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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_547/2022  
 
 
Urteil vom 1. März 2023  
 
IV. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Abrecht, 
Gerichtsschreiber Jancar. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Max B. Berger, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Bern, 
Scheibenstrasse 70, 3014 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Arbeitsunfähigkeit, Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 21. Juli 2022 (200 22 244 IV). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
Die 1979 geborene A.________ arbeitete zuletzt seit 1. Mai 2019 teilzeitlich als Serviceangestellte und Verkäuferin. Am 10. März 2020 meldete sie sich bei der IV-Stelle Bern zum Leistungsbezug an. Diese holte u.a. ein polydisziplinäres Gutachten der estimed AG, MEDAS Zug, vom 26. März 2021 mit Ergänzung vom 14. Januar 2022 sowie einen Abklärungsbericht Haushalt vom 16. Juni 2021 ein. Mit Verfügung vom 17. März 2022 verneinte die IV-Stelle den Rentenanspruch, da der Invaliditätsgrad der Versicherten bloss 26 % betrage. 
 
B.  
Die hiergegen von A.________ erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Urteil vom 21. Juli 2022 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt A.________, in Aufhebung des kantonalen Urteils sei ihr eine Rente zuzusprechen. Eventuell sei die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie nach Einholung eines Obergutachtens die gesetzlichen Leistungen, insbesondere eine Rente, bestimme. Die Kosten für das Privatgutachten des Psychiaters Dr. med. B.________ vom 21. März 2022 von Fr. 2280.- seien ihr zu erstatten. 
Die IV-Stelle schliesst auf Beschwerdeabweisung. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
Mit Eingabe vom 2. November 2022 hält A.________ an ihrer Beschwerde fest. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG). 
Rechtsfrage ist, ob die rechtserheblichen Tatsachen vollständig festgestellt und ob der Untersuchungsgrundsatz bzw. die Beweiswürdigungsregeln nach Art. 61 lit. c ATSG beachtet wurden. Gleiches gilt für die Frage, ob die Anforderungen an den Beweiswert von Arztberichten (BGE 134 V 231 E. 5.1 S. 232) sowie von Abklärungsberichten an Ort und Stelle (Art. 69 Abs. 2 IVV; BGE 140 V 543 E. 3.2.1 S. 547) erfüllt wurden. Bei den aufgrund dieser Berichte getroffenen Feststellungen zum Gesundheitszustand sowie zur Arbeitsfähigkeit bzw. zur Leistungsfähigkeit im Haushalt und bei der konkreten Beweiswürdigung geht es um Sachverhaltsfragen (nicht publ. E. 1 des Urteils BGE 142 V 342, veröffentlicht in SVR 2016 IV Nr. 41 S. 131). Frei überprüfbare Rechtsfrage ist hingegen, ob und in welchem Umfang die ärztlichen Feststellungen anhand der Indikatoren nach BGE 141 V 281 auf Arbeitsunfähigkeit schliessen lassen (BGE 141 V 281 E. 7). 
 
2.  
Streitig ist, ob die vorinstanzlich bestätigte Verneinung des Anspruchs der Beschwerdeführerin auf eine Invalidenrente bundesrechtskonform ist. 
 
2.1. Am 1. Januar 2022 traten im Zuge der Weiterentwicklung der IV revidierte Bestimmungen im IVG (SR 831.20) sowie im ATSG (SR 830.1) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535), dies mitsamt entsprechendem Verordnungsrecht. Die dem angefochtenen Urteil zugrunde liegende Verfügung erging nach dem 1. Januar 2022. Entsprechend den allgemeinen intertemporalrechtlichen Grundsätzen (vgl. BGE 144 V 210 E. 4.3.1) ist nach der bis zum 31. Dezember 2021 geltenden Rechtslage zu beurteilen, ob bis zu diesem Zeitpunkt ein Rentenanspruch entstanden ist. Steht ein erst nach dem 1. Januar 2022 entstandener Rentenanspruch zur Diskussion, findet darauf das mit diesem Zeitpunkt geltende Recht Anwendung (vgl. Urteil 9C_484/2022 vom 11. Januar 2023 E. 2).  
 
 
2.2. Die Vorinstanz hat richtig erkannt, dass der frühest mögliche Zeitpunkt der potenziellen Entstehung des Rentenanspruchs vor dem 1. Januar 2022 liege, weshalb dieser nach den bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Bestimmungen zu beurteilen sei. Da zudem ein erst nach dem 1. Januar 2022 entstandener Rentenanspruch auch von der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht wird, erübrigen sich hier Weiterungen zum neuen Recht.  
Weiter hat sie die rechtlichen Grundlagen und die Rechtsprechung betreffend die Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 Abs. 1 ATSG), die Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG), die Voraussetzungen des Rentenanspruchs (Art. 28 IVG) und die Invaliditätsbemessung bei im Gesundheitsfall teilweise Erwerbstätigen nach der gemischten Methode (Art. 28a Abs. 2 f. IVG; Art. 27 bis Abs. 2-4 IVV; BGE 145 V 370, 144 I 28 E. 2.3, 21 E. 2.1, 141 V 15 E. 3.1) richtig dargelegt. Gleiches gilt betreffend den Beweiswert von Arztberichten (BGE 143 V 124 E. 2.2.2 und E. 2.2.4, 134 V 231 E. 5.1, 125 V 351 E. 3a) sowie Abklärungsberichten an Ort und Stelle (vgl. E. 1 hiervor). Darauf wird verwiesen.  
 
2.3. Zu ergänzen ist, dass der Zweck polydisziplinärer Gutachten darin besteht, alle relevanten gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu erfassen und die sich daraus je einzeln ergebenden Einschränkungen der Arbeitsfähigkeit in ein Gesamtergebnis zu bringen. Der abschliessenden, gesamthaften Beurteilung von Gesundheitszustand und Arbeitsfähigkeit kommt damit dann grosses Gewicht zu, wenn sie auf der Grundlage einer Konsensdiskussion der an der Begutachtung mitwirkenden Fachärzte erfolgt (BGE 143 V 124 E. 2.2.4, 137 V 210 E. 1.2.4). Ob sich die einzelnen aus mehreren Behinderungen resultierenden Einschränkungsgrade summieren und in welchem Masse, betrifft eine spezifisch medizinische Problematik und Einschätzung, von der das Gericht grundsätzlich nicht abrückt. Ausserdem ist dem Ermessensspielraum der Experten Rechnung zu tragen (vgl. BGE 137 V 210 E. 3.4.2.3; Urteil 9C_519/2022 vom 14. Dezember 2022 E. 3).  
 
3.  
In medizinischer Hinsicht erwog die Vorinstanz im Wesentlichen, das polydisziplinäre (allgemeinmedizinische/internistische, neurologische, rheumatologische/orthopädische und psychiatrische) MEDAS-Gutachten vom 26. März 2021 mit Ergänzung vom 14. Januar 2022 sei voll beweiswertig. Als Diagnosen mit Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit seien bei der Beschwerdeführerin eine kombinierte Persönlichkeitsstörung mit deutlichen ängstlich vermeidenden Anteilen und zusätzlich histrionischen Zügen (ICD-10 F61) sowie Migräne ohne Aura (ICD-10 G43.0) gestellt worden. Aus allgemeinmedizinischer-internistischer und orthopädischer Sicht bestehe keine Arbeitsunfähigkeit. Aus neurologischer Sicht liege eine 30%ige Einschränkung in einer Verweisungstätigkeit vor. Aus psychiatrischer Sicht sei eine Verweisungstätigkeit zu 80 bis 100 % möglich. Insgesamt sei der Beschwerdeführerin laut dem MEDAS-Gutachten eine angepasste Tätigkeit seit 1. Juni 2019 zu 70 % zumutbar. Weiter begründete die Vorinstanz einlässlich, weshalb die Einwände der Beschwerdeführerin dieses Gutachten nicht zu entkräften vermöchten. 
 
4.  
 
4.1. Die Beschwerdeführerin macht geltend, die Vorinstanz habe die im Bericht des Spitals C.________ vom 27. Juli 2021 aufgezeigten Widersprüche des MEDAS-Gutachtens betreffend die Diagnose der Persönlichkeitsstörung und ihre Kommunikationsfähigkeit unbegründet offen gelassen. Die Akten zu der im letztgenannten Bericht bejahten posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS; englisch post-traumatic stress disorder [PTSD]) habe die Vorinstanz bloss zusammengefasst und eine Begründung offen gelassen. Sie nenne auch keinen Grund, weshalb das von der Beschwerdeführerin eingereichte methodenkritische Privatgutachten des Psychiaters Dr. med. B.________ vom 21. März 2022 als Aktenbeurteilung das MEDAS-Gutachten nicht in Frage zu stellen vermöge. Die Vorinstanz habe zudem nicht dazu Stellung genommen, dass die Beschwerdeführerin die Einholung eines neuen MEDAS-Gutachtens verlangt habe.  
 
4.2.  
 
4.2.1. Aus dem Anspruch auf rechtliches Gehör folgt die Verpflichtung der Behörde, ihren Entscheid zu begründen. Dabei ist nicht erforderlich, dass sie sich mit allen Parteistandpunkten einlässlich auseinandersetzt und jedes einzelne Vorbringen ausdrücklich widerlegt. Vielmehr kann sie sich auf die für den Entscheid wesentlichen Punkte beschränken. Die Begründung muss so abgefasst sein, dass sich die betroffene Person über die Tragweite des Entscheids Rechenschaft geben und ihn in voller Kenntnis der Sache an die höhere Instanz weiterziehen kann. In diesem Sinne müssen wenigstens kurz die Überlegungen genannt werden, von denen sich die Behörde hat leiten lassen und auf die sich ihr Entscheid stützt (BGE 148 III 30 E. 3.1).  
 
 
4.2.2. Die Vorinstanz hat diese Grundsätze eingehalten. Sie hat den Bericht des Spitals C.________ vom 27. Juli 2021 und die Stellungnahme des Dr. med. B.________ vom 21. März 2022 zusammenfassend wiedergegeben. Weiter hat sie begründet, weshalb diese von der Beschwerdeführerin angerufenen medizinischen Akten das polydisziplinäre MEDAS-Gutachten vom 26. März 2021 nicht in Frage zu stellen vermöchten und gestützt auf dieses die Diagnose der Persönlichkeitsstörung zu bejahen und diejenige der PTBS zu verneinen sei. Weiter kam sie zum Schluss, dass sich weitere medizinische Abklärungen in antizipierter Beweiswürdigung (hierzu vgl. hinten E. 7.2) erübrigten. Insgesamt hat die Vorinstanz ihre Begründungspflicht erfüllt. Die Beschwerdeführerin legt denn auch nicht dar und es ist nicht ersichtlich, dass das angefochtene Urteil infolge einer ungenügenden Begründung nicht sachgerecht anfechtbar gewesen wäre (vgl. SVR 2021 ALV Nr. 13 S. 46, 8C_56/2021 E. 5.2; Urteil 8C_508/2022 vom 24. Januar 2023 E. 5.2.2).  
 
5.  
Soweit die Beschwerdeführerin in der bundesgerichtlichen Beschwerde auf den Seiten 4-6 Ziff. 2-4, den Seiten 9 f. Ziff. 7 f. und den Seiten 10-13 Ziff. 9 praktisch wortwörtlich die in der kantonalen Rechtsschrift auf den Seiten 3-6 Ziff. 8.1.4-8.2.5, den Seiten 6 f. Ziff. 8 f. und den Seiten 8-11 Ziff. 15 vorgebrachten Argumente wiederholt, ist darauf von vornherein nicht weiter einzugehen, da damit keine Auseinandersetzung mit den vorinstanzlichen Urteilsmotiven stattfindet (Art. 42 Abs. 1 f. BGG; BGE 134 II 244 E. 2.1 und E. 2.3; Urteile 9C_369/2022 vom 19. September 2022 E. 4.3, 8C_803/2021 vom 20. April 2022 E. 5.1 und 8C_786/2021 vom 11. Februar 2022 E. 6 mit Hinweis). Dies gilt insbesondere auch insofern, als die Beschwerdeführerin die bereits in der kantonalen Beschwerde vorgebrachten Argumente des Psychiaters Dr. med. B.________, die gegen das psychiatrische MEDAS-Gutachten vom 17. Januar 2021 sprechen sollen, letztinstanzlich nahezu Wort für Wort rekapituliert. 
 
6.  
Umstritten ist die psychisch bedingte Arbeits (un) fähigkeit der Beschwerdeführerin. 
 
6.1. Die Vorinstanz erwog, bezüglich der Kritik der Beschwerdeführerin an der Addition der Arbeitsfähigkeit im Haushalt und Erwerb sei festzustellen, dass sich die psychiatrische MEDAS-Gutachterin zum Status wie folgt geäussert habe: "Die Tätigkeit der Beschwerdeführerin war bis zur Krankschreibung aufgeteilt in Berufstätigkeit und Familienverantwortung. In beiden Bereichen sollte die Explorandin lernen, wieder aktiv zu werden. Ziel wäre sicher wieder eine 40%ige Erwerbstätigkeit und die Übernahme von mindestens 40 % Verantwortung in der Familie und im Haushalt". Weiter habe sie zur Frage nach der Arbeitsfähigkeit in der angestammten Tätigkeit bezogen auf ein 100%-Pensum ausgeführt: "80 % zusammengenommen Familienverantwortung und Erwerbstätigkeit". Die psychiatrische MEDAS-Gutachterin habe damit die Statusfrage, die von der IV-Stelle zu beantworten sei, und die Arbeitsfähigkeit vermischt. Dies vermöge das Gutachten jedoch nicht in Zweifel zu ziehen. Aus den Antworten der psychiatrischen Sachverständigen gehe nämlich ohne Weiteres hervor, dass der Beschwerdeführerin insgesamt eine Arbeitstätigkeit von 80 bis 100 % zumutbar sei. Dies habe sie mit ihrer Unterschrift der Konsensbeurteilung der MEDAS-Gutachter vom 26. März 2021 bestätigt. Schliesslich sei diese Einschätzung der Arbeits- und Leistungsfähigkeit in einer angepassten Tätigkeit in der MEDAS-Stellungnahme vom 14. Januar 2022 untermauert worden. Dem Einwand der Beschwerdeführerin, laut dem psychiatrischen MEDAS-Gutachten könne sie die Arbeitsfähigkeit erst nach einem Jahr erreichen, könne nicht gefolgt werden. Denn in der Konsensbeurteilung der MEDAS-Gutachter sei festgehalten worden, dass die Restarbeitsfähigkeit seit 1. Juni 2019 gelte und die Motivation der Beschwerdeführerin ein Problem darstellen dürfte. Mithin sei darin kein Vorbehalt einer vorgängig durchzuführenden Eingliederungsmassnahme oder einer stufenweisen Arbeitsangewöhnung gemacht worden. Die fehlende Motivation sei als invaliditätsfremd nicht zu berücksichtigen. Laut der psychiatrischen MEDAS-Gutachterin sollte das vordringliche Ziel der psychotherapeutischen Massnahmen die Übernahme von Verantwortung durch die Beschwerdeführerin und die Vermittlung sein, dass sie dies könne und damit ihre Lebensqualität verbessere. Dies bedeute nicht, dass aus therapeutischer Sicht Einschränkungen für die Eingliederung vorlägen. Das von der psychiatrischen MEDAS-Gutachterin erwähnte zwölfmonatige "Leistungstraining" stehe der Zumutbarkeit einer sofortigen Verwertung der Restarbeitsfähigkeit nicht entgegen. Laut der MEDAS-Stellungnahme vom 14. Januar 2022 habe es sich dabei denn auch um einen blossen Vorschlag für eine "Hilfestellung" zur langsamen Integration gehandelt.  
 
6.2.  
 
6.2.1. Die Beschwerdeführerin wendet im Wesentlichen ein, die vorinstanzliche Auffassung, ihr sei aus psychiatrischer Sicht eine Arbeitstätigkeit von 80 bis 100 % zumutbar, treffe augenfällig nicht zu. Die Haushaltsabklärung müsse durch die IV-Stelle erfolgen. Die Vorinstanz habe unhaltbare Schlüsse gezogen, indem sie die Einschätzung der psychiatrischen MEDAS-Gutachterin "von 40 % Verantwortung in der Familie und im Haushalt" als Erwerb missdeutet habe. Es sei offensichtlich falsch, wenn IV-Stelle und Vorinstanz bei einer Vermischung von Status und Arbeitsfähigkeit eine Addition vorgenommen und damit von einer gesamthaften Arbeitsfähigkeit von 80 bis 100 % ausgegangen seien.  
 
6.2.2. Die Feststellung der Vorinstanz, die Beschwerdeführerin sei psychischerseits in einer angepassten Verweisungstätigkeit zu 80 bis 100 % arbeitsfähig, beruht auf der polydisziplinären Konsensfindung aller MEDAS-Gutachter vom 26. März 2021, die auch von der psychiatrischen MEDAS-Gutachterin mitgetragen und unterzeichnet wurde. Die Rechtsprechung erachtet es geradezu als ideal, wenn die abschliessende, gesamthafte Beurteilung des Gesundheitszustandes und der Arbeitsfähigkeit auf der Grundlage einer Konsensdiskussion der einzelnen Gutachter oder unter Leitung eines fallführenden Arztes erfolgt. Die gutachterliche Festlegung der Arbeitsfähigkeit erst im Rahmen der interdisziplinären Konsensbeurteilung ist somit nicht zu beanstanden (vgl. E. 2.3 hiervor; Urteil 8C_784/2021 vom 9. Februar 2022 E. 6.1). Dass sich die festgestellte 80 bis 100%ige Arbeitsfähigkeit bloss auf eine Teilzeitarbeit bezogen hätte, ergibt sich nicht aus der konsensualen Einschätzung der MEDAS-Gutachter. Die Einwände der Beschwerdeführerin sind somit nicht stichhaltig (vgl. auch E. 7.1 hiernach).  
 
6.3.  
 
6.3.1. Weiter macht die Beschwerdeführerin geltend, das polydisziplinäre MEDAS-Gutachten datiere vom 26. März 2021. Die IV-Stelle habe die MEDAS-Gutachten am 31. März 2021 erfasst (vgl. Dossierverlauf auf IV-CD). Die psychiatrische MEDAS-Gutachterin sei von einer vollen Erwerbsunfähigkeit von zumindest weiteren 12 Monaten ab Erhalt des Gutachtens ausgegangen. Die Beschwerdeführerin hätte somit eine Erwerbstätigkeit erst zumindest 12 Monate nach Erhalt des Gutachtens erreichen können, und zwar unabhängig von einem möglichen Leistungstraining während dieser Zeit. Die Vorinstanz habe willkürlich lediglich ausgeführt, dass gemäss der MEDAS-Konsensbeurteilung die attestierte Restarbeitsfähigkeit seit 1. Juni 2019 gelte und die Motivation ein Problem darstellen dürfte. Die erheblichen Punkte des psychiatrischen MEDAS-Gutachtens seien aber - so die Beschwerdeführerin weiter - offensichtlich falsch in das polydisziplinäre MEDAS-Gutachten übertragen worden. Es gebe keinen Anlass, die Arbeitsfähigkeit gemäss dem psychiatrischen MEDAS-Gutachten anzuzweifeln. Selbst wenn angenommen würde, dass nach Ablauf der 12-monatigen Übergangsfrist keine Invalidität mehr vorliege, sei bis dahin eine zumindest befristete Rente geschuldet. Die Beschwerdeführerin habe somit ab September 2020 (unter Berücksichtigung der Wartezeit) bis zumindest 31. März 2022 Anspruch auf eine ganze Rente.  
 
6.3.2. Massgebend ist - wie bereits gesagt - die polydisziplinäre Konsensbeurteilung der MEDAS-Gutachter vom 26. März 2021 (siehe E. 2.3 und E. 6.3.2 hiervor). Diese legten dar, auf Grundlage der verschiedenen Teilgutachten, der erhobenen Befunde und der daraus abgeleiteten Diagnosen sowie der interdisziplinären Beurteilung bestehe die Restarbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin seit 1. Juni 2019, wobei die fehlende Motivation das Problem darstellen dürfte. Im Lichte dieser gutachterlichen Begründung kann entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin nicht gesagt werden, dass die erheblichen Punkte des psychiatrischen MEDAS-Gutachtens vom 17. Januar 2021 offensichtlich falsch in die konsensuale Einschätzung übertragen worden seien. Es ist somit nicht zu beanstanden, dass die Vorinstanz hierauf abstellte (vgl. auch E. 7.1 hiernach).  
Die vorinstanzliche Feststellung, die fehlende Motivation der Beschwerdeführerin sei invaliditätsfremd und damit nicht zu berücksichtigen (vgl. E. 7.2 hiervor), wird von dieser nicht substanziiert bestritten. Es ist nicht ersichtlich, weshalb die Beschwerdeführerin die fehlende Motivation mit einer zumutbaren Willensanstrengung nicht hätte aufbringen können. In diesem Lichte kann sie sich auch nicht mit Erfolg auf unterbliebene Eingliederungsmassnahmen berufen. Denn es sind keine hinreichenden Indizien für Eigenanstrengungen ersichtlich. Es wird von ihr auch nicht aufgezeigt, dass sie die notwendigen Schritte zur Selbsteingliederung unternommen habe, welche als Ausdruck der allgemeinen Schadenminderungspflicht nicht nur dem Renten-, sondern auch dem gesetzlichen Eingliederungsanspruch vorgeht (vgl. zur Publikation bestimmtes Urteil 8C_326/2022 vom 13. Oktober 2022 E. 7.2.3; BGE 113 V 22 E. 4a; Urteil 8C_597/2022 vom 11. Januar 2023 E. 6.2.3). 
 
7.  
 
7.1. Zusammenfassend vermag die Beschwerdeführerin keine konkreten Indizien gegen die Zuverlässigkeit des polydisziplinären MEDAS-Gutachtens vom 26. März 2021 aufzuzeigen (vgl. BGE 147 V 79 E. 8.1, 135 V 465 E. 4.4). Sie gibt im Wesentlichen die eigene Sicht wieder, wie die medizinischen Akten zu würdigen und welche Schlüsse daraus zu ziehen seien. Dies genügt nicht, um die vorinstanzliche Beurteilung, die sich auf dieses Gutachten stützte, in Frage zu stellen (BGE 143 V 208 E. 6.3.2; Urteil 8C_508/2022 vom 24. Januar 2023 E. 7.1). Insgesamt ist es weder in tatsächlicher Hinsicht offensichtlich unrichtig noch sonstwie bundesrechtswidrig, wenn die Vorinstanz gestützt auf das MEDAS-Gutachten vom 26. März 2021 zum Schluss kam, die Beschwerdeführerin sei in einer angepassten Tätigkeit seit 1. Juni 2019 zu 70 % arbeitsfähig (vgl. E. 3 und E. 6.2 hiervor).  
 
7.2. Da von weiteren medizinischen Abklärungen nach willkürfreier Einschätzung keine entscheidrelevanten Resultate zu erwarten waren, durfte die Vorinstanz davon absehen (antizipierte Beweiswürdigung; BGE 144 V 361 E. 6.5; Urteil 8C_508/2022 vom 24. Januar 2023 E. 7.2).  
 
8.  
Im Rahmen der Invaliditätsbemessung nach der gemischten Methode (Art. 28a Abs. 3 IVG) ermittelte die Vorinstanz einen rentenausschliessenden Gesamtinvaliditätsgrad von gerundet 27 %. Dies ist unbestritten, weshalb es damit sein Bewenden hat. 
 
9.  
Die Beschwerdeführerin verlangt die Rückerstattung der Kosten für die Stellungnahme des Dr. med. B.________ vom 21. März 2022 in Höhe von Fr. 2280.-. Unter dem Titel Parteientschädigung sind auch die notwendigen Kosten privat eingeholter Berichte bzw. Gutachten zu vergüten, soweit diese für die Entscheidfindung unerlässlich waren (Art. 45 Abs. 1 ATSG; BGE 115 V 62 E. 5; Urteil 8C_381/2022 vom 27. Dezember 2022 E. 11). Die Stellungnahme des Dr. med. B.________ vom 21. März 2022 war für die Beurteilung jedoch nicht erforderlich, weshalb eine entsprechende Kostenüberbindung an die IV-Stelle entfällt. 
 
10.  
Die unterliegende Beschwerdeführerin trägt die Gerichtskosten (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 1. März 2023 
 
Im Namen der IV. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Der Gerichtsschreiber: Jancar