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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
5A_825/2017  
   
   
 
 
 
Urteil vom 1. November 2017  
 
II. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter von Werdt, Präsident, 
Bundesrichter Herrmann, Bovey, 
Gerichtsschreiber Zbinden. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Adriano Marti, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Psychiatrische Klinik B.________, 
 
Gegenstand 
Fürsorgerische Unterbringung (Abweisung des Entlassungsgesuchs durch die Klinik), 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau, 1. Kammer, vom 12. September 2017 (WBE.2017.359/tm/we). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Am 28. Juni 2017 wies Dr. med. C.________ A.________ (Betroffene) mittels ärztlicher fürsorgerischer Unterbringung in die Psychiatrische Klinik B.________ (Klinik) ein. Am 19. Juli 2017 ersuchte die Betroffene um Entlassung, die ihr die Klinik mit Entscheid vom 20. Juli 2017 verweigerte. Die Betroffene beschwerte sich dagegen mit Eingabe vom 24. Juli 2017 beim Verwaltungsgericht des Kantons Aargau. Mit Entscheid vom 28. Juli 2017 wies die angerufene Instanz die Beschwerde ab. Von der Möglichkeit, eine schriftliche Begründung des Entscheides zu verlangen, machte die Betroffene keinen Gebrauch und erhob dagegen kein Rechtsmittel.  
 
A.b. Mit Entscheid vom 7. August 2017 stellte das als KESB eingesetzte Familiengericht des Bezirksgerichts Zofingen unter Hinweis auf das kantonale Recht fest, mit der Abweisung der Beschwerde durch das Verwaltungsgericht sei eine Bestätigung der fürsorgerischen Unterbringung durch das Familiengericht nicht erforderlich; die nächste Überprüfung erfolge erst nach Ablauf von sechs Monaten. Sodann übertrug es die Entlassungskompetenz an die Psychiatrische Klinik B.________. Dieser Entscheid erwuchs unangefochten in Rechtskraft.  
 
B.   
 
B.a. Am 29. August 2017 beantragte die Betroffene bei der Klinik erneut ihre Entlassung. Mit Entscheid vom 30. August 2017 gab die Klinik dem Gesuch nicht statt, worauf sich die Betroffene mit Fax-Eingabe vom 4. September 2017 an das Verwaltungsgericht wandte mit den Begehren, es sei vorab festzustellen, dass die fürsorgerische Unterbringung nicht mehr bestehe; eventuell sei die fürsorgerische Unterbringung aufzuheben.  
 
B.b. Anlässlich der Verhandlung vom 12. September 2017 wurde die Entlassung der Betroffenen angeordnet. Gleichentags gab das Verwaltungsgericht dem Feststellungsantrag nicht statt und schrieb die Beschwerde mit Bezug auf den Antrag betreffend Aufhebung der fürsorgerischen Unterbringung als gegenstandslos ab. Das Verwaltungsgericht ging davon aus, es habe im Entscheid vom 28. Juli 2017 die Abweisung des Gesuchs der Betroffenen um Entlassung auf Beschwerde hin überprüft und die Beschwerde abgewiesen. Damit habe sich ein Entscheid der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde betreffend Verlängerung der fürsorgerischen Unterbringung über die Dauer von sechs Wochen hinaus erübrigt.  
 
C.   
Die Betroffene (Beschwerdeführerin) hat am 16. Oktober 2017 (Postaufgabe) beim Bundesgericht gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau Beschwerde erhoben. Sie beantragt, der angefochtene Entscheid sei aufzuheben; ferner sei festzustellen, dass die fürsorgerische Unterbringung bei Einreichung des Entlassungsgesuchs am 29. August 2017 nicht mehr bestanden habe. Es sind keine Vernehmlassungen eingeholt worden. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.   
 
1.1. Nach Art. 76 Abs. 1 lit. b BGG ist zur Beschwerde in Zivilsachen nur berechtigt, wer ein schutzwürdiges Interesse an der Aufhebung oder Änderung des angefochtenen Entscheides hat. Die Beschwerdebefugnis setzt ein aktuelles und praktisches Interesse an der Gutheissung der Beschwerde voraus, das auch im Zeitpunkt des bundesgerichtlichen Urteils noch vorhanden sein muss (BGE 140 III 92 E. 1.1 S. 93 f.). Ausnahmsweise verzichtet das Bundesgericht auf das Erfordernis des aktuellen praktischen Interesses, wenn die gerügte Rechtsverletzung sich jederzeit wiederholen könnte und eine rechtzeitige gerichtliche Überprüfung im Einzelfall kaum je möglich wäre (sog. virtuelles Interesse; BGE 136 III 497 E. 1.1 S. 499 mit Hinweisen).  
 
1.2. Die Beschwerdeführerin ist nunmehr aus der fürsorgerischen Unterbringung entlassen worden. Sie rügt hier indes eine Verletzung des verfassungsmässigen Grundsatzes des Vorrangs und der Einhaltung des Bundesrechts durch die letzte kantonale Instanz (Art. 49 BV) und verlangt insoweit die Feststellung, dass die fürsorgerische Unterbringung zum Zeitpunkt des Gesuchs vom 29. August 2017 nicht mehr bestanden habe. Es erscheint in der Tat ungewiss, ob diese Frage angesichts der kurzen Dauer der ärztlichen Einweisung (Art. 429 Abs. 2 ZGB) jemals rechtzeitig dem Bundesgericht zur Prüfung unterbreitet werden kann. Abgesehen davon besteht auch nicht der Eindruck, dass der Vorwurf als offensichtlich unbegründet von der Hand zu weisen wäre.  
 
1.3.   
 
1.3.1. Die Kantone können Ärzte und Ärztinnen bezeichnen, die neben der Erwachsenenschutzbehörde eine Unterbringung während einer vom kantonalen Recht festgelegten Dauer anordnen dürfen. Die Dauer darf höchstens sechs Wochen betragen (Art. 429 Abs. 1 ZGB). Die ärztliche Unterbringung fällt spätestens nach Ablauf der festgelegten Dauer dahin, sofern nicht ein vollstreckbarer Unterbringungsentscheid der Erwachsenenschutzbehörde vorliegt (Art. 429 Abs. 2 ZGB). Aufgrund dieser für die Kantone verbindlichen gesetzlichen Vorgaben ist eine ärztlich angeordnete fürsorgerische Unterbringung, die länger als sechs Wochen bzw. 42 Tage dauert, bundesrechtswidrig. Im vorliegenden Fall ist die sechswöchige bzw. die 42-tägige Frist am 9. August 2017 abgelaufen. Die KESB hat keinen Unterbringungsentscheid gefällt.  
 
1.3.2. Das Verwaltungsgericht ist der Ansicht, die ärztlich angeordnete fürsorgerische Unterbringung werde über den gesetzlichen Höchstrahmen hinaus verlängert, wenn die gerichtliche Instanz, die für die Beurteilung einer durch die Einrichtung verweigerten Entlassung zuständig ist, den Entscheid der Klinik betreffend Verweigerung der Entlassung überprüft und eine dagegen erhobene Beschwerde der betroffenen Person abgewiesen habe; diesfalls bedürfe es keines Entscheides der KESB. Ihre Auffassung beruht insbesondere auf § 67d Abs. 3 des aargauischen Einführungsgesetzes zum Schweizerischen Zivilgesetzbuch und Partnerschaftsgesetz (EG ZGB) vom 27. März 1911 (SAR 210.100), der wie folgt lautet: "Wird innert der sechswöchigen Frist gemäss § 67c eine ärztliche Einweisung oder eine Ablehnung der Entlassung durch die Einrichtung in einem gerichtlichen Verfahren materiell überprüft und bestätigt, erübrigt sich ein Unterbringungsentscheid der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde gemäss Art. 429 Abs. 2 ZGB." Aufgrund der aufgezeigten bundesrechtlichen Vorschriften, die den Kantonen mit Bezug auf die Höchstdauer der ärztlichen fürsorgerischen Unterbringung keinen Spielraum belassen, scheint die besagte Gesetzesnorm mit dem übergeordneten Bundesrecht (Art. 429 Abs. 1 und 2 ZGB) nicht vereinbar zu sein. Insbesondere ergibt sich aus dem Wortlaut des Bundesrechts nicht, dass die Kantone berechtigt wären, auf dem Gesetzesweg eine Verlängerung der fürsorgerischen Unterbringung durch die gerichtliche Beschwerdeinstanz (Art. 439 ZGB) über die Dauer von sechs Wochen bzw. 42 Tage hinaus vorzusehen. Art. 439 ZGB gibt den Rahmen vor, in welchem das Gericht (hier das Verwaltungsgericht als Beschwerdeinstanz) angerufen werden kann: Es betrifft dies die Anordnung der ärztlichen fürsorgerischen Unterbringung (Abs. 1 Ziff. 1), die Zurückbehaltung durch die Einrichtung (Abs. 1 Ziff. 2) sowie die Abweisung des Entlassungsgesuchs durch die Einrichtung (Abs. 1 Ziff. 3). Im Rahmen der Überprüfung der ärztlich angeordneten Unterbringung bzw. der Abweisung des Entlassungsgesuchs durch die Einrichtung hat die Beschwerdeinstanz abzuklären, ob die Voraussetzungen für eine ärztliche fürsorgerische Unterbringung für die kantonal vorgesehene Dauer von maximal sechs Wochen bzw. 42 Tagen erfüllt waren bzw. noch erfüllt sind. Dass sie berechtigt sein soll, darüber zu entscheiden, ob die fürsorgerische Unterbringung über die Höchstdauer hinaus verlängert werden kann, mit anderen Worten, ihr das Recht zustehen soll, einen materiellen Entscheid i.S.v. Art. 429 Abs. 2 ZGB zu fällen, liegt nicht ohne weiteres auf der Hand (vgl. auch PATRICK FASSBIND, ZGB Kommentar, 3. Aufl. 2016, N. 2 zu Art. 429 S. 824). Tangiert sind hier der Grundsatz des Vorrangs und der Einhaltung des Bundesrechts (Art. 49 BV) wie auch die Rechtsweggarantie (Art. 29a BV).  
 
1.4. Dennoch ist im vorliegenden Fall auch ein virtuelles Interesse zu verneinen: Mit ihrem Antrag auf Feststellung, dass die fürsorgerische Unterbringung am Tag des Gesuchs um Entlassung, am 29. August 2017, nicht mehr bestanden habe, begehrt die Beschwerdeführerin im Ergebnis die Feststellung der Widerrechtlichkeit der fürsorgerischen Unterbringung. Für die entsprechende Feststellung ist die Klage nach Art. 454 ZGB gegeben (BGE 140 III 92 E. 2.3 S. 95 f.). Insgesamt besteht somit weder ein aktuelles schützenswertes noch ein virtuelles Interesse an der Behandlung der vorliegenden Beschwerde.  
 
2.   
Da das aktuelle praktische Interesse bereits bei Einreichung des vorliegenden Schriftsatzes nicht mehr gegeben war, ist auf die Beschwerde nicht einzutreten (BGE 142 I 135 E. 1.3.1 S. 143; 136 III 497 E. 2.1 S. 500). Im vorliegenden Fall rechtfertigen es die konkreten Umstände, von einer Erhebung von Gerichtskosten abzusehen (Art. 66 Abs. 1 BGG). 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin ersucht um unentgeltliche Rechtspflege für das bundesgerichtliche Verfahren. Wie die bisherigen Ausführungen zeigen, hat sich die Beschwerde als von Anfang an aussichtslos erwiesen. Fehlt es somit an einer der materiellen Voraussetzungen für die Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege, ist das entsprechende Gesuch der Beschwerdeführerin abzuweisen, soweit es infolge Verzichts auf Gerichtskosten nicht gegenstandslos geworden ist. (Art. 64 Abs. 1 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Auf die Beschwerde wird nicht eingetreten. 
 
2.   
Das Gesuch um unentgeltliche Rechtspflege wird abgewiesen. 
 
3.   
Es werden keine Gerichtskosten erhoben. 
 
4.   
Dieses Urteil wird der Beschwerdeführerin, der Psychiatrischen Klinik B.________ und dem Verwaltungsgericht des Kantons Aargau, 1. Kammer, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. November 2017 
 
Im Namen der II. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: von Werdt 
 
Der Gerichtsschreiber: Zbinden