Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
8C_239/2022
Urteil vom 1. Juni 2022
I. sozialrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Wirthlin, Präsident,
Bundesrichterin Heine, Bundesrichter Abrecht,
Gerichtsschreiberin Polla.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Reinhold Nussmüller,
Beschwerdeführer,
gegen
IV-Stelle des Kantons Thurgau, Rechts- und Einsprachedienst, St. Gallerstrasse 11, 8500 Frauenfeld,
Beschwerdegegnerin.
Gegenstand
Invalidenversicherung (Massnahme beruflicher Art, Invalidenrente),
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Thurgau vom 2. März 2022 (VV.2020.296/E).
Sachverhalt:
A.
Der 1961 geborene A.________ ersuchte die Invalidenversicherung am 18. November 2009 um eine Hörgeräteversorgung und am 2. Februar 2010 meldete er sich unter Verweis auf eine "Tinnitus-Depression" erneut zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle des Kantons Thurgau wies dieses Gesuch mit Verfügung vom 24. März 2011 ab. Ein weiteres Leistungsbegehren vom 10. Oktober 2014 lehnte sie mit Verfügungen vom 28. September 2015 ab. Nach einer am 24. August 2018 wegen einer starken Erschöpfung bzw. eines Burnouts, eines Tinnitus und einer Depression eingereichte n Anmeldung zum Leistungsbezug veranlasste die IV-Stelle u.a. eine polydisziplinäre Begutachtung (Expertise der Ärztliches Begutachtungsinstitut [ABI] GmbH, Basel, vom 7. Januar 2020). Mit Verfügung vom 4. November 2020 sprach die IV-Stelle A.________ ab 1. Februar 2019 bis 31. Januar 2020 eine ganze Invalidenrente zu. Einen Anspruch auf berufliche Massnahmen verneinte sie gleichentags.
B.
Die gegen beide Verfügungen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau mit Entscheid vom 2. März 2022 ab.
C.
A.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des vorinstanzlichen Entscheids sei die IV-Stelle zu verpflichten, ihm ab dem frühestmöglichen Zeitpunkt, spätestens ab 1. Februar 2019 eine ganze unbefristete Invalidenrente auszurichten. Eventualiter seien ihm nach weiteren Abklärungen, namentlich nach Veranlassung eines Verlaufsgutachtens (Gerichtsgutachtens), eine Teilinvalidenrente auszurichten. Überdies seien ihm hinsichtlich seiner verbliebenen Restarbeitsfähigkeit unterstützende berufliche Massnahmen zuzusprechen.
Auf die Durchführung eines Schriftenwechsels wurde verzichtet.
Erwägungen:
1.
1.1. Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel ( Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG ; BGE 145 V 57 E. 4.2 mit Hinweis).
1.2. Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann diese Sachverhaltsfeststellung nur berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG ; BGE 147 V 16 E. 4.1.1). "Offensichtlich unrichtig" bedeutet "willkürlich" (BGE 147 I 73 E. 2.2).
Hinsichtlich der Verletzung von Grundrechten - einschliesslich Willkür bei der Sachverhaltsfeststellung - gilt eine qualifizierte Rügepflicht (Art. 106 Abs. 2 BGG; vgl. BGE 138 I 274 E. 1.6). Die Beschwerde führende Person muss klar und detailliert anhand der Erwägungen des angefochtenen Entscheids darlegen, welche verfassungsmässigen Rechte und inwiefern sie durch den kantonalen Entscheid verletzt worden sind. Rein appellatorische Kritik genügt nicht (BGE 140 III 264 E. 2.3 S. 266; 139 II 404 E. 10.1 S. 445; je mit Hinweisen; SVR 2016 KV Nr. 12 S. 65, 9C_870/2015 E. 2).
2.
2.1. Streitig ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie in Bestätigung der Verfügung vom 4. November 2020 einen Rentenanspruch des Beschwerdeführers ab 1. Februar 2020 ebenso verneinte wie einen über die Arbeitsvermittlung hinaus gehenden Anspruch auf berufliche Massnahmen. Soweit der Beschwerdeführer einen Rentenanspruch frühestmöglich, spätestens ab 1. Februar 2019 geltend macht, wird in der Beschwerde nichts Spezifisches zum vorinstanzlich bestätigten Anspruchsbeginn per 1. Februar 2019 vorgebracht, sodass sich eine eingehendere Prüfung diesbezüglich erübrigt (E. 1.2).
2.2. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19.6.2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem hier angefochtenen Entscheid zugrunde liegende Verfügung erging vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar.
2.3. Die Vorinstanz legte die für die Beurteilung des Rentenanspruchs nach Art. 28 Abs. 1 IVG massgeblichen Bestimmungen, insbesondere zur Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 Abs. 1 ATSG) und zur Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG), sowie die zu beachtenden Grundsätze zum Beweiswert ärztlicher Berichte (BGE 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a) zutreffend dar. Gleiches gilt hinsichtlich des Anspruchs auf eine Invalidenrente (Art. 28 Abs. 2 IVG und Art. 16 ATSG) und der Invaliditätsbemessung bei im Gesundheitsfall erwerbstätigen Versicherten nach dem Einkommensvergleich (Art. 16 ATSG) sowie des Vorgehens bei einer abgestuften oder befristeten Invalidenrente bei rückwirkender Rentenzusprechung gemäss den Modalitäten einer Revision der Invalidenrente (Art. 17 Abs. 1 ATSG; Art. 88a Abs. 1 und 2 IVV ; BGE 141 V 9 E. 2.3). Darauf wird verwiesen.
3.
3.1. Die Vorinstanz mass dem ABI-Gutachten vom 7. Januar 2020 Beweiskraft zu. Der psychiatrische Gutachter Dr. med. B.________ sei in Übereinstimmung mit den behandelnden Ärzten von einer rezidivierenden depressiven Störung, gegenwärtig leichte Episode (ICD-10 F33.0) sowie von einer ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsstörung (ICD-10 F60.6) ausgegangen. In der zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Aussendienstmitarbeiter der C.________ AG sei die Arbeitsfähigkeit um 30 % vermindert In einer angepassten Tätigkeit sei sie nicht eingeschränkt. Retrospektiv sei die Arbeitsfähigkeit während der mittelgradigen depressiven Phasen um 50 bis 100 % verringert gewesen. Durch eine Anpassung der Medikation "im Sinne der Gabe eines Phasenprophylaktikums" könne dauerhaft eine verbesserte Stabilisierung der Stimmungslage erreicht werden. Auch habe der Gutachter die Frequenz der ambulanten Gesprächstherapie auf wöchentliche Konsultationen mit Fokussierung auf die persönlichkeitsstrukturellen Anteile empfohlen. Der Experte Dr. med. D.________, Facharzt für Otorhynolaryngologie, habe eine Schallempfindungsschwerhörigkeit beidseits, linksakzentuiert (ICD-10 H90.3; nach Hörgeräteversorgung) und einen linksseitigen dekompensierten Tinnitus (ICD-10 H93.1) diagnostiziert. Für die zuletzt ausgeübte und für eine angepasste Tätigkeit sei der Beschwerdeführer aus otorhynolaryngologischer Sicht in seiner Arbeits- und Leistungsfähigkeit um 20 % eingeschränkt Aus allgemeininternistischer Sicht des Dr. med. E.________ bestehe eine vollständige Arbeitsfähigkeit. Die Vorinstanz gelangte zum Schluss, der Beschwerdeführer sei gestützt auf die Konsensbeurteilung in einer leidensangepassten Tätigkeit bezogen auf ein Vollzeitpensum zu 80 % arbeitsfähig wobei er vollschichtig mit vermehrten Ruhepausen zwecks Erholung tätig sein könne. Diese Einschätzung gelte ab 21. Oktober 2019 (Beginn der Explorationen).
3.2. Zur Ermittlung des Invaliditätsgrades anhand eines Einkommensvergleichs stellte die Vorinstanz sodann hinsichtlich des Invalideneinkommens auf die Tabellenlöhne der vom Bundesamt für Statistik herausgegebenen Lohnstrukturerhebung (LSE) 2018 ab. Sie zog den Zentralwert der Tabelle TA1_tirage_skill_level, Privater Sektor, Total, Männer, Kompetenzniveau 3 von Fr. 7189.- bei. Angepasst an die betriebsübliche durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von 41.7 Stunden und die Nominallohnentwicklung resultierte bei einer 80%-igen Arbeitsfähigkeit ein Invalideneinkommen von brutto Fr. 73'157.-. Einen leidensbedingten Abzug nahm sie nicht vor. Im Vergleich mit dem Valideneinkommen von Fr. 112'589.75 bzw. einem solchen von Fr. 113'349.40 per 1. Januar 2020 resultierte ab 21. Oktober 2019 bzw. ab 1. Februar 2020 (drei Monate nach erfolgter Exploration) ein Invaliditätsgrad von gerundet 35 %, was den Anspruch auf eine Invalidenrente ausschloss.
4.
4.1. Der Beschwerdeführer bringt dagegen mehrheitlich seine abweichende Sicht des Sachverhaltes vor, ohne in rechtsgenüglicher Weise aufzuzeigen, inwiefern die vorinstanzlichen Feststellungen willkürlich sein sollen (vgl. vorstehende E. 1.2). Er vermag insbesondere nicht darzutun, weshalb die Vorinstanz dem ABI-Gutachten bundesrechtswidrig Beweiskraft beigemessen haben soll. Eine willkürliche Beweiswürdigung lässt sich nicht damit begründen, die medizinischen Unterlagen abweichend von der Vorinstanz zu würdigen und eigene Schlüsse daraus zu ziehen. Namentlich zur geltend gemachten Widersprüchlichkeit zwischen der Beurteilung des Neuropsychologen Dr. phil. F.________ und jener des Psychiaters Dr. med. B.________ stellte die Vorinstanz nicht offensichtlich unrichtig fest, es sei zwar zutreffend, dass für Dr. phil. F.________ keine zuverlässige Interpretation der Testresultate möglich gewesen sei. Dieser habe aber dargelegt, dass jedenfalls keine Befunde objektivier- und reproduzierbar seien, die eine neuropsychologische Einschränkung der Arbeitsfähigkeit valide begründen könnten. Sein Schluss auf eine überwiegend wahrscheinliche Antwortverzerrung bzw. Aggravation stünde, so die Vorinstanz weiter, in Übereinstimmung mit dem vom psychiatrischen Gutachter festgehaltenen Fehlen von Aufmerksamkeits- oder Konzentrationsstörungen ausserhalb der neuropsychologischen Testsituation. Dr. phil. F.________ habe die von ihm erhobenen Auffälligkeiten und Diskrepanzen denn auch überzeugend dargelegt. Zutreffend ist überdies der vorinstanzliche Hinweis, dass die klinische Untersuchung mit Anamneseerhebung, Symptomerfassung und Verhaltensbeobachtung des psychiatrischen Sachverständigen entscheidend ist und Testverfahren im Rahmen psychiatrischer Begutachtungen höchstens ergänzende Funktion zukommt. Letztlich haben die ärztlichen Gutachtenspersonen die Arbeitsfähigkeit zu bestimmen (vgl. Urteile 9C_362/2020 vom 21. Oktober 2020 E. 3.4; 9C_255/2014 vom 29. April 2014 E. 3.2; 8C_266/2012 vom 2. Juli 2012 E. 4.1). Die ABI-Gutachter setzten sich im Rahmen der normativen Vorgaben gemäss BGE 141 V 281 E. 5.2 schlüssig und widerspruchsfrei mit dem Leistungsvermögen des Beschwerdeführers auseinander (BGE 144 V 50 E. 4.3). Entgegen seiner Auffassung durfte die Vorinstanz die Expertise vom 7. Januar 2020 als beweiskräftige Grundlage ansehen, um die Frage nach den funktionellen Auswirkungen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen in zuverlässiger Weise entscheiden zu können. Es sind keine widersprüchlichen Aussagen auszumachen, die die Verlässlichkeit der ärztlichen Darlegungen in Frage stellen könnten, weshalb der vorinstanzliche Verzicht auf das Einholen eines Gerichtsgutachtens den Untersuchungsgrundsatz (Art. 61 lit. c ATSG) nicht verletzt. Daran vermag auch der Verweis in der Beschwerde auf den Bericht des behandelnden Psychiaters Dr. med. G.________ vom 12. April 2022 nichts zu ändern. Als unzulässiges echtes Novum (Art. 99 Abs. 1 BGG; BGE 143 V 19 E. 1.2; Urteil 8C_582/2021 vom 11. Januar 2022 E. 7.2) ist er, wie auch die darauf basierenden Vorbringen des Beschwerdeführers, unbeachtlich. Durch die weiteren der Beschwerde beigelegten Dokumente (Psychiatrisches Gutachten des Dr. med. G.________ vom 31. Oktober 2014, Konsultationsbericht des Dr. med. H.________, HNO am Bodensee AG, vom 21. September 2021 und Bericht des Teams Radiologie Plus vom 10. September 2021 [MR des Schädels]) wird ferner keine Bundesrechtsverletzung durch die Vorinstanz aufgezeigt, soweit es sich dabei nicht ohnehin ebenfalls um unzulässige Noven handelt.
4.2. Was der Beschwerdeführer sodann gegen die vorinstanzlich bejahte Verwertbarkeit seiner Restarbeitsfähigkeit vorbringt, ist nicht stichhaltig. Insbesondere ist nicht ersichtlich, weshalb die gutachterlich umschriebenen Anforderungen an eine leidensangepasste Tätigkeit auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nicht umsetzbar sein sollen. Die Vorinstanz legte in bundesrechtskonformer Weise dar, welche Tätigkeiten der Beschwerdeführer auch unter Beachtung seiner Einschränkungen noch ausüben könnte. Dabei hat sie auch in Betracht gezogen, dass er im Rahmen seiner Erwerbsbiografie in den verschiedensten Branchen tätig war (Aussendienstmitarbeiter im Bereich Transport und Recycling, Betriebsmechaniker, Betriebsfachmann, Projekteinkäufer, Kundenberater, Teamleiter Arbeitsvorbereitung/Beschaffung/Logistik) und mehrere Ausbildungen absolvierte (Ausbildung zum Mechaniker, Weiterbildung zum diplomierten Betriebsfachmann, Diplom "Marketing und Verkauf"). Zudem hat sie das von den ABI-Gutachtern definierte Arbeitsplatzprofil hinsichtlich einer adaptierten Tätigkeit beachtet, wobei dem Beschwerdeführer eine achtstündige Präsenzzeit - unter Berücksichtigung der erforderlichen Pausen im Umfang von 20 % - zumutbar sei. Die Tätigkeit sollte ihn inhaltlich nicht überfordern und in einem wohlwollenden und wertschätzenden Umfeld stattfinden. Überdies sollte hinsichtlich der administrativen Gegebenheiten einer Arbeitsstelle Rücksicht auf etwaige erneut auftretende depressive Episoden genommen werden; Tätigkeiten unter gesteigertem Geräuschpegel seien ungeeignet. Die Vorinstanz hat des Weiteren gestützt auf die gutachterlichen Darlegungen willkürfrei festgestellt, dass die beim Beschwerdeführer mitzuberücksichtigende Persönlichkeitsstörung die soziale Interaktion am Arbeitsplatz nicht erheblich beeinträchtigen würde.
Da der ausgeglichene Arbeitsmarkt ferner auch sogenannte Nischenarbeitsplätze umfasst, also Stellen- und Arbeitsangebote, bei welchen Behinderte mit einem sozialen Entgegenkommen seitens des Arbeitgebers rechnen können (vgl. Urteil 8C_256/2021 vom 9. März 2022 E. 9.1, auszugsweise zur Publikation vorgesehen; SVR 2021 IV Nr. 26 S. 80, 8C_416/2020 E. 4 mit Hinweisen), kann nicht gesagt werden, die noch zumutbaren Tätigkeiten seien auf dem ausgeglichenen Arbeitsmarkt nicht vorhanden. An der Massgeblichkeit dieses ausgeglichenen Arbeitsmarkts vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass es für die versicherte Person im Einzelfall schwierig oder gar unmöglich sein mag, auf dem tatsächlichen Arbeitsmarkt eine entsprechende Stelle zu finden (vgl. Urteil 9C_489/2021 vom 12. April 2022 E. 4.3 mit Hinweisen). Der Hinweis des Beschwerdeführers auf seine von Herbst 2018 bis Frühjahr 2021 dauernde Arbeitslosigkeit trotz intensiver Stellensuche zielt daher ins Leere. Denn der ausgeglichene Arbeitsmarkt ist ein theoretischer und abstrakter Begriff. Er berücksichtigt die konkrete Arbeitsmarktlage nicht, umfasst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten auch tatsächlich nicht vorhandene Stellenangebote und sieht von den fehlenden oder verringerten Chancen gesundheitlich Beeinträchtigter ab, tatsächlich eine zumutbare und geeignete Arbeitsstelle zu finden. Er umschliesst einerseits ein bestimmtes Gleichgewicht zwischen dem Angebot von und der Nachfrage nach Stellen; anderseits bezeichnet er einen Arbeitsmarkt, der von seiner Struktur her einen Fächer verschiedenartiger Stellen offen hält (BGE 134 V 64 E. 4.2.1 mit Hinweis; 110 V 273 E. 4b; Urteil 8C_256/2021 vom 9. März 2022 E. 9.1, zur Publikation vorgesehen).
Die Vorinstanz erkannte nach dem Gesagten bundesrechtskonform, dass dem Beschwerdeführer mit Blick auf das medizinisch-theoretische Zumutbarkeitsprofil die Verwertung der Restarbeitsfähigkeit ohne Weiteres möglich und zumutbar ist. Dass er gemäss ärztlicher Einschätzung nur noch in einer geschützten Werkstätte auf dem zweiten Arbeitsmarkt tätig sein könnte, wie er einwendet, lässt sich dem Gutachten nicht entnehmen.
4.3. Die Vorinstanz verletzte schliesslich ebenso wenig Bundesrecht, indem sie über die Arbeitsvermittlung (Art. 18 IVG) hinausgehende Eingliederungsmassnahmen angesichts des ärztlicherseits ausgewiesenen Leistungsprofils und der beruflichen Biografie des Beschwerdeführers verneinte und somit von der Selbsteingliederungsfähigkeit des Beschwerdeführers ausging. Auch in diesem Punkt setzt sich der Beschwerdeführer mit den vorinstanzlichen Erwägungen nicht auseinander. Aus dem Umstand, dass er, seinen Vorbringen gemäss, seit Frühjahr 2021 teilzeitlich als Recycling-Fachmann im Innen- und Aussendienst tätig ist und Grosskunden mit Entsorgungsbedürfnissen akquiriert, wobei die sehr wohlwollende Arbeitgeberschaft von den gesundheitlichen Einbussen nichts wisse, lässt sich nichts zu Gunsten des Beschwerdeführers gewinnen. Dies beschlägt den hier grundsätzlich relevanten Zeitraum bis zum - die Grenze der richterlichen Überprüfungsbefugnis bildenden - Erlass der Verfügungen am 4. November 2020 nicht (BGE 143 V 409 E. 2.1).
4.4. Gegen die vorinstanzliche Ermittlung des Invaliditätsgrads erhebt der Beschwerdeführer keine Einwände, weshalb es damit sein Bewenden hat (vgl. vorstehende E. 1.2). Der vorinstanzliche Entscheid ist insgesamt nicht zu beanstanden. Die Beschwerde ist unbegründet.
5.
Die Gerichtskosten werden dem unterliegenden Beschwerdeführer auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Thurgau und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt.
Luzern, 1. Juni 2022
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Wirthlin
Die Gerichtsschreiberin: Polla