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Ecriture agrandie
 
 
Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
7B_183/2023  
 
 
Urteil vom 26. Juli 2023  
 
II. strafrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Abrecht, Präsident, 
Bundesrichter Hurni, Hofmann, 
Gerichtsschreiberin Lustenberger. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Advokat Alain Joset, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen  
 
1. B.________, 
2. Staatsanwaltschaft des Kantons Basel-Landschaft, Erste Staatsanwältin, Grenzacherstrasse 8, 4132 Muttenz, 
Beschwerdegegner. 
 
Gegenstand 
Nichteintreten auf Berufung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Kantonsgerichts Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, vom 23. August 2022 (460 21 210). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Mit Urteil vom 18. Juni 2021 erkannte das Strafgericht Basel-Landschaft, dass B.________ im Zustand der Schuldunfähigkeit tatbestandsmässig und rechtswidrig eine mehrfache, teilweise geringfügige sowie eine qualifizierte Sachbeschädigung, einen Hausfriedensbruch, eine Tätlichkeit, eine Drohung, eine versuchte einfache Körperverletzung, eine versuchte einfache Körperverletzung mit einem gefährlichen Gegenstand sowie einen versuchten Mord zum Nachteil des Privatklägers A.________ begangen hat. Zufolge Schuldunfähigkeit sprach das Strafgericht den Beschuldigten von den obgenannten Vorwürfen frei und ordnete seine Einweisung in eine geeignete psychiatrische Einrichtung oder Massnahmenvollzugseinrichtung an. Im Übrigen sprach das Strafgericht den Beschuldigten vom Vorwurf der mehrfachen, teilweise geringfügigen Sachbeschädigung frei und sah von der Anordnung einer nicht obligatorischen Landesverweisung ab. 
 
B.  
Das Kantonsgericht Basel-Landschaft hiess die Berufung von B.________ mit Urteil vom 23. August 2022 in einem untergeordneten Punkt teilweise gut und bestätigte das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich der Freisprüche und der Sanktion. Die Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft wies das Kantonsgericht ab und auf die Berufung von A.________ trat es nicht ein. 
 
C.  
Mit Beschwerde in Strafsachen beantragt A.________ dem Bundesgericht, das Urteil des Kantonsgerichts sei insoweit aufzuheben, als auf seine Berufung einzutreten und die Sache an die Vorinstanz zu inhaltlicher Beurteilung zurückzuweisen sei. Eventualiter sei das angefochtene Urteil insoweit aufzuheben und zu reformieren, als B.________ in Gutheissung der Berufung der Privatklägerschaft des versuchten Mordes schuldig zu sprechen und zu einer schuldangemessenen Freiheitsstrafe zu verurteilen sei. Allenfalls sei die Freiheitsstrafe zugunsten einer stationären therapeutischen Massnahme aufzuschieben. Gleichzeitig sei eine Landesverweisung anzuordnen. 
Es wurden die kantonalen Akten, nicht aber Vernehmlassungen eingeholt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Angefochten ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) in Strafsachen einer letzten kantonalen Instanz, die als oberes Gericht auf Berufung hin (Art. 80 BGG) geurteilt hat. Der Beschwerdeführer hat die Beschwerdefrist eingehalten (Art. 100 Abs. 1 BGG).  
 
1.2. Zur Beschwerde in Strafsachen ist nach Art. 81 Abs. 1 BGG berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a) und ein rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids hat (lit. b). Der Privatklägerschaft wird ein rechtlich geschütztes Interesse zuerkannt, wenn der angefochtene Entscheid sich auf die Beurteilung ihrer Zivilansprüche auswirken kann (Art. 81 Abs. 1 lit. b Ziff. 5 BGG). Unbekümmert um die fehlende Legitimation in der Sache selbst kann die Privatklägerschaft die Verletzung von Verfahrensrechten geltend machen, deren Missachtung eine formelle Rechtsverweigerung darstellt. Zulässig sind Rügen formeller Natur, die von der Prüfung der Sache getrennt werden können. Die Privatklägerschaft kann - wie hier der Beschwerdeführer - namentlich vorbringen, auf ein Rechtsmittel sei zu Unrecht nicht eingetreten worden (sog. "Star-Praxis"; BGE 141 IV 1 E. 1; 138 IV 78 E. 1.3 f.; je mit Hinweisen).  
 
1.3. Gemäss Art. 42 Abs. 2 BGG ist in der Beschwerdebegründung in gedrängter Form darzulegen, inwiefern der angefochtene Entscheid Recht verletzt, wobei für die Anfechtung des Sachverhalts sowie die Geltendmachung von Grundrechtsverletzungen qualifizierte Begründungsanforderungen gelten (vgl. Art. 97 Abs. 1 und Art. 106 Abs. 2 BGG). Um den Begründungsanforderungen zu genügen, muss die beschwerdeführende Partei mit ihrer Kritik bei den als rechtsfehlerhaft erachteten Erwägungen der Vorinstanz ansetzen (BGE 146 IV 297 E. 1.2 mit Hinweis). Das bedeutet, dass die Rechtsschrift auf den angefochtenen Entscheid und seine Begründung Bezug nehmen und sich damit auseinandersetzen muss (BGE 140 III 86 E. 2; Urteil 6B_1500/2021 vom 13. Januar 2023 E. 2.1; je mit Hinweisen). Beruht der angefochtene Entscheid auf mehreren selbstständigen Begründungen, die je für sich den Ausgang des Rechtsstreits besiegeln, hat die beschwerdeführende Partei darzulegen, dass jede von ihnen Recht verletzt (BGE 142 III 364 E. 2.4; 133 IV 119 E. 6.3; Urteile 6B_654/2022 vom 22. Februar 2023 E. 2.3; 6B_1104/2020 vom 25. Februar 2021 E. 1.3.1; je mit Hinweisen). Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Urteil tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 147 IV 73 E. 4.1.2; 146 IV 114 E. 2.1, 88 E. 1.3.1). Das Begründungserfordernis nach Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG erstreckt sich auch auf die Frage der Legitimation (BGE 141 IV 1 E. 1.1).  
 
1.4. Die Vorinstanz hat das gesamte Berufungsverfahren unter Beteiligung des Beschwerdeführers als Berufungsführer durchgeführt; sie hat dessen Beweisanträge behandelt und ihn vom persönlichen Erscheinen an der Berufungsverhandlung dispensiert, während sein Rechtsvertreter daran teilgenommen hat. Mit der Urteilsbegründung und im Dispositiv des Berufungsurteils beschied die Vorinstanz dem Beschwerdeführer schliesslich, auf seine Berufung könne mangels Bezifferung und Substanziierung der Zivilforderungen (formell) nicht eingetreten werden. Dies rügt der Beschwerdeführer vorliegend zu Recht als bundesrechtswidrig, ist doch der Geschädigte selbst dann, wenn er keine Zivilforderung angemeldet hat, als Strafkläger legitimiert, im Strafpunkt Berufung zu erheben (BGE 139 IV 78 E. 3; Urteile 6B_588/2022 vom 8. Mai 2023 E. 3.1.1; 6B_1014/2020 vom 10. Februar 2021 E. 3.2).  
 
1.5. Trotzdem hat der angefochtene Entscheid Bestand: Denn wie die Vorinstanz in E. 1.1 c in fine i.V.m. E. 13.1 im Sinne einer Eventualbegründung ausführt, wäre die Berufung des Beschwerdeführers im Falle eines Eintretens ohnehin abzuweisen gewesen. In der Tat hat der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren primär den Schuldpunkt angefochten, den die Vorinstanz aufgrund der Anschlussberufung der Staatsanwaltschaft in der Sache (ohnehin) überprüft hat. Dabei wurden auch die Standpunkte des Beschwerdeführers durchaus gehört, nahm dieser doch, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, an allen Phasen des Berufungsverfahrens bis zur Urteilsberatung teil. Im Ergebnis ist daher nicht ersichtlich, inwiefern dem Beschwerdeführer materiell überhaupt Rechte abgeschnitten worden sind, auch wenn das formelle Nichteintreten auf seine Berufung nicht bundesrechtskonform war. Aus diesen Gründen ist zudem nicht erkennbar, inwiefern der vorliegenden Bundesgerichtsbeschwerde, mit der ein formelles Eintreten auf die Berufung angestrebt wird, ein rechtlich geschütztes, aktuelles und praktisches Interesse zukommen soll (vgl. dazu BGE 140 IV 74 E. 1.3.1; 136 I 274 E. 1.3 mit Hinweisen). Der Beschwerdeführer äussert sich zu seinem Rechtsschutzinteresse nicht näher, sondern begründet seine Beschwerdeberechtigung einzig mit Verweis auf die "Star-Praxis". Dies reicht unter dem Titel von Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG nicht aus. Ausserdem setzt er sich auch inhaltlich mit der Eventualbegründung in E. 13.1 des angefochtenen Urteils nicht auseinander und zeigt nicht auf, weshalb diese seiner Ansicht nach Recht verletzt.  
Damit erweist sich die Rüge des Beschwerdeführers, dass die Vorinstanz formell auf seine Berufung hätte eintreten müssen, zwar als berechtigt. Da er seine Legitimation für das bundesgerichtliche Verfahren jedoch nicht hinreichend begründet und die vorinstanzliche Eventualbegründung, wonach seine Berufung auch in der Sache als unbegründet abzuweisen gewesen wäre, vor Bundesgericht nicht gesondert anficht, erweist sich seine Beschwerde dennoch als unzulässig. 
 
2.  
Auf die Beschwerde ist nicht einzutreten. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.  
Dem Beschwerdeführer werden Gerichtskosten von Fr. 3'000.-- auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Kantonsgericht Basel-Landschaft, Abteilung Strafrecht, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 26. Juli 2023 
 
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Abrecht 
 
Die Gerichtsschreiberin: Lustenberger