Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
2C_655/2023
Verfügung vom 1. Februar 2024
II. öffentlich-rechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichterin Hänni, präsidierendes Mitglied,
Gerichtsschreiberin Ivanov.
Verfahrensbeteiligte
Ticketcorner Holding AG,
Oberglatterstrasse 35, 8153 Rümlang,
Beschwerdeführerin,
vertreten durch Dr. Marcel Meinhardt und/oder Ueli Weber,
Rechtsanwälte,
gegen
Wettbewerbskommission,
Hallwylstrasse 4, 3003 Bern,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Zusammenschlussvorhaben 41-0816 Ticketcorner
und Starticket, Ausstandsbegehren,
Beschwerde gegen den Zwischenentscheid des
Bundesverwaltungsgerichts, Abteilung II, vom
20. Oktober 2023 (B-3859/2019).
Erwägungen:
1.
1.1. Am 9. Januar 2017 reichten Ticketcorner Holding AG sowie Tamedia AG (seit 20. Dezember 2019 als TX Group AG firmierend) ein Zusammenschlussvorhaben beim Sekretariat der Wettbewerbskommission (WEKO) ein. Mit dem Zusammenschlussvorhaben sollte eine gemeinsame Kontrolle über Ticketcorner AG, einer 100% Tochtergesellschaft von Ticketcorner Holding AG begründet werden.
Dabei bildeten die Ticketcorner Holding AG, Tamedia, Ticketcorner und Starticket AG die Zusammenschlussparteien des Zusammenschlussvorhabens (Zusammenschlussvorhaben 41-0816 Ticketcorner und Starticket).
Mit Verfügung vom 22. Mai 2017 wurde das Zusammenschlussvorhaben durch die WEKO untersagt.
Mit Urteil B-3871/2017 vom 3. Mai 2018 trat das Bundesverwaltungsgericht auf eine dagegen erhobene Beschwerde nicht ein, mit der Begründung, die Ticketcorner Holding AG sei nicht zur Beschwerde legitimiert.
Mit Urteil 2C_509/2018 vom 24. Juni 2019 hiess das Bundesgericht eine gegen das Urteil vom 3. Mai 2018 gerichtete Beschwerde der Ticketcorner Holding AG gut, soweit es darauf eintrat. Es hob den angefochtenen Entscheid auf und wies die Sache zu neuer Entscheidung an das Bundesverwaltungsgericht zurück.
1.2. In der Folge eröffnete das Bundesverwaltungsgericht am 31. Juli 2019 ein neues Dossier (Verfahrensnummer B-3859/2019).
Nachdem die Ticketcorner Holding AG das Bundesverwaltungsgericht um Auskunft betreffend die Zusammensetzung des Spruchkörpers ersucht hatte, wurde ihr mit Instruktionsverfügung vom 31. Januar 2023 mitgeteilt, dass A.________ neu als Gerichtsschreiber eingesetzt worden sei.
1.3. Mit Zwischenentscheid vom 20. Oktober 2023 wies das Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, ein gegen Gerichtsschreiber A.________ von der Ticketcorner Holding AG gestelltes Ausstandsbegehren ab und auferlegte ihr die Verfahrenskosten von Fr. 1'000.--.
1.4. Die Ticketcorner Holding AG gelangte mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten vom 23. November 2023 an das Bundesgericht und beantragte, es sei der Zwischenentscheid vom 20. Oktober 2023 aufzuheben und Gerichtsschreiber A.________ sei im Beschwerdeverfahren B-3859/2019 in den Ausstand zu versetzen. Eventualiter sei der angefochtene Zwischenentscheid aufzuheben und die Sache zur neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen.
1.5. Mit Eingabe vom 11. Januar 2024 teilte die Beschwerdeführerin dem Bundesgericht mit, das Bundesverwaltungsgericht habe am 12. Dezember 2023 im Verfahren B-3859/2019 ohne Mitwirkung von Gerichtsschreiber A.________ ein Urteil gefällt. Über den Wechsel des Gerichtsschreibers sei sie nicht vorgängig informiert woren. Sie beantragt, es seien die Kosten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht aufzuerlegen und dieses sei zu verpflichten, ihr eine Parteientschädigung zu bezahlen. Ferner beantragt sie, es seien die Kosten des vorinstanzlichen Verfahrens dem Bund aufzuerlegen und es sei ihr auch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Parteientschädigung zuzusprechen.
Mit Schreiben vom 12. Januar 2024 lud das Bundesgericht das Bundesverwaltungsgericht ein, eine allfällige Stellungnahme zur Eingabe der Beschwerdeführerin vom 11. Januar 2024 bis zum 29. Januar 2024 einzureichen. Das Bundesverwaltungsgericht liess sich nicht vernehmen.
2.
2.1. Angefochten ist ein selbständig eröffneter Zwischenentscheid des Bundesverwaltungsgerichts über ein Ausstandsbegehren in einer Kartellrechtssache und somit in einer öffentlich-rechtlichen Angelegenheit. Dagegen steht die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten grundsätzlich zur Verfügung (Art. 82 lit. a, Art. 83
e contrario, Art. 86 Abs 1 lit. a und Art. 92 Abs. 1 BGG ).
2.2. Vorliegend ist das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 12. Dezember 2023 auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin im Verfahren B-3859/2019 nicht eingetreten (Dispositiv-Ziff. 2). Dieses Urteil ist ohne Mitwirkung von Gerichtsschreiber A.________, dessen Ausstand im vorliegenden bundesgerichtlichen Verfahren strittig ist, ergangen. Damit ist das Interesse der Beschwerdeführerin an der Behandlung ihrer Beschwerde gegen den Zwischenentscheid vom 20. Oktober 2023 betreffend das Ausstandsbegehren gegen Gerichtsschreiber A.________ im Verlauf des bundesgerichtlichen Verfahrens dahingefallen. Umstände, die es rechtfertigen würden, ausnahmsweise vom Erfordernis des aktuellen Interesses abzusehen, sind weder ersichtlich noch werden solche dargetan (vgl. dazu BGE 148 I 89, nicht publ. E. 1.3; 146 II 335 E. 1.3). Das vorliegende Verfahren ist gegenstandslos geworden und kann dementsprechend durch das präsidierende Mitglied als Instruktionsrichterin abgeschrieben werden ( Art. 32 Abs. 1 und 2 BGG ).
2.3. Bei Entfallen des Rechtsschutzinteresses bzw. Gegenstandslosigkeit des Verfahrens entscheidet das Bundesgericht mit summarischer Begründung über die Prozesskosten aufgrund der Sachlage vor Eintritt des Erledigungsgrundes (Art. 71 BGG in Verbindung mit Art. 72 BZP). Es ist in erster Linie auf den mutmasslichen Ausgang des Prozesses abzustellen, soweit sich dieser ohne Weiteres feststellen lässt (vgl. Verfügungen 2C_140/2023 vom 9. März 2023 E. 2.2; 2C_621/2022 vom 5. September 2022 E. 4.1; 2C_1028/2020 vom 4. März 2021 E. 1.3 mit Hinweis). Andernfalls ist auf allgemein zivilprozessrechtliche Kriterien zurückzugreifen. Danach wird jene Partei kosten- und entschädigungspflichtig, welche das gegenstandslos gewordene Verfahren veranlasst hat oder in welcher die Gründe eingetreten sind, die dazu geführt haben, dass der Prozess gegenstandslos geworden ist (BGE 142 V 551 E. 8.2; 118 Ia 488 E. 4a; Urteil 2C_622/2016 vom 31. März 2017 E. 3.1; Verfügungen 2C_621/2022 vom 5. September 2022 E. 4.1; 2C_778/2021 vom 17. Dezember 2021 E. 3.1).
2.4. Die Beschwerdeführerin begründet ihr Ausstandsbegehren mit einem Telefongespräch, welches unbestrittenermassen im Jahr 2017 im Zusammenhang mit einem anderen Verfahren ("Vertrieb von Tickets im Hallenstadion Zürich") zwischen dem Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin und dem Gerichtsschreiber A.________ stattgefunden hat. In diesem Rahmen soll der Gerichtsschreiber nach Angaben der Beschwerdeführerin eine Meinung zum Zusammenschluss Ticketcorner/Starticket geäussert haben, die ihn als befangen erscheinen lasse.
Unter den konkreten Umständen lässt sich der mutmassliche Ausgang des Verfahrens nicht ohne Weiteres feststellen. Hingegen steht fest, dass die Gründe für die Gegenstandslosigkeit des Verfahrens beim Bundesverwaltungsgericht liegen, welches am 12. Dezember 2023 einen Nichteintretensentscheid in der Sache gefällt hat, wobei ein neuer Gerichtsschreiber bereits am 2. November 2023 eingesetzt worden war (vgl. Urteil vom 12. Dezember 2023, Sachverhalt I.p). Zu berücksichtigen ist auch, dass die Beschwerdeführerin im Zusammenhang mit einem am 31. Oktober 2023 eingereichten Sistierungsgesuch das Bundesverwaltungsgericht über ihre Absicht informiert hatte, Beschwerde gegen den Zwischenentscheid vom 20. Oktober 2023 beim Bundesgericht zu erheben (vgl. auch Urteil vom 12. Dezember 2023, Sachverhalt I.o). Da die Vorinstanz die Beschwerdeführerin über den Wechsel des Gerichtsschreibers während laufender Beschwerdefrist gegen diesen Zwischenentscheid unbestrittenermassen nicht orientiert hat, ist mit der Beschwerdeführerin davon auszugehen, dass sie ihr unnötige Kosten im Zusammenhang mit dem Verfassen der Beschwerde an das Bundesgericht verursacht hat.
Vor diesem Hintergrund werden dem Bundesverwaltungsgericht keine Kosten für das bundesgerichtliche Verfahren auferlegt (Art. 66 Abs. 4 BGG). Das Bundesverwaltungsgericht hat indessen der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin eine angemessene Parteientschädigung zu bezahlen ( Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG ). Die vor Bundesgericht eingereichte Kostennote in der Höhe von Fr. 12'080.-- erscheint mit Blick auf die Komplexität der Angelegenheit als zu hoch. Für das bundesgerichtliche Verfahren erweist sich eine pauschale Entschädigung von Fr. 2'000.-- als angemessen.
2.5. Die Kosten des vorangegangenen Verfahrens kann das Bundesgericht nur anders verteilen, wenn es den angefochtenen Entscheid ändert (Art. 67 BGG). Dies ist hier, wo das Verfahren gegenstandslos geworden ist, nicht der Fall (vgl. Verfügungen 1C_159/2022 vom 2. November 2023 E. 6.3; 2C_778/2021 vom 17. Dezember 2021 E. 3.3; Urteil 2C_622/2016 vom 31. März 2017 E. 3.4).
Demnach verfügt das präsidierende Mitglied:
1.
Das Verfahren wird infolge Gegenstandslosigkeit abgeschrieben.
2.
Es werden keine Gerichtskosten erhoben.
3.
Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren eine Entschädigung von Fr. 2'000.-- zu bezahlen.
4.
Diese Verfügung wird den Verfahrensbeteiligten, dem Bundesverwaltungsgericht, Abteilung II, und dem Eidgenössischen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung, mitgeteilt.
Lausanne, 1. Februar 2024
Im Namen der II. öffentlich-rechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: J. Hänni
Die Gerichtsschreiberin: D. Ivanov