Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
6F_11/2023
Urteil vom 1. Mai 2023
Strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Denys, als präsidierendes Mitglied,
Bundesrichterin van de Graaf,
Bundesrichterin Koch,
Gerichtsschreiberin Frey Krieger.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
Gesuchsteller,
gegen
Staatsanwaltschaft Zürich-Sihl,
Postfach, 8036 Zürich,
Gesuchsgegnerin,
Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, Hirschengraben 13/15, Postfach 2401, 8021 Zürich.
Gegenstand
Gesuch um Fristwiederherstellung gegen das Urteil des Schweizerischen Bundesgerichts vom 24. Februar 2023
(6B_248/2023)
Erwägungen:
1.
1.1. Das Bundesgericht trat am 24. Februar 2023 auf die am 16. Februar 2023 (Poststempel) vom damaligen Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Zürich vom 29. Dezember 2022 eingereichten Beschwerdeschriften in Strafsachen zufolge Verspätung im Verfahren nach Art. 109 BGG nicht ein.
Mit Eingabe vom 14. April 2023 (Poststempel; Eingang beim Bundesgericht am 17. April 2023) ersucht der damalige Beschwerdeführer und heutige Gesuchsteller (sinngemäss) um Wiederherstellung der versäumten Frist, respektive reicht eine "Beschwerde in Strafsachen"/"Beschwerde nach Art. 50 BGG betr. Urteil vom 24. Februar 2023 der Strafrechtlichen Abteilung" zu den Akten, mit welcher er u.a. einen Antrag auf "Wiedererwägung bzw. Anerkennung der ordnungsgemäss angebrachten Verdachtsmomente zur rechtlichen Würdigung" stellt.
1.2. Mit Eingabe vom 21. April 2023 (Poststempel) erklärt der Gesuchsteller den Rückzug seiner nun als "Wiedererwägungsklage" bezeichneten Eingabe vom 14. April 2023. Mit Eingabe vom 23. April 2023 (Poststempel) teilt er mit, dass seine Eingabe vom 21. April 2023 als gegenstandslos zu betrachten sei und ersucht um Aufrechterhaltung seines "Wiederwägungsgesuches vom 7. April [recte 14. April] 2023".
2.
2.1. Der Gesuchsteller moniert eine nicht rechtsgültige Zustellung des Bundesgerichtsurteils 6B_248/2023 vom 24. Februar 2023. Infolge seines Spitalaufenthalts sei er nicht in der Lage gewesen, den Erhalt desselben "selbst rechtsgültig" zu unterschreiben. Gleichzeitig macht er geltend, "dass eine allenfalls abgegebene, unterschriebene Empfangsbestätigung durch eine Drittperson im Anstellungsverhältnis mit dem Spital auch nicht durch eine Bevollmächtigung gestützt" sei.
2.2. Gemäss Art. 39 Abs. 1 BGG haben die Parteien dem Bundesgericht ihren Sitz oder Wohnsitz anzugeben. Gemäss Art. 44 Abs. 2 BGG können Mitteilungen, die nur gegen Unterschrift des Adressaten oder der Adressatin überbracht werden, auch von "anderen berechtigten Personen" entgegengenommen werden (vgl. Art. 87 und Art. 85 Abs. 2 und Abs. 3 StPO ). Die gesetzlich vorgeschriebenen Zustellungsformen tragen dem Umstand Rechnung, dass Verfügungen oder Entscheide, die der betroffenen Person nicht eröffnet worden sind, grundsätzlich keine Rechtswirkungen entfalten und der Beweis der ordnungsgemässen Eröffnung sowie deren Datums der Behörde obliegt, die hieraus rechtliche Konsequenzen ableiten will. Sie haben ausschliesslich Beweisfunktion. Eine Zustellung ist damit trotz einer allfälligen Verletzung der Formen der Zustellung auch dann gültig erfolgt, wenn die Kenntnisnahme des Empfängers auf andere Weise bewiesen werden kann und seine zu schützenden Interessen (Informationsrecht) gewahrt werden (BGE 145 IV 252 E. 1.3.1 f.; BGE 144 IV 57 E. 2.3 und 2.3.2 [zu Art. 85 Abs. 2 StPO]; 142 IV 125 E. 4.3; Urteile 6B_1434/2021 vom 8. Juni 2022 E. 2.4.2; 6B_390/2013 vom 6. Februar 2014 E. 2.3.2 mit weiteren Hinweisen [jeweils zu Art. 85 Abs. 2 StPO]).
Eine allfällige Verletzung von Art. 44 Abs. 2 BGG zeitigt vorliegend weder rechtliche Konsequenzen (Fristablauf) noch macht der Gesuchsteller eine Verletzung seines Informationsrechts bzw. sich hieraus ergebende Nachteile geltend. Solche sind denn auch nicht ersichtlich. Gemäss der Sendungsverfolgung der Post wurde das Urteil des Bundesgerichts vom 24. Februar 2023 am 20. März 2023 an die "Empfangsperson B.________" in U.________ zugestellt. Bei dieser handelt es sich offenbar um eine mitarbeitende Person der Klinik in U.________, in der sich der Gesuchsteller, wie erwähnt, derzeit aufhält und wohin ihm die Post gemäss Sendungsverfolgung der Post anhand eines Nachsendeauftrages nachgesandt wird. Auch der Gesuchsteller geht davon aus, dass das Bundesgerichtsurteil von einer in der Klinik in U.________ angestellten Person in Empfang genommen worden ist. Alsdann ergibt sich anhand seines am 14. April 2023 gestellten Gesuchs um Fristwiederherstellung, dass er nachweislich Kenntnis vom Urteil des Bundesgerichts vom 24. Februar 2023 erhalten hat und damit in der Lage war, seine Rechte wahrzunehmen.
3.
Offenbleiben kann, ob der Rückzug des Rückzuges eines Gesuchs um Fristwiederherstellung zulässig ist, da letzteres ohnehin abzuweisen ist.
3.1. Gemäss Art. 50 Abs. 1 BGG wird eine versäumte Frist wiederhergestellt, wenn der Gesuchsteller nachweist, dass er oder sein Vertreter durch ein unverschuldetes Hindernis abgehalten worden ist, innerhalb der Frist zu handeln, und binnen 30 Tagen die Wiederherstellung verlangt und die versäumte Rechtshandlung nachholt. Ein unverschuldetes Hindernis im Sinne dieser Bestimmung kann nur angenommen werden, wenn der Partei kein Vorwurf gemacht werden kann (vgl. BGE 143 I 284 E. 1.3; 112 V 255 E. 2a; Urteile 6B_1480/2022 vom 13. Januar 2023 E. 3.1; 6B_774/2021 vom 3. November 2021 E. 1.2 mit Hinweis). Nach der Rechtsprechung kann die Wiederherstellung nur bei klarer Schuldlosigkeit gewährt werden. Jedes Verschulden einer Partei, ihres Vertreters oder beigezogener Hilfspersonen, so geringfügig es sein mag, schliesst die Wiederherstellung aus. Es gilt ein strenger Massstab (Urteil 6B_1480/2022 E. 3.1 mit weiteren Hinweisen).
3.2. Der Gesuchsteller macht geltend, er habe am 13. Februar 2023 zwei separate Schreiben bzw. Beschwerden durch eine Vertrauensperson, konkret eine Pflegefachfrau der C.________, U.________, bei der Poststelle in U.________ am Schalter aufgeben lassen. "Wie daraus ein Poststempel vom 16. Februar 2023 resultiert", sei ihm unerklärlich und liege nicht in seinem eigenen Verschulden begründet. Wie ausgeführt (oben E. 3.1), hat sich der Gesuchsteller das Verhalten der von ihm beigezogenen Hilfsperson anrechnen zu lassen (Art. 101 OR). Entsprechend vermag er sich durch das von ihm in die genannte Pflegefachfrau gesetzte Vertrauen, diese werde die Beschwerden fristgerecht der Poststelle in U.________ übergeben, nicht zu entlasten und vermag solches keine Wiederherstellung nach Art. 50 Abs. 1 BGG zu rechtfertigen.
3.3. Gemäss einer vom Gesuchsteller ins Recht gelegten "eidesstattlichen Erklärung" soll die beigezogene Hilfsperson die beiden fraglichen Schreiben am 13. Februar 2023 um "17.35hCET überwiesen bekommen" und am Schalter der Poststelle in U.________ "noch vor Schalterschluss um 18.00hCET" abgegeben haben. Dass die Hilfsperson entgegen den per 16. Februar 2023, 08.23 Uhr datierenden Poststempeln rechtzeitig gehandelt, sich mithin keinerlei Verschulden anzurechnen lassen hat, lässt sich damit indes nicht belegen.
Die rechtsuchende Person trägt die Beweislast für die Rechtzeitigkeit der Beschwerdeerhebung, die mit Gewissheit feststehen und nicht bloss überwiegend wahrscheinlich sein muss (BGE 142 V 389 E. 2.2 mit Hinweisen). Der Nachweis, dass die Eingabe am letzten Tag der laufenden Frist bis 24 Uhr (vorliegend des 13. Februar 2023) der Post übergeben wurde, obliegt dem Absender. Dabei wird vermutet, dass das Datum des Poststempels mit demjenigen der Übergabe an die Post übereinstimmt. Die Partei, die behauptet, die fragliche Verfahrenshandlung rechtzeitig vorgenommen zu haben, hat das Recht, die aus dem Poststempel folgende Vermutung verspäteter Postaufgabe mit allen tauglichen Beweismitteln zu widerlegen (BGE 147 IV 526 E. 3.1; 142 V 389 E. 2.2; 124 V 372 E. 3b; Urteile 6B_157/2020 vom 7. Februar 2020 E. 2.3, publ. in: SJ 2020 I 232; 8C_696/2018 vom 7. November 2018 E. 3.3; je mit Hinweisen).
Die vom Gesuchsteller ins Recht gelegte eidesstattliche Erklärung vermag die Vermutung der verspäteten Einreichung der Beschwerden nicht zu widerlegen. Diese geht über die blosse (Partei-) Behauptung, die Sendung sei rechtzeitig aufgegeben worden, nicht hinaus und taugt deshalb nicht als Beweis für eine rechtzeitige, das heisst eine angeblich bereits am 13. Februar 2023 und nicht erst am 16. Februar 2023 erfolgte Postaufgabe. Der direkte Beweis der Postübergabe innert Frist ist damit nicht erbracht.
3.4. Zusammenfassend hat damit der Gesuchsteller die Frist zur Einreichung der Beschwerde im Verfahren 6B_248/2023 nicht unverschuldeterweise verpasst. Das Fristwiederherstellungsgesuch ist abzuweisen. Es bleibt damit beim Nichteintreten auf die Beschwerde gemäss Bundesgerichtsurteil vom 24. Februar 2023 (6B_248/2023). Damit ist auf die übrigen Vorbringen des Gesuchstellers nicht weiter einzugehen, da diese auf eine materielle Überprüfung des vorinstanzlichen Beschlusses vom 29. Dezember 2022 zielen. im Übrigen ist das Bundesgericht nicht zuständig für Rechtsauskünfte oder Stellungnahmen zu "konfusen Beweislagen" und wird das sinngemässe Gesuch um vorsorgliche Massnahmen mit dem vorliegenden Entscheid gegenstandslos.
4.
Bei diesem Ausgang des Verfahrens sind die Gerichtskosten dem Gesuchsteller aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Das Fristwiederherstellungsgesuch wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 500.-- werden dem Gesuchsteller auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zürich, III. Strafkammer, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 1. Mai 2023
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Das präsidierende Mitglied: Denys
Die Gerichtsschreiberin: Frey Krieger