts, jederzeit im Verlauf des Hauptsacheverfahrens
BGE 149 III 12 S. 22
den Versuch zu unternehmen, eine Einigung zwischen den Parteien herbeizuführen (Art. 124 Abs. 3 ZPO), vermag diese entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer nicht abzuschwächen. Das Festhalten an einer gültigen Durchführung des Schlichtungsverfahrens wird nicht zum blossen Selbstzweck und erschwert die Verwirklichung des materiellen Rechts weder in unhaltbarer Weise noch verhindert es diese. Allein unter diesem Gesichtspunkt ist das Argument, der angefochtene Entscheid sei überspitzt formalistisch, nicht stichhaltig.
Freilich kann man sich fragen, ob Fallkonstellationen, in welchen Art. 63 ZPO, wonach ein Kläger seine Eingabe innert eines Monats seit dem Nichteintretensentscheid beim zuständigen Gericht neu einreichen kann und diesfalls als Zeitpunkt der Rechtshängigkeit das Datum der ersten Einreichung gilt, zum Zug kommt, von anderen Fallgruppen zu unterscheiden sind, namentlich von Fällen, in denen zwischenzeitlich eine materiell-rechtliche Verwirkungsfrist abgelaufen ist und der Nichteintretensentscheid zu einem Rechtsverlust führt (vgl. BASTONS BULLETTI, Note relative à l'arrêt rendu le 14 juin 2016 par le Tribunal cantonal du canton de Fribourg, ZPO Online vom 6. April 2017, in fine). In der Tat erfasst Art. 63 ZPO nur den Nichteintretensentscheid zufolge fehlender (örtlicher oder sachlicher) Zuständigkeit (Abs. 1) und zufolge Klageeinleitung im unrichtigen Verfahren (Abs. 2), nicht aber Nichteintretensentscheide zufolge Fehlens anderer Prozessvoraussetzungen - wie hier die Ungültigkeit der Klagebewilligung - oder zufolge formeller Mängel der Eingabe (BGE 141 III 481 E. 3.2.4). Dieser Gedanke braucht indes vorliegend nicht vertieft weiterverfolgt zu werden, denn die Beschwerdeführer behaupten nicht, der angefochtene Entscheid führe für sie letztlich zu einem Rechtsverlust.

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Etat de fait

Considérants 3

références

ATF: 146 III 185, 140 III 70, 141 III 159, 140 III 520 suite...

Article: art. 71 et 206 al. 2 CPC, art. 5 al. 3, art. 29 al. 1 Cst., art. 2 al. 2 CC, Art. 52 ZPO suite...