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Urteilskopf

111 V 406


72. Auszug aus dem Urteil vom 5. Dezember 1985 i.S. Baumgartner gegen Ausgleichskasse des Kantons Zürich und AHV-Rekurskommission des Kantons Zürich

Regeste

Art. 150 und 107 Abs. 1 OG: Wahrung der Frist bei Leistung eines Gerichtskostenvorschusses.
- Art. 107 Abs. 1 OG ist nicht nur für Beschwerden, sondern sinngemäss auch für andere an Fristen gebundene Eingaben sowie für Kostenvorschüsse anwendbar.
- Unter dem Begriff der "unzuständigen Behörde" gemäss Art. 107 Abs. 1 OG (und Art. 21 Abs. 2 VwVG) ist jede Behörde des Bundes, der Kantone und Gemeinden zu verstehen, unabhängig davon, ob die angeschriebene Instanz in einer konkreten Beziehung zum Streitfall steht oder nicht.

Sachverhalt ab Seite 406

BGE 111 V 406 S. 406
Jakob Baumgartner führt in einem AHV-Beitragsstreit Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Der Präsident des Eidg. Versicherungsgerichts ordnete zur Sicherstellung der mutmasslichen Gerichtskosten die Bezahlung eines Kostenvorschusses an, setzte Jakob Baumgartner
BGE 111 V 406 S. 407
dafür eine Frist und verband damit die Androhung, dass bei Nichtleistung innert der gesetzten Frist auf die Rechtsvorkehr nicht eingetreten werde.
Jakob Baumgartner zahlte den Kostenvorschuss am letzten Tag der Frist bei der Post ein, gab dabei jedoch irrtümlicherweise das Obergericht des Kantons Luzern als Empfänger an, welches das Betreffnis in der Folge - jedoch nach Ablauf der Frist - an das Eidg. Versicherungsgericht überwies.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

1. a) Nach Art. 150 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 135 OG kann die Partei, die das Eidg. Versicherungsgericht anruft, zur Sicherstellung der mutmasslichen Gerichtskosten angehalten werden, wenn der Gegenstand der Streitigkeit oder die Art und Weise der Prozessführung es rechtfertigt. Bei fruchtlosem Ablauf der für die Sicherstellung gesetzten Frist wird gemäss Art. 150 Abs. 4 OG auf die Rechtsvorkehr nicht eingetreten.
b) Nach der Rechtsprechung ist die Frist zur Leistung eines Kostenvorschusses in analoger Anwendung von Art. 32 Abs. 3 OG eingehalten, wenn das Betreffnis spätestens am letzten Tag der Frist bei der schweizerischen Post einbezahlt oder dieser ein entsprechender Überweisungsauftrag übergeben wird (BGE 110 V 220 Erw. 2, BGE 104 II 63 Erw. 2, BGE 96 I 472 Erw. 1).

2. Der Beschwerdeführer hat den verlangten Kostenvorschuss am letzten Tag der Frist, also rechtzeitig bei der Post einbezahlt; doch hatte er ihn versehentlich an das Obergericht des Kantons Luzern adressiert, von wo er erst nach Ablauf der Frist an das Eidg. Versicherungsgericht weitergeleitet wurde. Damit stellt sich die Frage, ob die Zahlungsfrist auch dann als gewahrt gilt, wenn der Kostenvorschuss fristgerecht an eine unzuständige Behörde einbezahlt wird.
Nach Art. 107 Abs. 1 OG gilt die Frist zur Einreichung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde auch dann als gewahrt, wenn der Beschwerdeführer fristgerecht an eine unzuständige Behörde gelangt. Diese Bestimmung ist für andere an Fristen gebundene Eingaben und für die Leistung von Kostenvorschüssen sinngemäss anwendbar. Denn es besteht kein Anlass, die sich diesbezüglich irrende Partei schlechterzustellen als bei der Einreichung einer Verwaltungsgerichtsbeschwerde. Im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde sind mithin bei Kostenvorschüssen gemäss
BGE 111 V 406 S. 408
Art. 150 Abs. 1 OG die zu Art. 107 Abs. 1 OG entwickelten Grundsätze anwendbar.
Allerdings fragt es sich, ob dies für jegliche "unzuständige Behörde" oder nur für diejenige gilt, die im Einzelfall in einer gewissen Beziehung zum konkreten Streitfall steht. Letzteres ist im Verfahren der Verwaltungsgerichtsbeschwerde nicht verlangt (Art. 107 Abs. 1 OG; zu andern bundesgerichtlichen Rechtsmitteln siehe etwa BGE 103 Ia 54, BGE 91 II 142). Es muss sich aber um eine Behörde von Bund, Kanton oder Gemeinde handeln (GRISEL, Traité de droit administratif, S. 894; vgl. BGE 101 Ib 102 Erw. 2, BGE 97 I 857 Erw. 3). Vorbehalten bleiben rechtsmissbräuchliche Fehladressierungen. Ein solcher Fall liegt indes beim Beschwerdeführer mit der versehentlichen Adressierung an das Obergericht des Kantons Luzern nicht vor. Der Beschwerdeführer hat demnach den Kostenvorschuss rechtzeitig geleistet, so dass unter diesem Gesichtspunkt auf die Verwaltungsgerichtsbeschwerde einzutreten ist.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 1 2

Referenzen

BGE: 110 V 220, 104 II 63, 96 I 472, 103 IA 54 mehr...

Artikel: Art. 107 Abs. 1 OG, Art. 150 und 107 Abs. 1 OG, Art. 21 Abs. 2 VwVG, Art. 135 OG mehr...