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Bundesgericht 
Tribunal fédéral 
Tribunale federale 
Tribunal federal 
 
 
 
 
9C_219/2022  
 
 
Urteil vom 2. März 2023  
 
III. öffentlich-rechtliche Abteilung  
 
Besetzung 
Bundesrichter Parrino, Präsident, 
Bundesrichter Maillard, Bundesrichterin Moser-Szeless, Bundesrichter Abrecht, 
nebenamtliche Bundesrichterin Bechaalany, 
Gerichtsschreiberin Dormann. 
 
Verfahrensbeteiligte 
A.A.________, 
vertreten durch Rechtsanwalt Beat Hunziker, 
Beschwerdeführerin, 
 
gegen  
 
Ausgleichskasse Zug, Baarerstrasse 11, 6300 Zug, 
Beschwerdegegnerin. 
 
Gegenstand 
Alters- und Hinterlassenenversicherung, 
 
Beschwerde gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 28. März 2022 (S 2020 5). 
 
 
Sachverhalt:  
 
A.  
 
A.a. Die Eheleute B.A.________ und A.A.________ haben ihren steuerrechtlichen Wohnsitz in U.________/AG. Der Ehemann war einzeln zeichnungsberechtigtes Mitglied der C.________ AG mit Sitz in derselben Gemeinde. Der Zweck der Gesellschaft bestand in der Beratung im Gesundheitswesen und auf dem Gebiet der Krankenversicherung. Über die Gesellschaft wurde am 29. Januar 2007 der Konkurs eröffnet. Am 23. Oktober 2006 liess die Ehefrau unter der Firma D.________ ein Einzelunternehmen ins Handelsregister eintragen. Es hatte ursprünglich Sitz in V.________/ZG, danach in W.________/ZG. Der als Prokurist fungierende Ehemann wurde fortan für das Einzelunternehmen tätig, wobei er für die E.________ AG und die F.________ AG (mit Sitz im Kanton Zug bzw. im Kanton Aargau) wirkte.  
Die Steuerverwaltung des Kantons Zug setzte am 8. Juli 2009 das steuerbare Einkommen der Eheleute A.________ für die Periode 2007 auf Fr. 289'600.- fest und wies davon Fr. 83'500.- dem Kanton Aargau zu, während für den Kanton Zug ein Einkommen von Fr. 206'100.- zu versteuern war. Die Verfügung erwuchs unangefochten in Rechtskraft und die Steuer von Fr. 24'732.- wurde bezahlt. 
Mit Einspracheentscheid vom 2. Juli 2013 befand die Steuerkommission U.________/AG für die Kantons- und Gemeindesteuern der Periode 2007, dass das steuerbare Einkommen von B.A.________ in der Höhe von Fr. 377'926.- vollumfänglich dem Kanton Aargau zuzuweisen sei, aufgrund einer selbstständig ausgeübten Erwerbstätigkeit, für welche ein Geschäftsort in U.________/AG anzunehmen sei. Diesen Entscheid bestätigte das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau kantonal letztinstanzlich mit Urteil vom 22. September 2015. Die dagegen erhobene Beschwerde der Eheleute A.________ hiess das Bundesgericht mit Urteil 2C_1046/2015 vom 10. August 2016 insoweit gut, als es das Urteil vom 22. September 2015 aufhob und die Sache im Sinne der Erwägungen an das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau zurückwies. Dieses kam in der Folge mit Urteil vom 4. September 2017 zum Ergebnis, der Ehemann habe seine gesamte Arbeitskraft für die beiden beauftragenden Gesellschaften (E.________ AG und F.________ AG) eingesetzt. Er habe mithin - trotz Abwicklung über das Einzelunternehmen der Ehefrau - sein gesamtes steuerbares Einkommen aus unselbstständiger Erwerbstätigkeit erzielt, das somit vollumfänglich der Steuerhoheit des Kantons Aargau unterliege. 
Mit Urteil 2C_873/2017 vom 15. November 2018 (betreffend die Staats- und Gemeindesteuern der Kantone Aargau und Zug, Steuerperiode 2007) bestätigte das Bundesgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Aargau vom 4. September 2017. Gleichzeitig wies es den Kanton Zug an, die Steuerveranlagung der Eheleute A.________ für das Steuerjahr 2007 aufzuheben und die bereits bezogenen Kantons- und Gemeindesteuern zurückzuerstatten. 
 
A.b. A.A.________ war ab dem 1. Februar 2007 als Selbstständigerwerbende (Einzelunternehmerin) bei der Ausgleichskasse Zug (nachfolgend: Ausgleichskasse) erfasst. Am 9. Oktober 2007 erhob diese von A.A.________ für das Jahr 2007 provisorische persönliche Sozialversicherungsbeiträge (Akontobeiträge) von Fr. 15'618.75. Unter Bezugnahme auf das Urteil 2C_873/2017 vom 15. November 2018 setzte die Ausgleichskasse mit Verfügung vom 3. Juli 2019 die persönlichen Sozialversicherungsbeiträge der A.A.________ (samt Verwaltungskosten) für das Jahr 2007 (definitiv) auf Fr. 31'743.20 fest. Sie stellte eine entsprechende Ausgleichszahlung in Rechnung und verpflichtete A.A.________ zur Bezahlung von Verzugszins. Mit Einsprache machte A.A.________ geltend, entsprechend der steuerrechtlichen Betrachtung schulde sie für das Jahr 2007 keine Beiträge aus selbstständiger Erwerbstätigkeit; sie verlangte daher nicht nur die Aufhebung der Beitragspflicht resp. -verfügung, sondern auch die Rückerstattung der provisorisch entrichteten persönlichen Beiträge zuzüglich Zins. Die Ausgleichskasse wies die Einsprache mit Entscheid vom 5. Dezember 2019 ab.  
 
B.  
Die dagegen erhobene Beschwerde hiess das Verwaltungsgericht des Kantons Zug mit Urteil vom 28. März 2022 (Dispositiv-Ziffer 1) insofern teilweise gut, als es den Einspracheentscheid vom 5. Dezember 2019 aufhob; im Übrigen wies es die Beschwerde ab, soweit es darauf eintrat. Ausserdem (Dispositiv-Ziffer 3) sprach es A.A.________ eine (reduzierte) Parteientschädigung von Fr. 2000.- (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer) zu. 
 
C.  
A.A.________ lässt mit Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten beantragen, der gemäss provisorischer Beitragsverfügung vom 9. Oktober 2007 bereits bezahlte Betrag von Fr. 15'618.75 sei zurückzuerstatten samt Vergütungszins zu 5 % ab 9. November 2007. Zudem sei ihr für das vorinstanzliche Verfahren eine ungekürzte Parteientschädigung von Fr. 6000.- (zuzüglich Mehrwertsteuer) zuzusprechen. 
Die Ausgleichskasse schliesst auf Abweisung der Beschwerde. Das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) verzichtet auf eine Vernehmlassung. A.A.________ lässt eine weitere Eingabe einreichen. 
 
 
Erwägungen:  
 
1.  
 
1.1. Neue Tatsachen und Beweismittel dürfen vor Bundesgericht nur so weit vorgebracht werden, als erst der Entscheid der Vorinstanz dazu Anlass gibt (Art. 99 Abs. 1 BGG), was in der Beschwerde näher darzulegen ist (BGE 133 III 393 E. 3). Der vorinstanzliche Verfahrensausgang allein bildet noch keinen hinreichenden Anlass im Sinne von Art. 99 Abs. 1 BGG für die Zulässigkeit von unechten Noven, die bereits im kantonalen Verfahren ohne Weiteres hätten vorgebracht werden können (BGE 143 V 19 E. 1.2).  
Die Beschwerdeführerin reicht neu einen Einspracheentscheid der Steuerkommission U.________/AG für die direkte Bundessteuer der Periode 2007 vom 28. Juni 2019 ein. Es ist nicht ersichtlich und wird auch nicht dargelegt, weshalb dieser Entscheid nicht schon im vorinstanzlichen Verfahren hätte beigebracht werden können. Er ist daher unzulässig. Gleiches gilt für die entsprechenden neuen Behauptungen. 
 
1.2. Die Ausgleichskasse entschied bereits im Einspracheentscheid vom 5. Dezember 2019 sowohl über die Beitragspflicht der Beschwerdeführerin für das Jahr 2007 als auch - implizit - über deren Anspruch auf Rückerstattung der von ihr für die gleiche Periode geleisteten Akontobeiträge (zum Verständnis von Verwaltungsverfügungen resp. Einspracheentscheiden vgl. BGE 147 V 73 E. 5.2.1, 369 E. 4.2.1).  
Das hat auch das kantonale Gericht erkannt, indem es die beiden unterschiedlichen Rechtsverhältnisse (vgl. dazu und zum Begriff des Streitgegenstandes BGE 144 I 11 E. 4.3; 125 V 413) materiell beurteilt und sowohl die umstrittene Beitragspflicht als auch einen Rückerstattungsanspruch verneint hat. Auf die bei ihm eingereichte Beschwerde ist es lediglich insoweit nicht eingetreten, als damit eine Verfügung mitangefochten oder ein Feststellungsbegehren gestellt worden war. Dispositiv-Ziffer 1 des angefochtenen Urteils kann daher nur so verstanden werden, dass sich die Gutheissung der Beschwerde samt Aufhebung des Einspracheentscheids vom 5. Dezember 2019 allein auf die Beitragspflicht der Beschwerdeführerin bezieht, während die Abweisung ausschliesslich deren Rückerstattungsanspruch betrifft. 
Gegenstand des bundesgerichtlichen Verfahrens (in materieller Hinsicht) ist einzig der Anspruch auf Rückerstattung der Akontobeiträge (und gegebenenfalls auf Verzugszins). 
 
1.3. Mit der Beschwerde in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten kann eine Rechtsverletzung nach Art. 95 f. BGG gerügt werden. Das Bundesgericht wendet das Recht von Amtes wegen an (Art. 106 Abs. 1 BGG). Dennoch prüft es - offensichtliche Fehler vorbehalten - nur die in seinem Verfahren gerügten Rechtsmängel (Art. 42 Abs. 1 und 2 BGG; BGE 145 V 57 E. 4.2 mit Hinweis). Es legt seinem Urteil den Sachverhalt zugrunde, den die Vorinstanz festgestellt hat (Art. 105 Abs. 1 BGG). Es kann ihre Sachverhaltsfeststellung von Amtes wegen berichtigen oder ergänzen, wenn sie offensichtlich unrichtig ist oder auf einer Rechtsverletzung im Sinne von Art. 95 BGG beruht und wenn die Behebung des Mangels für den Verfahrensausgang entscheidend sein kann (Art. 97 Abs. 1, Art. 105 Abs. 2 BGG).  
 
2.  
 
2.1. Vom Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit werden prozentuale Beiträge erhoben (Art. 8 Abs. 1 AHVG). Diese sind periodisch festzusetzen und zu entrichten. Der Bundesrat bestimmt die Bemessungs- und Beitragsperioden (Art. 14 Abs. 2 AHVG). Der Bundesrat erlässt Vorschriften u.a. über die Zahlungstermine für die Beiträge sowie das Mahn- und Veranlagungsverfahren (Art. 14 Abs. 4 AHVG). Die Festsetzung und Ermittlung der Beiträge vom Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit werden in den Art. 22 bis 27 AHVV (SR 831.101) näher geregelt.  
Die Beiträge werden für jedes Beitragsjahr festgesetzt (Art. 22 Abs. 1 Satz 1 AHVV). Die Beitragspflichtigen haben nach den Vorgaben von Art. 24 AHVV periodisch Akontobeiträge zu leisten. Die Ausgleichskassen setzen - in der Regel gestützt auf eine Meldung der Steuerbehörden (vgl. Art. 23 und 27 AHVV) - die für das Beitragsjahr geschuldeten Beiträge in einer Verfügung fest und nehmen den Ausgleich mit den geleisteten Akontobeiträgen vor (Art. 25 Abs. 1 AHVV). Die von den Beitragspflichtigen zu wenig entrichteten Beiträge sind innert 30 Tagen ab Rechnungsstellung zu bezahlen (Art. 25 Abs. 2 AHVV). Zuviel entrichtete Beiträge haben die Ausgleichskassen zurückzuerstatten oder zu verrechnen (Art. 25 Abs. 3 AHVV). 
 
2.2. Zuviel bezahlte Beiträge können zurückgefordert werden. Der Anspruch erlischt mit dem Ablauf eines Jahres, nachdem der Beitragspflichtige von seinen zu hohen Zahlungen Kenntnis erhalten hat, spätestens aber fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge bezahlt wurden (Art. 25 Abs. 3 ATSG). Art. 16 Abs. 3 AHVG enthält folgende Vorgaben: Der Anspruch auf Rückerstattung zuviel bezahlter Beiträge erlischt mit Ablauf eines Jahres, nachdem der Beitragspflichtige von seinen zu hohen Leistungen Kenntnis erhalten hat, spätestens aber fünf Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Beiträge bezahlt wurden. Für Beiträge insbesondere nach Art. 8 Abs. 1 AHVG endet die Frist in Abweichung von Art. 25 Abs. 3 ATSG in jedem Fall erst ein Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die massgebende Steuerveranlagung rechtskräftig wurde. Sind Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge von Leistungen bezahlt worden, die der direkten Bundessteuer vom Reingewinn juristischer Personen unterliegen, so erlischt der Anspruch auf Rückerstattung in Abweichung von Art. 25 Abs. 3 ATSG ein Jahr nach Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Steuerveranlagung rechtskräftig wurde.  
 
3.  
 
3.1. Die Vorinstanz hat die Beitragspflicht der Beschwerdeführerin mangels eines ihr anzurechnenden Einkommens aus selbstständiger Erwerbstätigkeit verneint. Sie hat erwogen, dass deshalb bezüglich der Akontobeiträge grundsätzlich - unter Vorbehalt der "Verjährung" gemäss Art. 16 Abs. 3 AHVG - ein Rückerstattungsanspruch bestehe. Mit dem Einspracheentscheid der Steuerkommission U.________/AG vom 2. Juli 2013 sei die Höhe des gesamten steuerbaren Einkommens des Jahres 2007 und dessen vollständige Zuweisung an den Ehemann der Beschwerdeführerin festgehalten worden. In diesen Punkten sei der genannte Einspracheentscheid unangefochten in Rechtskraft erwachsen. Spätestens mit der darauf gestützten definitiven Steuerveranlagung 2007 vom 23. Juli 2013 resp. mit deren Rechtskraft ab dem 16. September 2013 habe die Beschwerdeführerin Kenntnis davon gehabt, dass sie im Jahr 2007 gar kein Erwerbseinkommen generiert und damit für die entsprechende Periode zu Unrecht (Akonto-) Beiträge bezahlt habe. Dadurch sei die Verwirkungsfrist gemäss Art. 16 Abs. 3 AHVG ausgelöst worden. Die Verwirkung sei bereits Ende 2014 eingetreten; die Rückforderung sei erst am 15. Juli 2019 und damit verspätet geltend gemacht worden. Folglich hat das kantonale Gericht einen Rückerstattungsanspruch verneint.  
 
3.2. Die Beschwerdeführerin bestreitet die Verwirkung ihres Rückerstattungsanspruchs. Sie bringt im Wesentlichen vor, sie sei von den Steuerbehörden des Kantons Zug aufgrund der rechtskräftigen Verfügung vom 8. Juli 2009 als (selbstständigerwerbende) Einzelunternehmerin behandelt worden, was mit einer entsprechenden Beitragspflicht einhergehe. Erst mit dem Erlass des Urteils 2C_873/2017 vom 15. November 2018 sei der Konflikt betreffend die interkantonale Doppelbesteuerung gelöst und der Kanton Zug angewiesen worden, die Steuerveranlagung für das Jahr 2007 aufzuheben. Zudem sei mit Blick auf Art. 16 Abs. 3 AHVG nicht die Veranlagung der Kantonssteuer, sondern jene der direkten Bundessteuer massgeblich. Diese sei nicht vor dem Erlass des Urteils 2C_873/2017 rechtskräftig veranlagt worden. Die Verwirkungsfrist sei somit frühestens am 15. November 2018 ausgelöst und mit der Geltendmachung des Anspruchs am 15. Juli 2019 gewahrt worden.  
 
4.  
 
4.1. Vorab stellen sich die Fragen, ob und gegebenenfalls ab welchem Zeitpunkt überschüssige Akontozahlungen als "zuviel bezahlte Beiträge" im Sinne von Art. 16 Abs. 3 AHVG zu betrachten sind.  
 
4.2. Dazu lässt sich weder der Wegleitung des BSV über die Beiträge der Selbstständigerwerbenden und Nichterwerbstätigen in der AHV, IV und EO (WSN) noch jener über den Bezug der Beiträge in der AHV, IV und EO (WBB; zur Bedeutung von Verwaltungsweisungen vgl. BGE 145 V 84 E. 6.1.1; 142 V 442 E. 5.2) etwas entnehmen (vgl. etwa Rz. 1189 WSN sowie Rz. 2086 und 3073 WBB). Soweit ersichtlich wurden die hier interessierenden Fragen auch in der Literatur nicht thematisiert.  
 
4.3. Das Gesetz muss in erster Linie aus sich selbst heraus, das heisst nach dem Wortlaut, Sinn und Zweck und den ihm zugrunde liegenden Wertungen auf der Basis einer teleologischen Verständnismethode ausgelegt werden. Die Gesetzesauslegung hat sich vom Gedanken leiten zu lassen, dass nicht schon der Wortlaut die Norm darstellt, sondern erst das an Sachverhalten verstandene und konkretisierte Gesetz. Gefordert ist die sachlich richtige Entscheidung im normativen Gefüge, ausgerichtet auf ein befriedigendes Ergebnis der ratio legis. Dabei befolgt das Bundesgericht einen pragmatischen Methodenpluralismus und lehnt es namentlich ab, die einzelnen Auslegungselemente einer hierarchischen Ordnung zu unterstellen (BGE 148 V 373 E. 5.1; 146 V 224 E. 4.5.1 mit Hinweisen; vgl. auch BGE 147 V 297 E. 6.1).  
 
4.4. Art. 25 Abs. 3 ATSG ist grundsätzlich auch auf die Rückerstattung von Beiträgen nach AHVG anwendbar (vgl. Art. 1 Abs. 1 AHVG). Satz 1 von Art. 16 Abs. 3 AHVG wiederholt aus redaktionellen Gründen (UELI KIESER, Alters- und Hinterlassenenversicherung, in: Soziale Sicherheit, SBVR Bd. XIV, 3. Aufl. 2016, S. 1319 Rz. 410) die Vorgaben der genannten Bestimmung. In den Sätzen 2 und 3 von Art. 16 Abs. 3 AHVG werden in ausdrücklicher Abweichung von Art. 25 Abs. 3 ATSG für die Rückerstattung bestimmter Beiträge - insbesondere prozentuale Beiträge vom Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit - die Verwirkungsfristen spezifisch geregelt. Das gilt nicht nur für die deutsche, sondern auch für die französische und italienische Sprachversion. Somit ist Art. 16 Abs. 3 AHVG in Bezug auf die hier interessierenden Fragen (vgl. vorangehende E. 4.1) gleich auszulegen wie Art. 25 Abs. 3 ATSG.  
 
4.5.  
 
4.5.1. Sowohl in Art. 16 Abs. 3 AHVG als auch in Art. 25 Abs. 3 ATSG wird der Begriff "Beiträge" ("cotisations"; "contributi") verwendet. Darunter können sowohl definitive als auch provisorische Beiträge (Akontozahlungen) verstanden werden. Beide Bestimmungen bezwecken indessen die Rückerstattung von Zahlungen, die vermeintlich, wenn auch zu Unrecht, als Beiträge geleistet wurden (JOHANNA DORMANN, in: Basler Kommentar, Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts, 2020, N. 99 zu Art. 25 ATSG). Das geht insbesondere aus dem französischen und italienischen Wortlaut von Art. 16 Abs. 3 AHVG, wo von "cotisations versées indûment" resp. "contributi indebitamente pagati" gesprochen wird, unmissverständlich hervor. Den Materialien lässt sich zu den hier interessierenden Fragen (vgl. vorangehende E. 4.1) nichts entnehmen. In systematischer Hinsicht ist Folgendes zu beachten: Der Anwendungsbereich von Art. 25 Abs. 1 und 2 ATSG betreffend die Rückerstattung von unrechtmässig bezogenen Sozialversicherungsleistungen erstreckt sich nicht auf Leistungen, die bei resp. trotz Zweifeln an der Leistungspflicht zu Recht erbracht wurden (DORMANN, a.a.O., N. 9 zu Art. 25 ATSG). So bildet Art. 25 ATSG insbesondere keine Grundlage für die Rückforderung von Vorleistungen im Sinne von Art. 70 f. ATSG (Urteil 8C_512/2008 vom 14. Januar 2009 E. 3.1 und 3.2) und von Arbeitslosenentschädigung, die gestützt auf Art. 29 Abs. 1 AVIG (SR 837.0) ausgerichtet wurde (BGE 137 V 362 E. 4.2.2; Urteil 8C_442/2017 vom 25. August 2017 E. 4.2).  
 
4.5.2. Bei den - von Selbstständigerwerbenden vierteljährlich zu entrichtenden (Art. 34 Abs. 1 lit. b AHVV) - Akontobeiträgen geht es um vorläufig bestimmte Zahlungen auf Rechnung der aufgrund der noch ausstehenden Steuermeldung nicht endgültig festgesetzten Beitragsschuld (Urteil 9C_908/2014 vom 5. Februar 2015 E. 3 mit Hinweisen). Mit anderen Worten: Die auf der Grundlage von Art. 24 AHVV von Selbstständigerwerbenden erhobenen Akontobeiträge dienen - nebst der Vermeidung von Verzugszinsen (vgl. Art. 41bis Abs. 1 lit. f AHVV) - der Sicherung von Beiträgen, deren Bestand und Höhe noch unsicher sind und worüber die Ausgleichskasse erst noch mittels einer Verfügung (vgl. Art. 25 Abs. 1 AHVV) zu befinden hat. Somit handelt es sich bei den Akontozahlungen nicht um unrechtmässig, sondern um - trotz Zweifeln an der Beitragspflicht - rechtmässig geleistete Zahlungen. Daraus folgt, dass sie jedenfalls solange, als über die (definitive) Beitragspflicht nicht entschieden wurde, nicht als vermeintliche Sozialversicherungsbeiträge resp. "zuviel bezahlte Beiträge" im Sinne von Art. 16 Abs. 3 AHVG und Art. 25 Abs. 3 ATSG betrachtet werden können.  
 
4.5.3. Mit der Festlegung der definitiven Beiträge ist gleichzeitig der Ausgleich mit den für die gleiche Periode geleisteten Akontobeiträgen vorzunehmen (Art. 25 Abs. 1 AHVV; vgl. auch Erläuterungen des BSV zur Änderung der AHVV auf den 1. Januar 2001, AHI 2000 S. 119). In Art. 25 Abs. 2 und 3 AHVV wird von "zu wenig" resp. "zuviel entrichteten Beiträgen" ("cotisations encore dues" resp. "versées en trop"; "contributi non versati" resp. "non dovuti") gesprochen. Dass damit Akontobeiträge gemeint sind, geht aus dem Kontext der Bestimmung (vgl. insbesondere Art. 25 Abs. 1 AHVV) eindeutig hervor. Art. 25 Abs. 3 AHVV sieht ohne Weiteres die Rückerstattung oder Verrechnung der überschüssigen Akontobeiträge vor.  
Damit steht fest, dass der Rückerstattungsanspruch (unbesehen, ob er in eine Auszahlung oder Verrechnung mündet) direkt und unmittelbar mit der definitiven Festsetzung der Beitragspflicht entsteht. Mit diesem Vorgang entfällt auch der provisorische Charakter der Akontobeiträge. Das rechtfertigt es, Art. 16 Abs. 3 AHVG ab diesem Zeitpunkt (direkt oder analog; vgl. BGE 125 V 183 E. 2c; SVR 2019 KV Nr. 4 S. 19, 9C_525/2018 E. 3) anzuwenden und die überschüssigen Akontobeiträge - auch wenn sie naturgemäss früher entrichtet wurden - im Moment der definitiven Beitragsfestsetzung als "zuviel bezahlte Beiträge" im Sinne der genannten Bestimmung zu behandeln. Für den entsprechenden Rückerstattungsanspruch beginnen die Verwirkungsfristen von Art. 16 Abs. 3 AHVG somit erst mit der definitiven Beitragsfestsetzung zu laufen. 
 
4.6. In concreto steht ausser Frage, dass die Beschwerdeführerin die persönlichen Akontobeiträge für das Jahr 2007 auf der Grundlage von Art. 24 AHVV rechtmässig leistete und dass die entsprechende Beitragspflicht erst mit dem hier angefochtenen Urteil vom 28. März 2022 definitiv verneint wurde (vgl. vorangehende E. 1.2). Die damit ausgelösten Verwirkungsfristen von Art. 16 Abs. 3 AHVG sind offenkundig gewahrt, indem die Beschwerdeführerin die Rückerstattung der überschüssigen Akontobeiträge bereits im Einspracheverfahren verlangte und auch mit der hier zu beurteilenden Beschwerde beantragt. Folglich ist der Rückerstattungsanspruch - entgegen der vorinstanzlichen Auffassung - nicht erloschen. Dessen Höhe von Fr. 15'618.75 bleibt unbestritten; diesbezügliche Weiterungen erübrigen sich.  
Damit besteht erstmals Anlass, den im gleichen Zusammenhang geltend gemachten Zinsanspruch zu prüfen. Die Ausgleichskasse wird darüber zu befinden haben; gleichzeitig erhält sie Gelegenheit, gegebenenfalls die Verrechnung der geschuldeten Rückerstattung mit allfälligen Forderungen zu erklären. Insoweit ist die Beschwerde begründet. 
 
5.  
 
5.1. In prozessualer Hinsicht verlangt die Beschwerdeführerin für das vorinstanzliche Verfahren eine ungekürzte Parteientschädigung von Fr. 6000.-. Sie bringt vor, die Vorinstanz habe sie nicht zur Einreichung einer Kostennote aufgefordert. Mit der zugesprochenen Entschädigung von Fr. 2000.- würden nur ca. 6,5 Arbeitsstunden zu Fr. 300.- abgegolten; das werde dem effektiven Aufwand für die Beschwerde und der Bedeutung der Streitsache nicht gerecht.  
 
5.2. Nach Art. 61 lit. g ATSG hat die obsiegende Beschwerde führende Person Anspruch auf Ersatz der Parteikosten. Diese werden vom Versicherungsgericht festgesetzt und ohne Rücksicht auf den Streitwert nach der Bedeutung der Streitsache und nach der Schwierigkeit des Prozesses bemessen. Weil die Bemessung der Parteientschädigung für das kantonale Verfahren im Übrigen dem kantonalen Recht überlassen ist (Art. 61 Satz 1 ATSG), prüft das Bundesgericht darüber hinaus nur, ob die Höhe der Parteientschädigung vor dem Willkürverbot (Art. 9 BV) standhält (Urteil 8C_500/2020 vom 9. Dezember 2020 E. 4.2.2). Das Bundesgericht hebt die Festsetzung eines Anwaltshonorars nur auf, wenn sie ausserhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu den mit Blick auf den konkreten Fall notwendigen anwaltlichen Bemühungen steht und in krasser Weise gegen das Gerechtigkeitsgefühl verstösst (SVR 2016 IV Nr. 14 S. 43, 8C_11/2016 E. 3.2).  
 
5.3. Die Vorinstanz hat der Beschwerdeführerin unter Verweis auf den Verfahrensausgang eine um einen Drittel reduzierte Parteientschädigung zugesprochen. Die ungekürzte Parteientschädigung für das kantonale Verfahren hat sie (implizit) auf Fr. 3000.- festgelegt. Dabei war sie von Bundesrechts wegen nicht verpflichtet, vorgängig eine Kostennote des Rechtsvertreters einzuholen; ausserdem muss das kantonale Gericht nicht zwingend einen Stundenansatz von Fr. 300.- berücksichtigen (vgl. SVR 2011 AHV Nr. 7 S. 23, 9C_338/2010 E. 5.1; Urteil 8C_278/2017 vom 29. Juni 2017 E. 6.1; SUSANNE BOLLINGER, in: Basler Kommentar, Allgemeiner Teil des Sozialversicherungsrechts, 2020, N. 86 zu Art. 61 ATSG). Auch wenn, wie die Beschwerdeführerin geltend macht, die Ausgleichskasse das Aktendossier mangelhaft führte und nicht auf jedes einzelne ihrer Vorbringen einging, ist in Bezug auf die Höhe der (ungekürzten) Parteientschädigung weder eine Verletzung von Art. 61 lit. g ATSG noch Willkür (die ohnehin nicht gerügt wird; vgl. Art. 106 Abs. 2 BGG) ersichtlich. In diesem Punkt ist die Beschwerde unbegründet.  
 
6.  
 
6.1. Die Beschwerdeführerin unterliegt lediglich in einem untergeordneten Punkt (vorangehende E. 5). Hinsichtlich der Prozesskosten gilt die Rückweisung der Sache zu neuem Entscheid praxisgemäss als volles Obsiegen (BGE 141 V 281 E. 11.1; Urteil 9C_37/2022 vom 11. August 2022 E. 6.1). Dementsprechend hat die Beschwerdegegnerin die Gerichtskosten zu tragen (Art. 66 Abs. 1 BGG). Die Beschwerdeführerin hat Anspruch auf Parteientschädigung (Art. 68 Abs. 1 und 2 BGG).  
Die Beschwerdeführerin beantragt - ohne eine Kostennote einzureichen und ohne nähere Begründung - eine "angemessene" Parteientschädigung von Fr. 5000.-. Nach Art. 1 f. des Reglements über die Parteientschädigung und die Entschädigung für die amtliche Vertretung im Verfahren vor dem Bundesgericht vom 31. März 2006 (SR 173.110.210.3) umfasst die Parteientschädigung die Anwaltskosten und die notwendigen Kosten für die Prozessführung, wobei sich die Anwaltskosten aus dem Anwaltshonorar und dem Auslagenersatz zusammensetzen. Praxisgemäss werden für einen Normalfall Fr. 2800.- zugesprochen, einschliesslich Auslagen und Mehrwertsteuer (Urteile 8C_770/2021 vom 6. September 2022 E. 8.2; 8C_466/2021 vom 1. März 2022 E. 9.2 mit Hinweisen). Davon abzuweichen besteht hier - insbesondere mit Blick auf den Streitwert (vgl. Art. 4 des soeben erwähnten Reglements) - kein Anlass. 
 
6.2. Was das vorinstanzliche Verfahren anbelangt (vgl. Art. 67 und Art. 68 Abs. 5 BGG), bleibt es bei dessen Kostenfreiheit; indessen hat die Beschwerdeführerin entsprechend ihrem Obsiegen Anspruch auf eine ungekürzte Parteientschädigung von Fr. 3000.- (inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer).  
 
 
Demnach erkennt das Bundesgericht:  
 
1.  
Die Beschwerde wird teilweise gutgeheissen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts des Kantons Zug vom 28. März 2022 und der Einspracheentscheid der Ausgleichskasse Zug vom 5. Dezember 2019 werden aufgehoben, soweit sie den Anspruch auf Rückerstattung der Akontobeiträge und entsprechenden Verzugszins betreffen. Die Sache wird in diesem Umfang zu neuer Verfügung an die Ausgleichskasse Zug zurückgewiesen. Im Übrigen wird die Beschwerde abgewiesen. 
 
2.  
Die Gerichtskosten von Fr. 1300.- werden der Beschwerdegegnerin auferlegt. 
 
3.  
Die Beschwerdegegnerin hat die Beschwerdeführerin für das bundesgerichtliche Verfahren mit Fr. 2800.- und für das vorangegangene Verfahren mit Fr. 3000.- zu entschädigen. 
 
4.  
Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Zug und dem Bundesamt für Sozialversicherungen schriftlich mitgeteilt. 
 
 
Luzern, 2. März 2023 
 
Im Namen der III. öffentlich-rechtlichen Abteilung 
des Schweizerischen Bundesgerichts 
 
Der Präsident: Parrino 
 
Die Gerichtsschreiberin: Dormann