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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
                 
 
 
9C_552/2020  
 
 
Urteil vom 1. Dezember 2020  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichterinnen Glanzmann, Moser-Szeless, 
Gerichtsschreiberin Fleischanderl. 
 
Verfahrensbeteiligte 
Veska Pensionskasse, 
Jurastrasse 9, 5000 Aarau, 
vertreten durch Rechtsanwältin Dr. Elisabeth Glättli, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
IV-Stelle Basel-Stadt, 
Lange Gasse 7, 4052 Basel, 
Beschwerdegegnerin, 
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Jan Herrmann. 
 
Gegenstand 
Invalidenversicherung 
(vorinstanzliches Verfahren; Prozessvoraussetzung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 10. August 2020 (IV.2020.2). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
Die 1961 geborene A.________ war seit November 1988 bei der Organisation B.________ angestellt und in dieser Eigenschaft bei der Veska Pensionskasse berufsvorsorgerechtlich versichert. 
Im Mai 2018 meldete sie sich bei der Invalidenversicherung zum Leistungsbezug an. In der Folge sprach ihr die IV-Stelle Basel-Stadt mit Verfügung vom 20. November 2019 rückwirkend ab 1. Januar 2019 eine ganze Invalidenrente auf der Basis eines Invaliditätsgrads von 80 % und ab 1. März 2019 - gestützt auf einen Invaliditätsgrad von nurmehr 40 % - eine Viertelsrente zu; sie ging dabei davon aus, dass A.________ im Gesundheitsfall zu 80 % erwerbstätig gewesen wäre ohne nichterwerblichen Aufgabenbereich in invalidenversicherungsrechtlichem Sinne. 
 
B.   
Auf die dagegen von der Veska Pensionskasse erhobene Beschwerde trat das Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt - nach Beiladung von A.________ zum Prozess - mangels Rechtsschutzinteresses nicht ein (Entscheid vom 10. August 2020). 
 
C.   
Die Veska Pensionskasse lässt Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten führen und beantragen, in Aufhebung des angefochtenen Entscheids sei die Sache zur (materiellen) Behandlung der Beschwerde an die Vorinstanz zurückweisen. Eventualiter sei festzustellen, dass das Invalideneinkommen von A.________ Fr. 50'804.- betrage. Ferner sei der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. 
Die Vorinstanz schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Die IV-Stelle enthält sich eines formellen Antrags. Die als Mitinteressierte beigeladene A.________ lässt das Rechtsbegehren stellen, auf die Beschwerde sei nicht einzutreten, eventualiter sei diese abzuweisen und der kantonale Entscheid zu bestätigen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es prüft unter Berücksichtigung der allgemeinen Rüge- und Begründungspflicht (Art. 42 Abs. 2 BGG) grundsätzlich nur die geltend gemachten Vorbringen, falls allfällige weitere rechtliche Mängel nicht geradezu offensichtlich sind (BGE 143 I 377 E. 1.3 S. 380; 141 V 234 E. 1 S. 236).  
 
1.2. Ob die Eintretensvoraussetzungen des vorinstanzlichen Verfahrens gegeben waren, prüft das Bundesgericht von Amtes wegen und mit freier Kognition (BGE 144 V 138 E. 4.1 S. 144; 141 V 657 E. 3.4.1 S. 661; 140 V 22 E. 4 S. 26; Urteil 9C_814/2018 vom 23. Mai 2019 E. 1.2).  
 
2.  
 
2.1. Das kantonale Gericht trat auf die gegen die Verfügung der IV-Stelle vom 20. November 2019 erhobene Beschwerde nicht ein mit der Begründung, die Veska Pensionskasse habe kein schützenswertes Interesse in Bezug auf das allein massgebende Verfügungsdispositiv. Insbesondere bestehe kein Anlass, im vorliegenden invalidenversicherungsrechtlichen Prozess Feststellungen zu den dem Einkommensvergleich zugrunde zu legenden Referenzeinkommen, hier namentlich zum Invalideneinkommen für die Zeit ab September 2019, zu treffen, welche sich lediglich auf den berufsvorsorgerechtlichen Bereich auswirkten. Überdies - so die Vorinstanz weiter - zeigten die unterschiedlichen Vorgaben zur Ermittlung der erwerblichen Vergleichsgrössen, dass den von der IV-Stelle herangezogenen Werten berufsvorsorgerechtlich keine streng präjudizielle Wirkung zukomme. Es greife deshalb der allgemeine Grundsatz, wonach eine Verfügung im invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren, die mangels Rechtsschutzinteresses einer Anfechtung durch die Vorsorgeeinrichtung entzogen sei, für diese hinsichtlich der ziffernmässigen Höhe der Vergleichseinkommen auch nicht bindend sein könne.  
 
2.2. Die Beschwerdeführerin vertritt im Wesentlichen den Standpunkt, sie sei nach ständiger Rechtsprechung auch bei teilzeitlich erwerbstätigen Versicherten und der in der beruflichen Vorsorge diesbezüglich geltenden eigenständigen Bestimmung des Invaliditätsgrads an die von der Invalidenversicherung im Rahmen des Einkommensvergleichs festgesetzten Parameter - so auch die Vergleichseinkommen - gebunden. Da der Anspruch auf eine berufvorsorgerechtliche Invalidenrente in casu je nach Höhe des Invalidenverdienstes unterschiedlich ausfalle, beeinflussten die im Rahmen der invalidenversicherungsrechtlichen Rentenbemessung zugrunde gelegten Einkommen Ersteren in erheblichem Mass. Es bestehe daher, entgegen der Betrachtungsweise der Vorinstanz, ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung des zutreffenden Invalideneinkommens, zumal sich dadurch Streitfragen für den berufsvorsorgerechtlichen Prozess vermeiden liessen.  
 
3.  
 
3.1. Bei einer Verfügung über Versicherungsleistungen bildet grundsätzlich einzig die Leistung Gegenstand des Dispositivs, während der Invaliditätsgrad, auf welchem die Rentenzusprache basiert, lediglich der Verfügungsbegründung dient. Da nur das Dispositiv anfechtbar ist, stellt sich bei einer gegen die Motive einer Leistungsverfügung gerichteten Beschwerde die Frage, ob damit sinngemäss eine Abänderung des Dispositivs beantragt wird. Ist sie zu verneinen, bleibt zu prüfen, ob die beschwerdeführende Person ein schutzwürdiges Interesse an der sofortigen Feststellung hinsichtlich des angefochtenen Verfügungsbestandteils hat. Ist die Frage hingegen zu bejahen, ist auf das Rechtsmittel ohne weiteres einzutreten (statt vieler Urteil 9C_814/2018 vom 23. Mai 2019 E. 3.1 mit Hinweis).  
 
3.2. Wurde, wie vorliegend, eine (präsumtiv leistungspflichtige) Vorsorgeeinrichtung unbestrittenermassen rechtzeitig in das invalidenversicherungsrechtliche Verfahren einbezogen und ihr die (Renten-) Verfügung formgültig eröffnet, sind die wesentlichen Feststellungen und Beurteilungen für die Festsetzung des Invaliditätsgrads in dem das invalidenversicherungsrechtliche Verfahren abschliessenden Entscheid für sie grundsätzlich verbindlich, sofern diese nicht offensichtlich unhaltbar sind (BGE 133 V 67 E. 4.3.2 S. 69 mit Hinweisen; Urteil 9C_751/2019 vom 3. Juni 2020 E. 3.3 mit Hinweisen). Diese Bindung gilt für den obligatorischen Bereich (Art. 23 ff. BVG; BGE 132 V 1 E. 3.2 S. 4 f.) und, soweit das einschlägige Vorsorgereglement ausdrücklich oder unter Hinweis auf das Gesetz vom selben Invaliditätsbegriff ausgeht wie die Invalidenversicherung, auch im überobligatorischen Bereich (u.a. Urteil 9C_246/2016 vom 31. August 2016 E. 5.2.1 mit Hinweis).  
 
3.2.1. Die Rechtsprechung, wonach der im invalidenversicherungsrechtlichen Verfahren ermittelte Invaliditätsgrad dann keine Bindungswirkung für die berufliche Vorsorge entfaltet, wenn er nicht genau ("präzis") bestimmt werden musste, weil eine grobe Schätzung für die Festsetzung des Umfangs des Anspruchs oder die Verneinung eines Anspruchs genügte (so beispielsweise im Zusammenhang mit Ehepaar-Invalidenrenten; vgl. Urteile 9C_822/2011 vom 3. Februar 2012 E. 3.2.2, in: SVR 2012 IV Nr. 41 S. 153, und 9C_858/2010 vom 17. Mai 2011 E. 2.3.2, je mit weiteren Hinweisen), gelangt hier klarerweise nicht zur Anwendung.  
 
3.2.2. Bei teilzeitlich erwerbstätigen Versicherten ist in der beruflichen Vorsorge stets der Invaliditätsgrad im Erwerbsbereich massgebend und zwar lediglich im Rahmen (und Umfang) der Versicherungsdeckung, wie sie nach dem konkreten Beschäftigungsumfang zur Zeit des Eintritts der berufsvorsorgerechtlich relevanten Arbeitsunfähigkeit bestanden hat. Eine Aufrechnung der Teilzeittätigkeit auf eine (hypothetische) Vollzeittätigkeit erfolgt - auch nach Inkrafttreten der neuen Fassung des Art. 27bis IVV per 1. Januar 2018 - nicht (BGE 144 V 63 E. 6.2, 6.3.2 und 7 S. 69 ff. mit Hinweisen; Urteil 9C_751/2019 vom 3. Juni 2020 E. 5.3). Die Ermittlung des berufsvorsorgerechtlich relevanten Invaliditätsgrads ist in diesen Konstellationen regelmässig dergestalt vorzunehmen, dass die Vorsorgeeinrichtung das von der Invalidenversicherung festgesetzte Valideneinkommen, an welches sie grundsätzlich gebunden ist, auf das ausgeübte Teilzeitpensum herunterrechnet und gestützt darauf (sowie auf die übrigen prinzipiell verbindlichen Parameter) eine neuerliche Einkommensvergleichsrechnung durchführt (BGE 144 V 63 E. 6.3.2 S. 71; Urteil 9C_751/2019 vom 3. Juni 2020 E. 5.3).  
 
3.3. Unbestrittenermassen beeinflusst die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte Bemessung des dem Einkommensvergleich ab September 2019 zugrunde zu legenden Invalidenverdienstes die berufsvorsorgerechtliche Rente, nicht aber den invalidenversicherungsrechtlichen Leistungsanspruch, schlägt sich also nicht im Dispositiv der Verfügung der IV-Stelle vom 20. November 2019 nieder. Zu prüfen bleibt daher, ob die Beschwerdeführerin ein schutzwürdiges Interesse an der sofortigen Feststellung hinsichtlich des angefochtenen Verfügungsbestandteils hat (vgl. E. 3.1 vorstehend). Dies ist zu bejahen, besteht doch gemäss der hiervor dargelegten Rechtsprechung trotz unterschiedlicher Bemessung des Invaliditätsgrads bei teilzeitbeschäftigten Versicherten eine Bindung der Vorsorgeeinrichtung an die invalidenversicherungsrechtlich festgestellten Vergleichseinkommen. Die in diesem Zusammenhang geltenden Voraussetzungen (Einbezug der Vorsorgeeinrichtung in das invalidenversicherungsrechtliche Rentenverfahren, formgültige Eröffnung des Rentenbescheids, gleicher Invaliditätsbegriff, keine offensichtlich unhaltbaren Feststellungen durch die IV-Stelle; E. 3.2 hiervor) sind vorliegend zweifellos erfüllt. Entgegen der Schlussfolgerung des kantonalen Gerichts, welche Bundesrecht verletzt, hat die Beschwerdeführerin folglich ein schutzwürdiges Interesse daran, dass im Rahmen des invalidenversicherungsrechtlichen Verfahrens näher auf das von ihr für die Zeit ab September 2019 monierte Invalideneinkommen eingegangen wird.  
Der angefochtene Entscheid ist somit aufzuheben und die Sache an die Vorinstanz zurückzuweisen, damit sie auf die Beschwerde eintrete und materiell entscheide. 
 
4.   
Das Gesuch um aufschiebende Wirkung wird mit dem heutigen Urteil gegenstandslos. 
 
5.  
 
5.1. Die Rückweisung der Sache an die Vorinstanz mit noch offenem Ausgang gilt für die Frage der Auferlegung der Gerichtskosten wie auch der Parteientschädigung als vollständiges Obsiegen im Sinne von Art. 66 Abs. 1 Satz 1 sowie Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG, unabhängig davon, ob sie beantragt oder ob das entsprechende Begehren im Haupt- oder im Eventualantrag gestellt wird (BGE 132 V 215 E. 6.1 S. 235; u.a. Urteil 9C_387/2020 vom 2. November 2020 E. 6).  
 
5.2. Die Gerichtskosten werden daher der Beschwerdegegnerin und der als Mitinteressierte beigeladenen A.________ zu gleichen Teilen und unter solidarischer Haftung auferlegt (Art. 66 Abs. 5 BGG). Letztere hat sich im vorliegenden Verfahren wie eine Partei verhalten, indem sie das Nichteintreten auf die Beschwerde respektive eventualiter deren Abweisung beantragt hat und auf diese Weise für ihre Rechtsposition eingetreten ist (vgl. BGE 127 V 107 E. 6b S. 111; Urteil 9C_118/2018 vom 9. Oktober 2018 E. 5 mit Hinweisen, nicht publ. in: BGE 144 V 327, aber in: SVR 2019 BVG Nr. 1 S. 1). Die obsiegende Beschwerdeführerin hat als mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben betraute Organisation keinen Anspruch auf eine Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG).  
 
 
 Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird gutgeheissen. Der Entscheid des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Basel-Stadt vom 10. August 2020 wird aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Entscheidung an die Vorinstanz zurückgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 3000.- werden der Beschwerdegegnerin und A.________ zu gleichen Teilen (je Fr. 1500.-) und unter solidarischer Haftung auferlegt. 
 
3.   
Es werden keine Parteientschädigungen zugesprochen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, A.________, dem Sozialversicherungsgericht des Kantons Basel-Stadt und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 1. Dezember 2020 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Fleischanderl