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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
4A_267/2022  
 
 
Urteil vom 1. November 2022  
 
I. zivilrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Hohl, Präsidentin, 
Bundesrichterin Kiss, 
Bundesrichter Rüedi, 
Gerichtsschreiber Stähle. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.________ AG, 
vertreten durch 
Rechtsanwalt Peter Niederberger, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
B.________ AG, 
vertreten durch 
Rechtsanwältin Claudia B. Gemperle, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Aberkennungsklage; Mietvertrag, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Obergerichts des Kantons Zug, I. Zivilabteilung, vom 12. Mai 2022 (Z1 2021 12). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die Rechtsvorgängerin der B.________ AG (Mieterin, Klägerin, Beschwerdegegnerin) und die A.________ AG (Vermieterin, Beklagte, Beschwerdeführerin) schlossen am 1. Juni 2012 einen Mietvertrag ab über Büroräume und einen Kellerraum an der U.________strasse yyy in V.________, samt dazugehörigen Aussenparkplätzen.  
In Ziffer 3 des Mietvertrags wurde Folgendes vereinbart: 
 
" 3. Mietbeginn, Mietdauer, Optionsrecht, Kündigung 
3.1 Mietbeginn  
Die Miete beginnt am 1. Juli 2012. 
3.2 Mietdauer  
Das Mietverhältnis wird für eine feste Mietdauer von 5 Jahren, d.h. bis 30. Ju ni 2017 abgeschlossen. Die Mieterin hat der Vermieterin 7 Monate vor Ablauf der festen Mietdauer schriftlich mitzuteilen, ob sie am Ende der festen Mietdauer die Mieträumlichkeiten verlässt oder das Optionsrecht Variante 2 ausübt. Ohne Mitteilung, mittels eingeschriebenen Briefs, verlängert sich das Mietverhältnis automatisch gemäss Optionsrecht Variante 1. 
3.3. Optionsrecht Variante 1 + 2  
Variante 1 
Auf den Ablauf der festen Mietdauer (30. Juni 2017) steht der Mieterin ein Optionsrecht für eine weitere, feste Mietdauer von fünf Jahren, d.h. bis zum 30. Juni 2022, zu. Mit dieser Variante 1 wird der Mietzins der Büroräume auf CHF 285.-- pro m² erhöht; der Mietzins für die Kellerräume und Parkplätze wird nicht erhöht. Der neue Mietzins bleibt bis 30. Juni 2022 fest [...]. 
Die Option 1 gilt automatisch als ausgelöst, wenn der Mieter bei der Ver mieterin nicht mittels eingeschriebenen Briefs gemäss Art. 3.4 kündigt oder per 30. November 2016 mittels eingeschriebenen Briefs vom Optionsrecht gemäss Variante 2 Gebrauch macht. 
Variante 2 
Die Bedingungen für die verlängerte Mietdauer sind spätestens 6 Monate vor Ablauf der vereinbarten Mietdauer, also bis zum 31. Dezember 2016, durch schriftliche Vereinbarung festzulegen. Bei Auslösung des Optionsrecht s Variante 2 durch die Mieterin ist die Vermieterin berechtigt, den der Options dauer vorangegangenen Mietzins um max. 10 % zu erhöhen. Kommt es bei der Auslösung der Variante 2 innerhalb der genannten Frist zu keiner Einigung über die Bedingungen des zu verlängernden Mietvertrages, so bleibt der Mietvertrag stillschweigend so lange in Kraft, bis eine der Vertragsparteien das Mietverhältnis unter Einhaltung der in Art. 3.4 vereinbarten Kündigungsfrist und -termine kündigt. 
3.4 Kündigung  
Das Mietverhältnis kann von beiden Vertragsparteien während der verlän gerten unbefristeten Mietdauer unter Einhaltung einer Frist von 6 Monaten, je auf den 31. März oder 30. September, schriftlich gekündigt werden. Kündigungsfrist, -form und -ziele gelten auch für den Fall einer stillschweigenden Verlängerung gemäss Art. 3.3 des Optionsrechts der Variante 2." [Hervorhebungen im Original] 
Mit Schreiben vom 21. November 2016 betreffend "Ausübung des Optionsrechts und Änderung des Mietvertrages vom 1. Juni 2012" offerierte die Mieterin der Vermieterin die Verlängerung des Mietvertrags wie folgt: 
 
"Bezugnehmend auf den Mietvertrag zwischen der A.________ AG und der C.________ GmbH vom 1. Juni 2012, nehmen wir hiermit das in Art. 3.3 des Mietvertrages aufgeführte Optionsrecht wahr. Jedoch wird von uns eine Kombination der vorliegenden Optionsrechte gewünscht. Diese könnte wie folgt ausgestaltet werden: 
 
- Verlängerung des Mietvertrages um fünf (5) Jahre bei gleichbleibendem Mietzins 
- Kündigungsfrist von einem (1) Jahr jeweils kündbar zum Ende des Monats 
 
Sämtliche Vereinbarungen im genannten Mietvertrag, die über diese Änderungen hinausgehen, gelten weiterhin in unveränderter Form. 
Wir bitten Sie, sobald als möglich zu der von uns gewünschten Ausgestaltung des Optionsrechts Stellung zu nehmen." 
Die Vermieterin beantwortete diese Anfrage mit Schreiben vom 20. Dezember 2016 unter dem Titel "Bestätigung Änderung des Mietvertrages vom 1. Juni 2012": 
 
" Bezugnehmend auf Ihr Schreiben vom 21. November 2016 bestätigen wir Ihnen, dass wir Ihre Änderungswünsche wie von Ihnen vorgeschlagen akzeptieren, da wir an einer weiteren Zusammenarbeit interessiert sind." 
 
A.b. Im Sommer beziehungsweise Herbst 2018 kam es zu Verhandlungen über einen neuen Mietvertrag. Nachdem sich die Parteien diesbezüglich nicht hatten einigen können, kündigte die Mieterin mit Schreiben vom 26. Oktober 2018 den Mietvertrag per 31. Oktober 2019. In der Folge stritten sich die Parteien über die Gültigkeit respektive Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung.  
Die Mieträumlichkeiten wurden am 28. Oktober 2019 zurückgegeben und abgenommen. Die Mieterin hat seither keine Mietzinse mehr bezahlt. 
 
A.c. Mit Zahlungsbefehl vom 9. Dezember 2019 liess die Vermieterin die Mieterin unter anderem für die Mietzinse der Monate November und Dezember 2019 in der Höhe von insgesamt Fr. 23'420.-- nebst Zins betreiben. Die Mieterin erhob Rechtsvorschlag. Mit Entscheid vom 20. April 2020 erteilte das Kantonsgericht Zug der Vermieterin antragsgemäss die provisorische Rechtsöffnung. Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Obergericht des Kantons Zug mit Urteil vom 3. September 2020 gut. Es hob den Entscheid des Kantonsgerichts auf und wies das Gesuch um Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung ab. Das Bundesgericht wies die von der Vermieterin hiergegen eingereichte Beschwerde mit Urteil 5D_249/2020 vom 1. Juli 2021 ab.  
 
B.  
Bereits am 11. Mai 2020 (mithin kurz nach erstinstanzlich erteilter provisorischer Rechtsöffnung) hatte die Mieterin beim Kantonsgericht Zug Aberkennungsklage gegen die Vermieterin eingereicht. Sie beantragte - soweit hier interessierend -, es sei festzustellen, dass die mit Zahlungsbefehl vom 9. Dezember 2019 in Betreibung gesetzte Forderung in Höhe von Fr. 23'420.-- nebst Zins nicht bestehe. Die entsprechende Betreibung sei aufzuheben. 
Mit Entscheid vom 31. März 2021 stellte der Einzelrichter am Kantonsgericht - soweit vorliegend von Belang - fest, dass die mit Zahlungsbefehl vom 9. Dezember 2019 in Betreibung gesetzte Forderung in Höhe von Fr. 23'420.-- nebst Zins nicht besteht. Die entsprechende Betreibung hob er auf. 
Die Beklagte focht diesen Entscheid mit Berufung beim Obergericht des Kantons Zug an. Dieses wies die Berufung mit Urteil vom 12. Mai 2022 ab. 
 
C.  
Die Beklagte verlangt mit Beschwerde in Zivilsachen, das Urteil des Obergerichts sei aufzuheben. Die Aberkennungsklage sei abzuweisen und die vom Kantonsgericht Zug am 20. April 2020 erteilte provisorische Rechtsöffnung für Fr. 23'420.-- nebst Zins sei für definitiv zu erklären. Eventualiter sei die Sache zur Neubeurteilung an das Obergericht, subeventualiter an das Kantonsgericht, zurückzuweisen. 
Die Beschwerdegegnerin begehrt die Abweisung der Beschwerde. Das Obergericht beantragt, die Beschwerde abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden könne, unter Verzicht auf Vernehmlassung und Hinweis auf die Erwägungen im angefochtenen Urteil. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
Das angefochtene Urteil des Obergerichts ist ein Endentscheid (Art. 90 BGG) einer Vorinstanz im Sinne von Art. 75 BGG. Weiter erreicht der Streitwert den nach Art. X.________ Abs. 1 lit. a BGG in mietrechtlichen Fällen geltenden Mindestbetrag von Fr. 15'000.--. 
 
2.  
Voraussetzung einer Aberkennungsklage nach Art. 83 Abs. 2 SchKG ist grundsätzlich, dass der Gläubiger provisorische Rechtsöffnung erhalten hat. 
Im vorliegenden Fall erteilte das Kantonsgericht Zug mit Entscheid vom 20. April 2020 die provisorische Rechtsöffnung, worauf die Beschwerdegegnerin am 11. Mai 2020 die hier zur Diskussion stehende Aberkennungsklage eingereicht hat. Parallel dazu focht sie - erfolgreich - den Rechtsöffnungsentscheid an; mit Urteil vom 3. September 2020 hob das Obergericht den kantonsgerichtlichen Entscheid auf und wies das Gesuch um Erteilung der provisorischen Rechtsöffnung ab. 
Die Vorinstanz thematisierte die Frage nicht, welche Auswirkungen dieser Obergerichtsentscheid (Aufhebung der provisorischen Rechtsöffnung) auf den hängigen Aberkennungsprozess hat, und die Parteien äussern sich dazu vor Bundesgericht nicht. Es ist daher nicht weiter darauf einzugehen. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin fordert die Mietzinse für die Monate November und Dezember 2019 in Höhe von insgesamt Fr. 23'420.--. Zwischen den Parteien ist umstritten, ob der Mietvertrag per 31. Oktober 2019 gültig gekündigt werden konnte. 
Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, die Parteien hätten den ursprünglichen Mietvertrag (mit einer "festen" Vertragsdauer bis 30. Juni 2017) mit Schreiben vom 21. November 2016 und vom 20. Dezember 2016 um eine Mindestdauer von fünf Jahren - das heisst bis mindestens zum 30. Juni 2022 - verlängert, ohne vorzeitige Kündigungsmöglichkeit. Die im Schreiben vom 21. November 2016 erwähnte "Kündigungsfrist von einem (1) Jahr" habe sich erst auf die Zeit nach Ablauf dieser neuen Mindestdauer von fünf Jahren bezogen (mithin auf die Zeit ab Juli 2022). Die Beschwerdegegnerin meint dagegen, die Parteien hätten mit der Korrespondenz vom 21. November 2016 und vom 20. Dezember 2016 eine Maximaldauer von fünf Jahren vereinbart, mit der Möglichkeit einer vorzeitigen Kündigung (mit Kündigungsfrist von einem Jahr jeweils zum Ende eines Monats). 
 
4.  
 
4.1. Im schweizerischen Vertragsrecht gilt bei Fragen des Konsenses und der Auslegung der Grundsatz des Primats des subjektiv übereinstimmend Gewollten vor dem objektiv Erklärten, subjektiv aber unterschiedlich Verstandenen. Im Konsens- wie im Auslegungsstreit hat das Sachgericht vorab zu prüfen, ob sich die Parteien tatsächlich übereinstimmend geäussert, verstanden und in diesem Verständnis geeinigt haben (subjektive Auslegung). Ist dies zu bejahen, liegt ein tatsächlicher Konsens vor. An die Feststellung des tatsächlichen Parteiwillens ist das Bundesgericht gebunden (BGE 147 III 153 E. 5.1; 132 III 268 E. 2.3.2; 123 III 35 E. 2b).  
Das Obergericht hat einen wirklichen Willen hinsichtlich der Kündbarkeit des Mietverhältnisses nicht feststellen können. 
 
4.2. In einem solchen Fall beurteilt sich nach dem Vertrauensprinzip, welchen Inhalt eine Willenserklärung hat. Die Erklärung ist danach so auszulegen, wie sie von der Adressatin nach ihrem Wortlaut und Zusammenhang sowie den gesamten Umständen nach Treu und Glauben verstanden werden durfte und musste. Dies stellt eine Rechtsfrage dar, die das Bundesgericht frei überprüft, wobei es an die vorinstanzlichen Feststellungen zu den tatsächlichen Umständen des Vertragsschlusses gebunden ist (BGE 148 III 57 E. 2.2.1; 147 III 153 E. 5.1).  
Das Obergericht schloss in Anwendung dieser Grundsätze, die Parteien hätten im November und Dezember 2016 klarerweise einen auf fünf Jahre befristeten Mietvertrag geschlossen, im Sinne einer "Maximaldauer", und nicht - wie dies die Beschwerdeführerin behaupte - mit einer "Mindestdauer" von fünf Jahren. Entsprechend finde die im Schreiben vom 21. November 2016 offerierte und mit Antwortschreiben vom 20. Dezember 2016 akzeptierte "Kündigungsfrist von einem (1) Jahr" während der um maximal fünf Jahre verlängerten Mietdauer Anwendung und nicht erst nach Ablauf der angeblichen, indes in Wahrheit gar nicht bestehenden "Mindestdauer" per 30. Juni 2022. Dies habe die Beschwerdeführerin damals nach Treu und Glauben zweifellos auch so verstehen müssen. 
 
4.3. Folglich sei - so erkannte das Obergericht - die von der Beschwerdegegnerin am 26. Oktober 2018 per 31. Oktober 2019 fristgerecht ausgesprochene Kündigung mietvertragskonform und wirksam. Entsprechend seien die Mietzinse für die Monate November und Dezember 2019 nicht geschuldet. Das Kantonsgericht habe die Aberkennungsklage zu Recht gutgeheissen.  
 
5.  
 
5.1. Die Beschwerdeführerin ist damit nicht einverstanden.  
Sie moniert, das Obergericht habe die Korrespondenz der Parteien vom 21. November 2016 und vom 20. Dezember 2016 "isoliert", das heisst "unbesehen des bestehenden Mietvertrags vom 1. Juni 2012", interpretiert. Es hätte - so meint die Beschwerdeführerin - insbesondere berücksichtigen müssen, dass das vorbestehende Mietverhältnis ein solches unbefristeter Natur gewesen sei. "Nichts" lasse nun aber den Schluss zu, dass die Parteien den unbefristeten Mietvertrag im Rahmen ihres Schriftverkehrs vom November und Dezember 2016 in einen befristeten Mietvertrag mit einer Maximaldauer von fünf Jahren hätten umwandeln wollen. Vielmehr sei davon auszugehen, dass das um (mindestens) fünf Jahre verlängerte Mietverhältnis ein unbefristetes Mietverhältnis bleibe und erst nach Ablauf der Mindestdauer gekündigt werden könne. Alles andere komme einer "Neugestaltung des bestehenden und auf lange Dauer angelegten Mietverhältnisses" gleich, mit welcher sie damals "beim besten Willen" nicht habe rechnen müssen. 
 
5.2.  
 
5.2.1. Die von der Beschwerdeführerin vertretene Interpretation erscheint keineswegs zwingend. Im Gegenteil stellt das Schreiben vom 21. November 2016, tel quel bestätigt mit Antwortschreiben vom 20. Dezember 2016, einen für den vernünftig und redlich urteilenden Empfänger erkennbaren unmittelbaren Zusammenhang her zwischen der "Verlängerung des Mietvertrags um 5 Jahre" und der "Kündigungsfrist von einem (1) Jahr jeweils kündbar zum Ende des Monats". Davon, dass die Kündigungsmöglichkeit erst nach Ablauf einer weiteren (Mindest-) Mietvertragsdauer von fünf Jahren greifen würde, ist in diesem Schreiben nicht die Rede.  
Hingegen wird im genannten Schreiben zusätzlich auf Ziffer 3.3 des Mietvertrags verwiesen. Darin geht es ausdrücklich um diejenigen Bedingungen, die dem Mietverhältnis ab 1. Juli 2017 zugrunde liegen sollen. Dies spricht gegen die Sichtweise der Beschwerdeführerin, die im Schreiben vom 21. November 2016 offerierte "Kündigungsfrist von einem (1) Jahr jeweils kündbar zum Ende des Monats" habe von ihr vernünftigerweise nur so verstanden werden können, als dass die Beschwerdegegnerin damit bloss eine Anpassung der Kündigungsmodalitäten für den Zeitraum ab 1. Juli 2022 beabsichtigt habe. Auf Ziffer 3.4 des Mietvertrags wird in der Korrespondenz hingegen gerade nicht verwiesen, weshalb die Argumentation der Beschwerdeführerin ins Leere läuft, in Ziffer 3.4 würden "die Kündigungsmodalitäten für die Zeit nach Ablauf der festen Vertragsdauer" geregelt, woraus sich ergebe, dass die Möglichkeit zur Kündigung erst nach Ablauf der "Mindestdauer" von fünf Jahren offengestanden sei. 
 
5.2.2. Hinzu kommt mit Blick auf die Systematik des Vertrags ein Weiteres: Im Schreiben vom 21. November 2016 wurde explizit eine "Kombination der vorliegenden Optionsrechte" gewünscht, also eine Kombination von "Optionsrecht-Variante 1" und von "Optionsrecht-Variante 2". Für die Adressatin dieses Schreibens muss nach Treu und Glauben auf der Hand gelegen sein, dass von Variante 1 die Verlängerung des Mietvertrags um fünf Jahre übernommen werden sollte (unter Modifikation des Mietzinses: gleichbleibender Mietzins statt [wie in Variante 1 ursprünglich vorgesehen] Erhöhung um Fr. 285.-- pro Quadratmeter), während von Variante 2 die Kündigungsmöglichkeit stammt (unter Modifikation der Kündigungsfrist: Frist von einem Jahr statt [wie in Variante 2 ursprünglich vorgesehen] von sechs Monaten). Auch dies bekräftigt den Schluss der Vorinstanz, wonach ein Kündigungsrecht während der um fünf Jahre verlängerten Mietdauer bestand ("Kombination" von Verlängerung und Kündigungsrecht).  
Dies mag freilich nicht die einzig denkbare Ausgestaltung einer vertraglichen Verlängerung eines Mietvertrags darstellen, ist aber auf jeden Fall eine vernünftige, sachgerechte - keineswegs "unhaltbare" - Regelung, die zum damaligen Zeitpunkt nach Treu und Glauben ohne Weiteres im eben dargestellten Sinn zu verstehen war (vgl. BGE 148 III 57 E. 2.2.1). 
 
5.2.3. Die Beschwerdeführerin bemerkt, die Bestimmungen gemäss Ziffer 3 des Mietvertrags seien darauf ausgelegt gewesen, dass das Mietverhältnis "möglichst lange hätte dauern sollen", was gegen ein "vorzeitiges" Kündigungsrecht spreche. In der Tat kommt dem Zweck eines Vertrags oder einzelner Vertragsbestimmungen bei der Auslegung nach dem Vertrauensprinzip eine gewichtige Rolle zu, wobei das vom Erklärenden verfolgte Regelungsziel massgebend ist, wie es der Erklärungsempfänger in guten Treuen verstehen durfte und musste (BGE 140 III 391 E. 2.3; 138 III 659 E. 4.2.1). Dass es mit der im November und Dezember 2016 vereinbarten Verlängerung des Mietvertrags um eine möglichst lange vertragliche Bindung gegangen wäre, hat aber weder einen im Schriftverkehr nach Treu und Glauben erkennbaren Niederschlag gefunden noch ist auf der tatsächlichen Ebene ein derartiger Wille vorinstanzlich festgestellt. Das Obergericht hat vielmehr - insbesondere gestützt auf Ergebnisse der Parteibefragungen - erkannt, dass es bei der Prolongation des Mietvertrags um fünf Jahre um die "Fixierung des Mietzinses für diesen Zeitraum" ging. Die Vereinbarung eines Kündigungsrechts steht diesem Regelungsziel unter vertrauenstheoretischen Gesichtspunkten nicht entgegen.  
 
5.2.4. Da nachträgliches Parteiverhalten bei der Auslegung nach dem Vertrauensprinzip nicht von Bedeutung ist (BGE 144 III 93 E. 5.2.3), hat das Obergericht - wie zuvor schon das Kantonsgericht - zu Recht auch nicht auf die Interessenlage der Parteien im Jahr 2018 abgestellt.  
 
5.3. Die objektivierte Auslegung der streitgegenständlichen Korrespondenz durch das Obergericht erfolgte entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin keineswegs "isoliert", sondern unter Berücksichtigung des vorbestehenden Mietvertrags und in Nachachtung des konkreten Sinngefüges der im Recht liegenden Dokumente. Sie erweist sich als schlüssig und hält vor Bundesrecht stand. Dass bei diesem Ergebnis die Kündigung wirksam per 31. Oktober 2019 ausgesprochen wurde, dementsprechend die Mietzinse für die Monate November sowie Dezember 2019 nicht geschuldet sind und die Aberkennungsklage folglich gutzuheissen war, stellt die Beschwerdeführerin nicht in Abrede.  
 
6.  
Die Beschwerdeführerin wirft der Vorinstanz verschiedentlich vor, ihren Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 29 Abs. 2 BV; Art. 53 Abs. 1 ZPO) verletzt zu haben. 
Sie stört sich insbesondere daran, dass das Obergericht nicht entschieden habe, ob das "ursprüngliche" (am 1. Juni 2012 vereinbarte) Mietverhältnis ein solches befristeter oder unbefristeter Natur gewesen sei. Das Obergericht thematisierte diese Frage, liess sie indes in der Tat offen, unter Hinweis darauf, dass sie nicht entscheidrelevant sei: So oder anders ergebe eine Auslegung der massgebenden Schriftstücke, dass die Beschwerdegegnerin zu ihrer Kündigung per 31. Oktober 2019 berechtigt gewesen sei. Nachdem diese Auslegung nicht zu beanstanden ist, ist auch nicht erkennbar, worin die Gehörsverletzung bestehen soll. Dass die Vorinstanz die Sach- und Rechtslage anders eingeschätzt hat, als dies die Beschwerdeführerin tut, stellt selbstredend keine Missachtung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör dar. 
Die Gehörskritik ist unbegründet. 
 
7.  
Die Beschwerde ist abzuweisen, soweit darauf eingetreten werden kann. Bei diesem Ausgang des Verfahrens wird die Beschwerdeführerin kosten- und entschädigungspflichtig (siehe Art. 66 Abs. 1 und Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 2'000.-- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'500.-- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien und dem Obergericht des Kantons Zug, I. Zivilabteilung, schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Lausanne, 1. November 2022 
 
Im Namen der I. zivilrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Hohl 
 
Der Gerichtsschreiber: Stähle