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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
6B_236/2011 
 
Urteil vom 1. Juni 2011 
Strafrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Mathys, Präsident, 
Bundesrichter Schneider, Wiprächtiger, 
Gerichtsschreiber C. Monn. 
 
Verfahrensbeteiligte 
X.________, vertreten durch Rechtsanwalt Albert Rüttimann, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Oberstaatsanwaltschaft des Kantons Aargau, Frey-Herosé-Strasse 12, Wielandhaus, 5001 Aarau, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Grobe Verkehrsregelverletzung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Obergerichts 
des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, vom 17. Februar 2011. 
 
Das Bundesgericht zieht in Erwägung: 
 
1. 
X.________ wird vorgeworfen, er habe am 5. April 2009, um 14.46 Uhr, auf der Hauptstrasse in Fahrwangen mit seinem Personenwagen vor einer Kuppe mehrere Fahrzeuge überholt. Wegen dieses Manövers habe ein entgegenkommender Fahrzeuglenker massiv abbremsen müssen. Nur weil einer der in die gleiche Richtung wie X.________ fahrenden Autolenker abgebremst und sich dadurch eine Lücke in der Kolonne geöffnet habe, sei es X.________ möglich gewesen, rechtzeitig wieder auf die rechte Fahrbahnhälfte zu wechseln. 
 
Der Gerichtspräsident I des Bezirksgerichts Lenzburg sprach X.________ am 17. August 2010 der mehrfachen groben Verkehrsregelverletzung durch Überholen vor unübersichtlicher Kurve sowie Überholen mit Behinderung des Gegenverkehrs gemäss Art. 90 Ziff. 2 in Verbindung mit Art. 35 Abs. 4 SVG sowie in Verbindung mit Art. 34 Abs. 3 und Art. 35 Abs. 2 SVG schuldig und verurteilte ihn zu 15 Tagessätzen Geldstrafe à Fr. 440.--, bedingt aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren, sowie einer Busse von Fr. 1'200.-- bzw. drei Tagen Ersatzfreiheitsstrafe. Das Obergericht des Kantons Aargau wies eine dagegen gerichtete Berufung mit Urteil vom 17. Februar 2011 ab. 
 
X.________ wendet sich mit Beschwerde ans Bundesgericht und beantragt, das Urteil vom 17. Februar 2011 sei aufzuheben, und er sei von Schuld und Strafe freizusprechen. Eventuell sei das Urteil aufzuheben und die Sache zur ergänzenden Beweisaufnahme und neuen Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen. 
 
2. 
Da es um eine Strafsache geht, ist die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten als eine solche in Strafsachen entgegenzunehmen (Art. 78 BGG). Mit diesem Rechtsmittel kann auch die Verletzung von Verfassungsrecht gerügt werden (Art. 95 BGG). Die vom Beschwerdeführer zusätzlich erhobene subsidiäre Verfassungsbeschwerde ist somit ausgeschlossen (Art. 113 BGG). 
 
3. 
Der Beschwerdeführer bemängelt den Sachverhalt, von dem die Vorinstanz ausgeht. Dieser kann vor Bundesgericht mit Erfolg nur angefochten werden, wenn er offensichtlich unrichtig im Sinne von Art. 97 Abs. 1 BGG bzw. willkürlich im Sinne von Art. 9 BV festgestellt wurde. Willkür liegt vor, wenn der angefochtene Entscheid offensichtlich unhaltbar ist, mit der tatsächlichen Situation in klarem Widerspruch steht, eine Norm oder einen unumstrittenen Rechtsgrundsatz krass verletzt oder in stossender Weise dem Gerechtigkeitsgedanken zuwiderläuft. Dass eine andere Lösung ebenfalls vertretbar erscheint, genügt nicht (BGE 134 I 140 E. 5.4). Die angebliche Willkür ist in der Beschwerde präzise zu rügen, und die Rüge ist zu begründen (Art. 106 Abs. 2 BGG). 
 
Die Vorinstanz stellt auf die Aussage eines Polizeiwachtmeisters mit 30 Jahren Diensterfahrung ab, der sich mit einem Rennvelo 30 Meter hinter dem Fahrzeug befand, welches dem Beschwerdeführer entgegenfuhr. Der Zeuge habe auf dem Fahrrad sitzend gut das Aufleuchten der Bremslichter und das Eintauchen der Front des vor ihm fahrenden Fahrzeugs erkennen können, was für ein starkes Abbremsen spreche. Der Beschwerdeführer bestreite zwar, dass das entgegenkommende Fahrzeug habe bremsen müssen, um eine Kollision mit ihm zu vermeiden. Dem könne indessen nicht gefolgt werden. Nach seinen eigenen Angaben sei er mit 80 km/h gefahren, und die Distanz zum entgegenkommenden Fahrzeug habe 100 Meter betragen, als er dieses zum ersten Mal wahrgenommen habe. Wenn der entgegenkommende Lenker die erlaubten und vom Zeugen geschätzten 80 km/h beibehalten hätte, wäre es bereits nach etwas mehr als zwei Sekunden zur Kollision gekommen. Dass diese vermieden worden sei, lasse sich nur dadurch erklären, dass der entgegenkommende Lenker stark abgebremst habe (vgl. angefochtenen Entscheid S. 11/12 E. 3.4.2). 
 
Der Beschwerdeführer rügt, die Vorinstanz habe den Sachverhalt unvollständig festgestellt. Aufgrund der Akten sei erstellt, dass er die Kolonne quasi bereits überholt gehabt habe und bereits wieder habe einbiegen wollen, als in 100 bis 120 Metern Distanz auf der Gegenfahrbahn das andere Fahrzeug entgegenkam. Wäre dieses Fahrzeug nicht entgegengekommen, hätte er in aller Ruhe noch das vorderste Fahrzeug überholt und wäre normal wieder eingebogen (vgl. Beschwerde S. 8/9 Ziff. 3.1). 
 
Das Vorbringen geht an der Sache vorbei, denn es spielt keine Rolle, ob der Beschwerdeführer in aller Ruhe das Überholmanöver hätte beenden können, wenn kein Fahrzeug entgegengekommen wäre. Entscheidend ist, dass er die Kuppe übersah, den Gegenverkehr deshalb nach seiner eigenen Aussage "nicht habe einsehen können" (angefochtener Entscheid S. 8), er durch den plötzlich entgegenkommenden Lenker überrascht wurde, das Überholmanöver abbrechen und zwischen die in der Kolonne fahrenden Lenker auf die rechte Fahrbahnhälfte wechseln musste. Von einem unvollständig festgestellten Sachverhalt kann nicht die Rede sein. 
 
4. 
In Bezug auf die Anwendung von Art. 34 und 35 SVG kann in Anwendung von Art. 109 Abs. 3 BGG auf die Ausführungen der Vorinstanz verwiesen werden (vgl. angefochtenen Entscheid S. 12/13 E. 3.5.1 und 3.5.2). Was der Beschwerdeführer vorbringt (vgl. Beschwerde S. 9/10 Ziff. 3.2), dringt nicht durch. Insbesondere trifft es nicht zu, dass "keiner der Automobilisten auf beiden Fahrbahnen" die Situation als bedrohlich empfunden hätte, bremste der dem Beschwerdeführer entgegenkommende Fahrzeuglenker doch stark ab. Dass der Beschwerdeführer selber "sich keiner Gefährdung des Gegenverkehrs bewusst" gewesen sein will, ist unerheblich. 
 
5. 
Was der Beschwerdeführer in Bezug auf den Grundsatz in dubio pro reo vorbringt (vgl. Beschwerde S. 10/11 Ziff. 3.3), betrifft ebenfalls die Beweiswürdigung. Entgegen seiner Annahme verbietet es das Recht im Sinne von Art. 95 BGG nicht, auf die Aussage eines einzelnen Polizeibeamten abzustellen. Dies gilt jedenfalls, wenn der Beamte, der unter der Strafandrohung von Art. 307 StGB ausgesagt hat, den Betroffenen nicht kennt und deshalb nicht ersichtlich ist, aus welchem Grund er ihn einer Straftat bezichtigen sollte (angefochtener Entscheid S. 11). Es liegt weder ein Verstoss gegen den Grundsatz der freien Beweiswürdigung vor, noch besteht Anlass, an der Unabhängigkeit der Vorinstanz zu zweifeln. 
 
6. 
Die Beschwerde ist im Verfahren nach Art. 109 BGG abzuweisen. Bei diesem Ausgang sind die Gerichtskosten dem Beschwerdeführer aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und ist keine Entschädigung auszurichten. Eine Genehmigung der Honorarrechnung des Vertreters des Beschwerdeführers (vgl. act. 10) ist im Verfahren vor Bundesgericht ohnehin nicht vorgesehen. 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Aargau, Strafgericht, 3. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
Lausanne, 1. Juni 2011 
 
Im Namen der Strafrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Mathys C. Monn