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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
8C_692/2021  
 
 
Urteil vom 1. Juli 2022  
 
I. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Wirthlin, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Viscione, 
Gerichtsschreiberin Kopp Käch. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Jörg Roth, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Bern, 
Scheibenstrasse 70, 3014 Bern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung (Invalidenrente; Neuanmeldung), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Bern vom 14. September 2021 
(200 21 200 IV). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die 1972 geborene A.________ hatte in den Jahren 2005 bis 2008 Leistungen der Invalidenversicherung, u.a. eine befristete Dreiviertelsrente, bezogen. Am 28. Juli 2014 meldete sie sich unter Hinweis auf Schmerzen sowie eine Disfunktion der Wirbelsäule erneut zum Leistungsbezug an. Die IV-Stelle Bern nahm erwerbliche und medizinische Abklärungen vor und verneinte mit Verfügung vom 14. April 2016 gestützt auf das polydisziplinäre Gutachten der Swiss Medical Assessment- and Business-Center (SMAB) AG Bern vom 9. Februar 2016 einen Rentenanspruch. Das Verwaltungsgericht des Kantons Bern wies die dagegen erhobene Beschwerde am 20. Januar 2017 ab, was vom Bundesgericht mit Urteil vom 22. August 2017 bestätigt wurde.  
 
A.b. Bereits am 23. Mai 2017 war A.________ mit einem als "Gesuch um Wiedererwägung" bezeichneten Schreiben unter Beilage diverser medizinischer Berichte an die IV-Stelle gelangt. Diese nahm das Gesuch als Neuanmeldung entgegen und tätigte nach Abschluss des bundesgerichtlichen Verfahrens weitere medizinische Abklärungen, wobei sie namentlich das polydisziplinäre Gutachten der SMAB AG St. Gallen vom 3. Juli 2020 veranlasste. Nach durchgeführtem Vorbescheidverfahren und Einholung einer Stellungnahme der SMAB AG St. Gallen vom 2. Februar 2021 verneinte die IV-Stelle mit Verfügung vom 5. Februar 2021 abermals einen Leistungsanspruch.  
 
B.  
Die hiergegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Bern mit Urteil vom 14. September 2021 ab. 
 
C.  
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten lässt A.________ beantragen, die Sache sei in Aufhebung des angefochtenen Urteils zur erneuten Beurteilung an die Vorinstanz zurückzuweisen, wobei diese die Leistungspflicht der IV-Stelle anhand eines interdisziplinären gerichtlichen Gutachtens nach den aktuellen medizinischen Erkenntnissen abzuklären habe. Eventualiter seien A.________ die ihr gesetzlich zustehenden Leistungen zuzusprechen. 
 
Die vorinstanzlichen Akten wurden eingeholt. Ein Schriftenwechsel wurde nicht durchgeführt. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG), und kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1 und Art. 105 Abs. 2 BGG; zum Ganzen: BGE 145 V 57 E. 4).  
 
1.2. Die Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung der Vorinstanz ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig (willkürlich), wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist. Es genügt somit nicht, dass eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint. Willkür liegt insbesondere vor, wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse gezogen, erhebliche Beweise übersehen oder solche grundlos ausser Acht gelassen hat. Solche Mängel sind in der Beschwerde aufgrund des strengen Rügeprinzips (Art. 106 Abs. 2 BGG) klar und detailliert aufzuzeigen. Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid geht das Bundesgericht nicht ein (BGE 144 V 50 E. 4.2 mit Hinweisen).  
 
2.  
Streitig und zu prüfen ist, ob die Vorinstanz Bundesrecht verletzte, indem sie die von der IV-Stelle am 5. Februar 2021 verfügte Abweisung des Rentenbegehrens bestätigte. 
 
2.1. Am 1. Januar 2022 trat das revidierte Bundesgesetz über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20) in Kraft (Weiterentwicklung der IV [WEIV]; Änderung vom 19. Juni 2020, AS 2021 705, BBl 2017 2535). Die dem hier angefochtenen Urteil zugrunde liegende Verfügung erging vor dem 1. Januar 2022. Nach den allgemeinen Grundsätzen des intertemporalen Rechts und des zeitlich massgebenden Sachverhalts (statt vieler: BGE 144 V 210 E. 4.3.1; 129 V 354 E. 1 mit Hinweisen) sind daher die Bestimmungen des IVG und diejenigen der Verordnung über die Invalidenversicherung (IVV; SR 831.201) in der bis 31. Dezember 2021 gültig gewesenen Fassung anwendbar.  
 
2.2. Das kantonale Gericht legte die massgebenden Rechtsgrundlagen zur Erwerbsunfähigkeit (Art. 7 ATSG), zur Invalidität (Art. 8 Abs. 1 ATSG, Art. 4 Abs. 1 IVG), vor allem bei psychischen Leiden (BGE 143 V 409 E. 4.2.1; 143 V 418; 141 V 281), sowie zum Rentenanspruch (Art. 28 IVG) zutreffend dar. Gleiches gilt hinsichtlich der Anspruchsprüfung bei einer Neuanmeldung nach vorausgegangener Rentenverweigerung (vgl. dazu Art. 87 Abs. 3 in Verbindung mit Abs. 2 IVV; BGE 130 V 71 E. 2.2) unter analoger Anwendung der Grundsätze zur Rentenrevision nach Art. 17 ATSG (BGE 144 I 103 E. 2.1; 141 V 9 E. 2.3). Richtig wiedergegeben ist schliesslich die Rechtsprechung zum Beweiswert und zur Beweiswürdigung medizinischer Berichte und Gutachten (BGE 143 V 124 E. 2.2.2; 134 V 231 E. 5.1; 125 V 351 E. 3a, je mit Hinweisen). Darauf wird verwiesen.  
 
3.  
Bezüglich der massgebenden Frage des Vorliegens einer für eine Rentenzusprache bei Neuanmeldung nach vorausgegangener Rentenverweigerung erforderlichen anspruchsrelevanten Änderung des Gesundheitszustandes besteht Einigkeit darin, dass Vergleichszeitpunkte die anspruchsverneinenden Verfügungen vom 14. April 2016 und vom 5. Februar 2021 bilden. 
 
3.1. In umfassender Würdigung der medizinischen Aktenlage verneinte die Vorinstanz das Vorliegen einer entsprechenden Änderung des Gesundheitszustandes. Die ausschliesslich infolge psychiatrischer Diagnosen eingeschränkte Arbeitsfähigkeit der Beschwerdeführerin betrage im massgebenden Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung vom 5. Februar 2021 - wie bereits bei Erlass der Verfügung vom 14. April 2016 - sowohl in der angestammten wie auch in einer leidensangepassten Tätigkeit 80 % (8.5 Stunden täglich, 20 % Leistungsminderung) und vermöge keinen rentenrelevanten Invaliditätsgrad zu begründen. Die Vorinstanz stützte sich bei ihrer Beurteilung im Wesentlichen auf das interdisziplinäre Gutachten der SMAB AG St. Gallen vom 3. Juli 2020 sowie auf deren Stellungnahme vom 2. Februar 2021, denen sie vollen Beweiswert zumass. Bei der gegebenen Aktenlage verzichtete das kantonale Gericht auf die Einholung eines Gerichtsgutachtens und bestätigte die durch die IV-Stelle verfügte Rentenablehnung.  
 
3.2. Die vorinstanzlich getroffenen Tatsachenfeststellungen, namentlich die aus den medizinischen Unterlagen gewonnenen Erkenntnisse, sind im letztinstanzlichen Prozess grundsätzlich verbindlich (vgl. E. 1 hiervor). Im Rahmen der eingeschränkten Sachverhaltskontrolle (Art. 97 Abs. 1 BGG) ist es nicht Aufgabe des Bundesgerichts, die bereits im vorangehenden Verfahren aufliegenden ärztlichen Berichte neu zu beurteilen und die rechtsfehlerfreie Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz hinsichtlich der medizinisch begründeten Verminderung des Leistungsvermögens und des Ausmasses der trotz gesundheitlicher Beeinträchtigungen verbleibenden Arbeitsfähigkeit zu korrigieren.  
 
3.3. Die Beschwerdeführerin bestreitet im Wesentlichen die Beweiskraft des Gutachtens der SMAB AG St. Gallen vom 3. Juli 2020 und rügt eine Verletzung der Beweiswürdigungsregeln sowie des Untersuchungsgrundsatzes durch das kantonale Gericht. Ihre Vorbringen zeigen jedoch weder eine offensichtliche Unrichtigkeit noch eine anderwertige Bundesrechtswidrigkeit des angefochtenen Urteils auf, zumal sie sich weitgehend auf eine Wiederholung des bereits vorinstanzlich Vorgetragenen bzw. auf eine appellatorisch gehaltene Wiedergabe der eigenen Sichtweise beschränken.  
 
3.3.1. Mit Blick auf die Rügen der Beschwerdeführerin ist darauf hinzuweisen, dass auf ein nach Art. 44 ATSG eingeholtes, den Anforderungen der Rechtsprechung genügendes Gutachten externer Spezialärzte praxisgemäss abzustellen ist, sofern nicht konkrete Indizien gegen dessen Zuverlässigkeit sprechen (vgl. BGE 137 V 210 E. 1.3.4; 125 V 351 E. 3b/bb; SVR 2021 IV Nr. 16 S. 45, 9C_174/2020 E. 8.1, nicht publ. in: BGE 147 V 79, je mit Hinweisen). Solche vermag die Beschwerdeführerin, wie die Vorinstanz zu Recht feststellte, nicht aufzuzeigen. Ein Administrativgutachten ist denn auch nicht stets dann in Frage zu stellen und zum Anlass weiterer Abklärungen zu nehmen, wenn behandelnde Ärzte zu einem anderen Ergebnis gelangen; vorbehalten bleiben Fälle, in denen sich eine abweichende Beurteilung aufdrängt, weil sie wichtige Aspekte benennen, die im Rahmen der Begutachtung unerkannt oder ungewürdigt geblieben sind (vgl. statt vieler SVR 2017 IV Nr. 49 S. 148, 9C_338/2016 E. 5.5; Urteil 8C_631/2021 vom 7. Dezember 2021 E. 6.2.1). Inwiefern solche Aspekte aus den medizinischen Akten hervorgehen sollten, ist weder ersichtlich noch in der Beschwerde rechtsgenüglich dargetan.  
 
3.3.2. Wohl weist die Beschwerdeführerin erneut auf grosse Diskrepanzen zwischen der gutachterlichen Einschätzung und der Beurteilung der behandelnden Ärztinnen und Ärzte hin. Diesbezüglich legte jedoch bereits das kantonale Gericht dar, dass namentlich die medizinischen Berichte des Dr. med. B.________, Facharzt für Orthopädische Chirurgie und Traumatologie des Bewegungsapparates, vom 9. und 24. September 2020, der dipl. med. C.________, Oberärztin Psychiatrische Dienste Spital D.________ AG, vom 14. September 2020 sowie des Dr. med. E.________, Facharzt für Allgemeine Innere Medizin, vom 5. November 2020 keine konkreten Indizien gegen die Zuverlässigkeit des als beweiswertig erachteten Gutachtens der SMAB AG vom 3. Juli 2020 zu begründen vermögen. Aus dem Bericht des Dr. med. F.________, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Spital G.________, vom 29. Januar 2019 sodann kann die Beschwerdeführerin - wie das kantonale Gericht zu Recht erwog - in Bezug auf das hier in Frage stehende, eineinhalb Jahre später erstattete Gutachten nichts für sich ableiten.  
 
3.3.3. Unzutreffend ist der Einwand der Beschwerdeführerin, die Gutachter der SMAB AG St. Gallen hätten sich nicht mit den abweichenden Einschätzungen der behandelnden Fachpersonen auseinandergesetzt. Wie die Vorinstanz erwog, wurde bereits im Gutachten vom 3. Juli 2020 und auch in der Stellungnahme vom 2. Februar 2021 dargelegt, weshalb die Gutachter an sämtlichen von den behandelnden Fachpersonen divergierenden Beurteilungen festhielten. So habe namentlich der psychiatrische Gutachter unter Erläuterung der diagnostischen Kriterien überzeugend begründet, weshalb keine schizophrene Störung vorliege. Die Schmerzen als solche sodann wurden, wie das kantonale Gericht darlegte, von den Gutachtern der somatischen Disziplinen nicht verneint, konnten jedoch nicht objektiviert werden. Soweit die Beschwerdeführerin schliesslich erneut auf den Bericht des Dr. med. F.________ vom 29. Januar 2019 hinweist und sich auf die darin attestierte 100 %ige Arbeitsunfähigkeit beruft, kann sie daraus nichts zu ihren Gunsten ableiten. Im angefochtenen Urteil wurde nämlich aufgezeigt, dass die Überlappung der diversen Krankheitsbilder entgegen der bereits in der vorinstanzlich erhobenen Beschwerde vorgebrachten Behauptung im Rahmen der polydisziplinären Begutachtung beurteilt worden war. Damit setzt sich die Beschwerdeführerin nicht auseinander. Sie befasst sich vielmehr weitgehend in appellatorischer Weise mit dem vorinstanzlichen Urteil, stellt im Wesentlichen ihre eigene Sicht der Dinge dar und beschränkt sich darauf, ihre Würdigung der Aktenlage an die Stelle derjenigen der Vorinstanz zu setzen. Inwieweit letztere dabei geradezu in Willkür verfallen sein soll, wird nicht dargetan und ist auch nicht ohne Weiteres ersichtlich.  
 
3.4. Zusammenfassend konnte und kann bei dieser willkürfrei festgestellten Ausgangslage in antizipierter Beweiswürdigung (BGE 144 V 361 E. 6.5) auf zusätzliche Abklärungen verzichtet werden. Weder ist darin eine Bundesrechtswidrigkeit in Gestalt einer Verletzung des Untersuchungsgrundsatzes oder der Beweiswürdigungsregeln noch eine in medizinischer Hinsicht offensichtlich unrichtige Sachverhaltsfeststellung zu erblicken.  
 
4.  
Ist nach Gesagtem davon auszugehen, dass sich der Gesundheitszustand und die Leistungsfähigkeit der Beschwerdeführerin im massgebenden Zeitraum zwischen dem 14. April 2016 und dem 5. Februar 2021 nicht anspruchsrelevant verändert haben, hat es mit der vorinstanzlich bestätigten Verneinung eines Rentenanspruchs sein Bewenden. Der eventualiter gestellte Antrag der Beschwerdeführerin auf Zusprechung der ihr gesetzlich zustehenden Leistungen wird nicht begründet, weshalb in diesem Punkt auf die Beschwerde nicht einzutreten ist (Art. 42 Abs. 2 BGG). 
 
5.  
Die Gerichtskosten werden der unterliegenden Beschwerdeführerin auferlegt (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen, soweit darauf einzutreten ist. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Bern und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 1. Juli 2022 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Wirthlin 
 
Die Gerichtsschreiberin: Kopp Käch