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Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
{T 0/2} 
9C_163/2008 
 
Urteil vom 1. Juli 2008 
II. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter U. Meyer, Präsident, 
Bundesrichter Lustenberger, Kernen, 
Gerichtsschreiber Ettlin. 
 
Parteien 
B.________, 
Beschwerdeführer, vertreten durch Gewerkschaft Syna, Obergrundstrasse 109, 6005 Luzern, 
 
gegen 
 
IV-Stelle Luzern, Landenbergstrasse 35, 6005 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung, 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, vom 22. Januar 2008. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Mit Verfügung vom 13. September 2002 sprach die IV-Stelle Luzern dem 1958 geborenen B.________ eine halbe Invalidenrente bei einem Invaliditätsgrad von 63% zu. Das Eidgenössische Versicherungsgericht bestätigte die Verfügung mit Urteil vom 20. September 2004 als rechtens. Im Nachgang zur 4. IV-Revision wandelte die IV-Stelle am 9. April 2004 die halbe Invalidenrente mit Wirkung ab dem 1. Januar 2004 verfügungsweise in eine Dreiviertelrente um. Im Rahmen eines Rentenrevisionsverfahrens reduzierte sie den Invaliditätsgrad auf 58%, was Anspruch auf eine halbe Invalidenrente begründete, dies zufolge veränderter Lohnverhältnisse (Verfügung vom 18. September 2006). 
 
B. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern wies die dagegen erhobene Beschwerde ab (Entscheid vom 22. Januar 2008). 
 
C. 
B.________ lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, es sei weiterhin eine Dreiviertelrente der Invalidenversicherung auszuzahlen. 
 
Die IV-Stelle Luzern schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Stellungnahme. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten (Art. 82 ff. BGG) kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Die Feststellung des Sachverhalts kann nur gerügt werden, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Ausgang des Verfahrens entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat. Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
2. 
In rechtlicher Hinsicht hat die Vorinstanz auf die Verfügung vom 18. September 2006 verwiesen, worin die IV-Stelle die gesetzlichen Bestimmungen zum Umfang des Rentenanspruches (Art. 28 Abs. 1 IVG) und zur Bemessung des Invaliditätsgrades nach der Einkommensvergleichsmethode (Art. 16 ATSG) sowie zur Änderung des Anspruchs aufgrund einer Verbesserung der Erwerbsfähigkeit (Art. 88a Abs. 1 IVV) angeführt hat. Richtig hat das kantonale Gericht Art. 17 Abs. 1 ATSG erwähnt, woraus sich die Voraussetzungen für eine Rentenrevision ergeben. Dem angefochtenen Entscheid kann sodann entnommen werden, dass zeitlicher Ausgangspunkt für die Beurteilung einer anspruchserheblichen Änderung des Invaliditätsgrades die letzte rechtskräftige Verfügung ist, welche auf einer materiellen Prüfung des Rentenanspruchs beruht (BGE 133 V 108 E. 5.4 S. 114). Darauf kann verwiesen werden. Zu ergänzen ist, dass gemäss Rechtsprechung im Rahmen von Art. 17 Abs. 1 ATSG bei den auf Schwellenwerten beruhenden Renten der Invalidenversicherung auch eine geringfügige Änderung des Sachverhalts Anlass zu einer Revision geben kann, sofern sie zu einer Überschreitung des Schwellenwertes führt (BGE 133 V 545 E. 7 S. 548). 
 
3. 
3.1 Verwaltung und Vorinstanz haben für das Jahr 2005 einen Validenlohn im Betrag von Fr. 65'247.40 sowie ein Invalideneinkommen von Fr. 27'724.80 festgestellt und gestützt darauf einen Invaliditätsgrad von 58% ermittelt, was Anlass für die revisionsweise Herabsetzung der Dreiviertelrente auf eine halbe Invalidenrente gab. Hiegegen wendet der Beschwerdeführer ein, er habe im Jahr 1999 zu einem Monatslohn von Fr. 4'795.- gearbeitet und gestützt auf die allgemeinverbindlich erklärte Zusatzvereinbarung 2000/I zum Landesmantelvertrag 1998-2000 vom 27. März 2000 für das Bauhauptgewerbe sei für das Jahr 2000 zwingend eine Lohnerhöhung von Fr. 100.- zu berücksichtigen, womit ein hypothetischer Lohnanspruch von Fr. 4'895.- ausgewiesen sei. Nach Hinzurechnung der mit Blick auf die Landesmantelverträge des Bauhauptgewerbes (LMV) zu gewährenden Lohnzuschläge für die Jahre 2001 bis 2005 von Fr. 445.- ergebe sich das Valideneinkommen von monatlich Fr. 5'340.-. Nach Massgabe dieser Berechnung schliesst der Versicherte für das Jahr 2005 auf einen Invaliditätsgrad von 60,04%. 
 
3.2 Zur Festlegung des massgeblichen Valideneinkommens hat das kantonale Gericht den vom Arbeitgeber angegebenen Jahreslohn 2004 in der Höhe von Fr. 64'100.- mit dem für das gleiche Jahr geltenden Stundenlohn von Fr. 28.- dividiert und das Ergebnis (2'289,3) mit dem Stundenlohn 2005 (Fr. 28.50) multipliziert. Daraus leitete die Vorinstanz ein Valideneinkommen von Fr. 65'247.40 ab. Bei diesem Vorgehen blieb unbeachtet, dass sich die Jahreslohnsumme von Fr. 64'100.- aus Monatslöhnen zusammensetzt und die Jahresarbeitszeit nach LMV lediglich 2'112 und nicht 2'289 Stunden beträgt (Art. 24 Abs. 2 LMV 2006 vom 25. Mai 2005). Ferner ist die Berechnung des Validenlohnes aus Elementen von Stunden- und Monatslöhnen rechtlich nicht angängig, da der Beschwerdeführer als Gesunder im Monatslohn angestellt wäre. Das hypothetische Jahreseinkommen für 2005 ist daher auf der Grundlage von Monatslöhnen zu ermitteln. Der vom kantonalen Gericht festgestellte Validenlohn von Fr. 65'247.40 ist nach dem Gesagten einerseits aktenwidrig, anderseits rechtlich unrichtig, weshalb dieser für das Bundesgericht nicht verbindlich ist (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 1 BGG). 
 
3.3 In einer Eventualbegründung erwog die Vorinstanz, ein Invaliditätsgrad unter 60% ergebe sich auch dann, falls die auf der Grundlage der Landesmantelverträge des Bauhauptgewerbes für die Jahre 2001 bis 2005 vereinbarten Lohnerhöhungen von Fr. 445.- zu dem bei der erstmaligen Rentenfestsetzung ermittelten monatlichen Valideneinkommen von Fr. 4'795.- (Jahr 2000) hinzugerechnet werden. 
 
Das Valideinkommen als eine der Vergleichsgrössen beim Einkommensvergleich ist im Rentenrevisionsverfahren nach Art. 17 Abs. 1 ATSG frei überprüfbar, wenn die Aktenlage oder die Parteivorbringen dazu Anlass geben (BGE 117 V 198 E. 4b S. 200; AHI 2002 S. 164 E. 2a; RKUV 2005 U 533 S. 40 E. 3.2). Aus den aktenkundigen Lohnabrechnungen für das Jahr 1999 ergibt sich ein Monatslohn von Fr. 4'795.-. Ferner erklärte der Arbeitgeber am 28. April 2000, er richte dem Versicherten im Gesundheitsfall monatlich den Lohn von Fr. 4'795.- aus. Gemäss Zusatzvereinbarung 2000/I zum LMV 1998-2000 vom 27. März 2000 einigten sich die Sozialpartner sodann auf eine ab 1. Juli 2000 zu gewährende monatliche Lohnerhöhung von Fr. 100.- (Art. 2 Ziff. 1 Abs. 1). Unter diesen Umständen steht fest, dass die Angaben des Arbeitgebers vom 28. April 2000 zwar für den Auskunftszeitpunkt korrekt waren, hingegen der Versicherte gemäss Zusatzvereinbarung 2000/I ab 1. Juli 2000 Anspruch auf eine Lohnerhöhung von Fr. 100.- gehabt hätte, wäre er nicht teilinvalid geworden. Diese Lohnsteigerung trat erst nach dem Rentenbeginn vom 1. Mai 2000 in Kraft und sie ist bei der erstmaligen Rentenfestsetzung nicht berücksichtigt worden. Da die IV-Stelle im Revisionsverfahren den Invalidenlohn unter Beachtung sämtlicher seit der erstmaligen Rentenfestsetzung erfolgter Lohnanpassungen ermittelt hat, muss Gleiches auch für den Validenlohn gelten. Dem steht das Urteil vom 20. September 2004 nicht entgegen, bezieht sich dessen Rechtskraft doch nur auf den Rentenanspruch im damals zeitlich massgebenden Prüfungszeitraum (bis 13. September 2002) und nicht auf die hier zu beurteilende Rentenherabsetzung gemäss Verfügung vom 18. September 2006. Im Rahmen der freien Überprüfung des Validenlohnes ist die auf der Grundlage der Zusatzvereinbarung 2000/I zum LMV 1998-2000 per 1. Juli 2000 vereinbarte Lohnanhebung von Fr. 100.- bei der revisionsweisen Festlegung des Validenlohnes einzubeziehen, entstünde doch sonst ein Ungleichgewicht der Vergleichseinkommen. Indem die Vorinstanz die im Juli 2000 erfolgte Lohnerhöhung von Fr. 100.- je Monat nicht beachtet hat, ist der Sachverhalt rechtlich unrichtig festgestellt worden. 
 
4. 
Gemäss den von 2001 bis 2005 erfolgten Lohnanpassungen nach LMV, welche der Bundesrat jeweils für allgemein verbindlich erklärt hat, beläuft sich der Lohnanstieg dieses Zeitraumes für Angestellte im Monatslohn auf insgesamt Fr. 405.-. Sodann ist für das Jahr 2001 eine leistungsabhängige Anhebung der bestehenden Lohnsumme je Arbeitnehmenden von Fr. 40.- vereinbart worden (Art. 2 Abs. 2 lit. b der Zusatzvereinbarung 2001 zum LMV 1998-2000). Ausgehend vom Betrag von Fr. 4'895.- als ab 1. Juli 2000 gültigem Monatslohn und unter Hinzurechnung der Lohnanpassungen von Fr. 405.- resultiert für 2005 ein Einkommen von Fr. 68'900.- (13 x Fr. 5'300.-). Nicht bestritten und für das Bundesgericht verbindlich (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist die Höhe des Invalidenlohnes von Fr. 27'724.80. Auf der Basis dieser Vergleichseinkommen beträgt die Erwerbseinbusse 59,76%. Falls dem Beschwerdeführer zudem die leistungsabhängige Lohnerhöhung des Jahres 2001 von Fr. 40.- und damit ein Jahreslohn 2005 von Fr. 69'420.- zugestanden wird, kommt die Invalidität auf 60,06% zu liegen. So oder anders besteht nach dem Gesagten Anspruch auf eine Dreiviertelrente der Invalidenversicherung; denn der Prozentsatz von 59,76% ist auf 60% aufzurunden (BGE 130 V 121 E. 3.2 S. 122 f.). Rechtsfehlerhaft ist hingegen das Abstellen auf den vom Arbeitgeber für das Jahr 2004 angegebenen Validenlohn von Fr. 64'100.-, weil darin die gemäss LMV ab 2000 zu gewährenden Lohnerhöhungen nicht vollumfänglich enthalten sind, was schon deshalb nicht nachvollzogen werden kann, da der Arbeitgeber dem Beschwerdeführer als Invalidem, wohl nicht zuletzt wegen seiner langjährigen Betriebszugehörigkeit, einen Soziallohn gewährt. Unter diesem Gesichtswinkel ist zu schliessen, dass er die Lohnerhöhungen nach LMV - auch wegen ihres zwingenden Charakters - im Gesundheitsfall zugestanden hätte. Damit sind die Voraussetzungen für die revisionsweise Reduktion der Dreiviertelrente auf eine halbe Invalidenrente nicht erfüllt. 
 
5. 
Dem Verfahrensausgang entsprechend sind die Gerichtskosten der Beschwerdegegnerin aufzuerlegen (Art. 65 Abs. 4 lit. a, Art. 66 Abs. 1 BGG). Ferner hat der Beschwerdeführer Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
In Gutheissung der Beschwerde werden der Entscheid des Verwaltungsgerichtes des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, vom 22. Januar 2008 und die Verfügung der IV-Stelle Luzern vom 18. September 2006 aufgehoben. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3. 
Die Beschwerdegegnerin hat den Beschwerdeführer für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 800.- zu entschädigen. 
 
4. 
Das Verwaltungsgericht des Kantons Luzern wird über eine Parteientschädigung für das kantonale Verfahren entsprechend dem Ausgang des letztinstanzlichen Prozesses zu befinden haben. 
 
5. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Luzern, Sozialversicherungsrechtliche Abteilung, der Ausgleichskasse des Schweizerischen Baumeisterverbandes und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
Luzern, 1. Juli 2008 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Meyer Ettlin