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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
4C.14/2006 /ruo 
 
Urteil vom 1. März 2006 
I. Zivilabteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Corboz, Präsident, 
Bundesrichterinnen Klett, Kiss, 
Gerichtsschreiber Huguenin. 
 
Parteien 
A.________, 
Kläger und Berufungskläger, 
vertreten durch Rechtsanwalt Beat Rohrer, 
 
gegen 
 
B.________, 
Beklagten und Berufungsbeklagten, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Beat Frischkopf. 
 
Gegenstand 
Arbeitsvertrag; Gewinnbeteiligung, 
 
Berufung gegen das Urteil des Obergerichts des 
Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, 
vom 16. November 2005. 
 
Sachverhalt: 
A. 
A.________ (Kläger) war vom 2. August 2000 bis zum 31. Dezember 2001 bei B.________ (Beklagter), angestellt. 
B. 
B.a Mit Klage vom 28. Mai 2002 forderte der Kläger vom Beklagten die Gewinnbeteiligung, die ihm gemäss Arbeitsvertrag vom 28. April 2000 zustehe. Dabei sei ihm - nach Auflage der Bilanz und Erfolgsrechnung für die Jahre 2000 und 2001 - eine Frist zur Bezifferung der Forderungshöhe anzusetzen. Ausserdem sei der Beklagte zu verpflichten, ihm für die Projektarbeiten "LUS" eine Entschädigung von Fr. 4'800.- zu bezahlen und das Arbeitszeugnis neu zu verfassen. 
 
Der Beklagte schloss auf Abweisung der Klage, soweit darauf einzutreten sei. Ferner beantragte er, der Kläger sei zu verpflichten, die Geheimhaltungserklärung vom 13. Dezember 2001 zu unterschreiben und ihm zurückzugeben. Für den Fall, dass er verpflichtet werden sollte, dem Kläger eine Entschädigung aus dem Arbeitsvertrag zu bezahlen, machte der Beklagte verrechnungsweise Fr. 710.- geltend. 
 
Nachdem das zuständige Arbeitsgericht des Kantons Luzern einen Sachverständigen mit der Kontrolle der Jahresabschlüsse 2000 und 2001 sowie der Ermittlung der diesbezüglichen Jahresgewinne beauftragt hatte, bezifferte der Kläger seine gesamte Geldforderung auf Fr. 14'718.-. Den Antrag auf Ausstellung eines abgeänderten Arbeitszeugnisses zog er zurück. 
 
Mit Urteil vom 29. März 2005 wies das Arbeitsgericht die Klage ab, soweit es darauf eintrat. Ebenso wies es die Widerklage betreffend die Geheimhaltungserklärung ab. 
B.b Dagegen appellierte der Kläger an das Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer, wobei er nunmehr beantragte, der Beklagte sei zu verpflichten, ihm 10% des Gewinns zu entrichten, der in der Zeitspanne vom 2. August 2000 bis 31. Dezember 2001 erwirtschaftet worden sei. Zudem sei ihm zwecks Bezifferung seiner Forderung uneingeschränkte Einsicht in die Geschäftsbücher zu gewähren. Ferner sei ihm Gelegenheit zu bieten, seine Forderung nach Abschluss des Beweisverfahrens zu beziffern. Sofern diese Hauptanträge abgewiesen würden, sei der Beklagte zu verpflichten, ihm Fr. 14'718.- zuzüglich 5% Verzugszins ab 1. Januar 2002 zu bezahlen und den zuständigen Sozialversicherungen die darauf aufzurechnenden Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Arbeitsgericht zurückzuweisen. Der Beklagte schloss auf Abweisung der Klage, soweit darauf einzutreten sei und verlangte eventualiter verrechnungsweise Fr. 710.-. 
 
Mit Urteil vom 16. November 2005 wies das Obergericht die Klage ab, soweit es darauf eintrat. 
C. 
Der Kläger beantragt mit eidgenössischer Berufung, das Urteil des Obergerichts aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger uneingeschränkte Einsicht in seine Geschäftsbücher zu gewähren. Im Übrigen sei die Streitsache zu neuer Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. Eventualiter sei der Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Fr. 14'718.- zu bezahlen und den Sozialversicherungen die darauf aufzurechnenden Beiträge zu entrichten. 
 
Der Beklagte beantragt, die Berufung abzuweisen, soweit darauf einzutreten sei. Für den Fall, dass der Berufungsbeklagte verpflichtet werden sollte, dem Berufungskläger eine Entschädigung aus Arbeitsvertrag zu bezahlen, macht er verrechnungsweise eine Forderung von Fr. 710.- geltend. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
1. 
1.1 Die Vorinstanz, wie zuvor schon das Arbeitsgericht, verneinte einen Anspruch des Klägers auf Gewinnbeteiligung, weil die in Art. 5 des Arbeitsvertrages vom 28. April 2000 dafür festgelegte Bedingung - das Erreichen der Geschäftsziele nach Planung/Budget - nicht erfüllt sei. Die genannte Vertragsbestimmung lautet wie folgt: 
 
"Zusätzlich wird dem/der Stelleninhaber/in eine Gewinnbeteiligung von 10% auf den Nettogewinn des Unternehmens ausbezahlt, wenn die Geschäftsziele nach Planung/Budget erreicht werden." 
1.2 Die Vorinstanz ist zum Ergebnis gekommen, der Wortlaut dieser Vertragsbestimmung sei klar. Das Ausschütten einer Gewinnbeteiligung hänge von der Bedingung ab, dass die Geschäftsziele nach Planung/Budget erreicht würden. Diese Voraussetzung sei keineswegs sachfremd. Die Beteiligungsform (Beteiligung am Gewinn oder Umsatz oder aber sonstige Beteiligung) sei frei vereinbar. Die Gewinnbeteiligung vom Erreichen eines Umsatzes abhängig zu machen, sei nicht unsinnig, zumal Gewinn und Umsatz in der Regel proportional verliefen. Der Anreiz in Art. 5 des Arbeitsvertrages vom 28. April 2000 sei ausschliesslich auf der Umsatzseite angesiedelt. Der (Netto-)Gewinn bilde lediglich die Grundlage der Bonusberechnung. Diese Regelung liege (auch) im Interesse des Arbeitnehmers. Die Ertragsseite, d.h. den Umsatz, könne er nämlich erheblich besser beeinflussen als den Gewinn, welcher sich aus Ertrag minus Aufwand errechne. Dass auf das Erreichen der Geschäftsziele grosses Gewicht gelegt werde, ergebe sich überdies auch aus Art. 1 des Arbeitsvertrages. Danach werde eine Beteiligung an der Firma ebenfalls vom diesbezüglich unternehmerischen Engagement abhängig gemacht. Die fragliche Vertragsbestimmung sei mithin so zu verstehen, wie sie formuliert sei. Einer Verdeutlichung ihres Inhalts bedürfe es nicht. Gemäss den bei den Akten liegenden Unterlagen habe das Budgetziel für die Jahre 2000 und 2001 Fr. 800'000.- betragen. Ob dies dem Kläger mitgeteilt worden sei, sei letztlich nicht von Relevanz. Der Kläger habe schon ohne Detailkenntnis und bedingungslos in Art. 5 des Arbeitsvertrages eingewilligt. Damit habe er sich "blind" dem Geschäftsgebaren des Beklagten unterworfen. Dass dieses den offensichtlichen Zweck verfolgt hätte, die Gewinnbeteiligung zu schmälern, mache der Kläger nicht geltend. 
1.3 Nach Auffassung des Klägers verletzen diese Erwägungen der Vorinstanz Art. 322a Abs. 1 OR und das Vertrauensprinzip. Art. 5 des Arbeitsvertrages sei gerade nicht klar. Insbesondere komme darin das Wort "Umsatz" überhaupt nicht vor. Auch werde in keiner anderen Vertragsbestimmung ausgeführt, dass die "Geschäftsziele nach Planung/Budget" als Umsatzziele zu verstehen seien. Tatsächlich habe der Kläger die im Vertrag erwähnten Geschäftsziele nie als Umsatzziele verstanden. Vielmehr sei er immer davon ausgegangen, dass die Geschäftsziele nach Planung/Budget in der Erwirtschaftung von Gewinn bestünden. Es sei unsinnig und keinesfalls im Interesse des Arbeitnehmers, die Auszahlung eines Gewinnanteils vom Erreichen eines Umsatzzieles abhängig zu machen. Auch aus dem Wortlaut von Art. 5 des Vertrages lasse sich ein Verständnis der "Geschäftsziele nach Planung/Budget" als Umsatzziele nicht herleiten. Vielmehr entspreche ein "Budget" in der Finanzwissenschaft der Gegenüberstellung von Einnahmen und Ausgaben, was grundsätzlich auch der Methode zur Ermittlung von Gewinn entspreche. 
1.4 Der Inhalt eines Vertrags ist durch Vertragsauslegung zu bestimmen. Ziel der Vertragsauslegung ist es, in erster Linie den übereinstimmenden wirklichen Parteiwillen festzustellen (Art. 18 Abs. 1 OR). Diese subjektive Vertragsauslegung beruht auf Beweiswürdigung, die vorbehältlich der Ausnahmen von Art. 63 Abs. 2 und 64 OG der bundesgerichtlichen Überprüfung im Berufungsverfahren entzogen ist (BGE 131 III 606 E. 4.1 S. 611; 126 III 119 E. 2a, 375 E. 2e/aa S. 379 f.; 121 III 118 E. 4b/aa S. 123, je mit Hinweisen). Erst wenn eine tatsächliche Willensübereinstimmung unbewiesen bleibt, sind zur Ermittlung des mutmasslichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten. Das Bundesgericht überprüft diese objektivierte Auslegung von Willenserklärungen im Berufungsverfahren als Rechtsfrage, wobei es an die Feststellungen der kantonalen Vorinstanz über die äusseren Umstände sowie das Wissen und Wollen der Beteiligten grundsätzlich gebunden ist (Art. 63 Abs. 2 und 64 OG; BGE 132 III 24 E. 4 S. 27 f.; 131 III 606 E. 4.1. S. 611; 130 III 66 E. 3.2, 417 E. 3.2., BGE 129 III 118 E. 2.5; 702 E. 2.4, je mit Hinweisen). 
1.5 Die Vorinstanz ging vom Wortlaut von Art. 5 des Arbeitsvertrages vom 28. April 2000 aus und stellte den Ausdruck "Geschäftsziele nach Planung/Budget" sodann in Zusammenhang mit Art. 1 des Arbeitsvertrages, wonach eine Beteiligung an der Firma ebenfalls vom unternehmerischen Engagement zur Erreichung der Geschäftsziele abhängig gemacht wird. Ihre Erwägungen (siehe oben E. 1.2) sind sachgerecht und entsprechen dem Willen vernünftiger Vertragsparteien. 
 
Was der Kläger hiegegen vorbringt, vermag keine Verletzung des Vertrauensprinzips und des ebenfalls angerufenen Art. 322a Abs. 1 OR darzutun. Der Kläger nennt keine Umstände, aufgrund derer der Ausdruck "Geschäftsziele nach Planung/Budget" als Gewinnziele hätte verstanden werden dürfen und müssen. Im Übrigen bleibt unerfindlich, welches Interesse der Kläger an einem solchen Verständnis haben könnte. Sollte das von der Vorinstanz festgestellte Budgetziel von Fr. 800'000.- für die Jahre 2000 und 2001 ein (Netto-)Gewinnziel meinen, wäre dieses offensichtlich noch weniger erreicht, als bei einem Verständnis als Umsatzziel. Dass es für den Arbeitnehmer möglicherweise vorteilhafter wäre, wenn der Anspruch auf Gewinnbeteiligung überhaupt nicht vom Erreichen von Geschäftszielen abhängig gemacht wird, auch nicht davon, dass die Geschäftsziele nach Planung/Budget erreicht werden, ändert nichts daran, dass vorliegend in Art. 5 des Arbeitsvertrages vom 28. April 2000 eine solche Bedingung stipuliert und vom Kläger akzeptiert worden war. 
2. 
Da die Vorinstanz einen Anspruch des Klägers auf Gewinnbeteiligung mangels Erreichen der erforderlichen Geschäftsziele bundesrechtskonform verneinte, werden die Vorbringen des Klägers zur Gewinnberechnung und zum in diesem Zusammenhang gestellten Antrag auf Einsicht in die Geschäftsbücher hinfällig. Die diesbezüglichen Rügen richten sich ohnehin gegen die Erwägungen des Arbeitsgerichts, nachdem die Vorinstanz diese Fragen nicht mehr prüfte, und sind damit unzulässig (Art. 48 Abs. 1 OG). 
3. 
Schliesslich rügt der Kläger eine Verletzung von Art. 322 Abs. 1 OR, weil ihm sein Anspruch auf Lohn für seine Projektarbeit "Linux-Update Server" (LUS) nicht zugesprochen wurde. 
 
Das Arbeitsgericht verneinte das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien für das Projekt "LUS". Es habe insbesondere an der Einordnung in eine fremde Arbeitsorganisation, der Entgegennahme konkreter Weisungen durch den Beklagten sowie der Vereinbarung einer Entlöhnung für die Projekttätigkeit gefehlt. Das Arbeitsgericht trat daher in diesem Punkt mangels sachlicher Zuständigkeit auf die Klage nicht ein. Die Vorinstanz stimmte dem zu und gelangte in Würdigung der Vorbringen des Klägers und der Beweislage, insbesondere der Zeugenaussagen, zum gleichen Ergebnis. 
 
Was der Kläger dem entgegen hält, erschöpft sich in der eigenen Interpretation und Darstellung des Sachverhalts, die aber im angefochtenen Urteil keine Stütze findet. Er wendet sich gegen die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, ohne Ausnahmen von der Sachverhaltsbindung des Bundesgerichts nach Art. 63 Abs. 2 und 64 OG geltend zu machen, und übt Kritik an der Beweiswürdigung der Vorinstanz. Darauf ist im Berufungsverfahren nicht einzutreten (BGE 130 III 102 E. 2.2. S. 106; 127 III 543 E. 2c S. 547, je mit Hinweisen). 
4. 
Die Berufung ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Liegt der Streitwert - wie im vorliegenden Fall - unter Fr. 30'000.-, sind keine Gerichtskosten zu erheben (Art. 343 Abs. 3 OR). Indessen hat der unterliegende Kläger dem Beklagten für das bundesgerichtliche Verfahren eine Parteientschädigung zu bezahlen (BGE 115 II 30 E. 5c S. 42; Art. 159 Abs. 2 OG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
1. 
Die Berufung wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
2. 
Es werden keine Kosten erhoben. 
3. 
Der Kläger hat den Beklagten für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.- -zu entschädigen. 
4. 
Dieses Urteil wird den Parteien und der Obergericht des Kantons Luzern, I. Kammer als Appellationsinstanz, schriftlich mitgeteilt. 
Lausanne, 1. März 2006 
Im Namen der I. Zivilabteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: