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[AZA 7] 
I 636/00 Ge 
 
II. Kammer 
 
Bundesrichter Rüedi, Meyer und Ferrari; Gerichtsschreiberin 
Amstutz 
 
Urteil vom 2. April 2001 
 
in Sachen 
F.________, 1974, Gesuchsteller, vertreten durch Rechtsanwältin Karin Caviezel, Belmontstrasse 1, Chur, 
 
gegen 
IV-Stelle des Kantons Graubünden, Ottostrasse 24, Chur, Gesuchsgegnerin 
 
A.- Mit Verfügung vom 23. September 1997 stellte die IV-Stelle des Kantons Graubünden ihre Rentenleistungen an den 1974 geborenen F.________ rückwirkend per 1. Juni 1994 ein mit der Begründung, seit jenem Zeitpunkt habe kein rentenbegründender Invaliditätsgrad mehr bestanden. Am 27. Oktober 1997 verpflichtete die IV-Stelle den Versicherten verfügungsweise zur Rückerstattung von unrechtmässig bezogenen Rentenleistungen im Betrag von Fr. 21'698.-. 
Gegen beide Verfügungen erhob F.________ Beschwerde beim Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden. Dieses bestätigte die Verfügung vom 23. September 1997 mit Entscheid vom 30. Januar 1998, welcher unangefochten in Rechtskraft erwuchs. Die Beschwerde gegen die Rückforderungsverfügung vom 27. Oktober 1997 wies das Verwaltungsgericht mit Entscheid vom 2. Oktober 1998 ab. 
 
 
B.- Hiegegen liess F.________ Verwaltungsgerichtsbeschwerde führen mit dem Rechtsbegehren, in Aufhebung des Entscheids vom 2. Oktober 1998 und der Verwaltungsverfügung vom 27. Oktober 1997 sei eine Rückerstattungspflicht bezüglich der ab 1. Juni 1994 (bis 28. Februar 1997) ausgerichteten Rentenleistungen zu verneinen, eventualiter auf die Zeit ab September 1996 zu beschränken. Das Eidgenössische Versicherungsgericht wies die Beschwerde mit Urteil vom 19. Oktober 2000 ab; auf die sinngemäss beantragte Beurteilung des Erlasses der Rückforderung wurde nicht eingetreten. 
 
 
C.- Mit Eingabe vom 6. November 2000 lässt F.________ die Revision des Urteils vom 19. Oktober 2000 beantragen. 
Des Weitern ersucht er für das vorliegende Verfahren um Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege und Verbeiständung. 
 
Während die IV-Stelle Graubünden auf Abweisung des Revisionsgesuchs schliesst, hat sich das Bundesamt für Sozialversicherung nicht vernehmen lassen. 
 
Das Eidg. Versicherungsgericht zieht in Erwägung: 
 
1.- a) Nach Art. 136 OG (in Verbindung mit Art. 135 OG) ist die Revision eines Urteils des Eidgenössischen Versicherungsgerichts u.a. zulässig, wenn einzelne Anträge unbeurteilt geblieben sind (lit. c). Der Gesuchsteller hat den Revisionsgrund sowie dessen rechtzeitige Geltendmachung darzulegen und anzugeben, welche Abänderung des früheren Entscheides und welche Rückleistung verlangt wird (Art. 140 OG). Das Revisionsgesuch ist binnen 30 Tagen vom Eingang der schriftlichen Ausfertigung des Entscheides an beim Eidgenössischen Versicherungsgericht anhängig zu machen (Art. 141 Abs. 1 lit. a OG). 
 
b) Obwohl nach dem Wortlaut des Gesetzes die Zulässigkeit der Revision vom Vorliegen eines Revisionsgrundes abhängt, genügt für das Eintreten auf das Gesuch, dass ein solcher Grund behauptet wird (BGE 96 I 279 Erw. 1 mit Hinweis; unveröffentlichte Urteile in Sachen P. vom 25. Juni 1997 [U 149/96], F. vom 17. August 1994 [B 26/94], S. vom 8. Dezember 1992 [5P. 274.1992] und M. vom 15. Juni 1992 [5P. 153/1992]; Messmer/Imboden, Die eidgenössischen Rechtsmittel in Zivilsachen, Zürich 1992, S. 48; Poudret, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bern 1992, N 1 zu Art. 136 OG). Sind die formellen Voraussetzungen erfüllt, so ist auf das Gesuch einzutreten; wenn es sich als unbegründet erweist, ist es abzuweisen, nicht für unzulässig zu erklären (Messmer/Imboden, a.a.O., S. 52; Poudret, a.a.O., N 1 zu Art. 136 OG; vgl. auch BGE 108 V 175 sowie unveröffentlichtes Urteil F. vom 17. August 1994 [B 26/94]). 
 
 
c) Im vorliegenden Fall ruft der Gesuchsteller den Revisionsgrund des Art. 136 lit. c an. Das Urteil des Eidgenössischen Versicherungsgerichts vom 19. Oktober 2000 ist ihm am 1. November 2000 zugestellt worden, weshalb mit der Eingabe vom 6. November 2000 die Frist nach Art. 141 Abs. 1 lit. a OG eingehalten ist. Sind somit die formellen Voraussetzungen erfüllt, ist auf das Revisionsgesuch einzutreten. 
 
2.- a) Der Gesuchsteller bringt vor, das Eidgenössische Versicherungsgericht sei im Urteil vom 19. Oktober 2000 zu Unrecht auf seinen Antrag auf Prüfung der Erlassfrage nicht eingetreten. Entgegen den Erwägungen des Gerichts hätten Vorinstanz und Verwaltung die Anspruchsvoraussetzungen eines Erlasses der Rückforderung unrechtmässig bezogener Leistungen (Art. 49 IVG in Verbindung mit Art. 47 Abs. 1 AHVG) bereits materiell beurteilt. Die in der Verwaltungsgerichtsbeschwerde diesbezüglich erhobenen Einwände seien daher zulässig gewesen, so dass entsprechend darauf hätte eingetreten werden müssen. 
 
b) Das Eidgenössische Versicherungsgericht hat die materiellrechtliche Beurteilung der Erlassfrage im Urteil vom 19. Oktober 2000 aus prozessrechtlichen Gründen versagt und nicht den Antrag als solchen unbeurteilt gelassen. Mit seinen Vorbringen kritisiert der Gesuchsteller, richtig besehen, die Begründung des Nichteintretens, mithin die rechtlichen Erwägungen im angefochtenen Entscheid. Damit verkennt er die Funktion des Revisionsverfahrens gemäss Art. 136 lit. c OG. Nach der Rechtsprechung ist die Revision nicht zulässig, um Rechtsfehler (fälschlicherweise Nichteintreten, Verweigerung des rechtlichen Gehörs und anderes mehr) zu korrigieren (unveröffentlichte Urteile S. 
vom 4. Januar 1999 [1P. 378/1998] mit Verweis auf Jean-François Poudret, Commentaire de la loi fédérale d'organisation judiciaire, Bd. V, Bern 1992, N. 4 zu Art. 136 OG, S. 16 f.). Bleiben materielle Anträge unbeurteilt, weil das Gericht auf das Rechtsmittel ganz oder teilweise nicht eintritt, liegt demnach - auch bei irrtümlichem Nichteintreten - kein Revisionsgrund gemäss Art. 136 lit. c OG vor (unveröffentlichtes Urteil X. vom 22. November 2000 [C 182/00]). Da der Gesuchsteller einzig den Revisionsgrund des Art. 136 lit. c OG anruft, ist nicht zu prüfen, ob das Eidgenössische Versicherungsgericht, angesichts der im Urteil vom 19. Oktober 2000 gegebenen Begründung des Nichteintretens, die in den Akten liegende Tatsache übersehen hat, dass sich Verwaltungsverfügung und vorinstanzlicher Entscheid zur Erlassfrage äusserten (Art. 136 lit. d OG). 
 
3.- Weil das Revisionsgesuch einstimmig als unbegründet befunden wird, wird es ohne öffentliche Beratung erledigt (Art. 143 Abs. 1 und 2 in Verbindung mit Art. 135 OG). 
4.- Das Verfahren ist kostenpflichtig, da es nicht um die Bewilligung oder Verweigerung von Versicherungsleistungen geht (Art. 134 OG e contrario). Die unentgeltliche Rechtspflege im Sinne der Befreiung von den Gerichtskosten und die unentgeltliche Verbeiständung (Art. 152 in Verbindung mit Art. 135 OG) können gewährt werden, da die Bedürftigkeit aktenkundig ist, das Revisionsgesuch nicht als aussichtslos zu bezeichnen und die Vertretung geboten war (BGE 125 V 202 Erw. 4a mit Hinweisen). 
 
Demnach erkennt das Eidg. Versicherungsgericht: 
 
I. Das Revisionsgesuch wird abgewiesen. 
 
II.Die Gerichtskosten von Fr. 500.- werden dem Gesuchsteller auferlegt. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Rechtspflege werden sie einstweilen auf die 
 
 
Gerichtskasse genommen. 
III. Zufolge Gewährung der unentgeltlichen Verbeiständung wird Rechtsanwältin Karin Caviezel für das Verfahren vor dem Eidgenössischen Versicherungsgericht aus der 
 
 
Gerichtskasse eine Entschädigung (einschliesslich 
Mehrwertsteuer) von Fr. 500.- ausgerichtet. 
 
IV.Dieses Urteil wird den Parteien, dem Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden und dem Bundesamt für Sozialversicherung zugestellt. 
 
 
Luzern, 2. April 2001 
 
Im Namen des 
Eidgenössischen Versicherungsgerichts 
Der Vorsitzende der II. Kammer: 
 
Die Gerichtsschreiberin: