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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
{T 0/2} 
 
9C_653/2016  
   
   
 
 
 
Urteil vom 2. März 2017  
 
II. sozialrechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichterin Pfiffner, Präsidentin, 
Bundesrichterin Glanzmann, Bundesrichter Parrino, 
Gerichtsschreiber Fessler. 
 
Verfahrensbeteiligte 
PKG Pensionskasse für Gewerbe, Handel und Industrie, Zürichstrasse 16, 6004 Luzern, vertreten durch Advokat Dr. Hans-Ulrich Stauffer, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Hermann Walser, 
Beschwerdegegnerin, 
 
Pensionskasse des Kantons Schwyz, Herrengasse 13, 6430 Schwyz. 
 
Gegenstand 
Berufliche Vorsorge (Invalidenleistungen; Invalidenrente), 
 
Beschwerde gegen den Entscheid des Kantonsgerichts Luzern, 3. Abteilung, vom 25. August 2016. 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.   
A.________ war vom 1. Mai 1997 bis 31. März 2008 zu 100 % als Pflegerin einer Patientin bei der Gesellschaft B.________ angestellt. Damit war sie bei der PKG Pensionskasse für Gewerbe, Handel und Industrie berufsvorsorgeversichert. Ab 16. April 2008 arbeitete sie zu 50 % im Alters- und Pflegeheim C.________ im Kanton Schwyz. Im Rahmen dieses Arbeitsverhältnisses, das nach krankheitsbedingter Absenz ab 8. Mai 2011 auf Ende Januar 2012 aufgelöst wurde, war sie bei der Pensionskasse des Kantons Schwyz berufsvorsorgeversichert. Auf die im November 2011 erfolgte Anmeldung bei der Invalidenversicherung hin sprach die IV-Stelle Schwyz nach Abklärungen A.________ mit Verfügungen vom 27. Juni und 9. Juli 2014 eine halbe Invalidenrente ab 1. Mai 2012 zu. 
 
B.   
Am 30. Oktober 2015 reichte A.________ beim Kantonsgericht Luzern Klage ein gegen die PKG Pensionskasse für Gewerbe, Handel und Industrie mit dem Rechtsbegehren, die Beklagte sei zu verpflichten, der Klägerin ab 1. Mai 2012 eine volle reglementarische Invalidenrente zu bezahlen. Nach Beiladung der Pensionskasse des Kantons Schwyz, Beizug der IV-Akten und nach durchgeführtem Schriftenwechsel hiess die 3. Abteilung des Kantonsgerichts mit Entscheid vom 25. August 2016 die Klage gut, soweit darauf einzutreten war. 
 
C.   
Mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragt die PKG Pensionskasse für Gewerbe Handel und Industrie, der Entscheid vom 25. August 2016 sei aufzuheben und die Klage abzuweisen. 
 
A.________ und die Pensionskasse des Kantons Schwyz ersuchen um Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen verzichtet auf eine Vernehmlassung. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann u.a. die Verletzung von Bundesrecht gerügt werden (Art. 95 lit. a BGG). Das Bundesgericht legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann die Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Artikel 95 beruht (Art. 105 Abs. 2 BGG). Unter den zweiten Tatbestand fallen u.a. die unvollständige Feststellung rechtserheblicher Tatsachen sowie die Missachtung des Untersuchungsgrundsatzes in Streitigkeiten zwischen Vorsorgeeinrichtungen und Anspruchsberechtigten (Art. 73 Abs. 1 und 2 BVG; Urteil 9C_814/2014 vom 30. April 2015 E. 2 mit Hinweisen).  
 
1.2. Eine Sachverhaltsfeststellung ist nicht schon dann offensichtlich unrichtig, wenn sich Zweifel anmelden, sondern erst, wenn sie eindeutig und augenfällig unzutreffend ist (BGE 132 I 42 E. 3.1 S. 44). Es liegt noch keine offensichtliche Unrichtigkeit vor, nur weil eine andere Lösung ebenfalls in Betracht fällt, selbst wenn diese als die plausiblere erscheint (vgl. BGE 129 I 8 E. 2.1 S. 9; Urteil 9C_967/2008 vom 5. Januar 2009 E. 5.1). Diese Grundsätze gelten auch in Bezug auf die konkrete Beweiswürdigung (vgl. Urteil 9C_999/2010 vom 14. Februar 2011 E. 1); in diese greift das Bundesgericht auf Beschwerde hin nur bei Willkür (zu diesem Begriff BGE 137 I 1 E. 2.4 S. 5 mit Hinweisen) ein, insbesondere wenn die Vorinstanz offensichtlich unhaltbare Schlüsse zieht, erhebliche Beweise übersieht oder solche grundlos ausser Acht lässt (BGE 132 III 209 E. 2.1 S. 211). Solche Mängel sind in der Beschwerde klar und detailliert aufzuzeigen (BGE 130 I 258 E. 1.3 S. 261). Auf ungenügend begründete Rügen oder bloss allgemein gehaltene appellatorische Kritik am angefochtenen Entscheid tritt das Bundesgericht nicht ein (BGE 134 II 244 E. 2.2 S. 246 mit Hinweis).  
 
2.   
Streitgegenstand bildet die der Beschwerdegegnerin von der Vorinstanz zugesprochene volle Invalidenrente ab 1. Mai 2012 gemäss   Ziff. 6.2 des Vorsorgereglements von 2011. Die Beschwerde führende Vorsorgeeinrichtung bestreitet grundsätzlich eine Leistungspflicht, wobei sie eine willkürliche Beweiswürdigung durch die Vorinstanz rügt. 
 
3.   
Invalidenleistungen der (obligatorischen) beruflichen Vorsorge werden von derjenigen Vorsorgeeinrichtung geschuldet, bei welcher die ansprechende Person bei Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, versichert war (Art. 23 lit. a BVG; BGE 138 V 409 E. 6.2 S. 419). Der Anspruch setzt einen engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der während des Vorsorgeverhältnisses (einschliesslich Nachdeckungsfrist nach Art. 10 Abs. 3 BVG) bestandenen Arbeitsunfähigkeit und der allenfalls erst später eingetretenen Invalidität voraus (Art. 28 und 29 IVG i.V.m. Art. 26 Abs. 1 BVG; BGE 134 V 20 E. 3.2 S. 22). Der sachliche Konnex (vgl. dazu BGE 138 V 409 E. 6.2 S. 419) zwischen der erstmals im Mai 2007 ausgewiesenen Arbeitsunfähigkeit aufgrund einer Erschöpfungsdepression und der im Mai 2011 eingetretenen invalidisierenden Arbeitsunfähigkeit (Hauptdiagnose: Bipolar-II-Störung [ICD-10 F31.8]) steht vorliegend ausser Frage. 
 
Der enge zeitliche Zusammenhang ist gegeben, wenn bis zum Eintritt der Invalidität ohne wesentlichen Unterbruch (auch) in einer der gesundheitlichen Beeinträchtigung angepassten Tätigkeit (BGE 134 V 20) eine Arbeitsunfähigkeit von wenigstens 20 % bestand (Urteile 9C_370/2016 vom 12. September 2016 E. 3 und 9C_656/2014 vom       16. Dezember 2015 E. 5.1.1 mit Hinweisen). Die Unterbrechung des zeitlichen Konnexes erfordert eine drei Monate oder länger andauernde (annähernd) vollständige Arbeitsfähigkeit (Urteile 9C_98/2013 vom 4. Juli 2013 E. 4.1, in: SVR 2014 BVG Nr. 1 S. 1, und 9C_536/2012 vom 28. Dezember 2012 E. 3.2.2). In E. 6.3.2 des angefochtenen Entscheids hat die Vorinstanz die Frage des zeitlichen Konnexes zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität nach Art. 23 lit. a BVG geprüft. In Würdigung der Akten ist sie zum Ergebnis gelangt, dass seit der Arbeitsunfähigkeit im Mai 2007, in welchem Zeitpunkt Versicherungsdeckung bei der Beschwerdeführerin für das Risiko Invalidität bestand, eine nachhaltige, den zeitlichen Zusammenhang unterbrechende Erholung mit einer Arbeitsfähigkeit von mehr als 80 % während mehr als drei Monaten nicht erstellt sei. 
 
4.   
Die Beschwerdeführerin rügt die Beweiswürdigung der Vorinstanz in Bezug auf den zeitlichen Konnex zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität nach Art. 23 lit. a BVG als willkürlich. Ihre Vorbringen, auf die nachfolgend im Einzelnen einzugehen ist, sind indessen nicht stichhaltig: 
 
4.1. Vorab hat die Vorinstanz nicht angenommen, es bestehe eine Bindungswirkung der IV-Verfügung in Bezug auf den Zeitpunkt der rentenbegründenden Invalidität (vgl. BGE 133 V 67 E. 4.3.2 S. 69 und BGE 118 V 95 E. 2b S. 98, wonach der Beginn der einjährigen Wartezeit nach Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG mit dem berufsvorsorgerechtlich relevanten Eintritt der Arbeitsunfähigkeit, deren Ursache zur Invalidität geführt hat, nach Art. 23 lit. a BVG zusammenfallen kann, aber nicht notwendigerweise auch muss). Im Gegenteil hat das kantonale Berufsvorsorgegericht in E. 4.4.3 seines Entscheids dargelegt, dass die Feststellungen der IV-Stelle in den Verfügungen vom 27. Juni und 9. Juli 2015 zur Arbeitsunfähigkeit für die Zeit vor Mai 2011 (vgl. Art. 28 Abs. 1 lit. b und Art. 29 Abs. 1 IVG [Anmeldung bei der Invalidenversicherung im November 2011]) für die berufliche Vorsorge keine präjudizierende Wirkung zu entfalten vermöchten).  
 
4.2. Weiter stellte die Vorinstanz nicht auf eine nachträglich geänderte Einschätzung des Dr. med. D.________ ab, welcher 2011 seine echtzeitliche Beurteilung von 2008 einer vollen Arbeitsfähigkeit zurückgezogen habe. Nach für das Bundesgericht verbindlicher Feststellung der Vorinstanz (E. 1.1 hiervor), hatte der die Beschwerdegegnerin ab November 2007 behandelnde Psychiater und Psychotherapeut in seinem Bericht vom 27. März 2008 ab Juli 2008 eine volle Arbeitsfähigkeit (lediglich) in Aussicht gestellt, und zwar unter der Prämisse einer weiteren Stabilisierung. Von einer echtzeitlichen Attestierung einer Arbeitsfähigkeit von 100 % seit Mai 2008 kann somit nicht gesprochen werden. Sodann stand die Beschwerdegegnerin bis 2009 in psychotherapeutischer Behandlung und nicht bloss bis 2008, wie die Beschwerdeführerin geltend macht. Mit ihrem Vorbringen, für die ganze Periode von Mai 2007 bis Mai 2011 bestehe nicht der geringste Nachweis für eine Arbeitsunfähigkeit, übt sie im Übrigen unzulässige appellatorische Kritik an der vorinstanzlichen Sachverhaltsfeststellung und Beweiswürdigung (E. 1.2 hiervor).  
 
4.3. Sodann hält die Beschwerdeführerin den vorinstanzlichen Erwägungen zur Frage, ob die Beschwerdegegnerin das Arbeitspensum als Pflegerin im Alters- und Pflegeheim C.________ freiwillig reduzierte oder ob sie aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war, ein höheres Pensum zu leisten, im Wesentlichen einzig den Umstand entgegen, dass die IV-Stelle den Invaliditätsgrad nach der gemischten Methode bei einem Anteil der Erwerbstätigkeit von 0,5 (vgl. Art. 28a Abs. 3 IVG; grundlegend BGE 125 V 146) ermittelt hat. Das heisst indessen lediglich, dass die Beschwerdegegnerin ohne gesundheitliche Beeinträchtigung zu 50 % erwerbstätig und daneben im Aufgabenbereich Haushalt (Art. 27 IVV i.V.m. Art. 5 Abs. 1 IVG und Art. 8 Abs. 3 ATSG) tätig wäre (vgl. Urteil 9C_311/2013 vom 12. November 2013 E. 3.1). Inwiefern sich daraus Folgerungen zu Gunsten der Beschwerdeführerin betreffend die Unterbrechung des zeitlichen Konnexes zwischen Arbeitsunfähigkeit und Invalidität nach Art. 23 lit. a BVG im Zeitraum von Mai 2007 bis Mai 2011 (Beginn der Wartezeit nach Art. 28 Abs. 1 lit. b IVG) ergeben, ist nicht einsehbar. Dies gilt umso mehr, als massgebender Referenzzeitpunkt für den (erstmaligen) Statusentscheid der frühest mögliche Beginn der Rente der Invalidenversicherung (hier: 1. Mai 2012) ist (Art. 28 Abs. 1 und Art. 29 Abs. 1 und 2 IVG; Urteil 9C_403/2015 vom 23. September 2015 E. 5.1.1).  
 
4.4. Schliesslich misst die Beschwerdeführerin der Feststellung der Vorinstanz, es fänden sich in den Akten keine echtzeitlichen Arbeitsunfähigkeitsbeurteilungen, die eine höhere als die im Alters- und Pflegeheim C.________ geleisteten 50 % bestätigen würden, eine Bedeutung zu, welche ihr offensichtlich nicht zukommt. Diese dient lediglich der Stützung der sich aus den Akten gewonnenen Überzeugung, dass überwiegend wahrscheinlich "eine nachhaltige, den zeitlichen Zusammenhang unterbrechende Erholung mit einer Arbeitsfähigkeit von mehr als 80 % während mehr als drei Monaten nicht erstellt" ist. Eine unzulässige Beweislastumkehr hat die Vorinstanz mit der betreffenden Feststellung nicht vorgenommen. Dem bleibt anzufügen, dass es nicht zwingend einer echtzeitlich ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit bedarf zum rechtsgenüglichen Nachweis einer berufsvorsorgerechtlich relevanten Einbusse an funktionellem Leistungsvermögen (Urteil 9C_61/2014 vom 23. Juli 2014 E. 5.1).  
 
4.5. Der Umfang des Rentenanspruchs und der Leistungsbeginn gemäss Vorsorgereglement werden nicht bestritten. Es besteht kein Anlass zu einer näheren Prüfung.  
 
Die Beschwerde ist unbegründet. 
 
5.   
Ausgangsgemäss hat die Beschwerdeführerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG) und der Beschwerdegegnerin eine Parteientschädigung zu bezahlen (Art. 68 Abs. 2 BGG). Die (nicht anwaltlich vertretene) Beigeladene hat keinen Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 3 BGG). 
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.   
Die Beschwerde wird abgewiesen. 
 
2.   
Die Gerichtskosten von Fr. 800.- werden der Beschwerdeführerin auferlegt. 
 
3.   
Die Beschwerdeführerin hat die Beschwerdegegnerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2'800.- zu entschädigen. 
 
4.   
Dieses Urteil wird den Parteien, der Pensionskasse des Kantons Schwyz, dem Kantonsgericht Luzern, 3. Abteilung, und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 2. März 2017 
Im Namen der II. sozialrechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Die Präsidentin: Pfiffner 
 
Der Gerichtsschreiber: Fessler