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Urteilskopf

120 III 97


32. Urteil der Schuldbetreibungs- und Konkurskammer vom 12. September 1994 i.S. I. Treuhand AG (Rekurs)

Regeste

Gebühren für die ausseramtliche Konkursverwaltung in anspruchsvollen Verfahren (Art. 49a Abs. 2 GebVSchKG).
Prüfungsbefugnis des Bundesgerichts (E. 2).
Da auch in einem anspruchsvollen Verfahren nicht nur anspruchsvolle Arbeiten zu erledigen sind, rechtfertigt es sich, eine Mischrechnung vorzunehmen und nicht die in anderen Bereichen für entsprechende, anspruchsvolle Arbeiten marktüblichen Ansätze zu verrechnen. Die verrechneten Ansätze müssen in einem vernünftigen Verhältnis zu den im Gebührentarif für die einfachen Verfahren festgesetzten Entschädigungen stehen (E. 2).
Es ist zulässig unter den Ansätzen der Treuhand-Kammer zu bleiben und mit Blick auf den sozialen Zweck des Gebührentarifs die anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der ausserordentlichen Konkursverwaltung gleich zu entschädigen wie die amtliche Verteidigung (E. 2 und 3).

Sachverhalt ab Seite 98

BGE 120 III 97 S. 98

A.- Im Konkurs über Herbert K. als Inhaber der gleichlautenden, im Handelsregister eingetragenen Einzelfirma setzte die Gläubigerversammlung am 22. Januar 1993 die I. Treuhand AG, als ausseramtliche Konkursverwaltung ein.

B.- Nachdem die X und die Y Bank als Gläubigerinnen in einer gegen die I. Treuhand AG eingereichten Beschwerde deren Absetzung als Konkursverwalterin beantragt hatten, verlangten sie mit Eingabe vom 7. Dezember 1993 von der Aufsichtsbehörde, "schon jetzt von Amtes wegen tätig zu werden, die ausseramtliche Konkursverwaltung zu einer Zwischenabrechnung betreffend Honorare aufzufordern ... und die Angemessenheit der bis heute aufgelaufenen Honorarforderungen zu überprüfen". Auf Grund einer entsprechenden Auflage der Aufsichtsbehörde
BGE 120 III 97 S. 99
stellte die I. Treuhand AG als Konkursverwalterin den Antrag, die bis zum 31. März 1994 aufgelaufenen Gebühren auf Fr. 162'855.75 festzusetzen und im Sinne von Art. 270 Abs. 2 SchKG die Frist zur Durchführung des Konkurses bis Ende 1994 zu verlängern.
Während die Fristverlängerung von der Aufsichtsbehörde des Kantons Schaffhausen über das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen mit Entscheid vom 8. Juli 1994 gewährt wurde, wies diese den Antrag um Festsetzung der Gebühr in der genannten Höhe ab, setzte die einzelnen Stundenansätze fest und lud die I. Treuhand AG als Konkursverwalterin ein, nach den von der Aufsichtsbehörde festgesetzten Ansätzen und Weisungen eine neue Abrechnung zu erstellen und diese der Aufsichtsbehörde zur Genehmigung zu unterbreiten.

C.- Die I. Treuhand AG gelangt mit Rekurs an die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts und verlangt, neben der Aufhebung des angefochtenen Beschlusses die Festsetzung der Gebühr nach den von ihr beantragten Stundenansätzen, allenfalls die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz.
Die Aufsichtsbehörde des Kantons Schaffhausen über das Schuldbetreibungs- und Konkurswesen verzichtet mit Hinweis auf den angefochtenen Entscheid auf Gegenbemerkungen. Weitere Vernehmlassungen sind nicht eingeholt worden.
Die Schuldbetreibungs- und Konkurskammer des Bundesgerichts weist den Rekurs ab.

Erwägungen

Aus den Erwägungen:

2. Die Rekurrentin erachtet es als willkürlich, dass die Vorinstanz bei der Tarifierung der Arbeiten der ausserordentlichen Konkursverwaltung nicht von den von ihr beantragten Stundenansätzen ausgegangen ist. Es handle sich um einen rechtlich anspruchsvollen Fall und die sehr allgemein gehaltenen Ausführungen, mit denen die Vorinstanz eine Reduktion gegenüber den Ansätzen der Treuhand-Kammer rechtfertige, widerspreche einer pflichtgemässen Ausübung des Ermessens.
In den Art. 47 ff. GebVSchKG (SR 281.35) werden die Gebühren im Konkursverfahren geregelt. Dabei sehen die Art. 47 bis 49 GebVSchKG feste Ansätze für die einzelnen Verrichtungen vor. Diese Ansätze gelten sowohl für die amtliche wie auch für die ausseramtliche Konkursverwaltung (Art. 46a GebVSchKG). Bei umfangreichen Verfahren, die überdies
BGE 120 III 97 S. 100
aufwendige Abklärungen des Sachverhaltes oder von Rechtsfragen erfordern, kann die Aufsichtsbehörde höhere Gebühren bewilligen (Art. 49a GebVSchKG). Nach Art. 49a Abs. 2 GebVSchKG berücksichtigt die Aufsichtsbehörde in diesen Verfahren für die Entschädigung der ausseramtlichen Konkursverwaltung den Zeitaufwand, den Wert der Interessen und die ausgewiesenen Auslagen. Dabei kommt ihr ein grosses Ermessen zu (BGE 108 III 69; BGE 114 III 44). Das Bundesgericht greift nur ein, wenn die Vorinstanz ihr Ermessen überschritten hat, namentlich wenn sie sachwidrige Gesichtspunkte berücksichtigt oder sachgemässe unberücksichtigt gelassen hat. Dabei ist auch der soziale Charakter der Gebührenverordnung zu beachten (BGE 108 III 69).
Während mit Bezug auf das Entgelt des Kommissärs im Bankenstundungsverfahren die Ansätze des Tarifs der Eidgenössischen Bankenkommission für die Kosten der Revision von Banken und Anlagefonds ausdrücklich als Richtlinie dienen sollen (Art. 64 Abs. 2 GebVSchKG), hat der Tarif der Treuhand-Kammer keinerlei Erwähnung in der Gebührenverordnung von 1971 gefunden. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung kann bei der Festsetzung der Entschädigung der Gebührentarif der Treuhand-Kammer zwar berücksichtigt werden, die Aufsichtsbehörde ist aber an diesen Gebührentarif keineswegs gebunden (BGE 114 III 45 f.).
Ein Abweichen von den Ansätzen der Treuhand-Kammer rechtfertigt sich schon vom systematischen Zusammenhang her, in welchem Art. 49a Abs. 2 GebVSchKG steht. Er berechtigt die Aufsichtsbehörde nur, dem Umstand Rechnung zu tragen, dass ein Verfahren besonders anspruchsvoll ist und deshalb eine höhere als die übliche Entschädigung festzusetzen. Diese Entschädigung muss aber in einem vernünftigen Verhältnis zu den in der Gebührenverordnung für die einfacheren Verfahren festgesetzten Entschädigungen stehen. Zudem ist zu beachten, dass auch in einem anspruchsvollen Verfahren nicht alle Arbeiten anspruchsvoll sind. Mit dem Argument, es seien besondere Kenntnisse nötig, lassen sich nicht bei allen Verrichtungen, wie beispielsweise den Sekretariatsarbeiten, höhere Ansätze rechtfertigen. Hier lässt sich eine Erhöhung höchstens mit einer Mischrechnung vertreten. Dies setzt aber voraus, dass bei den anspruchsvollen Arbeiten nicht der in anderen Bereichen für die entsprechenden Arbeiten marktübliche Ansatz verrechnet wird.

3. a) Die Aufsichtsbehörde hat für die Arbeit der Rechtsanwälte einen Stundenansatz von Fr. 200.-- zugelassen. Die Rekurrentin fordert Fr. 250.--. Letzteres ist - nach den Feststellungen der Vorinstanz - der höchste nach
BGE 120 III 97 S. 101
Honorarordnung der Schaffhauser Anwaltskammer zulässige Stundenansatz, wobei allerdings noch gewisse Streitwertzuschläge zulässig sind. Vom sozialen Zweck des Gebührentarifs her rechtfertigt es sich zweifellos, unter den maximal zulässigen Ansatz zu gehen. Die Vorinstanz verweist diesbezüglich auf die Ansätze die einem amtlichen Verteidiger im Kanton Schaffhausen zustehen (Fr. 140.-- pro Stunde). Mit Blick auf diese Überlegungen, die der Gebührenverordnung zu Grunde liegen, liesse es sich ohne weiteres rechtfertigen, die anwaltliche Tätigkeit im Rahmen der ausserordentlichen Konkursverwaltung gleich zu entschädigen wie die amtliche Verteidigung.
Wohl hält die Vorinstanz selber fest, dass die Auffassung der Gläubiger, es seien "mannigfach reine Routinearbeiten zum Volltarif verrechnet" worden, nicht zutreffe. Daraus kann aber nicht geschlossen werden, es habe sich ausschliesslich um anspruchsvolle Anwaltstätigkeit gehandelt. Zwischen reiner Routine und anspruchsvoller Anwaltstätigkeit gibt es auch noch die gewöhnlichen anwaltlichen Aufgaben.
Ein Stundenansatz von Fr. 200.-- kann deshalb nicht als zu niedrig angesehen werden.
b) Von daher lässt sich auch der Ansatz für die juristischen Mitarbeiter von Fr. 160.-- pro Stunde nicht beanstanden.
c) Für die Funktion des Architekten und des Immobilientreuhänders liess die Vorinstanz einen Stundenansatz von Fr. 130.--, für die blosse Verwaltungstätigkeit von Fr. 110.-- zu. Die Rekurrentin will Fr. 170.-- bzw. Fr. 150.--. Art. 47 GebVSchKG ist zu entnehmen, dass bei nicht anspruchsvollen Verfahren der Stundenansatz für diese Tätigkeit zum Teil nur Fr. 60.-- beträgt. Die von der Vorinstanz zugestandene Erhöhung gegenüber diesem Tarif erscheint von daher als angemessen, ohne dass dies einer weiteren Begründung bedürfte.
d) Die Sekretariatsarbeiten lässt die Vorinstanz schliesslich mit Fr. 50.-- pro Stunde verrechnen. Die Rekurrentin verlangt Fr. 80.--. Dass die Sekretariatsarbeiten im vorliegenden Verfahren besonders anspruchsvoll seien, z.B. Fremdsprachenkenntnisse verlange, ist in keiner Weise dargetan. Mit Blick auf den Tarif in nicht anspruchsvollen Verfahren, lässt sich somit auch dieser Ansatz ohne weiteres rechtfertigen. Er liegt wohl noch deutlich über den nach Art. 47 bis 49 GebVSchKG verrechenbaren Beträgen.

Inhalt

Ganzes Dokument
Regeste: deutsch französisch italienisch

Sachverhalt

Erwägungen 2 3

Referenzen

BGE: 108 III 69, 114 III 44, 114 III 45

Artikel: Art. 270 Abs. 2 SchKG