Bundesgericht
Tribunal fédéral
Tribunale federale
Tribunal federal
7B_982/2024
Urteil 1. Oktober 2024
II. strafrechtliche Abteilung
Besetzung
Bundesrichter Abrecht, Präsident,
Bundesrichterin Koch, Bundesrichter Hurni,
Gerichtsschreiberin Sauthier.
Verfahrensbeteiligte
A.________,
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stephan Bernard,
Beschwerdeführer,
gegen
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern.
Gegenstand
Verlängerung Sicherheitshaft,
Beschwerde gegen den Beschluss des Obergerichts des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, vom 26. August 2024 (BK 24 324).
Sachverhalt:
A.
Das Regionalgericht Bern-Mittelland hat A.________ am 9. August 2024 wegen Mordes schuldig gesprochen und ihn zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren verurteilt. Gleichentags verfügte das Regionalgericht mit separatem Beschluss, dass A.________ vorläufig befristet bis zum 8. November 2024 in Sicherheitshaft zu belassen ist. Dagegen erhob A.________ Beschwerde an das Obergericht des Kantons Bern, welches diese mit Beschluss vom 26. August 2024 abwies.
B.
Mit Eingabe vom 14. September 2024 führt A.________ Beschwerde in Strafsachen an das Bundesgericht. Er beantragt, der angefochtene Beschluss vom 26. August 2024 sei aufzuheben und er sei unverzüglich aus der Sicherheitshaft zu entlassen, eventualiter unter Anordnung von Ersatzmassnahmen.
Das Obergericht sowie die Generalstaatsanwaltschaft verzichten auf eine Vernehmlassung.
Erwägungen:
1.
Angefochten ist ein kantonal letztinstanzlicher Entscheid betreffend Verlängerung der Sicherheitshaft. Dagegen steht die Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 78 ff. BGG offen. Der Beschwerdeführer hat am vorinstanzlichen Verfahren teilgenommen (Art. 81 Abs. 1 lit. a BGG) und befindet sich nach wie vor in Haft. Er hat folglich ein aktuelles, rechtlich geschütztes Interesse an der Aufhebung des angefochtenen Entscheids (Art. 81 Abs. 1 lit. b BGG). Da auch die übrigen Sachurteilsvoraussetzungen erfüllt sind, ist auf die Beschwerde einzutreten.
2.
Nach Art. 221 StPO sind Untersuchungs- und Sicherheitshaft unter anderem zulässig, wenn die beschuldigte Person eines Verbrechens oder Vergehens dringend verdächtig ist und ernsthaft zu befürchten ist, dass sie sich durch Flucht dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion entzieht (Abs. 1 lit. a; sog. Fluchtgefahr).
Fluchtgefahr als besonderer Haftgrund setzt ernsthafte Anhaltspunkte dafür voraus, dass die beschuldigte Person sich dem Strafverfahren oder der zu erwartenden Sanktion durch Flucht entziehen könnte. Sie darf nicht schon angenommen werden, wenn die Möglichkeit der Flucht in abstrakter Weise besteht. Es braucht eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass sich die beschuldigte Person, wenn sie in Freiheit wäre, dem Vollzug der zu erwartenden Strafe durch Flucht entziehen würde. Im Vordergrund steht dabei eine mögliche Flucht ins Ausland, denkbar ist jedoch auch ein Untertauchen im Inland. Es müssen Gründe bestehen, die eine Flucht nicht nur als möglich, sondern als wahrscheinlich erscheinen lassen. Ob Fluchtgefahr besteht, ist aufgrund einer Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände zu beurteilen. Zu berücksichtigen sind insbesondere der Charakter der beschuldigten Person, ihre moralische Integrität, ihre finanziellen Mittel, ihre Verbindungen zur Schweiz, ihre Beziehungen zum Ausland und die Höhe der ihr drohenden Strafe. Die Schwere der drohenden Strafe darf als Indiz für Fluchtgefahr gewertet werden, genügt jedoch für sich allein nicht, um den Haftgrund zu bejahen (BGE 145 IV 503 E. 2.2; 143 IV 160 E. 4.3; je mit Hinweisen). Eine gewisse Erhöhung bzw. Konkretisierung der Fluchtneigung kann sich im Einzelfall jedoch auch aus dem Umstand ergeben, dass eine erstinstanzliche Verurteilung zu einer langjährigen unbedingt vollziehbaren Freiheitsstrafe erfolgt ist (vgl. Urteile 7B_781/2023 vom 8. November 2023 E. 3.5; 1B_407/2016 vom 28. November 2016 E. 3.1 mit Hinweisen).
An Stelle der Haft sind Ersatzmassnahmen anzuordnen, wenn sie den gleichen Zweck wie die Haft erfüllen (Art. 212 Abs. 2 lit. c und Art. 237 ff. StPO ).
3.
3.1. Die Vorinstanz hat den dringenden Tatverdacht und den besonderen Haftgrund der Fluchtgefahr bejaht. Sie stufte die Sicherheitshaft ausserdem als verhältnismässig ein. Der Beschwerdeführer bestreitet den dringenden Tatverdacht vor Bundesgericht nicht. Er kritisiert aber die vorinstanzliche Annahme von Fluchtgefahr als bundesrechtswidrig und erachtet die Haft als unverhältnismässig.
3.2. Die Vorinstanz geht von einer deutlich ausgeprägten Fluchtgefahr aus. Zur Begründung führt sie aus, die Fluchtgefahr habe sich mit der erstinstanzlichen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 20 Jahren erheblich erhöht bzw. konkretisiert. Durch die Verurteilung dürfte dem Beschwerdeführer die reelle Gefahr, eine langjährige Freiheitsstrafe zu verbüssen, bewusst geworden sein. Diese Verurteilung stelle eine massives Fluchtindiz dar.
Diese Erwägung der Vorinstanz ist nicht zu beanstanden und steht in Übereinstimmung mit der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (vgl. E. 2 hiervor). Es kann davon ausgegangen werden, dass sich der Fluchtanreiz des Beschwerdeführers, der behauptet, unschuldig zu sein, und für einen Freispruch kämpft, durch die erstinstanzliche Verurteilung zu einer unbedingten mehrjährigen Freiheitsstrafe deutlich erhöht bzw. konkretisiert hat. Daran ändern auch seine Einwände nichts, eine Flucht käme faktisch einem (falschen) Geständnis gleich und lediglich aufgrund einer hohen Freiheitsstrafe dürfe nicht automatisch eine Sicherheitshaft angeordnet werden. Die Vorinstanz begründet die Anordnung der Sicherheitshaft denn auch nicht einzig mit der drohenden langen Freiheitsstrafe. Stattdessen berücksichtigt sie weiter, dass der Beschwerdeführer weder einen Wohnsitz noch eine Arbeitsstelle in der Schweiz hat. Vor Bundesgericht behauptet er zwar, es sei sowohl in B.________ als auch in C.________ "jederzeit ein Bett für ihn bereit" und er könne jederzeit eine Arbeit antreten, tatsächlich verfügt der Beschwerdeführer zum jetzigen Zeitpunkt aber über kein Miet- und über kein Arbeitsverhältnis in der Schweiz.
Die Vorinstanz hält weiter bundesrechtskonform fest, dass auch der Umstand zu berücksichtigen sei, dass der Beschwerdeführer Mitglied in der Neutestamentlichen Gemeinde Bern sei, welche Auslandskontakte unterhalte. Damit hat sie, entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers, der Glaubensgemeinschaft keinen Willen zur Fluchthilfe unterstellt, sondern lediglich aufgezeigt, dass ihm aufgrund dieser Umstände eine Flucht leichter fallen dürfte. Schliesslich hat der Beschwerdeführer selbst erwähnt, er könne sich vorstellen, nach der Haft für einige Zeit ins Ausland zu gehen und, wie aktenkundig ist, die Website www.xxx.ch" aufgerufen, welche Informationen zum Arbeiten in der Pflege im Ausland beinhaltet.
3.3. Damit bestehen ernsthafte Anhaltspunkte, dass sich der Beschwerdeführer bei einer Haftentlassung ins Ausland absetzen könnte, um sich dort ein neues Leben aufzubauen und sich so der zu erwartenden Sanktion zu entziehen. Was der Beschwerdeführer dagegen einwendet, lässt nach dem Gesagten die von der Vorinstanz dargelegte Fluchtgefahr nicht dahinfallen. Dies gilt namentlich für sein Vorbringen, er sei Schweizer, sehr gut ausgebildet und seit Geburt hier stark verwurzelt, zudem sei es schwer, sich irgendwo auf der Welt eine neues soziales Umfeld und eine neue Existenz aufzubauen. Die Vorinstanz verletzt folglich kein Bundesrecht, wenn sie die drohende empfindliche Freiheitsstrafe, die Mitgliedschaft des Beschwerdeführers in der Neutestamentlichen Gemeinde Bern, welche Auslandskontakte pflegt, sowie seine in Betracht gezogenen Auslandaufenthalte als konkrete Fluchtindizien einstuft und aufgrund der genannten Umständen von einer ausgeprägten Fluchtgefahr ausgeht.
3.4. Schliesslich erweist sich auch die vom Beschwerdeführer sinngemäss erhobene Rüge der Verletzung von Art. 237 f. StPO als unbegründet, soweit sie ausreichend substanziiert erscheint. Wie erörtert, liegt hier eine ausgeprägte Fluchtgefahr vor. Die Annahme der Vorinstanz, diese könne derzeit mit blossen Ersatzmassnahmen für strafprozessuale Haft, wie Pass- und Schriftensperren, nicht ausreichend gebannt werden, hält vor dem Bundesrecht stand (vgl. BGE 145 IV 503 E. 3.2-3.3 mit Hinweisen). Ebenfalls nicht tauglich erweist sich denn auch die vom Beschwerdeführer nebenbei erwähnte Möglichkeit einer Kaution. Eine solche erscheint angesichts der erstinstanzlich ausgesprochenen Freiheitsstrafe von 20 Jahren und der im Verurteilungsfall vor der zweiten Instanz potentiell empfindlichen Reststrafe nicht geeignet, den Beschwerdeführer von einer Flucht abzuhalten (vgl. Urteil 7B_311/2023 vom 28. Juli 2023 E. 4.3 mit Hinweisen).
4.
Die Beschwerde ist abzuweisen. Bei diesem Verfahrensausgang wird der Beschwerdeführer kostenpflichtig (Art. 66 Abs. 1 BGG).
Demnach erkennt das Bundesgericht:
1.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
2.
Die Gerichtskosten in der Höhe von Fr. 2'000.-- werden dem Beschwerdeführer auferlegt.
3.
Dieses Urteil wird dem Beschwerdeführer, der Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern und dem Obergericht des Kantons Bern, Beschwerdekammer in Strafsachen, schriftlich mitgeteilt.
Lausanne, 1. Oktober 2024
Im Namen der II. strafrechtlichen Abteilung
des Schweizerischen Bundesgerichts
Der Präsident: Abrecht
Die Gerichtsschreiberin: Sauthier