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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
8C_702/2009 {T 0/2} 
 
Urteil vom 2. Februar 2010 
I. sozialrechtliche Abteilung 
 
Besetzung 
Bundesrichter Ursprung, Präsident, 
Bundesrichter Frésard, Maillard, 
Gerichtsschreiber Holzer. 
 
Parteien 
Erbengemeinschaft X.________, bestehend aus: 
1. A._________, 
2. B._________, 
3. C._________, 
4. D._________, 
5. E._________, 
alle vertreten durch Rechtsanwalt Biagio De Francesco, 
Beschwerdeführer, 
 
gegen 
 
Schweizerische Unfallversicherungsanstalt (SUVA), Fluhmattstrasse 1, 6004 Luzern, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Unfallversicherung 
(Berufskrankheit, Integritätsentschädigung), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Verwaltungsgerichts des Kantons Glarus vom 24. Juni 2009. 
 
Sachverhalt: 
 
A. 
Der 1939 geborene X.________ war von 1959 bis 1963 als Produktionsmitarbeiter der Firma Y.________ bei der Schweizerischen Unfallversicherungsanstalt (SUVA) gegen die Folgen von Berufskrankheiten versichert. Im Januar 2004 suchte der Versicherte wegen Atembeschwerden das Spital M._________, Italien, auf, wo eine "Pleurite basale sinistra" festgestellt wurde. Am 20. April 2004 wurde im Spital V.________, Italien, ein malinges Pleuromesotheliom diagnostiziert. Daraufhin beantragte der Versicherte am 13. Oktober 2004 bei der SUVA die Anerkennung seines Leidens als Berufskrankheit. 
 
Am 31. März 2005 verstarb X.________. 
 
Die SUVA sprach mit Verfügung vom 9. Oktober 2007 der Witwe des Versicherten, A.________, eine Hinterlassenenrente ab 1. April 2005 zu. Demgegenüber verneinte die Anstalt mit Verfügung vom 7. November 2007 und Einspracheentscheid vom 17. Januar 2008 einen Anspruch des Versicherten (resp. seiner Erben) auf eine Integritätsentschädigung. 
 
B. 
Die von A.________, B._________, C.________, D._________ und E.________ als Erben des X.________ hiegegen erhobene Beschwerde wies das Verwaltungsgericht des Kantons Glarus mit Entscheid vom 24. Juni 2009 ab. 
 
C. 
Mit Beschwerde beantragen die Erben des X.________, die Sache sei unter Aufhebung des Einsprache- und des kantonalen Gerichtsentscheides an die SUVA zur Festsetzung einer Integritätsentschädigung zurückzuweisen. 
 
Während die SUVA auf Abweisung der Beschwerde schliesst, verzichtet das Bundesamt für Gesundheit auf eine Vernehmlassung. 
 
Erwägungen: 
 
1. 
1.1 Die Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann wegen Rechtsverletzungen gemäss Art. 95 und 96 BGG erhoben werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Es ist folglich weder an die in der Beschwerde geltend gemachten Argumente noch an die Erwägungen der Vorinstanz gebunden; es kann eine Beschwerde aus einem anderen als dem angerufenen Grund gutheissen und es kann eine Beschwerde mit einer von der Argumentation der Vorinstanz abweichenden Begründung abweisen (vgl. BGE 132 II 257 E. 2.5 S. 262; 130 III 136 E. 1.4 S. 140). Immerhin prüft das Bundesgericht, unter Berücksichtigung der allgemeinen Begründungspflicht der Beschwerde (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG), grundsätzlich nur die geltend gemachten Rügen, sofern die rechtlichen Mängel nicht geradezu offensichtlich sind. Es ist jedenfalls nicht gehalten, wie eine erstinstanzliche Behörde alle sich stellenden rechtlichen Fragen zu untersuchen, wenn diese vor Bundesgericht nicht mehr vorgetragen werden (BGE 133 II 249 E. 1.4.1 S. 254). 
 
1.2 Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann insbesondere auch die Verletzung der Bundesverfassung gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Da für eine subsidiäre Verfassungsbeschwerde neben der zulässigen Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kein Raum verbliebe und nicht auf sie einzutreten wäre (Art. 113 BGG; vgl. auch Urteil 9C_838/2009 vom 24. Dezember 2009 E. 1.1), kann offenbleiben, ob der Antrag des Beschwerdeführers, gegebenenfalls ein "giudizio di costituzionalità" zu erlassen, als solche zu interpretieren wäre. 
 
1.3 Im Beschwerdeverfahren um die Zusprechung oder Verweigerung von Geldleistungen der Militär- oder Unfallversicherung ist das Bundesgericht nicht an die vorinstanzliche Feststellung des rechtserheblichen Sachverhalts gebunden (Art. 97 Abs. 2 und Art. 105 Abs. 3 BGG). 
 
2. 
Im kantonalen Entscheid werden die gesetzlichen Bestimmungen über den Anspruch auf eine Integritätsentschädigung der Unfallversicherung (Art. 24 f. UVG), insbesondere nach Eintritt einer Berufskrankheit (vgl. Art. 9 UVG) zutreffend dargelegt. Darauf wird verwiesen. 
 
3. 
Es ist unbestritten, dass der Versicherte spätestens ab Januar 2004 an einer Lungenkrankheit litt und an dieser am 31. März 2005 verstorben ist. Im Weiteren anerkennt die SUVA die Kausalität zwischen dem Ausüben einer versicherten Tätigkeit mit Exposition zu Asbeststaub zu Beginn der 1960er Jahre bei der Firma Y.________ und diesem Leiden. Die Beschwerdegegnerin sprach mit Verfügung vom 9. Oktober 2007 der Witwe des Versicherten, A.________, eine Hinterlassenenrente ab 1. April 2005 zu. Streitig und zu prüfen ist demgegenüber, ob der Versicherte vor seinem Ableben einen Anspruch auf eine Integritätsentschädigung der Unfallversicherung erworben hat. 
 
4. 
4.1 Das kantonale Gericht hat in zutreffender Darstellung der bundesgerichtlichen Rechtsprechung erwogen, die Integritätsentschädigung bezwecke nicht einen Ausgleich körperlicher oder psychischer Leiden der versicherten Person während der ärztlichen Behandlung, sondern die pauschalierte Abgeltung der nach Abschluss der ärztlichen Behandlung verbleibenden Unbill, welche aus der dauerhaften erheblichen Schädigung der körperlichen, geistigen oder psychischen Integrität hervorgeht (vgl. BGE 133 V 224 E. 5.1 ff. S. 230 f.). Eine Berufskrankheit mit erheblicher Beeinträchtigung der Lebenserwartung des Versicherten bewirkt daher dann keinen dauernden Integritätsschaden, wenn zwischen dem Zeitpunkt, in dem die Behandlung keine Verbesserung des Zustandes mehr versprach, und demjenigen des Todes weniger als zwölf Monate lagen (BGE 133 V 224 E. 5.4 S. 231 f.). 
 
4.2 Entgegen der vom Beschwerdeführer vertretenen Ansicht bezweckt die Integritätsentschädigung nicht einen Ausgleich der erheblichen Schädigung als solcher, sondern der Unbill, welche aus dieser Schädigung hervorgeht. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Entschädigung - anders als die Genugtuung - nicht aufgrund der konkreten Umständen des Einzelfalles, sondern in Anwendung von einheitlichen Tabellen bestimmt wird. Massgebend ist dabei die Unbill, welche bei einem Durchschnittsmenschen durch eine bestimmte Schädigung ausgelöst wird (vgl. Thomas Frei, Die Integritätsentschädigung nach Art. 24 und 25 des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung, 1998, S. 27; zum egalitären Chrakter vgl. auch Walter Gilg/Hans Zollinger, Die Integritätsentschädigung nach dem Bundesgesetz über die Unfallversicherung, 1984 S. 38 und Ghélew/Ramelet/Ritter, Commentaire de la Loi sur l'Assurance Accidents [LAA], 1992, S. 121). Daraus folgt, dass Schädigungen, welche bei einem Durchschnittsmenschen keine erhebliche Unbill auslösen, nicht entschädigungspflichtig sind (vgl. etwa Urteil 8C_92/2009 vom 4. August 2009 E. 4). Zudem wird eine Entschädigung nur ausgerichtet für die Unbill, die nach einer Stabilisierung des Gesundheitszustandes voraussichtlich dauernd bestehen wird (vgl. Art. 24 UVG). Bei dieser Zwecksetzung der Entschädigung stellt es gerade keine Verletzung des Rechtsgleichheitsgebotes und damit keine Verfassungswidrigkeit dar, wenn rechtsprechungsgemäss eine gewisse Mindestdauer des nach der Stabilisierung des Gesundheitszustandes persistierenden Leidens als Anspruchsvoraussetzung verlangt wird (vgl. auch Gustavo Scartazzini, Neuere Fragen zur Integritätsentschädigung, in: SZS 2007, S. 291 ff., S. 307). 
 
4.3 Das kantonale Gericht hat in Würdigung der gesamten medizinischen Akten, insbesondere auch gestützt auf die Stellungnahme des SUVA-Arztes Dr. med. R.________, FMH für Dermatologie, Venereologie und Arbeitsmedizin, vom 5. November 2007 festgestellt, der Übergang von der kurativen zur rein palliativen Behandlung und damit die "Stabilisierung" des Gesundheitszustandes im Sinne der Rechtsprechung habe beim Versicherten am 10. März 2005, mithin bloss 21 Tage vor seinem Ableben stattgefunden. Auf die Berichte versicherungsinterner Ärzte kann rechtsprechungsgemäss dann abgestellt werden, wenn auch nicht geringe Zweifel an der Richtigkeit ihrer Schlussfolgerungen bestehen (BGE 8C_216/2009 E. 4.7). Solche werden vorliegend auch durch das Privatgutachten des Dr. med. L.________, Chirurge und Spezialarzt für Arbeitsmedizin sowie für Hygiene und medizinische Prävention, O.________, Italien, vom 13. August 2008 nicht begründet. Aus seiner Schlussbemerkung mit dem Hinweis auf das Urteil U 327/00 vom 4. April 2002 (auszugsweise publiziert in: RKUV 2002 Nr. U 460 S. 415), ist zu schliessen, dass diesem Gutachter der vorliegend massgebende Leitentscheid BGE 133 V 224 E. 5.1 ff. S. 230 f. nicht bekannt war. Der Experte geht denn auch unzutreffenderweise (vgl. E. 4.1 und 4.2 hievor) davon aus, die Integritätsentschädigung bezwecke die Abgeltung der erheblichen Schädigung als solcher. Da im Weiteren die Abgrenzung der kurativen von der palliativen Behandlung gemäss dem zitierten Leitentscheid bezweckt, jenen Zeitpunkt festzulegen, in dem sich der Gesundheitszustand stabilisiert hatte, ist es unerheblich, ob die Behandlung vor dem 10. März 2005 neben dem kurativen auch einen palliativen Zweck verfolgte: Massgeblich ist einzig der Zeitpunkt, ab dem die Therapie ausschliesslich palliativen Charakter aufwies. Entgegen der in der Literatur vertretenen Auffassung (so etwa Massimo Aliotta/David Husmann, Die Zusprechung von Integritätsentschädigungen gemäss Unfallversicherungsgesetz bei durch Asbeststaub verursachten Berufskrankheiten, in: SZS 2008, S. 148 ff., S. 156) kann zudem aus dem Umstand, dass eine vollständige Heilung der Krankheit nach dem heutigen Stand der medizinischen Wissenschaft sehr unwahrscheinlich ist, noch nicht geschlossen werden, jeder medizinische Behandlungsversuch bei einem malingen Pleuromesotheliom sei ausschliesslich palliativ und der Gesundheitszustand eines Asbestopfers schon ab dem Zeitpunkt des Ausbruches der Berufskrankheit stabil: Anspruch auf eine die Integritätsentschädigung vorerst ausschliessende (vgl. Art. 24 Abs. 2 UVG) Heilbehandlung der Unfallversicherung besteht auch in jenen Fällen, in denen beim Eintritt des versicherten Risikos bereits feststeht, dass der status quo ante vel sine nicht wieder erreicht werden kann. 
 
4.4 Überlebte der Versicherte den Zeitpunkt der "Stabilisierung" seines Gesundheitszustandes lediglich um 21 Tage, so hat er vor seinem Tode keinen Anspruch auf eine Integritätsentschädigung mehr erworben. Die Beschwerde ist demnach abzuweisen. 
 
5. 
Bei diesem Verfahrensausgang sind die Gerichtskosten den Beschwerdeführern aufzuerlegen (Art. 66 Abs. 1 Satz 1 BGG). 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht: 
 
1. 
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2. 
Die Gerichtskosten von Fr. 750.- werden den Beschwerdeführern auferlegt. 
 
3. 
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Glarus und dem Bundesamt für Gesundheit schriftlich mitgeteilt. 
 
Luzern, 2. Februar 2010 
 
Im Namen der I. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
Der Präsident: Der Gerichtsschreiber: 
 
Ursprung Holzer