Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
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5A_559/2016
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Urteil vom 1. März 2017
II. zivilrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter von Werdt, Präsident,
Bundesrichter Herrmann, Schöbi,
Gerichtsschreiber Traub.
Verfahrensbeteiligte
A.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Martin Neese,
Beschwerdeführer,
gegen
B.A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. C.C.________,
Beschwerdegegnerin,
Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) des Kantons Zug,
D.________.
Gegenstand
Vorsorgeauftrag,
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug, Fürsorgerechtliche Kammer, vom 30. Juni 2016.
Sachverhalt:
A.
A.a. Der 1928 geborene E.A.________ ist seit Oktober 2004 in zweiter Ehe mit B.A.________ verheiratet. Aus seiner ersten Ehe mit F.A.________, die im Jahr 2000 verstorben ist, stammen die beiden Söhne G.A.________ und A.A.________. E.A.________ leidet seit ca. 2008 an zunehmender Demenz.
Am 26. April 2013 liess E.A.________einen öffentlich beurkundeten Vorsorgeauftrag nach Art. 360 ff. ZGB verfassen. Darin ermächtigte er seine Ehefrau, ihn im Falle seiner Urteilsunfähigkeit in bezeichneten persönlichen Belangen zu vertreten. Als Ersatzbevollmächtigten setzte er den ehemaligen Leiter seines Unternehmens, H.________, ein resp., für den Fall von dessen Verhinderung, Rechtsanwalt Dr. I.C.________. Letzter ist der Sohn des langjährigen Rechtsvertreters der Ehegatten A.________, Rechtsanwalt Dr. C.C.________.
A.A.________ wandte sich am 18. Juli und 25. September 2013 an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) des Kantons Zug. Er ersuchte die Behörde um Abklärung resp. Anordnung von erwachsenenschutzrechtlichen Massnahmen hinsichtlich seines Vaters. Im Rahmen des Verfahrens der KESB reichte E.A.________ den Vorsorgeauftrag vom 26. April 2013 ein. Gestützt auf die Ergebnisse von medizinischen Untersuchungen stellte die KESB am 27. Mai 2014 die Ungültigkeit des Vorsorgeauftrags fest. Gegen diesen Entscheid liessen der Betroffene und seine Ehefrau Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Zug erheben. Des Weitern errichtete die KESB am 15. Juli 2014 eine Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung. Als Beistand setzte sie Rechtsanwalt D.________ ein. E.A.________ und seine Ehefrau führten auch dagegen Beschwerde. Das Verwaltungsgericht sistierte das Verfahren betreffend die Beistandschaft bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens betreffend die Gültigkeit des Vorsorgeauftrags. Mit Urteil vom 13. November 2014 stellte es fest, der Vorsorgeauftrag sei gültig und wirksam. Ausserdem bejahte es die grundsätzliche Eignung der Vorsorgebeauftragten und beider Ersatzvorsorgebeauftragten. Schliesslich betraute das Gericht die KESB mit der Abklärung, ob der Vorsorgeauftrag genüge oder ob ergänzend weiterhin erwachsenenschutzrechtliche Massnahmen notwendig seien. Dieses Urteil wurde rechtskräftig. Das Verfahren betreffend die Beistandschaft schrieb das Verwaltungsgericht als gegenstandslos ab. Mit Entscheid vom 27. Januar 2015 validierte die KESB den Vorsorgeauftrag; am 12. Februar 2015 hob sie die Erwachsenenschutzmassnahme auf.
A.b. Nachdem der Sohn von E.A.________ am 2. Juli 2015 eine Gefährdung seines Vaters an die KESB gemeldet hatte und jener am 7. Juli 2015 in ein Pflegeheim eingewiesen worden war, sistierte die Behörde am 14. Juli 2015 den Vorsorgeauftrag provisorisch (für die Dauer einer Abklärung) und richtete vorsorglich eine neue Erwachsenenschutzmassnahme ein. Seit dem 4. August 2015 lebt der Betroffene an einem Zweitdomizil getrennt von der Ehefrau. Die Ehefrau legte ihr Mandat als Vorsorgebeauftragte am 14. August 2015 nieder.
Mit Entscheid vom 8. Oktober 2015 hob die KESB die vorläufige Sistierung des validierten Vorsorgeauftrags auf, ebenso die vorsorglich errichtete Massnahme. Zugleich entzog die Behörde dem Vorsorgeauftrag vom 26. April 2013 die Gültigkeit und errichtete eine neue Vertretungsbeistandschaft mit Vermögensverwaltung, wiederum mit Rechtsanwalt D.________ als Beistand. Die Behörde begründete dies im Wesentlichen mit einer ungenügenden Betreuungssituation und mit einer Überforderung der Ehefrau, welche in verschiedener Hinsicht zueiner Gefährdung des Betroffenen geführt habe. Im Weitern entspreche eine Heimeinweisung nicht dem Willen des Betroffenen. Dessen Gesundheitszustand habe sich infolge der wechselnden Aufenthaltsorte innert weniger Monate sichtlich verschlechtert. Eine Unterbringung im Pflegeheim sei weder medizinisch indiziert gewesen noch gebe es dafür soziale oder finanzielle Gründe. Der erste Ersatzvorsorgebeauftragte habe am 29. Juli 2015 erklärt, dass er für das Mandat nicht zur Verfügung stehe. Der zweite Ersatzvorsorgebeauftragte Dr. I.C.________, welcher das Mandat angenommen habe, sei zwar fachlich kompetent und grundsätzlich geeignet, um diese Aufgabe zu übernehmen. Jedoch trete er, Sohn des langjährigen Rechtsbeistandes der Familie, auch als Vertreter der Ehefrau auf. Er sei eng in die Familiendynamik verwickelt; daraus ergebe sich ein abstrakter Interessenkonflikt. Mit seiner Einsetzung bestehe die Gefahr, dass der Rücktritt der Ehefrau als Vorsorgebeauftragte stark relativiert würde. Insoweit eigne er sich nicht als Vorsorgebeauftragter. Nötig sei vielmehr eine neutrale Vertretung, welche für den erforderlichen Schutz des Betroffenen Gewähr leiste und nicht in den Familienstreit verwickelt sei. Beide Söhne hätten sich vehement gegen die Einsetzung von Dr. I.C.________ als Vorsorgebeauftragten ausgesprochen. Da keine der im Vorsorgeauftrag bezeichneten Personen für die Übernahme des Mandats in Frage komme, werde der Vorsorgeauftrag aufgehoben. Stattdessen sei eine behördliche Massnahme notwendig. Der bereits eingesetzte Beistand sei in jeder Hinsicht unabhängig.
B.
B.A.________ erhob beim kantonalen Verwaltungsgericht Beschwerde gegen den Entscheid der KESB vom 8. Oktober 2015. Das Gericht hiess das Rechtsmittel mit Urteil vom 30. Juni 2016 gut, hob den Entscheid der KESB auf und stellte die Gültigkeit und Wirksamkeit des Vorsorgeauftrags vom 26. April 2013 sowie die Eignung des Ersatzvorsorgebeauftragten Dr. I.C.________ fest.
C.
A.A.________ führte am 27. Juli 2016 Beschwerde in Zivilsachen. Er beantragt die Aufhebung des angefochtenen Urteils und die Bestätigung des Entscheids der KESB.
Am 9. Oktober 2015 erkannte das Bundesgericht der Beschwerde antragsgemäss die aufschiebende Wirkung zu, nachdem es die Beschwerdegegnerin, die KESB, das Verwaltungsgericht und den Beistand, Rechtsanwalt D.________, angehört hatte.
Das Bundesgericht hat die kantonalen Akten beigezogen, aber in der Sache keine Vernehmlassungen eingeholt.
Erwägungen:
1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Endentscheid ( Art. 75 Abs. 1 und 2 BGG , Art. 90 BGG). Dieser betrifft den Erwachsenenschutz und damit einen öffentlich-rechtlichen Entscheid, der in unmittelbarem Zusammenhang mit Zivilrecht steht (Art. 72 Abs. 2 lit. b Ziff. 6 BGG). Die Beschwerde in Zivilsachen ist grundsätzlich gegeben.
2.
2.1. Das Bundesgericht überprüft von Amtes wegen und mit freier Kognition, ob sämtliche Sachurteilsvoraussetzungen der Beschwerde in Zivilsachen erfüllt sind (BGE 139 III 252 E. 1.1; 138 III 46 E. 1). Vorliegend stellt sich die Frage, ob der Beschwerdeführer legitimiert ist, den vorinstanzlichen Entscheid betreffend die Wirkung eines Vorsorgeauftrags seines Vaters vor Bundesgericht anzufechten.
2.2. Nach Art. 76 Abs. 1 BGG ist zur Beschwerde in Zivilsachen berechtigt, wer vor der Vorinstanz am Verfahren teilgenommen hat oder keine Möglichkeit zur Teilnahme erhalten hat (lit. a), durch den angefochtenen Entscheid besonders berührt ist und ein schutzwürdiges Interesse an dessen Aufhebung oder Änderung hat (lit. b). Ein tatsächliches und aktuelles Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheids genügt (Klett, Basler Kommentar zum BGG, 2. Aufl. 2011, N. 4 zu Art. 76 BGG). Gemäss revidierter, seit 1. Januar 2011 gültiger Fassung von Art. 76 BGG ist ein rechtlich geschütztes Interesse nicht mehr erforderlich (von Werdt/Güngerich, Bundesgerichtsgesetz [BGG], Seiler et al. [Hrsg.], 2. Aufl. 2015, N. 8 f. zu Art. 76 BGG).
2.3. Vor Bundesgericht wird grundsätzlich ein eigenes schutzwürdiges Interesse der beschwerdeführenden Person vorausgesetzt (Urteile 5A_729/2015 vom 17. Juni 2016 E. 2.2.2, 5A_787/2015 vom 3. März 2016 E. 1.2 und 5A_338/2015 vom 1. Juli 2015 E. 1.1). Art. 450 Abs. 2 Ziff. 2 ZGB, wonach Personen, welche der betroffenen Person nahestehen, befugt sind, gegen Entscheide der Erwachsenenschutzbehörde Beschwerde zu führen und damit die Interessen der betroffenen Person zu verfolgen (Urteil 5A_112/2015 vom 7. Dezember 2015 E. 2.5.1.1 mit Hinweisen), gilt für den kantonalen Rechtsweg. Vor Bundesgericht richtet sich die Beschwerdebefugnis hingegen einzig nach Art. 76 Abs. 1 BGG (Urteile 5A_295/2015 vom 29. Juni 2015 E. 1.2.1 und 5A_345/2015 vom 3. Juni 2015 E. 1.2.2).
2.4. Der Beschwerdeführer verfolgt mit seinem letztinstanzlichen Rechtsmittel erklärtermassen das Ziel, seinem gesundheitlich schwer beeinträchtigten Vater ein stabiles, ruhiges und vertrautes Umfeld zu verschaffen: Der bisherige Beistand, Rechtsanwalt D.________, leiste dafür Gewähr. Der vom Verwaltungsgericht wieder eingesetzte zweite Ersatzbevollmächtigte Dr. I.C.________ sei hingegen in seiner Eigenschaft als Rechtsvertreter und Vertrauter der Ehefrau des Betroffenen den konkreten Umständen nach nicht geeignet, für das anzustrebende stabile Umfeld zu sorgen. Angesichts der Vorgeschichte bestehe die ernstzunehmende Gefahr, dass der Rechtsvertreter der Beschwerdegegnerin das Mandat nicht im ausschliesslichen Interesse des Betroffenen wahrnehmen könne. Ein abstrakter Interessenkonflikt genüge, um den Vorsorgeauftrag aufzuheben, zumal auch denkbar sei, dass sich Rechtsanwalt Dr. I.C.________ als Vorsorgebeauftragter gegebenenfalls mit Anträgen befassen müsste, die sein Vater, Rechtsanwalt Dr. C.C.________, in Vertretung der Ehefrau des Betroffenen gestellt habe.
Der Beschwerdeführer macht somit ausschliesslich Interessen von E.A.________ geltend, nicht aber, dass der angefochtene Entscheid, wonach der Vorsorgeauftrag wirksam und der Vorsorgebeauftragte Dr. I.C.________ zur Mandatsführung geeignet sei, seine eigenen schutzwürdigen Interessen tangiere. Der Beschwerdeführer ist, wie dargelegt, nicht legitimiert, Interessen seines Vaters geltend zu machen. Auf seine Beschwerde kann daher nicht eingetreten werden.
3.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG). Parteientschädigungen sind keine zu sprechen.
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 700.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde (KESB) des Kantons Zug, D.________ und dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug, Fürsorgerechtliche Kammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 1. März 2017
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: von Werdt
Der Gerichtsschreiber: Traub